Billeder på siden
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Seite, und freundlich drükt sie ihre Hand in die seine. Ein Blumen-Körbchen gab er ihr; mit süsser Gebehrde nahm sie's an ihren Arm. So giengen sie von der Hütte weg im Mond-Schein daher. Voll Entsezen stand Alexis in der Ferne, und bebt' von der Sole bis zum Haupt. Götter! ha, was seh' ich! Zu wahr, ach zu wahr ist's, was mich quälte! Eine mitleidige Gottheit hat's vorhergesagt. Ach ich Elender! O wer bist du Gott oder Göttin, die mein Unglük mir vorher empfinden liefs? Räche, o räche mich, strafe vor meinen Augen, strafe diese Treulosigkeit, und dann lasse mich Elenden sterben!

Mit verschlungenen Armen giengen das Mädchen und der Jüngling, mit Huld-reichen Gebehrden giengen sie am MondSchein dem Myrthen-Wäldchen zu das den Tempel der Venus umkränzt.

In die Schatten dieser Myrthen gehen sie ! so sagte wüthend Alexis; in diese Schatten, wo sie oft mir die treueste Liebe schwur! Izt sind sie im Wäldchen. Götter! ich sehe sie nicht mehr; verborgen im dichtesten Gesträuche, da werden sie in den Schatten sich sezen. Doch nein, ich

sehe sie wieder; am Mond-Schein glänzt ihr weisses Gewand, durch die Ranken und die schwarzen Stämme. Sie stehn still; hier ist ein schöner ofner Plaz und weiches Gras. Treulose! hier sezet euch hin, hier dem hellen Mond gegenüber, und schwört euch bey seinem Schimmer eure lasterhafte Liebe zu. Möchten die Furien euch verjagen. Aber nein, horche! Die Nachtigallen singen ihre zärtlichsten Lieder, die Turtel-Tauben seufzen um sie her. Doch nein, auch hier bleiben sie nicht; sie gehn zum Tempel der Göttin. Ha, ich will näher, ich will sie sehn, ich will sie behorchen!

Er schlich in den Myrthen- Hain. Immer giengen sie dem Tempel näher, der auf weissen Marmor-Säulen am Mond-Schein in die nächtliche Luft emporglänzte. Wie! sie wagen's die Stuffen des Tempels zu betreten Sollte die Göttin der Liebe die schwärzeste Untreue schüzen? Er sprach's, und sah das Mädchen die Stuffen des Tempels hinaufgehn; das Blumen-Körbchen am Arm, gieng sie unter die umzirkelnden Säulen, und der Jüngling blieb an einer derselben stehn. Im Schatten des Haines

trat Alexis näher. Schauernd und voll Verzweiflung schlich er in dem Schatten, den eine der Säulen warf, schmiegte sich an die Säule hin, und sah Daphne zum Bilde der Venus gehn. Von Milch-weissem Mormor stand sie im Mond-Schein, als schmiegte sie mit dem Anstand einer Göttin vor den erstaunten Bliken anbetender Sterblicher sich rükwärts, und blikte Huld-reich zu den Opfernden von ihrem Fufs-Gestell nieder. Daphne sank vor der Göttin aufs Knie, legte die Blumen-Kränze vor sich hin, und mit wehmüthiger Gebehrde und schluchzend flehte sie so: Höre, o höre, süsse Göttin, du Schüzerin treuer Liebe, höre mein Flehn; nimm gütig an die Kränze, die ich zum Opfer dir bringe! Abend. Thau und meine Thränen glänzen drauf. Ach schon ist's der sechste Tag, seit Alexis mich verliefs! O milde, gute Göttin, lass ihn gesund in meine Arme zurükkommen! Schüze, o schüze ihn auf seinem Wege, und führ' iho, so gesund und so voll Liebe, wie er mich verliefs, in meine schmachtenden Arme zurüke..

Alexis hört's, sieht gegen sich über den Jüngling stehn, dem jezt der helle Mond

ins Gesicht schien. Er war Daphnens Bruder; denn furchtsam wollte sie nicht nächtlicher Weile allein zum Tempel gehn.

Alexis trat hinter der Säule hervor. Daphne, von dem frohesten Entzüken überrascht, er voll Freude und voll Scham, sanken beyde mit umschlungenen Armen vor der Göttin hin

DAS HÖLZERNE BEIN.

EINE SCHWEIZER IDYLLE.

Auf dem Gebürge, wo der Rautibach ins

Thal rauschet, weidete ein junger Hirte seine Ziegen. Seine Querpfeife rief den siebenfachen Wiederhall aus den FelsKlüften, und tönte munter durchs Thal hin. Da sah er einen Mann von der Seite des Gebürgés heraufkommen, alt und von Silber-grauem Haar; und der Mann, langsam an seinem Stabe gehend, denn sein eines Bein war von Holz, trat zu ihm, und sezte sich an seiner Seite auf ein Felsen-Stük. Der junge Hirte sah ihn erstaunt an, und blikt' auf sein hingestrektes hölzernes Bein. Kind, sagte der Alte mit Lachen, gewifs du denkst, mit so einem Bein blieb ich wol unten im Thal? Diese Reise aus dem Thal mach' ich alle Jahr' einmal. Diefs Bein, so wie du es da siehst, ist mir ehrenhafter als manchem seine zwey guten, das sollst du wissen.

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