Ich bin des Wegs nicht kundig, wage nicht Tell. Den Weg will ich Euch nennen, merket wohl! Parricida (erschridt). Seh' ich die Reuß? Sie floß bei meiner That. Der Wanderer, die die Lawine begraben. Und seid Ihr glücklich durch die Schreckensstraße, So kommt Ihr auf die Brücke, welche stäubet. (Man hört den Kuhreihen von vielen Alphörnern geblasen.) Ich höre Stinimen. Fort! Hedwig (eilt herein). Wo bist du, Tell? Der Vater kommt! Es nahn in frohem Zug Die Eidgenossen alle Parricida (verhüllt sich). Wehe mir! Ich darf nicht weilen bei den Glücklichen. Tell. Geh, liebes Weib. Erfrische diesen Mann, Zst weit, und keine Herberg findet er. Eile! Sie nahn. Hedwig. Cell. Wer ist es? Forsche nicht! Und wenn er geht, so wende deine Augen, Daß sie nicht sehen, welchen Weg er wandelt! Parricida geht auf den Tell zu mit einer raschen Bewegung; dieser aber bedeutet ihn mit der Hand und geht. Wenn beide zu verschiedenen Seiten abgegangen, verändert fich der Schauplah, und man sieht in der Letzten Scene den ganzen Thalgrund vor Tells Wohnung, nebst den Anhöhen, welche ihn einschließen, mit Landleuten besetzt, welche sich zu einem malerischen Ganzen gruppleren. Andre kommen über einen hohen Steg, der über den Schächen führt, gezogen. Walther Fürst mit den beiden Knaben, Melchthal und Stauffacher kommen vorwärts, andere drängen nach; wie Tell heraustritt, emfangen ihn alle mit lautem Frohlocken. Alle. Es lebe Tell! der Schütz und der Erretter! (Indem sich die Vordersten um den Tell drängen und ihn umarmen, erscheinen noch Rudenz und Bertha, jener die Landleute, diese die Hedwig umarmend. Die Musik von Berge begleitet diese stumme Scene. Wenn sie geendigt, tritt Bertha in die Mitte des Volks.) Bertha. Landleute! Eidgenossen! Nehmt mich auf So reich' ich diesem Jüngling meine Rechte, Wohlan! (Indem die Musik von neuem rasch einfällt, fällt der Vorhang.) Die Huldigung der Künste. Ein lyrisches Spiel. Ihrer Kaiserl. Hoheit der Frau Srbprinzessin von Weimar Maria Paulowna Großfürstin von Rußland in Shrfurcht gewidmet und vorgestellt auf dem Hoftheater zu Weimar am 12. November 1804. Bater. Personen. Chor von Landleuten. Die sieben Künste. Die Scene ist eine freie ländliche Gegend; in der Mitte ein Orangenbaum, mit Früchten beladen und mit Bändern geschmückt. Landleute sind eben beschäftigt, ihn in die Erde zu pflanzen, indem die Mädchen und Kinder ihn zu beiden Seiten an Blumenketten halten. Vater. Wachse, wachse, blühender Baum Mit der goldnen Früchtekrone, Den wir aus der fremden Zone, Pflanzen in dem heimischen Raum! Fülle süßer Früchte beuge Deine immer grünen Zweige! Alle Landleute. Wachse, wachse, blühender Baum Strebend in den Himmelraum! Jüngling. Mit der duft'gen Blüthe paare Prangend sich die goldne Frucht! Stehe in dem Sturm der Jahre, Alle. Stehe in dem Sturm der Jahre, Mutter. Nimm ihn auf, o heil'ge Erde, Nimm den zarten Fremdling ein! Führer der gefleckten Heerde, Hoher Flurgott, pflege sein! Mädchen. Pflegt ihn, zärtliche Dryaden! Schütz' ihn, schütz' ihn, Vater Pan! Daß ihm keine Wetter schaden, Alle. Pflegt ihn, zärtliche Dryaden! Sonne, gib ihm deine Strahlen, Sie tanzen in einem bunten Reihen um den Baum. Die Musit des Orchesterz begleitet sie und geht allmählig in einen edlern Styl über, während daß man im Hintergrunde den Genius mit den sieben Göttinnen herabsteigen sieht. Die Landleute ziehen sich nach beiden Seiten der Bühne, indem der Genius in die Mitte tritt und die drei bildenden Künste sich zu seiner Nechten, die vier redenden und musikalischen sich zu seiner Linken stellen. Chor der Künste. Wir kommen von fernher, Wir wandern und schreiten Von Völkern zu Völkern, Von Zeiten zu Zeiten; Wir suchen auf Erden ein bleibendes Haus. Um ewig zu wohnen Auf ruhigen Thronen, In schaffender Stille, In wirkender Fülle, Wir wandern und suchen und finden's nicht aus. Jüngling. Sieh, wer sind sie, die hier nahen, Eine göttergleiche Schaar! Bilder, wie wir nie sie sahen; Es ergreift mich wunderbar. Schiller, Werke. II. 37 Genius. Wo die Waffen erklirren Mit eisernem Klang, Wo der Haß und der Wahn die Herzen verwirren, Wo die Menschen wandeln im ewigen Frren Da wenden wir flüchtig den eilenden Gang. Chor der Künste. Wir haffen die Falschen, Die Götterverächter; Wir suchen der Menschen Da bauen wir Hütten Und siedeln uns an! Mädchen. Wie wird mir auf einmal! Es zieht mich zu ihnen mit dunkeln Gewalten Genius. Aber, still da seh' ich Menschen, Reich mit Bändern und mit Kränzen, Sind dies nicht der Freude Spuren? Redet! Was begibt sich hier? Vater. Hirten sind wir dieser Fluren, Genius. Welches Fest? O lasset hören! Die in unser stilles Thal Jüngling. Sie, die alle Reize schmücken, Genius. Warum pflanzt ihr diesen Baum? Jüngling. Ach, sie kommt aus fernem Land, Fesseln möchten wir sie gerne An das neue Vaterland. Genius. Darum grabt ihr diesen Baum Mit den Wurzeln in die Erde, Daß die Hohe heimisch werde |