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sen! Ach! was ist es, das aus meinem Busen herauf seufzt? Indefs spielte seine Hand mit der angespanneten Saite des Bogens, und ein lieblicher Ton gieng von der Saite, und der Jüngling horchte und wiederbolt' erstaunt den Ton. Dann staunt' er, und dacht', eine neue Erfindung zu entwikeln, tief nach, und dann spielt' er wieder mit der angespanneten Saite des Bogens, von den Gedärmen der Raub-Vögel geflochten. Aber izt sprang er auf, und fing an Stäbe zu schneiden, zween lange Stäbe und zween kürzere, und die zween kürzern befestigt' er unten und oben gegen die zween längern Stäbe, und spannte, zwischen den zween längern, Saiten an die kürzern fest. Izt hub seine Hand an zu spielen; und da bemerkt' er die liebliche Verschiedenheit der Töne der schwächern und stärkern Saiten; dann band er sie wieder los, und ordnete verschiednere Saiten in eine harmonischere Reihe ; und izt hub er an zu spielen und voll Freude zu hüpfen.

Izt gieng der Jüngling, so oft der Morgen kam, die neue Kunst zu üben, in den dich ten Hain, und suchte zu den Liedern, die er von dem Mädchen im Hain' gehorchet

hatte, harmonisch begleitende Töne auf seinen Saiten. Aber man sagt, er habe lang umsonst gesucht, und viele Töne haben den Gesang nicht begleiten wollen; aber ein Gott sey im Hain' ihm erschienen, und habe die Saiten der Leyer harmonisch geordnet, und seine Lieder ihm vorgespielt. Bey jedem Morgen-Roth' sucht' er izt das Mädchen im Hain', und lernte neueLieder, und gieng dann an die Quelle zurük, auf seiner Leyer sie nachzuspielen.

An einem schönen Morgen safs das Mädchen im Hain'; mit Blumen bekränzt safs es da, und sang: Sey gegrüfst, lieblicheSonne hinter dem Berg' hervor! schon beglänzen deine Stralen der Bäume Wipfel auf den hohen Hügeln, und der frohen Lerche hoch schwebendes Gefieder. Dir singen die Vögel des Hains entgegen, und -. Izt schwieg sie, und sah aufmerksam umher. Welche liebliche Stimme mischet sich in meinen Gesang? so rief sie erstaunt; sie begleitet jeden Ton meines Gesanges! Wo bist du? Warum schweigst du, Lied? Singe, liebliche Stimme! Bist du ein gefiederter Bewohner dieses Hains, o so schwinge die Flügel hieher auf diesen Fichten-Baum, dass ich

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dich sehe, und deinen Gesang höre! so sprach sie, und sah weit in den Wipfeln umher. Bist du schüchtern weggeflogen? Oder diese Stimme hab' ich noch nie im Hain' gehört; wenn ich mich betrogen hätte? Mich täuscht doch kein Traum? Ich will noch ein Lied singen: Seyd willkommen, liebliche Blümchen umher! gestern waret ihr Knospen, izt steht ihr offen da; euch grüssen die lieblichen Morgen-Lüfte, und die sumsenden Bienchen und der bunte Schmetterling; er flattert froh um euch her, und trinket euern Thau. So sang sie, oft unterbrochen, rund umherspähend; denn die Stimme hatte den Gesang wieder begleitet.

Izt stuhnd sie schüchtern auf. Nein, ich habe mich nicht betrogen, jeden Ton hat die Stimme begleitet. So sprach sie, als der Jüngling aus dem Gebüsche hervortrat, mit Blumen bekränzt, die Leyer unter dem Arm'. Lächelnd nahm er des schüchternen Mädchens Hand. O du schönes Mädchen! sprach sein sanft lächelnder Mund mit lieblicher Stimme; kein beflügelter Bewohner des Hains hat deinen Gesang nachgesungen, Ich war es, der deinen Gesang mit diesen

Saiten begleitete. Alle Morgen gieng ich in den Hain, deinen Gesang zu hören; und dann gieng ich einsam tief in den Hain, die Lieder auf den Saiten zu singen ; und glaube, Mädchen! mich hat's ein Gott im Hain' gelehrt. Der flüchtige Blik des Mädchens streifte oft schüchtern über den Jüngling hin, und ruhete dann auf den Saiten. O schönes Mädchen! fuhr der Jüngling fort, indem sein Auge schmachtend sie anblikte, wie wär' ich entzükt, wenn du mir vergönntest, mit dir in den Hain zu gehen, an deiner Seite sizend, deinem Gesang' mit diesen Saiten zu folgen! Izt sah das Mädchen auf: Jüngling! so sprach es, froh bin ich, wenn dein Saiten-Spiel meine Lieder begleitet; lieblicher wird es seyn als der Widerhall; und izt komm mit mir unter mein schattichtes Dach; denn die Mittag-Sonne brennet schon; ich will in meinem düstern Schatten süsse Früchte zum Mittag-Mal dir auftischen, und frische süsse Milch.

Izt gieng der Jüngling mit dem Mädchen unter das Dach, und sie lehrten die Jünglinge und die Mädchen den Gesang und das Saiten-Spiel. Erst lange hernach

ward es von der Flöte begleitet; denn Marsyas brachte die Flöte unter die WaldGötter, die die Erfinderin Minerva im gerechten Zorn' über den Spott ́der Göttinnen in den Sand warf. Man pflanzte da zween Bäume auf einem hohen Hügel dem Mädchen und dem Jüngling, und die späten Enkel erzählten den Kindern in ihrem Schatten die Erfindung des Saiten-Spiels und des Gesanges.

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