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bleibsel desselben zu seyn. Diese Dichtungs-Art bekömmt daher einen besondern Vortheil, wenn man die Scenen in ein entferntes Welt-Alter sezt; sie erhalten dadurch einen höhern Grad der Wahrscheinlichkeit, weil sie für unsre Zeiten nicht passen, wo der Land-Mann mit saurer Arbeit unterthänig seinem Fürsten und den Städten den Überfluss liefern muss, und Unterdrükung und Armuth ihn ungesittet und schlau und niederträchtig gemacht haben. Ich will damit nicht läugnen, dass ein Dichter, der sich an's Hirten-Gedicht wagt, nicht sonderbare Schönheiten ausspüren kann, wenn er die Denkungs-Art und die Sitten des Land-Manns bemerket; aber er muss diese Züge mit feinem Geschmak' wählen, und ihnen ihr Rauhes zu benehmen wissen, ohne den ihnen eigenen Schnitt zu verderben.

Ich habe den Theokrit immer für das beste Muster in dieser Art Gedichte gehalten. Bey ihm findet man die Einfalt der Sitten und der Empfindungen am besten ausgedrükt, und das Ländliche und die schönste Einfalt der Natur; er ist mit dieser bis auf die kleinsten Umstände bekannt gewe

sen; wir sehn in seinen Idyllen mehr als Rosen und Lilien. Seine Gemählde kommen nicht aus einer Einbildungs-Kraft, die nur die bekanntesten und auch dem Unachtsamen in die Augen fallenden Gegenstände häuft; sie haben die angenehme Einfalt der Natur, nach der sie allemal gezeichnet zu seyn scheinen. Seinen Hirten hat er den höchsten Grad der Naivität gegeben; sie reden Empfindungen, so wie sie ihnen ihr unverdorbenes Herz in den Mund legt, und aller Schmuk der Poesie ist aus ihren Geschäften und aus der ungekünstelten Natur hergenommen. Sie sind weit von dem epigrammatischen Wiz' entfernt, und von der Schul-gerechten Ordnung. Er hat die schwere Kunst gewusst, die angenehme Nachlässigkeit in ihre Gesänge zu bringen, welche die Poesie in ihrer ersten Kindheit mufs gehabt haben. Er wufste ihren Liedern die sanfte Miene der Unschuld zu geben, die sie haben müssen, wenn die einfältigen Empfindungen eines unverdorbenen Herzens eine Phantasie befeuern, die nur mit den angenehmsten Bildern aus der Natur angefüllt ist. Zwar ist gewifs, dafs die noch weniger verdorbene

Einfalt der Sitten zu seiner Zeit, und die Achtung, die man damals noch für den Feld-Bau hatte, die Kunst ihm erleichtert hat. Der zugespizte Wiz war noch nicht Mode; sie hatten mehr Verstand und Empfindung für das wahre Schöne, als Wiz.

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Mir deucht, das ist die Probe darüber, dals Theokrit in seiner Art vortrefflich sey weil er nur wenigen gefällt; denen kann er nie gefallen, die nicht für jedeSchönheit der Natur, bis auf die kleinsten Gegenstände, empfindlich sind; denen, deren Empfindungen einen falschen Schwung genommen haben; und einer Menge von Leuten, die ihre Bestimmung in einer falsch-ekeln Galanterie finden. Denen ekelt vor dem Ländlichen; ihnen gefallen nur Hirten, die so geziert denken wie ein wiziger Dichter, und die aus ihren Empfindungen eine schlaue Kunst zu machen wissen. Ich weiss nicht, ob die meisten neuern entweder zu bequem gewesen sind, mit der Natur und den Empfindungen der Unschuld sich genauer bekannt zu machen, oder, ob es Gefälligkeit für unsre ausgearteten Sitten ist, in der Absicht sich allgemeinern Beyfall zu gewinnen, dafs sie so weit sich von

dem Theokrit entfernen. Ich habe meine Regeln in diesem Muster gesucht; und es wird mir eine Versicherung der glüklichen Nachahmung seyn, wenn ich diesen Leuten auch mifsfalle. Zwar weils ich wol, dass einige wenige Ausdrüke und Bilder im Theokrit bey so sehr abgeänderten Sitten uns verächtlich worden sind; dergleichen Umständchen hab' ich zu vermeiden getrachtet. Ich meyne aber hier nicht dergleichen, die ein französischer Übersezer in dem Virgil nicht austehen könnte; die ich meyne, hat Virgil, der Nachahmer des Theokrit, selbst schon weggelassen.

Gessner.

AN DAPHNEN.

NICHT den Blut-besprizten kühnen Helden, nicht das öde Schlacht-Feld singt die frohe Muse; sanft und schüchtern flieht sie das Gewühl, die leichte Flöt' in ihrer Hand.

Gelokt durch kühler Bäche rieselndes Geschwäze,und durch der heiligen Wälder dunkeln Schatten, irrt sie an dem beschilften Ufer, oder geht auf Blumen, in grün gewölbten Gängen hoher Bäume, und ruht im weichen Gras, und sinnt auf Lieder, für dich, für dich nur, schönste Daphne ! denn dein Gemüth, voll Tugend und voll Unschuld, ist heiter wie der schönste Frühlings-Morgen. So flattert muntrer Scherz und frohes Lächeln stets um die kleinen Lippen, um die rothen Wangen, und sanfte Freude redet stets aus deinen Augen. Ja seit du Freund mich nennst, geliebte Daphne seitdem seh' ich die Zukunft hell und glänzend, und jeden Tag begleiten Freud' und Wonne.

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