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DRITTES BUCH.

V. 1. Der Dichter bricht aus in Lob und Bewunderung seines Meisters Epikurus. Er glaubt ihm allein alles schuldig zu seyn, und nur aus Liebe zu ihm sucht er ihn nachzuahmen. Mit kindlicher Ehrfurcht preifst und erhebt er seine goldenen Aussprüche.

Seine Lehre von der Natur der Dinge habe sich nicht sobald kund gethan, so seyen die Schrecken der Seele entflohen; die Sitze der Götter haben sich aufgeschlossen, wo ewige Ruhe und Zufriedenheit herrscht.

Nirgends erblicke man mehr die Schlünde des Acherons; denn auch alles unter uns sey klar und aufgedeckt.

Hiebei nun ergreife ihn himmlische Lust und Schauder, wenn er bedenke, dass so, durch die Kraft seines Geistes, die ganze Natur sich enthüllt habe.

V. 15. Bei diesem Verse eine kleine Bemerkung. Gegen alle Autorität der Handschriften, wie Wakefield deutlich bewiesen hat, haben hier die Herausgeber und Kommentatoren ein kleines Wörtchen haud eingedrängt, welches der Stelle ihren wahren Werth und Nachdruck benimmt.

Auch im fünften Buch V. 336. bedient sich der Autor des Ausdrucks: haec natura rerum et ratio, um sein Werk damit zu bezeichnen. Creech giebt es blos durch den allgemeinen Namen: Philosophia.

V. 31. Der Dichter wiederholt hier in kurzem, was er in vorigem Buche besungen, und rüstet sich nun auch die Natur des Geistes und der Seele zu erklären, da durch deren wahre Erkenntnifs allein Schrecken und Furcht des Todes aus den Gemüthern zu vertreiben wären.

V. 41. Zwar, sagt er, hätte es schon viele gegeben, die gleiches gelehrt hätten, nämlich, dafs die Seele des Menschen im Blute wäre, und dafs Krankheit und ein schändliches Leben ärger zu scheuen seyen, als die Schlünde des Todes; auch sey, dieses zu beweisen, unsre Lehre überflüssig. Dafs sie dieses mehr aus eitler Ruhm und Prahlsucht, als aus eigener Ueberzeugung, sagen, dazu sehe man ihr Leben an! Verabscheut von Menschen, ohne Vaterland, mit Schmach und

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Schande beladen, suchen sie doch immer noch das Leben zu erhalten. Wohin sie nur ihr Elend treibt, begehen sie Todtenfeier, schlachten schwarzes Opfervieh, verehren die unterirdischen Götter, und hängen im Unglück nur ängstlicher dem Aberglauben an. Darum muss man den Menschen in mifslichen Umständen und im Unglück beobachten, wie er da ist. Dann erst dringt die Stimme der Wahrheit aus dem Busen hervor. Die Larve fällt, der Mensch bleibt.

V. 59. In den folgenden Versen leitet der Dichter alle bösen Leidenschaften, Unheil und Laster, auch den Selbstmord, aus der ungezähmten Lust zum Leben und aus der Furcht vor dem Tode her. Man mufs die Stellen selbst lesen, um sie beurtheilen zu können.

V. 94. Endlich bestimmt er die wesentlichen Eigenschaften des Geistes; den man auch Sinn und Verstand nenne, und der Rath und Steuer des Lebens führe.

Er sagt: dieser sey ein Theil des Menschen, wie Hand, Fuss, und jegliches Gliedmass.

Ein Theil der Weisen hätte dafür gehalten, dass der geistige Sinn nicht einen bestimmten Sitz im Menschen habe, sondern eine gewisse lebendige Beschaffenheit desselben sei, welche die Griechen Harmonie nannten; so wie etwa die Gesundheit eine Beschaffenheit des Menschen sey, die keinen besondern Theil desselben ausmacht.

Lukrez erkennt dieses für einen Irrthum; denn öfters, sagt er, ist die Seele krank, der Körper aber gesund; und so umgekehrt. Der Fuss schmerzt, der Kopf ist ohne Schmerz. Der Körper liegt sinnlos im Schlaf, und doch ist etwas noch in uns, das mancherlei Vorstellungen erweckt. Auch können wir einen grofsen Theil des Körpers verlieren, und doch erhält sich noch das Leben.. Weicht aber ein Theil der Wärme und des lebendigen Hauches von uns, so folgt der Tod; so, dafs man sehen kann, der Geist sey nicht in gleichen Theilen durch den Körper verbreitet.

V. 131. Nun sein bestimmter Begriff von dem was man Geist oder Seele nennt. Beide sind aufs engste verbunden, und machen Eine Natur aus; doch ist das, was wir Geist oder Verstand nennen, gleichsam das Haupt, und beherrscht den ganzen Körper. Sein Sitz ist in der Mitte der Brust. Hier schlägt Furcht und Hoffnung; hier schmeichelt uns die Freude.

Der übrige Theil der Seele ist durch den ganzen Körper verbreitet, und gehorcht dem Willen des Geistes. Der Geist hat für sich allein Urtheil und Vergnügen, wenn auch Seele und Körper keinen Lucret. I.

Theil daran nehmen. Nur bei heftigen und gewaltsamen Anfällen dringt die Bewegung durch die Seele in alle Glieder.

Daraus erkennen wir, dafs die Natur des Geistes und der Seele körperlich seyn müsse. Denn wenn sie die Glieder forttreiben, den Menschen aus dem Schlaf aufraffen, die Gesichtszüge verändern, den ganzen Menschen regen und bewegen können, so müssen sie körperlich seyn. Nur der Körper berührt, und läfst sich wieder berühren. V. 169. Die Seele theilt mit dem Körper seine Leiden. Wen ein Pfeil trift, ob dieser gleich nicht tödtlich ist, den befällt Mattigkeit, ein Verlangen zur Erde zu sinken, ein Herumwerfen auf derselben, und ein ungewisses Streben sich wieder empor zu richten.

V. 178. Der Dichter läfst diese körperliche Natur der Seele aus sehr kleinen, runden und glatten Stoffen bestehen, und sucht durch mancherlei Gleichnisse ein anschauliches Bild hievon zu geben. Zuletzt legt er noch dem Geist eine vierte Eigenschaft bei, nämlich den warmen Lebenshauch. Hierüber macht er sinnreiche Bemerkungen und Vergleichungen mit andern natürlichen Dingen, und sucht die äusserst zarte Natur des Geistes wo möglich sinnlich begreiflich zu machen. Es fehlt dabei nicht an tiefen Bemerkungen und trefflich ausgemahlten Bildern, z. B. von den verschiedenen Temperamenten der Thiere, in Anwendung auf den Menschen. Jedem ist sein eigenes Naturell gegeben, Fleifs und Unterricht können es bessern, doch nie ganz ausrotten; demolingeachtet bleibt so wenig davon, dass es uns nie hindern kann, ein Götter würdiges Leben zu führen.

V. 325. Noch mehr kräftige Beweise, dass Geist, Seele und Körper mit den engsten Banden unter sich verknüpft sind.

V. 360. Abweisung einiger ungereimten Vorstellungen von der Wirkung des Geistes und der Seele auf den Körper.

V. 372. Meinung des Demokritus, des herrlichen Mannes, dass die Stoffe oder Atomen des Körpers und der Seele gleich vertheilt im Menschen sich befänden, und die Glieder zusammenhielten. Er sucht diese Meinung durch mehrere aus der Natur entlehnte Gründe zu widerlegen.

V. 397. Doch sagt er zuletzt, der Geist herrscht mächtiger über den Körper als die Seele. Er allein erhält das Leben; mit ihm entflieht die Seele. Er bleibt, wenn auch ein grofser Theil des Körpers und der Seele verlohren geht. Beweise aus Erfahrung und Natur.

V. 420. Nun kommt der Dichter auf die Sätze, wodurch er zu

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beweisen sucht, dafs Geist und Seele, welche beide er nun für Ein und dasselbe nimmt, zugleich mit dem Körper entstanden, zugleich auch wieder mit ihm vergehen.

Der Beweise sind viele, mit tiefer physiologischer Einsicht auf Gründe der Natur gestützt und trefflich ausgeführt; aber zum Auszuge hier zu weitläuftig und beschwerlich. Wir wollen uns also sogleich

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zum Schlufs desselben begeben.

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V. 842. Nichts ist also der Tod; (beginnt nun der Dichter) indem er unser ganzes Wesen auflöfst. Und wie wir in voriger Zeit kein Uebel empfanden, als der Pöner von allen Seiten eindrang uns zu bekriegen, und Himmel und Erde vom Kriegestumult erschüttert wurden, so werden wir auch in künftiger Folge-Zeit nichts fühlen, wann unser Wesen wird aufgelöfst seyn, und wir nicht mehr sind.

Dieses zu beweisen fährt er fort und zeigt zuletzt V. 883. dass die erbärmlichen Klagen der Menschen über ihr Schicksal nach dem Tode hauptsächlich nur daher rühren, dafs sie sich von der Idee ihres Selbst nicht losmachen können. Sie fühlen sich immer noch fort in dem nicht mehr mit Gefühl begabten Körper.

V. 907. Diese Klagen nimmt der Dichter einem von ihnen aus dem Munde, und trägt sie persönlich vor; berührt dabei mit zartem Gefühle, was auch den edeln Menschen am meisten an's Leben binden könnte. Er beantwortet diese Klagen.

V. 925. Weiter noch scherzt er über diejenigen, die nur bei Lust und Schmaufs über die Kürze des Lebens klagen. Gleichsam, fügt er hinzu, als wenn es das einzige Elend im Tode sey, von Durst ausgetrocknet, verdörren zu müssen.

V. 944. Hier fängt der Dichter eine eigene Prosopopöie an, indem er die Natur selbst redend einführt, die sich gegen die unbilligen Klagen der Menschen vertheidigt.

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Was klagst du denn, Sterblicher, (sagt sie) seufzest und beweinst den Tod! Ist dir dein bisheriges Leben angenehm gewesen, sind nicht alle Geschenke desselben bei dir, wie durch ein durchlöchertes Fafs ausgeflossen, und ohne Dank zu Nicht geworden; warum gehst du nicht wie ein gesättigter Gast von der Mahlzeit, und nimmst, o du Thor, die sichere Ruhe an! Ist dir aber jeder Genufs, gleichsam hingeschüttet, und ist das Leben dir zuwider, warum suchst du noch mehr anzuhäufen, damit es auch zu Grunde gehe und deinen Widerwillen vermehre. Was ich weiter erfinden soll, dir das Leben gefäl lig zu machen, weifs ich nicht. Alles ist immer dasselbe. Wenn

auch dein Körper von Jahren noch nicht verzehrt ist, die erschöpften Glieder noch nicht ermattet und schlaff sind, so bleibt doch alles übrige dasselbe, wenn du auch Jahrhunderte durchleben würdest; ja noch weit mehr, wenn du nie aufhören würdest zu leben."

Was sollten wir hierauf antworten? sagt der Dichter. Nichts weiter, als dafs die Natur Recht habe, und uns gerechte Vorwürfe mache. Diese Unterredung setzt er fort, mit mehrern und wichtigen Gründen.

V. 984. Zuletzt führt er uns noch auf die Zeiten zurück, ehe wir geboren waren, und läfst uns diese von der Natur gleichsam als einen Spiegel unserer Zukunft vorhalten; sie fragt:,,siehst du was schreckliches darin? etwas das dich betrübt machen könnte? ist nicht alles Ruhe und ein sicherer Schlaf?

V. 991. Nun kömmt er auf die Vorstellungen, die man sich von der Hölle macht.

Alles dieses, was man vom Tantalus, Tityus, Sisyphus und andern erzählt, sei bei uns im Leben vorhanden, und aus demselben genommen. Tantalus zittre nicht unter der Last eines überhängenden Felsen; sondern diefs sey der Abergläubische, der sich vor jedem Zufall des Schicksals fürchtet.

Auch Tityos hackten nicht die Adler; sondern die niedrigen Begierden und Wollüste verzehrten die Menschen.

Den Sisyphus sehen wir alle Tage vor Augen. Er ist es, der Ehren und Würden vom Volk zu erhalten sucht, und immer zurückgewiesen, immer wieder aufs neue anstrebt. Das ist der, der den schweren Stein auf den Berg zu wälzen sucht, der aber immer wieder zurückrollt.

Die Danaiden zuletzt, die schönblühenden Jungfrauen, die immer mit durchlöchertem Eimer schöpfen, sind sie es nicht, die unser undankbares Gemüth darstellen, das sich durch keinen Genufs des Lebens ersättigen und ausfüllen lässt?

V. 1023. Endlich kommt der Dichter auch auf die Strafen der Hölle. Cerberus, Furien, einen Tartarus, giebt es nicht. Sie sind nie gewesen und können auch nicht seyn. Aber das böse Gewissen im Menschen ist statt Geifsel, Ruthen, Folter und Henkersknechte. Daher die Furcht vor den Strafen, die noch immer heftiger bevorstehn, und von denen man kein Ende sieht.

So ist das Leben der Thoren das wahre Leben im Orkus.

V. 1037. Hier kommen einige Trostgründe, die wir über die Kürze des Lebens fassen können, und die aus dem gleichen Schicksale

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