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zu unterlegen, und nun, wie Hr. K. sagt, in einigen freien Stunden Betrachtungen von hohem Interesse darüber anzustellen, die wenigstens keinen Haltpunkt hatten, weil der (dem Rec. völlig unbekannte) Behaupter jenes Satzes von Jesus nicht als von einem blossen Landrabbinen gesprochen hat. Auch der Satz, dafs zwischen einem jüdischen Landrabbinen jener Zeit und einem öffentlichen Religionslehrer der unsrigen, die beiderseitige Würde (Rabbi = Lehrer) abgerechnet, gar keine Vergleichung statt finde « kann, je nachdem der Zusammenhang ist, einen ganz richtigen Sinn haben, in sofern zwischen einem jüdischen Landrabbinen zu Jesu Zeit, welcher, s. Mendelsohns Jerusalem, ausser der Eingottheit Jehova's an kein Dogma gebunden war und nicht gerade eine örtliche Amtsanstellung haben. mufste, und einem öffentlichen Religionslehrer unserer Zeit unstreitig in vielfacher Hinsicht, zunächst im Verhältnifs zum Staat als Beschützer christlicher Gemüthsbildung, und zur Kirche als Gesellschaft ohne Synedrium, auch überhaupt in fast allen seinen öffentlichen Rechten und Pflichten gar keine passende Vergleichung auzustellen wäre.

Eben daher hätte sich auch der Verf. leicht historisch die Fragen S. 7 auflösen können: wie Jesus, welcher zunächst die damaligen Rechte eines Rabbi und Volks- Propheten gebrauchte, in einer Weise aufzutreten vermochte, die freilich von der jetzigen Kirchenpolizei nicht geduldet würde. Wäre denn aber dadurch ein jetziges Einengen der Ueberzeugungsfreiheit und Lehrfreimüthigkeit gerechtfertigt, von welchem der Verf. voraussetzt, dafs, wenn es damals existirt hätte, auch Jesus selbst, nach dem Maasstab desselben beurtheilt, seine Sache etwas zu arg getrieben haben würde. Wozu überhaupt ein solches nur zu endlosen Consequenzmachereien leitendes Vergleichen des Nichtvergleichbaren?

Wozu auch der entscheidende Ton S. 6. 7 dafs geschichtlich die Behauptung wegfalle, als ob Jesus (welchen doch so manche als Rabbi anredeten) wirklich Rabbi gewesen wäre. Wie unentscheidend sind dagegen des Verfs. Gründe. Jesus habe überall gelehrt. War denn ein jüdischer Rabbine an einen Ort gebunden? Jesus werde eben so oft Prophet (gleich dem Täufer) als Rabbi genannt. Schliefst deun Eines das Andere aus? Warum abermals ein Gegensatz, wo beides zugleich statt findet.

Noch mehr aber mufs Rec. fragen: wozu der weithin vorherrschende bitter ironische Ton, mit welchem der Vf. Fragen behandelt, die nur durch die ruhigste, den Gesetzen der historischen Auslegungskunst einfach sich unterordnende Erforschung des Bibelsinns allmählig der redlichen Entscheidung näher gebracht

werden können? S. 7 will die Voraussetzung erzwingen, dass der Ungenannte, welcher in den oben angeführten Zeilen von Aehnlichkeit (nicht: Gleichheit) der Würde eines jüd. Rabbi mit unsern öffentlichen Religionslehrern gesprochen zu haben scheint, eine Aehnlichkeit Jesu mit Landpfarrern und Landschulmeistern unserer Zeit ausgesprochen habe; und nun folgert des Vfs. sarkastische Laune: Er, Jesus, »wäre dann etwa dem ehemali gen Zopfprediger Schulze zu vergleichen, der für die Aufklärung redlich eifernd, zwar nicht ans Kreuz geschlagen, sondern nur abgesetzt wurde u. s. w. Unglückselige Polemik, die der Feder eines Mannes, welcher Landschulmeistern und Landpfarrern von Amtswegen ein Muster der Bedachtsamkeit und Vorsicht zu seyn die Pflicht hat, solche durch nichts begründete Consequenzmachercien entreissen konnte.

Der Verf. selbst spöttelt S. 3 über die scharfsinnige Erfindung weiland der Dogmatiker, welche durch die Communi>catio Idiomatum sogar die körperliche Ubiquität des Menschen >Jesu zu erweisen und die deutlichsten Erklärungen über seine Menschheit und Abhängigkeit vom Vater mit der athanasianischen Wesenslehre zu vereinigen vermocht hätten. « Er selbst also dispensirt sich von einer Vorstellungsart, welche (das von der Ubiquität abgerechnet) immer noch kirchlich-symbolisch ist. Gegen Andere hingegen soll das Kirchliche entscheiden? S. 4. meint-Er, dass wenigstens in der Kirche entschieden seyn müsse, wie von Jesu Würde zu denken sey. Er hört nicht auf, die blofs ihm eigene Fiction, als ob S. 11. 12. gegenwärtig zwei Ansichten und Lehrparthieen gegeneinander stünden, wovon die Eine Jesus für einen blossen Landrabbinen, die andere aber für den von Gott gesandten Erlöser des menschl. Geschlechts erkenne, durch alle ersinnliche Consequenzmachereien und Uebertreibungen so lange auszuspinnen, bis er zur Folgerung gelangt, dafs S. 29. endlich die christliche Kirche selbst wegfallen und die Religion wenigstens geschwächt werden müsste. Hiernach erklärt Er (bieder zwar, aber mit äusserst unnöthiger Heftigkeit) S. 30. dafs Er selbst, wenn ihm heute vollkommen klar würde, dass Jesus nichts weiter gewesen seye, heute noch sein Predigtamt niederlegen und lieber mit seinen Kindern betteln würde, als dafs er ferner doppelzüngig von dem Landrabbinen als von Gottes Sohn reden wollte. « Wo ist denn eine Lehrparthei in der Kirche, welche dieses beides mit Zweizüngigkeit als Entgegensetzungen behauptet. Ob Jesus wirklich ein nach Sitte der Zeit graduirter Rabbine war, oder, wie der Verf. meint, nur aus Höflichkeit von manchen als Rabbi angeredet wurde, was liegt der Hauptsache daran? Wozu das Ereifern? Wer dieses oder jenes für wahrscheinlicher hält, läugnet denn cin

solcher dadurch, dafs Jesus, als Kaiphas ihn zu sagen beschwor, ob Er des lebendigen Gottes Sohn sey, auch dieses nach den Eigenschaften eines ächten Messiasgeistes, die er in sich selbst kannte und in seinem historisch-unverkennbaren Charakter zeigte, mit vollem Rechte bejaht habe, so, wie Er schon durch sein ganzes Leben sich als den menschgewordenen Messiasgeist bewährt hatte. Wozu Gegensätze erfinden, wo nur Vereinbarkeit, und diese so klar gegeben ist, wie schon in dem Philipperbrief der Apostel das εν μορφή θες υπαρχειν mit dem μορφην δελε λαβειν verbunden hat.

Wie aber nun, wenn wir auch die Kehrseite der Münze betrachten, auf welche der Verf. als kirchlich-ächt hindeutet. Er spöttelt nicht nur über die ethisch - kritischen Theologen S. 9 so sehr, als über andere Rationalisten. Er meint nicht nur alle diese S. 25. zu den gemeinen Schulmeistern rechnen zu müssen, weil jeder doch eben auch nur zu seiner Vernunft führen könne; wie denn doch auch der Verf. weder die absolute Vernunft noch die Offenbarung-wenn's aufs beste geht-schwerlich je anders als nur durch seine Vernunft erfassen wird. Aber auch die alte Dogmatik belächelt S. 160. welche die Objectivität des Glaubens (Verba sunt!) so verkehrt aufgefasst habe, dafs durch ihre Schuld ein Schatten der Ungereimtheit und Unvernünftigkeit auf die Lehre der Erlösung selbst gefallen sey. Wie lichthell mufs wohl dagegen die neue, eigene Dogmatik unsers Verfs. seyn.

S. 260. giebt dafür eine sehr richtige vielumfassende Regel: >> Nicht was zweifelhaft ist, nicht, was mit gleicher Wahrscheinlichkeit vierfach, zehnfach, gedeutet werden kann und worden ist, nicht was mit sich selbst im Widerspruche steht, nicht was von dem Gelehrten mühsam erlernt und von dem Layen nie begriffen wird, nicht überhaupt, was auf einer Reihe mühsamer (wir sagen: nicht überzeugend mittheilbarer) Unterscheidungen und Schlüsse beruht, kann eine Lehre des Heils seyn. Einen Glauben an Worte [ohne klaren Sinn] kann (darf) es nicht geben, und eine Offenbarung in sinnlosen [unverständlich geheimnisvoll blei benden] Tönen ist keine Offenbarung. Nur das Allen deutliche, auch dem einfachsten Sinn begreifliche, und als gewifs in der h. Schrift vorliegende, das in allen ihren Theilen festgehaltene und der Kirche von Anfang an bis jetzt (?) Wesentliche, nur das ist das eigentliche Wort Gottes, aus welchem die Bewährung und Erklärung des übrigen nach besonderer Rücksicht jedem frei steht und für niemand anders als mit gewissenhafter Klugheit gegeben werden kann. <« So hier der Verf. Und eine helle, heitere, glückliche Stunde mufs es gewesen seyn, wo er diese 'lichthelle, treffliche Stelle niederschrieb.

Werden also von Ihm alte und neue Dogmatiker, und alle nur durch ihre eigene Vernunft vernünftige Rabbinen, Theolound Layen klar und hell erfahren, was der Gottessohn war und sey, für welchen das ganze Werkchen kämpft und streitet?

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Bedenklich, gestehen wir, wurde es uns zu Muth, als nach viel- und manchfachem in des Gottessohnes Jesu Geschichte nicht begründetem Idealisiren (wobei man nur immer ausrufen möchte: wie viel leichter ist Phantasiren, als historisches Exegesiren!) schon S. 85. uns der Ausspruch entgegenkam: » die Erscheinung eines Gottessohns, nicht im figürlichen Sinn, worin die Vernunft selbst sich als eine Gottes-Tochter erkenne, sondern im wahren Sinne, bezeichne ein über das Leben unbe dingt herrschendes Wesen.« Gute Layen! wie werdet Ihr diesen wahren Sinn von Gottessohn dort, wo Petrus seinen Jesus als solchen verehrt, oder wo Kaiphas nach jüdischem Sprachgebrauch darnach fragt und Jesus es bejaht, als das einfache Begreifliche, Wesentliche, finden können?

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Aber vielleicht wird der Flufs der Rede im Fortströmen klarer. S. 157. lesen wir: »die Wahrheit, dafs Jesus Gottes Sohn ist, erkläre die heilige Schrift so, dafs nämlich in Ihm sich eine Freiheit über die menschliche Natur gezeigt habe, welche die Vernunft zwar begehre, aber zu erreichen sich unfähig fühle, Unsündlichkeit, Unsterblichkeit und endlich Bestimmung der natürlichen Regeln nach dem Zweck, nicht des Zwecks nach den Regeln; welches der wahre Begriff des Wunders als That sey.« Dies also erklärt, wie der Verf. versichert, Ihm die h. Schrift über das, was für Ihn Gottessohn sey. Dafs doch die heil. Schrift, um sich so recht zu erklären, gerade für des Vfs. Erklärung die wahren Worte und Begriffe nicht gewusst haben mufs, welche Er jetzt erst entdeckt und offenbart. Nur dafs dabei sehr unklar bleibt, in welchem Sinn dem physischen oder moralischen? Freiheit über die menschliche Natur dem ersten der Gottessöhne zukomme? und ob denn Er, Jesus, der Messias, und nicht vielmehr des Vaters, der Gottheit, ewig weises und heiliges Seyn die Regeln der Naturkräfte von Ewigkeit her nach dem Zweck alles Daseyns und Lebens bestimmt habe. Auch scheint unklar zu bleiben, wie in Ihm Unsterblichkeit als ausgezeichnet angegeben wird, da die Schrift alle Geister als durch den unsterblichen Gott unsterblich glauben lehrt.

Rec. hat sich nach klareren, schriftgemässen Stellen bei dem Verf. umgesehen. Unsere Leser mögen sich selbst fragen, wie dem Rec. in Hinsicht der Hoffnung auf Klarheit zu Muth werden mufste, da er S. 177. so las: »Die Vernunftausbildung ist nichts anderes als die im Gefühl empfangene. Totalität des objectiven

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Lebens, durch die vermittelnde Thätigkeit des Verstandes und der Urtheilskraft zur innern Totalität des subjectiven Lebens erhoben. Sie ist ohne Gefühle so wenig denkbar, dafs sie (die Vernunftausbildung nämlich) nur die durch Erfahrung (wir sagen: durch vernunftgemässes Wollen) erlangte Fertigkeit und Gewohnheit ist, die einzelnen Gefühle zu beherrschen, welches durch ihre Subsumtion unter eine erkannte, also gefühlte höhere Totalität geschieht, woraus sich als Erkenntnifs die Regel und aus der Regel die subjective Möglichkeit der Handlung ergiebt. Sie (die Vernunftausbildung also?) ist dann vollkommen, wenn sie alle Objecte in der Totalität universal erkennt und also sich geistig in der Totalität bewegt.<

Wir sind gewifs, dafs alle Vernünftige zur wünschenswer then Vernunftausbildung früher gelangen, als sie die Totalität dieser Anleitung dazu zur objectiven und subjectiven Klarheit universal sich erhebend finden werden.

Vermöge einer solchen Methode von Vernunftausbildung kann man denn freilich auch zu einem Ideal von Gottessohn kommen, welches nicht nur alle alte und neue Dogmatik überfliegt, sondern auch weder in der biblischen, historischen Wirklichkeit des Lebens und Leidens Jesu nachzuweisen ist, noch als Regel für die subjective Möglichkeit der Handlungen der Christen anzuwenden wäre.

Am wenigsten weifs Rec. wie dieses Ideal dennoch auch dem, welchem es nach der objectiv-subjectiven Totalität seiner Vernunftausbildung klar seyn mag, erlaube, neue Ketzereien zu fingiren und damit Lärm zu schlagen, um desto auffallender seine eigenthümliche, aber auf keinen Fall kirchliche, Ansicht von dem Gottessohn (die wir ihm, so lange Er selbst will, gerne lassen wollen) der Länge nach aussprechen und wie die alleingültige Standarte der Kirche aufstellen zu können.

Recens. erinnert sich, zu seiner Freude, aus der neuesten Kirchengeschichte keines ähnlichen Falls, als des Einzigen, wo gegen den seel. Dr. Löfler, welchem so wenige die Schuhriemen zu lösen werth oder tüchtig wären, einige Schäferische Schriften über die Offenbarungs- und Genugthuungstheorie Verketzerungslaute, gleichsam e profundis herauf, ertönen liessen, un geachtet die Theorie, welche sie als Gegengift behaupten wollten, mit dem, was kirchliche Orthodoxie genannt werden möchte, auf jeden Fall auch nicht zusammenträfe. Möge jenes schlimme Nachtvogelgeschwirr um des unvergesslichen Löflers letzte, da durch verbitterte, Tage für immer verhallt und vergessen bleiben. Wir ziehen nur Eine Lehre daraus. Selbst solchen Mannern ist es also unverkennbar geworden, wie sehr die alte Concilien, Kirchenlehrer und Scholastiker unrecht hatten, in sofern

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