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der Stamm am Ufer, der mich über die Wellen des Meeres hin in deine Umarmung gebracht hat. Schnell voll froher Bewunderung lief sie dahin. O wunderbare Erfindung! (so rief sie) O Kühnheit! in solchem Gefäße dem weiten Meer sich zu vertrauen, 5 das nichts ist im Meer, ein Spiel der Wellen, wie das fliegende Blatt einer Blüte ein Spiel des sanftesten Windes in der Luft ist, und Liebe zu mir gab dir den kühnen Mut! O mein Geliebter! Wie! ach wie kann ich deine Liebe dir danken? Aber sage mir was ist das, an beiden Seiten befestigt? Gewiß, das 10 sind die Füße von Holz, mit denen du, wie der Schwan, deine Reise gelenkt hast! O sei mir willkommen, gehöhlter Stamm! Sei mir willkommen, du Fremdling von fernem Ufer! Mir schöner, wie du schmucklos da liegest, als jeder andere in der schönsten Frühlingszierde! Gesegnet sei der Ort, den du beschattet hast! Ge15 segnet die Gebeine dessen, der dich gepflanzet hat! Der Frühling gieße alle seine Schönheiten dahin, wo er ruhet! Aber du, mein Geliebter! so sprach sie, und eine zärtliche Thräne floß von ihrem Auge, da sie, den Jüngling umarmend, es sprach: O ich be= schwör', bei allen Göttern beschwör' ich dich, verlaß mich nicht, 20 steige nie wieder in den hohlen Stamm, dies Ufer zu verlassen! Thust du es, o dann müssen die erzürnten Wellen zurück dich, in meine Umarmung, zu meinen zärtlichsten Klagen über deine Untreue zurück dich treiben! O meine Geliebte! (sprach der Jüngling und küßte zärtlich die Thräne von ihren Wangen) wie ungerecht 25 ist deine Sorge! Mich müsse die erste Welle in den Abgrund verschlingen, sobald ich in der abscheuwürdigen Absicht dies Ufer verlasse! Aber wie könnt' ich, du über alles Geliebte, wie könnt' ich, da bei dir allein mein Glück, bei dir allein alle meine Freuden wohnen? An diesem glücklichen Ufer will ich zween Altäre bauen, 30 der schönen Venus einen und ihrem mächtigen Sohn; denn er hat die unauslöschliche Liebe in meinen Busen gelegt und den kühnen Entschluß! der andre sei dem Gott des Meeres heilig, der auf dem Rücken der Wellen mich beschüßte. Aber ist gingen sie in die Hütte zurück und stelleten in reinlichen Körbchen die Früchte 35 auf den Tisch. Bei frohen Gesprächen kam da die Nacht, und Amor führte sichtbar sie in eine duftende Laube von Jesmin und Rosen, eine sanfte Quelle rieselte an ihrer Seite. Liebesgötter spielten durch die Ranken der Laube, und sanfte Winde flatterten mit wohlriechenden Flügeln um die Liebenden her.

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Sal. Gehner. Der erste Schiffer. Bweiter Gesang.

Ihre Enkel verbesserten die Kunst, das Meer zu beschiffen. Am Ufer der Insel bauten sie eine volfreiche Stadt und hießen sie Cythera; hohe Türme und Tempel warfen ihren Schimmer weit in das lakonische Meer; der schönste von allen war der Liebe geheiligt, mit gedoppeltem Zirkel von hohen Säulen umgeben; 5 Glück und Überfluß wohnten in ihren Mauern, und die reichbe ladenen Schiffe des Ozeans sammelten sich in ihrem sichern Hafen.

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Idyllen.

(Zweite Folge 1772.)

1. Daphne. Chloe.

Hier

Daphne. Sieh, schon steigt der Mond hinter dem schwarzen Berg herauf, schon glänzt er durch die obersten Bäume. dünkt es mich so anmutsvoll, laß uns hier noch verweilen; indes 5 wird mein Bruder die Herde wohlbesorgt nach Hause führen.

Chloe. Lieblich ist diese Gegend, lieblich des Abends Kühlung; laß uns hier verweilen.

Daphne. Sieh, da an der Seite des Felsen, das ist der Garten des jungen Alexis. Komm, laß uns über den Zaun sehn. 10 Im Land ist dies der lieblichste Garten; keiner so niedlich geordnet; keiner ist so gut gepflegt.

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Chloe. Sei's denn, wir wollen.

Daphne. Kein Hirt weiß die Pflege der Pflanzen wie er. Ist's nicht so?

Chloe. O ja!

Daphne. Sieh, wie alles mit gesundem Wuchse aufblühet, was an der Erde wächst, und was an Stäben sich emporhält. Dort rieselt Wasser vom Fels; sieh, wie es, ein Bäch'chen, durch die Schatten des Gartens fließt. Sieh, auf dem Felsen, wo die 20 Quelle sich stürzt, hat er von Geißblatt eine Laube gepflanzt; da muß man wohl ganz die weite schöne Gegend sehn.

Chloe. Mädchen, du lobest mit Hiße. Lieblich ist alles. Lieblicher der Garten des braunen Aleris, als alle Gärten des Landes; schöner seine Blumen, als alle Blumen; so angenehm, 25 wie diese, rieselt keine Quelle; kein Wasser ist so kühl; kein Wasser ist so süß.

Daphne. Aber du lachest, Chloe.

Chloe. Ei nicht doch. Sieh, ich breche diese Rose; sage mir, ist ihr Geruch nicht süßer als aller andern Rosen? Lieblich, als 30 hätte Amor selbst sie gepflegt.

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