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dir alles doppelt; doppelt die blühenden Kerzen mit den Leuchtern, und doppelt der ganze Hausrath.

Endlich, wann der süfse Schlaf die Glieder gebunden hält, und der Körper gänzlich in Ruhe aufgelöfst ist, so scheint doch noch etwas in uns zu wachen, so, dafs wir glauben uns're Glieder zu bewegen, die Sonne zu sehen, und alle Gegenstände der Natur, weite Reisen zu machen, Töne zu hören, selbst bei schweigendem Ernste der Nacht, und am eingeschlossenen Orte.

V. 464. Mehrere Dinge dieser Art, die wunderbar scheinen, zeigen sich uns, und suchen gleichsam allen Glauben an die Sinne in uns zu schwächen. Doch umsonst; das Gemüth täuscht sich nur selber; kann das Zuverlässige nicht vom Zweifelhaften trennen, und verfällt in Irrthum.

Wer übrigens vorgiebt, dafs man nichts wissen könne, der weiss ja das selbst nicht, dafs er nichts weifs.

V. 475. Hier fängt nun der Dichter an zu beweisen, dass aller Grund der Wahrheit auf der Zuverlässigkeit der Sinne beruhe. Dazu trägt er mehrere sehr triftige Argumente vor.

V. 516. nicht gerade und eben gestellt ist, haft, krumm und schief werden.

Endlich, wenn bei

einem Baue das erste Richtmaas

so wird der ganze Bau fehlerSo würden wir auch von keiner

Sache ein richtiges Urtheil fällen können, wenn wir uns nicht auf den zuverlässigen Grund der Sinne stützen könnten.

V. 525. Nun kommt der Dichter auch auf die übrigen Sinne, wie und auf was Weise wir durch sie empfinden.

Erstlich das Gehör. Ton und Stimme treffen auf den Sinn, und sind also körperlich. Auch greifen sie selbst das Werkzeug der Stimme an; denn sie machen es rauber, und lange Reden schwächen die Menschen.

Andere Formen der Stoffe dringen ins Ohr, wenn die Tuba aufbrummt, oder wenn der Schwan sein letztes süfses Lied anstimmt.

V. 576. Vom Wiederhall oder Echo. Der Dichter selbst befand sich an Orten, die sechs bis siebenmal die Worte wiedergaben. So wirft ein Hügel dem andern die anschlagenden Laute zurück. Dergleichen Orte hält der Landmann von Faunen und Nymphen bewohnt, und behauptet, dafs sie da ihr nächtliches Kurzweil trieben. Auch höre man oft das Getöne der Saiten und süfsen Flöten, und weither das Geräusche des Fichtebekränzten Pans, und den Waldgesang seiner vieltönigen Flöte.

Solches sagen sie, damit man nicht glauben möge, die öden Orte seyen ganz von den Göttern verlassen, oder aus irgend einem andern Grunde; denn man weils ja, wie sehr das Menschengeschlecht nach Fabeln und Mährchen das Ohr hängt.

V. 600. Warum die Töne die den Augen verschlossenen Orte durchdringen können.

Die Töne theilen und verbreiten sich nach allen Seiten, aber die Bilder gehen in gerader Richtung, deshalb man auch nicht über sich noch rückwärts sehen kann.

V. 620. Nun zum Geschmack. Zunge und dem Munde mittheilt.

Erklärung, wie sich dieser der Der Geschmack theilt sich nur bis

zu Ende des Gaumes mit; weiter hinab verliert er sich.

Warum dem Einen angenehm und gedeihlich ist, was dem andern widrig und schädlich seyn kann.

Dasselbe auch bei den Thieren. Viel hängt von der Beschaffenheit des Körpers ab, ob er sich in gesundem oder kränklichem Zustande befindet.

V. 677. Der Geruch. Dafs es viele Dinge gebe, von denen ein gewisser Duft ausfliefse, ist klar. Einige der Theilchen sind jedoch mehr als andere gewissen Thieren willkommen. So reizt der Geruch vom Honig weither die Bienen; den Geier hingegen der Geruch des Aases. Die Spur der gespaltenen Klaue des Wildes zieht die Hunde nach sich, und die schneeweisse Gans, die Beschützerin der romulischen Bürger, wittert weither den menschlichen Geruch. So lockt der verschiedene Geruch die verschiedenen Thiere jedes zu seinem Futter, und schreckt sie ab von dem, was ihnen schädlich seyn könnte. Der Geruch erstreckt sich indefs nicht so weit als die andern Sinne. Ursache hievon.

V. 710. Nicht aber Geschmack und Geruch allein sind einigen zuträglich, andern widrig. Auch die äufsern Gestalten und Farben bekommen nicht jeglichem. So, sagt man, kann der Löwe die Gestalt und das Geschrei des Hahnes nicht ertragen. Er flieht sogleich davon. Ursache.

V. 726. Hier beschliefst nun der Dichter seine Erklärungen über die äussern Sinne und deren Eigenschaften, und kommt auf das, was unsern innern Sinn und das Gemüth rührt und in Bewegung setzt.

Er leitet allen Eindruck von den Bildern her, die auf dasselbe wirken; sie, die sich beständig von allen Dingen ablösen, und in Unzahl in den freien Lüften umherschwärmen. Diese sind noch viel feiner

und zarter als jene, die in unser Auge dringen, und uns die Dinge sichtbar machen. Sie mischen und verbinden sich auch leicht in den Lüften, und bringen dadurch oft wunderliche Gestalten hervor, dafs wir Scyllen und Centauren zu sehen glauben, und die Gestalten derjenigen, die schon längst die Erde bedeckt hat.

Ueber diese Erscheinungen, so wie über unsre Traumgesichte und Phantasien kommen nun weitläuftige und sinnreiche Erklärungen, wir aber wegen ihrer zu speciellen Andeutung übergehen müssen.

V. 905. Nun kommt der Dichter auf den Schlaf, und woher solcher entstehe. Er ermahnt zuvörderst seinen Freund, ihm ein zartes Ohr und einen aufmerksamen Sinn zuzuwenden, damit er nicht das Wahre von sich stofse, und von dem, was er nicht richtig verstanden habe, die Schuld ihm beimesse.

Der Schlaf entsteht, wenn die Kraft der Seele in den Gliedern auseinander gegangen ist, zum Theil hinausgetrieben, zum Theil sich auch tiefer in das Innere zurückgezogen. Es ist klar, dass Sinn und Gefühl in uns durch die Seele erregt wird. Da nun der Schlaf dieses hemmt, so muss man die Seele für verstört und gleichsam für vertrieben halten; jedoch nicht ganz, sonst würde, wenn kein Theil der Seele mehr zurückbliebe, der Körper im ewigen Frost des Todes erstarrt liegen. Nun aber bleibt die Seele gleichsam wie unter Asche verstecktes Feuer.

Auf was Weise aber nun dieser Schlaf entstehe, die Seele verstört werde, der Körper in Ermattung hinsinke, das sucht der Dichter auf mancherlei Weise zu erklären.

V. 959. Von den Träumen. Erfahrungen. Wobei der Mensch am meisten bei Tage verweilt, und womit er sich am meisten beschäftigt, dieses kommt ihm gemeiniglich wieder im Traume vor. Advokaten führen Prozesse, Feldherren Krieg, Schiffer liegen im Streit mit den Winden, und ich treibe hier dieses, forsche der Natur der Dinge nach, und schreibe, was ich erforscht, in vaterländischen Versen nieder.

Denjenigen, die mehrere Tage hindurch öffentlichen Spielen beigewohnt, scheinen solche noch lange hernach gleichsam vor den Augen zu schweben. Sie glauben die Spielenden und Tanzenden noch vor sich zu sehen, den Schall der Zither und der Saiten zu hören, und die ganze Versammlung und den Glanz des Schauplatzes zu überschauen. So viel liegt an der Gewohnheit und Aufmerksam

keit auf die Dinge, womit man umgeht. Dieses werden wir nicht nur an Menschen, wir werden es auch an Thieren gewahr.

So siehst du die schnellen Rosse; obgleich ihre Glieder im Schlummer gestreckt liegen, doch schnauben sie noch oft, keuchen und schwitzen, gleichsam als wenn sie, bei geöffneten Schranken, nach der Siegespalme strebten.

Auch die Jagdhunde werfen öfters im Schlafe die Füfse umher, schlagen an, ziehen häufigen Athem an, als wenn sie die Spur des verfolgten Wildes schon gefunden hätten. Sie erwachen, und scheinen noch dem Bilde des flüchtigen Hirsches nachzujagen.

Auch das schmeichelnde Geschlecht der hausgewöhnten Hündchen schüttelt oft den leichten Schlaf von den Augen; sie raffen sich eilig auf, als wenn sie irgend eine fremde Gestalt vor sich sähen,

Je rauher aber die Stoffe der Bilder sind, desto gewaltsamer sind sie auch im Traume. Die bunten Vögelchen fliehen und beunruhigen nächtlicher Weise die Haine der Götter, wenn ihnen im leisen Schlaf ein Habicht erscheint, der seine Beute zu verfolgen sucht.

V. 1005. Was nun die Menschen mit grofsen Bewegungen thun oder vornehmen, das erscheint ihnen wieder im Schlafe.

Könige erobern, ordnen das Treffen, werden gefangen, schreien laut auf, als wenn sie eben ermordet würden, oder als wenn ein Panther oder Löwe sie zerrisse. Andere sprechen über wichtige Dinge, und haben sich selbst oft im Schlafe verrathen. Viele werden zum Tode geführt, andre stürzen sich vom Felsen, erwachen, und zittern noch am ganzen Körper, kommen kaum wieder zu sich selbst.

Der Durstende glaubt am Flusse oder an einer nahen Quelle zu sitzen, und schöpft die ganze Fluth in sich.

Kinder, vom tiefen Schlafe gebunden, glauben am Scherben oder an einer nahen Pfütze zu stehen, lassen den ganzen gesammelten Vorrath von sich, und befeuchten die prächtigen Babylonischen Decken.

V. 1023. Nun kommt der Dichter auf die physischen Triebe zur Erzeugung. Er mahlt sie mit allem Feuer der Einbildungskraft.aus; doch so, dafs er nie dem Gedanken ein lüsternes oder schlüpfriges Bild unterschiebt. Im Gegentheil zeigt er den strengsten Ernst eines sittlichen Lehrers, und ist sowohl im Ethischen als Physiologischen unübertrefflich. Sein Vers nimmt einen höhern Schwung, um der Sache mehr Würde zu geben, und sie von allem Gemeinen zu enthalten.

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Um den Ton etwas zu verändern, hat er auch die Lächerlichkeit thöricht verliebter Gecken komisch genug dargestellt.

Nachdem er die Liebe mit allen ihren verderblichen Einflüssen und Folgen geschildert hat, giebt er auch zuletzt noch einige allgemeine gute Vorschriften und Regeln.

FÜNFTES BUCH.

Der Dichter ist voll vom Lobe Epikurus. Er weils ihm kein Lied zu singen, das würdig wäre seiner hohen Verdienste. Kein Sterblicher vermag es; denn göttliche Ehre gebührte dem, der uns zuerst jene Lehren der Weisheit gegeben hat, wodurch das Leben aus Finsternifs und Stürmen zu klarem Licht und in den ruhigen Hafen gebracht worden.

Vergleiche man die Wohlthaten jener, denen man doch göttliche Ehren erzeigt. Ceres hat Saaten gestiftet, Bacchus das Gewächs des Weines; doch konnte man ohne diese Dinge das Leben erhalten, wie man an Völkern ersieht, die jetzt noch ihrer entbehren.

Ist aber die Brust nicht gereinigt, so ist glückliches Leben nicht möglich. Um so mehr verdient dieser, dessen Ruhm schon überall verbreitet ist, ein Gott zu heifsen, der mit so süfsem Trost das Leben erquickt hat.

Solltest du aber meinen, die Thaten des Herkules giengen noch zuvor, so würdest du sehr dich irren. Denn was schadete uns noch jetzt jener Nemäische Löwe, das Arkadische Schwein, der Kretische Stier, die Lernäische Schlange? Was sollte uns die dreifache Brust des Riesen Geryon, des Diomedes Feuerschnaubende Rosse, die Arkadischen Vögel mit krummen Krallen, oder der ungeheure Drache, der die Hesperischen Aepfel bewacht? Was soll uns dieser, dort an der Atlantischen Küste, die keiner der unsern betritt, auch nicht einmal der Barbar? Noch giebt es Ungeheuer aller Art auf der Erde; aber es steht ja in unsrer Gewalt, die Orte zu vermeiden. Ist dir aber die Brust nicht rein, welch Unglück steht dir bevor! Welche Noth! Welche Gefahr! Wie zerreissen die wilden Begierden

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