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die aus litterarischen Quellen geschöpft sind, wie z. B. aus den Angaben über indianische Lieder, dass es dem Verfasser nur auf unterhaltende Andeutungen ankommt. Und da muss man zugestehen, dass die gefällige Art der Darstellung es einem sehr erleichtert, nach den Tatsachen in dem Buche zu suchen, die man wissenschaftlich verwerten könnte.

K. Th. Preuss.

K. Weule. Völkerkunde und Urgeschichte im 20. Jahrhundert. Thüring. Verlags-Anstalt. Eisenach und Leipzig 1902.

Die Bedeutung des vorliegenden Schriftchens liegt vor allem darin, dass hier einer der wenigen Inhaber eines Lehrstuhls für Ethnologie in Deutschland sein Programm aufstellt. Sie wird dadurch noch erhöht, dass der Verf., auf dem Museum für Völkerkunde zu Berlin vorgebildet, jetzt selbst Direktor der ethnologischen Abteilung des Museums in Leipzig, eine Kenntnis der Materie und der einschlägigen Litteratur besitzt, wie nicht viele ausser ihm, und dass seine Studie über den afrikanischen Pfeil zu dem besten gehört, was auf ethnologischem Gebiete bisher geleistet worden ist.

Es war daher zu erwarten, dass der Aufsatz allgemein empfundene Bedürfnisse zum Ausdruck bringen würde. So erhebt auch W. den Mahnruf, noch in zwölfter Stunde zu retten, was von dem Kulturbesitz der Naturvölker übrig ist; mit dringenden Worten wendet er sich vor allem an die Kolonialmächte, sie möchten ihre Pflicht der Anregung und Unterstützung solchen Sammeleifers erkennen, hebt auch er die Notwendigkeit geräumiger Museen hervor. Gern wird man ihm auch in dem beipflichten, was er über Wert oder vielmehr Unwert kleiner Museen ohne die nötigen Existenzmittel sagt. Einen Vorbehalt wird man freilich machen müssen, wenn er meint, dass es mit der wissenschaftlichen Bearbeitung Zeit habe. Gerade der Ethnologe kennt Beispiele genug, wie eine Sammlung mit peinlicher Sorgfalt angelegt worden, im Zusammentragen des Materials scheinbar nichts übersehen sein kann; und wenn man sich dann an die Verwertung macht, wenn einem dann erst die Probleme so recht aufgehen, dann erst merkt man, dass das Wichtigste oder wenigstens manches Wichtige fehlt. Häufig ist es dann zu spät.

Aber Weule ist es mit dem Aufschieben der wissenschaftlichen Arbeit auch gar nicht so ernst. Denn er selbst spricht ausführlich über Ziel und Methode der Forschung. Und wieder kann man es mit Genugtuung begrüssen, dass er mit aller Schärfe den Grundsatz vertritt, die Ethnologie müsse in die Tiefe arbeiten; sie müsse die Verwandtschaften. und Beziehungen der Völker nicht nur registrieren, sondern ihr Ineinandergreifen, ihre Folge zu erkennen und so die Entwicklung der

Kulturen herauszuarbeiten suchen. Und ebenso erfreulich ist die Erkenntnis von der grundlegenden Bedeutung der Sprachforschung für die Völkerkunde.

Nur in zwei Punkten kann ich nicht unumwunden zustimmen, zwei Punkten, die allerdings auf die ganze Grundstimmung der Abhandlung Bezug haben: Das ist auf der einen Seite ein unverwüstlicher Optimismus; es ist eine alt bekannte Erscheinung, dass junge Wissenschaften, je mehr sie noch in den Kinderschuhen stecken, mit um so lauteren Posaunentönen ihre Vollreife verkünden und sich gerade den nächstverwandten Zweigen mit einer gewissen Schroffheit gegenüberstellen. So auch die Ethnologie, und wohl hauptsächlich von diesem Gesichtspunkte aus ist es zu verstehen, wenn ein umsichtiger Beurteiler wie Weule den Windmühlenkampf gegen die sogenannte alte Schule der Historie führt. Ebenso ist Helmolts Weltgeschichte wissenschaftlich verfehlt, da die angeblich neuen Grundsätze in Wahrheit so alt sind, wie die Geschichtswissenschaft selbst. Der Kenner weiss, dass nur die geringe Entwicklung der darstellenden Urgeschichte und der Völkerkunde Schuld hat, wenn in der »zünftigen Geschichte die beiden Disziplinen zwar nicht stiefmütterlich, aber mit mangelhafter Sachkenntnis behandelt werden. Wir sollten doch offen eingestehen, dass wir bisher mit allen Arbeiten nicht wesentlich weiter, als zur Stellung von Problemen gekommen sind. gekommen sind. Von einer Methode haben wir bisher nur die gröbsten Züge und können nicht mehr haben, so lange wir nach echter Jugendart am liebsten das Haus mit dem Dach beginnen und zuerst die grössten, Völker und Meere, ja wenn möglich den ganzen Erdball umfassenden Probleme lösen möchten. Machen wir doch Ernst mit Weules Forderung, die Völkerkunde zur Geschichte zu erheben, nicht nur dem Endziel nach, sondern vor allem, indem wir die gewissenhafte historische Kleinarbeit nicht verschmähen, die Beziehungen der Stämme, der Völker Schritt für Schritt verfolgen. Die grossen, genialen Zusammenfassungen, die brauchen wir nicht zu rufen, die kommen, jede zu ihrer Zeit, ganz allein.

Dem scheinbaren Optimismus steht eine vielleicht etwas wirklichere Resignation gegenüber. Weule sagt von Anthropologie, Ethnographie, Ethnologie und Prähistorie, »dass jede von ihnen allein grosse rassen- und völkergeschichtliche Probleme nicht lösen kann«. Das ist nicht unrichtig; was thun wir aber mit Begriffen von Wissenschaften, die keine sind? Der Ethnograph, der nicht Ethnologe ist, gleicht im besten Falle einem eifrigen Markensammler. Nehmen wir wieder den Begriff der Geschichte, auf den uns Weule hinweist, so umfasst er nicht nur Ethnologie und Ethnographie, sondern zugleich die Sprachforschung. Die Einheit dieser drei müsste, so meine ich, imstande sein, ihre Probleme selbständig zu lösen,

oder die Ethnologie verliert ihre Existenzberechtigung. Selbstverständlich ist, wenn die Ergebnisse der Kulturgeschichte denen der Anthropologie widersprechen, eins von beiden falsch, aber Weule selbst betont, dass dadurch nur eine Revision, nicht ein Hinübergreifen der einen Untersuchung auf das andere Gebiet gerechtfertigt wird. Auf der andern Seite muss an der unauflösbaren Einheit der drei andern Disziplinen festgehalten werden. Man kaun wohl einzelne Beziehungen aufdecken, aber niemals die Kulturgeschichte eines Gebietes als Ganzes begreifen, ohne auf allen drei Grundlagen zugleich zu bauen. Eins freilich werden wir stets vermissen, das ist die viel geschmähte politische Geschichte, die wir vielleicht zuletzt ganz nebelhaft ahnen, aber nie deutlich schauen werden, und die wir doch zum vollen Verständnis nicht entbehren können. Denn auch Kultur wächst nicht wie eine Blume, sie wird gemacht; sie ist die Tat handelnder Menschen, ihre Art, Höhe und Verbreitung das Ergebnis von Krieg und Frieden, Schlacht und Vertrag.

Fritz Graebner.

Druck von A. Haack, Berlin N.W.

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