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chen, dessen Geschichte und Kunst Charakter mir durchs Lesen zum voraus bekannt ist. Wenn ich die Ehr-Furcht sehe, mit der von grossen Künstlern und ihren Werken geredt wird, so mufs das meine Idee von der Wichtigkeit der Kunst erhöhen. Wenn ich sehe, wie unermüdet sie gearbeitet haben, zu ihrer Grösse zu gelangen, und sich in derselben zu erhalten; wie Reisen und Beschwerden und Mangel sie nicht abschrekten, alle Mittel, die ihren grossen End-Zwek befördern konnten, zu nuzen: mufs das nicht den jungen Künstler anmahnen, jede Stunde nüzlich zu gebrauchen, und geizig auf jeden Augen-Blik zu seyn? Auch können die übeln Schiksale manches sonst grossen Künstlers eine rührende Erinnerung seyn, dafs Lebens-Art und gute Sitten, und Klugheit mit dazu gehören, um durch die Kunst sich ein dauerhaftes Glük zu machen.

Noch einen wichtigen Rath muss ich dem Künstler andringen: Die Dichtkunst ist die wahre Schwester der Mahler-Kunst. Er unterlasse nicht, die besten Werke der Dichter zu lesen; sie werden seinen Ge

schmack und seine Ideen verfeinern und erheben, und seine Einbildungs-Kraft mit den schönsten Bildern bereichern. Beyde spüren das Schöne und Grosse in der Natur auf; beyde handeln nach ähnlichen Gesezen. Manichfaltigkeit ohne Verwirrung ist die Anlage ihrer Werke, und ein feines Gefühl für das wahre Schöne muss beyde bey der Wahl jeden Umstandes, eines jeden Bildes, durch das Ganze leiten. Wie mancher Künstler würde mit mehr Geschmak edlere Gegenstände wäh. len; wie mancher Dichter würde in seinen Gemählden mehr Wahrheit, mehr mahlendes im Ausdruk haben, wenn sie die Kenntnifs beyder Künste mehr verbänden. So leicht ist's den Alten, besonders den Griechen, in ihrer poetischen Sprache und in ihren Gemählden nicht geworden, wie so vielen neuern Dichtern, die nur zusammengeraffte Bilder und Ausdrüke unschiklich zusammenhäufen, und gemahlt zu haben glauben. Webs Untersuchung des Schönen in der Mahlerey, welche die Schönheiten dieser Kunst mit Stellen aus den alten Dichtern erläutert, ist dafür der deutlichste Beweis, da es seine Absicht

forderte, dieselben in diesem GesichtsPunct zu betrachten: dafs die Dichter damals das Schöne der Künste empfunden und gekannt, und die lebende so wie die Leb-lose Natur genau beobachtet haben. Auch würden die neuen Dichter, die doch fast immer für Kenner der Kunst wollen angesehen seyn, dann nicht sich lächerlich machen, und von Dürer reden, wenn sie die Grazien wollen gemahlt haben, oder von Rubens, wenn sie von dem grössesten Grad der Schönheit in der Bildung einer Sterblichen oder einer Göttin reden wollen. Doch ich komme zum Künstler zurük. Der Landschaft-Mahler mufs sehr zu beklagen seyn, den z. B. die Ge mählde eines Thomson nicht begeistern können. Ich habe in diesem grossen Meister viele Gemählde gefunden, die aus den besten Werken der grössesten Mahler genommen scheinen, und die der Künstler ganz auf sein Tuch übertragen könnte. Seine Gemählde sind manichfaltig: oft ländlich staffiert wie Berghem, Potter oder Roos; oft Anmuths-voll wie Lorrain, oder edel und grofs wie Poussin; oft melancholisch und wild wie S. Rosa. Und hier

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nehme ich Gelegenheit, einem redlichen Manne das Wort zu reden, der schon fast ganz vergessen ist. Brokes hat sich eine ganz eigene Dicht-Art gewählet: er hat die Natur in ihren manichfaltigen Schönheiten bis auf den kleinsten Detail genau beobachtet. Sein zartes Gefühl ward durch die kleinsten Umstände gerührt; ein Gräschen mit Thau-Tropfen an der Sonne hat ihn begeistert. Seine Gemählde sind oft zu weitschweifig, oft zu erkünstelt; aber sei ne Gedichte sind doch ein Magazin von Gemählden und Bildern, die genau aus der Natur genommen sind. Sie erinnern uns an Schönheiten, an Umstände, die wir oft selbst bemerkt haben, und izt wie. der ganz lebhaft denken, die uns aber das Gedächtnifs nicht liefert, wenn wir sie am nöthigsten haben.

Wir sollen also noch Celehrte werden? kann mancher Künstler mit Lachen sagen. Denen ist mein Rath von Wichtigkeit, die in ihren Werken das Grosse und Edle suchen. Ich weifs Künstler, denen er nicht nöthig ist. Man kann einen zerfallenen Schwein-Stall mahlen, und ein Bäurchen, das ganz lustig da an die Wand pisst, und

eine Lache daneben, und dabey allen Spiel von Schatten und Licht, und die Zauberey des Colorits, und die grösseste Niedlichkeit in der ganzen Ausführung anbringen. Dergleichen Werke können auch schäzbar seyn; und wenn man in Absicht auf Gedanken nicht weiter will, so kann man freylich sehr vieles entbehren.

Das, mein theuerster Freund, sind nun die Bemerkungen, so gut mir mein Ge dächtnifs dieselben noch liefert, die ich bey meinen Arbeiten, und bey dem Plan, den ich mir vorgeschrieben hatte, gemacht habe. Andre mögen urtheilen, wie weit es mir dabey in der Kunst gelungen ist; aber davon bin ich doch überzeugt, dafs mein Plan einen kurzen und sichern Weg führt. Denn so wird durch die beyd-feitige Übung, nach der Natur und dem Bes ten in der Kunst, der Künstler sich fähig machen, wechselweise die besten Manieren des Ausdrukes der Kunst mit der Natur, oder bey jeder mahlerischen Schönheit der Natur diese mit jener zu verglei, chen. Sein Auge wird so gewöhnt seyn, in der Natur das zu bemerken, was mahlerisch schön ist, dafs kein Spaziergang

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