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Wie

Mein Herr!

ie, Sie können ist in der Stadt bleiben, ist, da der Frühling kommt? Wollen Sie nicht sehen, wie die Bäume blühen, und wie die Wiesen sich schmücken? Kommen Sie doch zu uns auf 5 das Land; Sie werden den Frühling sehen und mich. Wenn Sie nun nicht kommen, so werd' ich recht böse auf Sie; ich bin es so schon halb. Die Frau N. hat mir gesagt, Sie haben einen Daphnis geschrieben; und ich, mein geheimnisreicher Herr! ich darf davon nichts wissen. Sie haben doch gesehen, daß mir Ihr letztes Lied 10 recht sehr wohl gefallen hat; ich sing' es immer. Verzweifelt! (sagt die Frau von ***) Sie singen doch immer das gleiche, wie die Amsel des Herrn B. Letthin sang ich's beim Mondschein auf der Wiese und war recht froh dabei. Da hub die Nachtigall an; und da mußt' ich doch schweigen, so gern ich mich selbst singen höre. 15 Kommen Sie den künftigen Donnerstag gewiß, ich will Sie auf den Abend in der Laube erwarten; aber bringen Sie den Daphnis mit, oder ich bin mein Lebtag nicht mehr

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Mademoiselle!

Ihre Freundin.

Wer könnte Ihnen auf solche Drohungen nicht gehorchen? Hier haben Sie den Daphnis, und zwar gedruckt; und die Beantwortung Ihres Briefs ist sogar eine Zueignungsschrift. Wem hätte ich ihn anders zueignen können, als Ihnen? da mir an Ihrem Beifalle das meiste gelegen ist und ich es (ich muß es nur sagen) 25 Ihnen allein zu danken habe, wenn Sie die Liebe nach der Natur geschildert finden. Ja, wenn ich an die Phillis dachte, dann dacht' ich an Sie und ich war dann Daphnis: ein glücklicher Einfall für mich, den kleinen Roman zu schreiben; es war immer ein angenehmer Traum, der mir Ihre Abwesenheit zuweilen erträglich

machte. Welch ein angenehmes Entzücken, mich so wachend mit Ihnen in Träume zu verlieren!

Aber die Frau N. muß doch geschwazt haben. Ich hatte sie recht sehr ersucht, Ihnen nichts zu sagen. Ich hätte nicht länger ein Geheimnis daraus gemacht; ich hätt' es Ihnen gelesen und 5 nicht gesagt, daß ich Verfasser bin, bis ich Ihr freies Urteil gewußt hätte; und so hätte ich dann das Urteil aller Kenner gewußt.

Übermorgen, welch Entzücken! übermorgen werd' ich bei Ihnen in der Laube sein und Sie und den Frühling sehen. Aber vergessen Sie ja nicht, daß eine Zueignungsschrift wenigstens hundert 10 Küsse wert ist. Leben Sie wohl! Ich bin

Erstes Buch.

Auf dem Flusse Neäthus, der bei den Clibanischen Bergen entspringt und schnell durch Fluren unter grünen Gewölben vorbeirauscht und stürmisch Land und Bäume dahinreißt, haben 15 die Hirten eine kleine Insel den Nymphen geheiligt, beschattet von hohen Fichten und Wachholderbäumen. Mitten auf der Insel steht ein Fels mit der Höhle der Nymphen; denn ihre Bilder stehen. in selbiger künstlich in Lindenholz geschnitten mit ihren Urnen und mit Schilffränzen ums Haupt. Man sieht diese Göttinnen da mit 20 grünem Haupthaar unter den Bäumen wandeln oder am Ufer leicht daherschwimmen und dann auf Felsen sich trocknen und an der Sonne schlummern. Die Wellen spielen da sanft mit den beschäumten Wurzeln der Sarbachen und der Weiden, die rings ums Ufer stehen, und tönen lieblich wie Lieder.

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So oft der junge Frühling kommt, so oft kommen die Hirten mit ihren Mädchen von beiden Ufern und bringen den Nymphen Blüten von den Bäumen, die über den Fluß sich wölben, und Blumen, die an dem Wasser aufblühen, und bitten die Nymphen, daß sie den Wellen befehlen, daß sie nicht mehr ihr Ufer ver: 30 schlingen und Feld und Bäume dahinreißen.

13. Neäthus. Ein Fluß, der zwischen Croton und Petelia ins Jonische Meer floß. Anm. Geßners.

Einst schwamm in einem frohen Lenzen eine ganze Flotte von Nachen von beiden Ufern her der Insel zu. Auf jedem Nachen deckte ein grünes Gewölb von wohlriechendem Gesträuch und Blumen die Hirten und die Mädchen, die in selbigem freudig daherfuhren; 5 eine Kette von Blumen schlängelte sich an hohen Stangen, bis an die Spize hinauf, wo Bänder und Kränze hoch in der Luft flatterten. Sie fuhren daher unter dem lieblichen Getöne der Flöten und des Gesanges und landeten an der Insel. Truppen von Jünglingen und Mädchen stiegen ans Gestad, Mädchen, deren Reiz 10 die Göttinnen neidisch machte; jedes entzog dem andern die Blicke der Götter, die aus dem Olymp auf die Wolken heruntergestiegen waren und die Göttinnen einsam gelassen hatten. Denn die Schönheit entzückte hier durch mannigfaltigen Reiz. Einige entzückten durch die schlanke Länge des Leibes, andre durch die Weiße der 15 Stirne und des wallenden Busens; hier entzückte ein ernstes Gesicht wie der Göttin der Jagd, dort ein Lächeln wie der Venus; hier die reifende Jugend wie die Rose, wenn sie aus der Knospe sich drängt, dort die vollen Jahre der Jugend wie die offene Rose. Sie näherten sich Paar und Paar, traten in die heilige Grotte, 20 und gossen ihre Körbchen voll Blumen vor die Füße der Nymphen hin und umwanden sie mit Ketten von Blumen und schmückten sie mit Kränzen. Da trat die junge Phillis hervor, ihre Blumen und ihre Kränze zu bringen; sie war schön wie die Huldgöttinnen, Freud' und Unschuld reizten im kleinen Gesicht und in jeder Ge25 bärde; ihr braunes Aug' lächelte schüchtern um sie her, ein unüberwindliches Lächeln, sieghaft wie die Liebe selbst. So steht die junge Rose, die schönste unter den andern Blumen, die aus dem Gras um sie her aufwachsen; die Biene schwärmt zweifelnd umher, sie winken umsonst, denn sie sieht die Rose und sucht nicht mehr. Daphnis, der schönste Jüngling, durchlief mit flüchtigen Blicken die Haufen der Mädchen; sie begegneten tausend redenden Blicken der Mädchen, die ihn lächelnd ansahn, dann sich leise in die Ohren flüsterten, dann freundlicher lächelnd ihn wieder ansahn. Da sah er die Phillis; ein Seufzer drängte sich durch seine Brust, und 35 eine Röte stieg ins Gesicht; sein Blick blieb bei ihr stehen; sie sah ihn an, da sank sein Blick zur Erde, sie ging zurück und sah ihn schamhaft wieder an; da zitterte Daphnis, sein Herz bebte, er sah ihr schmachtend nach, voll Angst, sein Auge werde sie unter der Menge verlieren; aber sie verlor sich nicht, sie stund da und sprach

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mit ihren Gespielen; oft flog ihr Blick zum Daphnis, aber schüchtern sank er schnell wieder ins Gras vor ihren Füßen; oft stund im Gedräng' ein längeres Mädchen vor die Phillis hin, dann ward Daphnis böse, und wenn es zurück trat, dann lachte sein Auge der Phillis wieder feuriger zu. So lachen die Fluren, wenn der 5 Mond aus Wolken hervorgeht.

Jht waren alle Blumen vor die Füße der Nymphen hingegossen, und die Hirten hatten die Nymphen mit Kränzen geschmückt; da teilten sich die Mädchen und die Jünglinge in verschiedenen Chören gegen einander über, und Daphnis stellte sich gegen der 10 Phillis über, da sangen die Mädchen, je ein Chor nach dem andern, Lieder zum Lobe der Nymphen.

Ihr Nymphen! (sangen sie) die ihr die Höhlen des Flusses bewohnet; und ihr, Nymphen! die ihr die Urnen von den Felsenwänden rauschend herunter gießet, o seid mild und gütig den Hirten, 15 die an dem Schilfe des Flusses wohnen!

„Wir haben den Frühling, der an dem Ufer blühete, von den Bäumen genommen; wir haben dem Ufer die Blumen geraubt und in die heilige Höhle gebracht, ihr Nymphen im Fluß und auf den hohen Felsen!

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„O seid gütig den Hirten, die an dem Schilfe des Ufers wohnen! Daß die Wellen die fruchtbaren Bäume nicht rauben, daß sie die Felder und die Wiesen nicht überschwemmen. Dann können die Herden am Flusse weiden, dann könnt ihr am Ufer im Schatten wandeln und auf Blumen einhergehn, ihr Nymphen 25 im Fluß und auf den hohen Felsen!"

So sangen die Chöre der Mädchen, und die Hirten bliesen lieblich dazu mit ihren Flöten. Aufmerksam horchte Daphnis, ob er den Gesang der Phillis nicht hören könnte, und vergaß zu flöten.

Jht kam der Mond über entfernte Hügel, und die Jünglinge 30 und die Mädchen gingen in die Nachen zurück. Phillis ging auch zurück und sah den Daphnis an; die Dämmerung machte sie beycrzt; sie sah ihn starr an und seufzte; langsam ging sie ans Gestad und sah oft zurück und seufzte. Daphnis stund da und sah ihr mit traurigen Blicken nach und hätte vergessen in den 35 Nachen zu steigen, wenn die andern Hirten ihn nicht aus dem Taumel aufgeweckt hätten; er stieg in den Nachen, setzte sich hin und sah traurig denen nach, die an das andere Ufer hinüberschwammen. Alles war voll Freude; man hörte von beiden Seiten

ein liebliches Gemische von Liedern und von Flöten, die Echo wiederholte sie den Fluß hinauf an allen Hügeln. Die Jünglinge und die Mädchen, die beim Daphnis im Nachen waren, lachten und scherzten und sangen; aber Daphnis saß stumm da und sah nach 5 dem Ufer und sang nur mit, wann sie ein zärtliches Lied fangen, ganz Gefühl sang er dann mit.

So stieg er traurig ans Gestad und ging nach seiner Hütte. Da trat er hinein zu seinem alten Vater, der freudig seinem Sohn entgegenlächelte, und von dem Fest ihn fragte und dann erzählte, 10 wie oft er gesehen, daß der wilde Fluß das Ufer weggerissen, Bäume voll reifer Früchte auf wütenden Wellen weggetragen, wie er schon Nachen umgerissen und Hirten ertränkt hat. Daphnis höret ihm stillschweigend zu und geht dann aus der Hütte und bleibt unter den Bäumen vor seiner Hütte stehen und sieht die ganze 15 Gegend im düstern Mondlichte, da steht er traurig und seufzt.

Wie wird mir! (so sagt er leise) was fühl' ich? Warum pochet mein Herz und warum seufz' ich? Warum konnt' ich dir kein Aug' entziehn? Warum war mir so bang', als du weggingest? Warum ist mir noch bang'? Warum schwebst du immer vor mir, 20 schönstes Mädchen? Ach ich seh' dich noch immer, wie deine schwarzen Locken halb in den Blumenkranz gewickelt waren, wie die andern, die sich losgemacht, lang um deinen Arm, den weißen Arm sich wickelten, oder um den Busen flatterten, ach! um den jungen, aufblühenden Busen! Und dein braunes Aug'! Ich ward unruhig, 25 wenn es andere anlachte; und wenn es mich anlachte, dann drang dein Blick gewaltsam in das Innerste meiner Seele. Ach! ich liebe dich. Wie glücklich, wenn auch du mich liebtest? Oft zwar be gegneten unsre Blicke sich, und dann sahst du zur Erde, wie ich. Wenn auch du mich liebtest! Aber wo bist du? Ach vielleicht fern 30 von mir! Dein Bild nur wird immer um mich schweben. Ez wird mit mir gehen, wenn ich schlafe, und wenn ich wache, dann wird es mit mir hinter der Herde gehen; an dem Bach, in dem Haine wird es mir folgen, ach! vielleicht ohne Hoffnung, sein Urbild wiederzusehn!

35 So sagte Daphnis; dann lehnt er sich an einen Stamm und sah aufwärts nach dem stillen Mond und seufzte: So lieblich ist sie, (sagt' er) so schön wie du, Mond! so schön gegen die andern Mädchen, wie du gegen die andern Lichter, die um dich her schimmern. Dann schwieg er wieder und staunt' und seufzt' und redte wechsel

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