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MIRTI L.

BEY

EY stillem Abend' hatte Mirtil noch den Mond-beglänzten Sumpf besucht; die stille Gegend im Mond-Schein' und das Lied der Nachtigal hatten ihn in stillem Entzüken aufgehalten. Aber izt kam er zurük in die grüne Laube von Reben vor seiner einsamen Hütte, und fande seinen alten Vater sanftschlummernd am Mond-Schein', hingesunken, sein graues Haupt auf den einen Arm hingelehnt. Da stellt er sich, die Arme in einander geschlungen, vor ihm hin. Lang stand er da; sein Blik ruhete unverwandt auf dem Greisen, nur blikt' er zuweilen auf, durch das glänzende RebLaub zum Himmel, und Freuden-Thränen flossen dem Sohn' vom Auge.

O du! so sprach er izt, du! den ich nächst den Göttern am meisten ehre! Vater! wie sanft schlummerst du da! Wie lächelnd ist der Schlaf des Frommen! Gewils gieng dein zitternder Fufs aus der Hütte hervor, in stillem Gebete den Abend zu feyern,

und betend schliefest du ein. Du hast auch für mich gebetet, Vater! Ach wie glüklich bin ich! die Götter hören dein Gebet; oder warum ruhet unsre Hütte so sicher in den von Früchten gebogenen Ästen? warum ist der Segen auf unserer Heerde, und auf den Früchten unsers Feldes? Oft wenn du bey meiner schwachen Sorge für die Ruhe deines matten Alters Freuden-Thränen weinest; wenn du dann gen Himmel blikest und freudig mich segnest, ach was empfinde ich dann, Vater! ach dann schwellt mir die Brust, und häufige Thränen quillen vom Auge! Da du heut an meinem Arm' aus der Hütte giengest, an der wärmenden Sonne dich zu erquiken, und die frohe Heerde um dich her sahest, und die Bäume voll Früchte, und die fruchtbare Gegend umher, da sprachst du: Meine Haare sind unter Freuden grau worden; seyd immer gesegnet, Gefilde! nicht lange mehr wird mein dunkelnder Blik euch durchirren, bald werd' ich euch an seligere Gefilde vertauschen. Ach Vater! bester - Freund! bald soll ich dich verlieren; trauriger Gedanke! Ach! dann-dann will ich einen Altar neben dein Grab hinpflanzen,

rieselt unter ihrem Gewebe hervor, und eilt in den Teich. Hier ist's lieblich und kühl; lafs auf die bemoosten Steine uns sezen, dann steht der Schatten des Buchen-Walds dunkel gegen uns über..

Und izt giengen sie, und sezten sich unter dem Felsen auf die bemoosten Steine. Und Milon sprach: Lang schon, du Flöten-Spieler Lycas! lang schon hab ich deinen Gesang loben gehört, lafs uns einen WettGesang singen, denn auch mir sind die Musen gewogen, jenes junge Rind will ich zum Preis' dir sezen ; es ist schön geflekt, schwarz und weils.

LYCAS

Und ich, ich seze die beste Ziege aus meiner Heerde, samt ihrem Jungen; dort reifst sie das Epheu von der Weyde am Teich, das muntre Junge hüpft neben ihr. Aber Milon, wer soll Richter seyn? Soll ich den alten Menalkas rufen? sieh, er leitet die Quelle in die Wiese am BuchenWald'; er versteht den Gesang. Izt riefen die jungen Hirten dem Menalkas, und er kam und sezte sich zu den Knaben auf einen weich-bemoosten Stein, und Milon, hub den Gesang an.

MILON.

Selig ist der zu preisen, der die Gunst der Musen hat. Wenn uns das Herz von Freuden hüpft, wie lieblich ist es dann, ein Lied zu singen, dem Echo und dem Hain'! Nie entsteht mir ein liebliches Lied, wenn mich der Mond-Schein entzükt, oder des Morgens Rosen-Farbe. Auch weiss ich, dafs derGesang die trübenStunden heiter macht; denn mir sind die Musen gewogen, und jene Schnee-weisse Ziege ist ihnen zum Opfer bestimmt; bald will ich sie, die Hörner mit Blumen umkränzt, opfern, und neue LobLieder singen!

LYCAS.

Als stammelndes Kind safs ich dem Vater auf dem Schools', und wenn er ein Lied auf der Rohr-Flöte blies, dann horcht' ich schon aufmerksam zu, und lallt' es ihm nach; oder lächelnd nahm ich die Flöt'ihm vom Mund', und blies gebrochene Töne hervor. Aber bald erschien Pan mir im Traume. Jüngling! so sprach er, geh in den Hain, und hole die Flöte, die der Sänger Hylas an die mir geheiligte Eiche hieng; du bist es werth, ihm nachzuspielen. Erst gestern hab' ich ihm Sprossen von meinen neu ge

pfropfeten Bäumen gebracht, und einen Krug voll Öl und einen Krug voll Milch vor ihm ausgegossen.

MILON.

Auch die Liebe begeistert zu Gesängen, mehr als das helle Morgen-Roth, mehr als der liebliche Schatten, mehr als der Schimmer des Monds. O! wenn ein tugendhaft Mädchen unsre Lieder lobt! wenn es unsre Lieder mit sanftem Lächeln belohnt, oder mit einem Kranz'! Seit Chloe ihren Hirten mich nennt, seitdem ist's meinem Herzen so helle, wie in dieser Gegend voll SonnenSchein im Frühling', seitdem sing'ich bessere Lieder; Chloe, die sanft lächelt wie die milde Ceres, und weise ist wie die Musen.

LYCAS.

Ach! mein Herz ist lange frey von Liebe geblieben, da sang ich ruhig nichts als frohe Lob-Gesänge den Göttern, oder von der Pflege der Heerde, oder vom Pfropfen der Bäume, oder vom Warten des Wein-Stokes ; aber seit ich Amarillis sah, die unempfindliche Amarillis, seitdem sing' ich nur Trauer-Lieder, seitdem stört Wehmuth jede meiner Freuden. Bald hätt' ich meine Liebe besiegt, nur selten kam sie in mein Herze

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