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Satin E. Kelsea 3-2338

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Vorwort.

Das Geburtsjahr des T: Lucretius Carus wird von dem Chronisten Hieronymus klar und bestimmt in das Jahr 94 a. Chr. gesetzt. Er schreibt sub anno Abrahami 1923 Ol. 171, 3: T. Lucretius poëta nascitur, qui ..... propria se manu interfecit anno aetatis XLIV (94-51/0). Damit steht jedoch die Angabe des Aelius Donatus in Widerspruch vita Vergili cap. II: XV anno (= 55) virilem togam cepit illis consulibus iterum quibus natus erat, evenitque ut eo ipso die (= 15. Okt.) Lucretius poëta decederet. Wer von beiden hat sich nun geirrt? Donat erklärte um 350 p. Chr. den Terentius und Vergilius in der Hauptstadt und benutzte für seine vita Vergili die Arbeiten von Valerius Probus (c. a. 65) Suetonius (c. a. 110); beide Autoren waren auch dem Hieronymus bekannt und die vita Vergili a Donato enarrata, wenn vielleicht nicht in der Fassung, wie sie vorliegt, so doch sicher ihrem Inhalte nach ebenfalls; denn Hieronymus ist ein langjähriger Schüler Donats. Verwarf nun der routinirte Chronist die Datirung seines Lehrers, welche ihm geläufig sein musste, dennoch, so wird auch uns eine sorgfältigere Prüfung der Donatischen Notiz zur Pflicht. Zum Vergleiche stehen, weil uns Suetons Angaben nur aus den Mittheilungen des Aelius und Hieronymus bekannt sind, Valerius Probus und Hieronymus:

1, de Vergili anno et die natali.

Probus (Reiffersch.p.52).

Donatus (Reiff. p. 54).

Hieronymus.

P. Vergilius Maro natus P. V. M. Mantuanus..... natus V. Maro in pago, qui idibus Octobribus Crasso Gnaeo Pompejo Magno et M. Andes dicitur, haud et Pompejo css. matre Ma- Licinio Crasso primum consu- procul a Mantua nagia Polla patre V. rustico libus iduum Oct. die in pago, scitur Pompejo et in vico Andibus, qui ab- qui Andes dicitur et abest a Crasso consulibus. est a Mantua milia pas- Mantua non procul suum XXX.

2, de toga virili sumpta.

Initia aetatis Cremonae egit V. Cremonae studiis usque ad togam virilem, quam eruditur

XV anno natali suo cepit is a.Abr. 1959-58 a Chr. dem illis consulibus iterum,!

quibus erat natus, evenitque V. sumpta toga Mediout eo ipso die Lucretius dece- lanum transgreditur et deret [......]. A Cremona Me-post breve tempus Rodiolanum et inde paulo post mam pergit.

transiit in urbem.

a.Abr.196453 a.Chr.

3, de anno et die, quo est mortuus Vergilius.
ita ut gravior aliquanto Brun-

discessit in Calabria annum agens LI . . . . In ejus sepulcro, quod est in via Puteolana

disium appelleret, ubi diebus V. Brundisii moritur
paucis obiit XI kal. Oct. Gn. Sentio et LucretioCinna
Sentio Q. Lucretio css. Ossa css. Ossa ejus Neapo-
ejus Neapolim translata sunt lim translata in se-
tumuloque condita, qui est in cundo ab urbe milia-
via Put. intra lapidem secun- rio sepeliuntur.
dum.
a. Abr. 1999 19.

Hier muss es auffallen, dass Donat über 2) viele Worte macht, aber nur die eine Zahl 55 giebt: I eine mittlere aus den zwei von Sueton entlehnten des Hieronymus 58 und 53, und dass er dabei (obwohl Biograph) den Abgang Vergils auf die hohe Schule und auf die Universität Rom gegen andere für die Ausbildung des Jünglings werthlose Nebenumstände ausser Acht lässt. Und ist es bei paulo post, post breve tempus wahrscheinlich, dass zwei Jahre auf die Studienzeit in Mailand fallen? Fassen wir nun 1. 2. nach Donat zusammen, so ist Vergilius am 15. Oktober 70 unter dem ersten Consulate des Pompejus und Crassus geboren, am 15. Oktober 55, 15 Jahre alt, (17 Jahre war annus legitimus!) unter dem zweiten Consulate des Pompejus und Crassus, dem Todestage des Lucretius, mit der Toga virilis geschmückt; am 22. September unter dem Consulate des Q. Lucretius gestorben. Dieser Rahmen, der das Lebensbild des Dichters umschliesst, erhält so gerade durch das Mittelstück, welches sich allein auf die Autorität des Donat stützt, einen Schimmer von Flittergewandung, wie sie wohl der Kunstsinn eines enthusiasmirten Magisters produciren mag, welcher sein Leben lang einen Tag wie den anderen Terentius und Vergilius mit Begeisterung erklärt. Aelius kann uns die naive Versicherung geben, Vergil habe sofort bei Beginn seiner dichterischen Thätigkeit den schönen Plan entworfen naturalem secutus ordinem primum pastoralem in montibus vitam, post agriculturam, inde bellorum curam darzustellen. Die Biographie ist voll von Anekdoten, welche nur das eine Ziel verfolgen, in dem liebenswürdigen und geschmackvollen aber durchaus nicht produktiven Vergil ein von vorn herein besonders gezeichnetes Men

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schenkind zu schildern, dem der Stempel dichterischer Erhabenheit vom Augenblicke der Geburt an für alle sichtbar aufgeprägt war; selbst die wunderbaren Träume der Mutter, als sie den Knaben unter dem Herzen trug, die sämmtlich in Erfüllung gegangen sind, müssen als historische Data gelten --: genug der Zeichen für uns, um jeder Vita der Donate da, wo sie sich in Gegensatz zu Hieronymus stellt und von Niemandem sonst gestützt wird, den Glauben zu versagen. Um hier nicht den geringsten Zweifel an der Datirung der Lebenszeit des Lucretius auf 94 5% übrig zu lassen, verweisen wir auf das Proömium von Buch III, wo V. 48 seq. das Exil des Gajus Memmius berührt wird und damit Ereignisse, welche erst 52 a. Chr. eintraten.

Eine andere, von Usener publicirte Notiz eines Anonymus ist nicht ohne Weiteres als glaubwürdige Quelle zu betrachten und musste, jenachdem man für Donat oder Hieronymus entschieden hat, eine Aenderung des urkundlichen consulibus . . ann XXU'IIan Virgilium zu XXVIIII oder XXV erfahren. Da einmal eine Correktur unvermeidlich ist, erscheint nachfolgende Lesung als die einfachste:

1) Ovidius secundo anno Octavi nascitur, moritur III Tiberii.

2) Donatus sub Constantino juniore vixit.

3) Virgilius natus est ante incarnationem dni ann LXX, moritur anno XVII 4) Titus Lucretius poeta nascitur sub consulibus,

vitae Virgilii.

5) Julius Solinus sub Octavio fuit.

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anno XX

Dabei sind in 4) nicht zwei Namen hinter consulibus zu ergänzen, sondern es bleibt aus der vorhergehenden Zeile das unmittelbar darüber stehende und in Verbindung mit nascitur unentbehrliche moritur zu wiederholen. Der unbekannte Schreiber, welcher offenbar nur für seine Zwecke eine Notiz gemacht hat, rechnet somit in 3) nach der Geburt des Herrn, 1, 2, 5, nach bekannten Kaisern, und einmal 4) datirt er sub consulibus, d. h. in den Zeiten der Republik, als man noch nach Consuln zählte; die beiden Consuln des Jahrs 70 waren schon nicht mehr Consuln in der herkömmlichen Redeweise, sondern Mitglieder des ersten Triumvirats.

Besondere Erwähnung fordert noch Ciceros Brief aus dem Februar 54 ad Quintum fratrem II, 11: Lucreti carmina ut scribis ita sunt, weil der um Feststellung des urkundlichen Textes hochverdiente Herausgeber des Lucretius, durch A. Mai's unzuverlässige Angaben über Hieronymus verleitet, daraus gefolgert hat, Lucretius sei 55 gestorben und Cicero's Bruder Quintus habe es übernommen, das unfertig hinterlassene Manuscript de rerum natura zu ediren. Diese Position Lachmann's ist nicht länger haltbar; Cicero kann 54 mit dem Ausdrucke poëmata nur die einzelnen Gedichte z. B. I, 1—43. IV, 1-25 u. a. bezeichnet haben, welche bereits zu Lebzeiten des Verfassers bekannt geworden waren; eine Ausgabe des Gedichts de rerum natura war 46. als der Epikureer Cassius an Cicero schrieb, noch nicht vorhanden cf. Ad fam. 15, 19. Jessen q. L. 1868 p. 9. Und diese ist wohl durch die Abschreiberofficin Ciceros, welche auch nach dem Tode des Gründers noch den be

rühmten Namen festhalten konnte, hindurchgegangen, aber weder Marcus noch Quintus noch irgend ein anderer sachkundiger und gebildeter Mann können für die richtige Abschrift des Manuscripts Sorge getragen haben: ,,tanta stat praedita culpa!“

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Damit haben wir schon ein Gebiet betreten, auf welchem jeder Schritt und Tritt durch Erledigung der umfassendsten Vorfragen gesichert werden muss. Unsere Situation wird um so misslicher, als wir uns genöthigt sehen, die näheren Angaben des Hieronymus, welchem wir Datirung des Geburtsund Sterbejahrs entnehmen durften, als tendenziöse Fiktionen zu verwerfen. Sie lauten: qui postea amatorio poculo in furorem versus, cum aliquot libros , per insaniae intervalla conscripsisset, quos postea Cicero emendavit, propria se manu interfecit. Es ist Aufgabe der vorliegenden Erklärung, eine feste Grundlage zur Lösung dieser Frage zu gewinnen, die Einzelheiten im Sinne des Autors zu erörtern, die zusammen gehörigen Stücke fester abzugrenzen, verschobene Partien an die rechte Stelle zu weisen, den Zusammenhang der Theile zu suchen und aus ihnen den Plan jedes Buchs und die Tendenz des ganzen Gedichts zu ermitteln, Erst nach Feststellung dieser Grundlage versprechen wir uns Erfolg von einer Untersuchung über den Charakter des Verfassers, über die Bedeutung seines Gedichts und über den historischen Werth einer Weltauffassung, welche in dem griechischen und römischen Heidenthum ihre grosse Rolle spielte, deren Bedeutung nicht dadurch annullirt wird, dass man sie todt schweigt oder die Vertreter verunglimpft; erst auf dieser Grundlage lässt sich die Frage beantworten, ob der Verfasser dieses wohl geplanten Gedichts per intervalla insaniae schreiben konnte, wie noch

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