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von diesen beyden Erzehlungen, um sie, mit dem Meinigen verbunden, herauszugeben. Er hatte von meinen neuen Arbeiten noch nichts gesehen: er kannte die ersten, und glaubte, diese müfsten's würdig seyn, mit dem Seinigen zu erscheinen. Wie schmeichelhaft mufste mir die se freundschaftliche Zuversicht von einem so grossen Kenner seyn!

Könnte ich ehrenhafter bey seiner Nation erscheinen, als da sie dieses Geschenke von meiner Hand erhält? Könnte ich ehrenhafter vor Deutschland erscheinen, als da ich sie, mit dem Meinigen verbunden, in dieser Übersezung liefere? Ich bin stolz auf dieses öffentliche Zeugniss, das Herr Diderot seinen und meinen LandesLeuten geben will, dafs er mich schäzt und liebt.

DIE BEYDEN

FREUNDE VON BOURBONNE.

EINE ERZEHLUNG.

Es lebten hier ein Paar Leute, man könnte sie den Orest und Pylades von Bourbonne nennen; der eine hiefs Olivier, der andre Felix. Sie wurden am gleichen Tage, in dem gleichen Hause uud von zwo Schwestern gebohren. Die gleiche Milch nährte sie; denn da die eine von diesen Müttern im Wochen-Bette starb, nahm die andere beyde Kinder zu sich. Mit einander wurden sie erzogen, und blieben immer von andern Kindern abgesondert. Sie liebten sich, so wie man sein Daseyn, sein Leben geniesst, ohne daran zu denken. Jeden Augen-Blik fühlten sie es, und sagten es vielleicht einander niemals. Olivier rettete einmal dem Felix, der ein grosser Schwimmer seyn wollte, und beynahe ertrunken wäre, das Leben; aber

keiner von beyden dachte nachher dran. Hundertmal zog Felix den Olivier aus verdrüfslichen Händeln, worein ihn seine ungestüme Gemüths Art verwikelte; und niemals fiel es diesem ein, ihm dafür zu danken. Sie giengen mit einander heim, und redten entweder gar nichts, oder von was anderm.

Man looste für die Miliz, und das fatale Billet fiel auf Felix: Das andre ist für mich, sagte Olivier. Sie hielten ihre Dienst-Zeit aus, und kamen ins Land zurüke ob einander noch lieber als zuvor, das könnte ich eben nicht sagen, Brüderchen! denn wenn gleich wechselseitige Wohlthaten eine überlegte Freundschaft befestigen, so thun sie vielleicht doch bey derjenigen nichts, die ich eine animalische, häusliche Freundschaft nennen möch⚫ te. Bey der Armee ward Olivier einst im Gefecht von einem Säbel-Hiebe bedroht, der ihm den Kopf spalten sollte: Maschinen-mässig stellte sich Felix vor den Hieb, und behielt davon eine Narbe. Man behauptet, er sey auf diese Wunde stolz gewesen; ich glaube es aber nicht. Bey Hastenbek zog Olivier den Felix aus dem

Haufen von Todten, unter denen er geblieben war. Wenn man sie fragte, so redten sie zuweilen jeder von der Hülfe, die er von dem andern empfangen, aber niemals von der, die er dem andern geleistet hatte. Olivier redte von Felix, Felix von Olivier; aber sie thaten mit nichts grofs. Als sie eine Zeit-lang wieder im Lande waren, verliebten sie sich (zwar von ohngefehr) in das gleiche Mädchen. Nicht die geringste Eifer-Sucht war zwischen ihnen der erste, der die Leidenschaft seines Freundes gewahr ward, entfernte sich. Es war Felix. Olivier heyrathete; und Felix, des Lebens überdrüssig, ohne zu wissen warum, stürzte sich in allerley gefährliche Gewerbe, und ward zulezt ein Schleich-Händler. Es ist dir bekannt, Bruder, dafs in Frankreich vier Gerichts-Kammern sind, wo die SchleichHändler gerichtet werden: Caen, Rheims, Valence und Toulouse; und dafs unter allen vieren die zu Rheims die strengste ist, in welcher ein gewisser Coleau präsi dirt, der grausamste Mann, den die Natur je hervorgebracht hat. Felix ward, mit den Waffen in der Hand, ergriffen,

vor den Coleau geführt, und, wie fünfhundert andre vor ihm, zum Tode verurtheilt. Olivier vernahm des Felix Schiksal. In einer Nacht steht er seinem Weib von der Seite weg auf, läuft, ohne ihr was zu sagen, gen Rheims; geht zum Richter Coleau, wirft sich zu seinen Füssen, und bittet um die Gnade, den Felix zu sehn und zu umarmen. Coleau sieht ihn an, schweigt eine Weile, winkt ihm, sich zu sezen. Olivier sezt sich. Nach einer halben Stunde zieht Coleau seine Uhr hervor: Wenn du deinen Freund noch beym Leben sehn und umarmen willst, sagt er zu Olivier, so mache geschwind; er ist izt auf dem Wege, und, geht meine Uhr recht, so wird er, ehe zehn Minuten vorbey sind, gehangen seyn. Vor Wuth ausser sich steht Olivier auf, versezt mit seinem Stoke dem Richter Coleau einen ungeheuern Streich auf das Genike, der ihn fast todt auf den Boden strekt; läuft gegen den Richt-Plaz; kömmt, schlägt auf den Henker, schlägt auf die GerichtsDiener; bringt den Pöbel auf, der ohnediefs schon über solche Hinrichtungen erbittert war. Es fliegen Steine. Felix wird

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