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Ethnographische Tagebuchnotizen

von der Expedition gegen die Esum und vom Marsch Jaunde-WatareNgilla-Ngútte zum Mbám.

(19. Februar bis 28. April 1901.)

Von Stabsarzt Dr. Hösemann.

Die Esum wohnen ca. 60 km nordöstlich von Jaunde, sprechen dieselbe Sprache, bauen dieselben rechteckigen Hütten und dieselben 2 reihigen Dörfer wie die Jaunde. Sie stehen unter dem Häuptling Semikōre, der in den grösseren Dörfern seine Brüder und Söhne und sonstige Verwandte als Unterhäuptlinge hat. Von dem ehemaligen Feldwebel Zampa wird Semikore als grausamer Tyrann geschildert. So soll er beim Legen des Firstbalkens zu seinem Hause in Lémbe 50 Menschen haben schlachten lassen, die dann aufgegessen wurden. Wenn die Mákka- oder MákaHäuptlinge, die nur durch ihn Handel treiben können und dürfen, kommen, sollen sie während ihres Aufenthaltes täglich 1 Menschen zum Essen erhalten. Er liess keinen anderen Händler in sein Gebiet als nur die Leute des Zampa von der Firma Randad und Stein, alle anderen wurden ermordet; so soll er einen Accra-Mann vor den Augen Zampas an einen Pfahl haben binden und ihm den Bauch aufschlitzen lassen, dass die Eingeweide heraushingen; danach habe er ihn gefragt, ob er noch einen Wunsch hätte, und als dieser nach einer Pfeife Tabak verlangt, hätte er sie ihm gegeben und ihn losbinden lassen; darauf habe er ihm erlaubt fortzugehen, wobei die Hunde an den Eingeweiden gezerrt hätten, ihm aber ausserhalb des Dorfes durch einen Mann den Kopf abschneiden lassen. Auch sollen allgemein getötete Feinde gegessen werden; dafür sprechen eine Anzahl frischer Menschenschädel im Dorf, sowie die Sorge unserer Soldaten und Träger beim Begraben unserer Gefallenen, den Platz möglichst unkenntlich zu machen, um ein Wiederausgraben durch die Esum zu verhindern.

Ihre Waffen sind Steinschloss-Vorderlader, mit denen sie sowohl Eisen- und Drahtstücke, Steine etc., als auch kurze, kräftige Speere schiessen, Bogen mit langen Pfeilen, Speere mit allen möglichen Spitzen, ganz gleich denen der Jaunde, und europäische Haumesser, die sie in geflochtenen Korbscheiden, oft mit Fellüberzug, an der Schulter tragen. Als Pulverflaschen haben sie dieselben Flaschenkürbisse mit dem eigenartigen Deckel wie die Jaunde.

Sie legen sehr geschickt Fussangeln aus zugespitzten, ca. 1 cm breiten Raphia-Rindenstäben, entweder nur unter ganz kleinem Winkel schräg in den Boden gesteckt, oder senkrecht in ca. fusslangen und -breiten, 10-20 cm tiefen Löchern mitten im Weg, die sie mit Laub und Gras locker ausfüllen. Als Schutzwaffe diente vereinzelt ein ca. 1 m hoher, 3 m breiter Schild aus Büffelhaut mit abgerundeten Ecken, ohne Malerei. Die Kampfweise uns gegenüber bestand lediglich im Schiessen aus einem geschickt gesuchten Hinterhalt oder im Anschleichen an unser Lager. Befestigungen haben sie nicht, doch suchten sie oft durch rohe Verhaue und Netze, die sonst wohl zum Wildfangen dienen, uns den Weg zu sperren.

Die Häuser waren rechteckig, 4-5 m lang, 2-21/1⁄2m breit, die Wände 1,60-1,80 m, der First 2-2,25 m hoch. Wände und Dach werden aus den Raphia-Fieder-Matten gemacht. Die Hütte enthält nur einen Raum und nur eine Thür in der Längseite. Das im Bau befindliche Haus des Semikore war 35 m lang, 12 m breit, die Wände 2 m hoch, der First 3,25 m, davor resp. dahinter fand sich ein mit 2, m hoher Mattenwand eingefasster kreisrunder Raum von 10,50 m Durchmesser, in dem in der Mitte ein Baum stand. Hier soll sich Semikore tagsüber mit seinen Weibern aufgehalten haben; die Nacht brachte er in benachbarten Dörfern zu, aber jedesmal in einem anderen. Sein Hauptdorf Lémbe bestand aus 2 Häuserreihen in 42 m Abstand, die sich über einen Hügel wegzogen; auf jeder Seite 70-80 Hütten; auf der Höhe des Hügels quer zu den Hüttenreihen war das grosse Haus im Bau. In dem Haus seines Bruders Mamenjāna in Balbúmme bestand der Wandbelag aus senkrecht eingesetzten, dünnen Brettern, die sauber weiss getüncht waren; wohl fremder Einfluss, da es das einzige derartige Haus war. Die Betten sind die wohlbekannten Jaunde-Betten. - Die Töpfe von der gewöhnlichen Form und Grösse, meist reich mit Mustern verziert.

Ueberall vorhanden waren die Palaver-Trommeln und die Trommelsprache wird allgemein verstanden. Ferner die Marimba, die an einer unter den Achselhöhlen über den Rücken laufenden Schnur getragen wird; der Rahmen wird gegen den Leib gestützt, und die Tasten mit einem oder zwei Holzklöppeln geschlagen; dieselbe dient zum Tanz und zu Solovorträgen. Im Krieg haben sie auch die Elfenbeintrompeten und eine eigene Art laut zu schreien, hier meist: >hállan« genannt; auch pfeifen sie sich auf den Fingern.

Sie gewinnen selbst Salz, indem sie das Schilfgras abbrennen, die Asche und Erde sammeln und in spitzen Körben mit Wasser auslaugen, das dann abgedampft wird. Angebaut wird Mais, Kassada, Bataten,

Flaschenkürbisse, Tabak, der kleine rothe Pfeffer, Bananen, Ananas und in Lembe ganz wenig Durra. Auch essen sie geröstete Heuschrecken. Mehrfach brannten sie kurz vor unserer Ankunft ihre Dörfer selbst

nieder.

Die Mákka, die 4-6 Tagemärsche östlich der Esum wohnen, sollen eine dem Ngúmba ganz ähnliche Sprache sprechen.

Die Batschénga, die südlich von den Nachtigal-Fällen am Sánanga wohnen, haben auch rechteckige Hütten und die Dörfer in 2 Reihen wie die Jaunde, sprechen auch eine diesem ähnliche Sprache. Getreidespeicher bauen sie auf ca. 1 m hohen Pfählen, wie die Hütten, mit einer Zugangsöffnung im Giebel. Auch sie gebrauchen viel die langen spitzen Körbe (1 m lang, oben / m, unten 5 cm Durchmesser), sowie andere mehr tonnenförmige (ca. 1 m lang, in der Mitte 40-50 cm, oben und unten: 10-15 cm Durchmesser). Blasebälge haben sie die gleichen wie in Ostafrika, die Bälge meist nur aus Bananenblättern. Als Werkzeug, Hammer, dienen im Querschnitt runde, spitz zulaufende Eisenkeile (20—25 cm lang, oben 2-3 cm dick). Der Häuptling Mbélle besitzt 2 Reitpferde (von den Wute). Sie bauen auch schon etwas Durra und bereiten Durrabier, »ofógga«.

Die Mwelle oder Mbélle trafen wir in 2 Gegenden, einmal östlich der Mitte des grossen Weges Jaunde-Nachtigal-Fälle, und dann nördlich des Sánanga an den Nachtigal-Fällen. Sie bauen auch rechteckige Hütten und 2 reihige Dörfer und sprechen eine dem Jaunde ähnliche Sprache. Die Mwélle nördlich des Sánanga haben schon sehr viel von den Wute angeSie haben auch Getreidespeicher auf 1 m hohen Pfählen,

nommen.

rechteckig, aber mit rundem Dach (Abb. 1). — Sie bereiten Salz wie die Esum. Das Durrabier wird hergestellt, indem sie die Körner erst zum Keimen bringen; dann werden sie auf den Mahlsteinen gerieben, mit Wasser gekocht und stehen gelassen; nach 2-3 Tagen ist das Bier fertig. Sie haben die gewöhnlichen Palaver-Trommeln, sowie solche aus Holz mit 3 Füssen, 60-80 cm hoch, 20 cm Durchmesser, mit Fell bespannt, von dem aus Stricke nach einem in der Mitte herumgehenden Lianenring gehen; der letztere wird durch darunter getriebene Holzkeile gespannt; sie wird nur beim Tanz verwandt.

Abb. 1.

Dicht am Sánanga und auf dessen Inseln wohnen die Sánangs, die eine Wute-ähnliche Sprache sprechen; die Hütten waren gemischt, Rund- und Rechteck-Hütten. Ihre Einbäume waren ohne Besonderheiten, ca. 10-20 Menschen fassend; die Ruder ca. 1 m lang mit ovalem Blatt.

Die Wute von den Jāunde: Babútti genannt, wohnen nördlich des Sananga bis zu dem langen hohen Gebirgszuge, an dessen Süd-Fuss Ngútte's Dorf Línte liegt, und westlich bis zum Mbám. Nur östlich der Batschénga liegen einige Dörfer im Süden des Sánanga, und ganz vorgeschoben, ca. 30 km davon, Tabénne, nördlich von den Esum. Sie bauen Rundhütten von 3-5 m Durchmesser und 2-3 m Höhe; dieselben bestehen entweder aus einem bienenkorbartigen Stangengerüst, das mit dicken Lagen Gras bedeckt wird, oder häufiger haben sie eine senkrechte, 11⁄2-13⁄4 m hohe Wand aus Stangen mit Lehmbewurf, auf der ein glockenförmiges Dach ruht (Abb. 2 a). Letzteres ist oben entweder

Abb. 2.

abgerundet oder zugespitzt (Abb. 2 b); der Mittelpfosten ragt -11⁄2 m hervor; bei Häuptlingen etc. findet sich eine Spitze aus Gras, wie sie Abb. 2 c zeigt, oder auch 2 solche nebeneinander. Die Hütte Ngilla's war bedeutend grösser wie der Durchschnitt und hatte einen ca. 11⁄2 m langen First, auf dem 10-12 leere Flaschen umgekehrt aufgesteckt waren. Ngútte's Hütte in Sase hatte 15 m Durchmesser, bei 4, m Höhe. Innen ist der Raum meist durch eine Querwand in zwei Theile getheilt. Die Thür ist 1,60-1,80 m hoch, 0,90-1 m breit und etwas

† 1884 +

vorgebaut.

Abb. 3.

Die Lehmwände sind häufig mit Figuren (ca. 20-40 cm hoch) bemalt (Abb. 3). Mehrfach hatten die Hütten durch in Kopfhöhe eingelegte Querstangen einen Boden, der als Getreidespeicher diente, und öfter durch eine besondere kleine, auch etwas vorgebaute Thür zugänglich war. Die Dörfer liegen fast alle rings von Wald umgeben, oft noch mit Graben und Wall und darauf meist eingewachsenen Pallisaden versehen; auch auf dem Zugangsweg durch den umgebenden Wald sind oft noch Pallisaden und Thore. Die Hütten des Häuptlings sind meist nochmals mit Pallisaden eingefasst (Abb. 4); bei Ngútte wie Abb. 4 b; oder es

a

Abb. 4.

b

steht vor dem Thor ein rechteckiges Haus
von 3:5 m, durch das man hindurch muss
und in dem sich eine ständige Wache und an
den Wänden aufgehängt Gewehre, Bogen und
Pfeile etc. befinden.
Bei Ngútte waren die

Pallisaden doppelt und der Zwischenraum bis

zu Kopfhöhe mit grossen Steinen ausgefüllt; der Vorhof war mit ständiger, starker Wache besetzt. In jedem Dorf findet sich ein grösserer freier Platz, meist vor der Häuptlings-Wohnung, für die Tänze etc., und meist mehrere, ebenfalls runde Palaverhütten, deren Wände ohne Geflecht und Bewurf sind. Auch finden sich stets in ziemlicher Zahl Senkgruben, die oben mit Stangen überdeckt und mit Lehm bis auf ein kleines Loch in der Mitte geschlossen sind; darüber ist meist noch eine niedere Grashütte gebaut.

Die Männer tragen meist Hüfttücher, die zwischen den Schenkeln durchgezogen und an einer Schnur um die Hüften vorn und hinten etwas übergeschlagen werden. Sehr viel werden von den Vornehmeren die Haussa-Röcke und -Hosen, resp. entsprechend gearbeitete Küstenstoffe getragen; bei Ngútte waren die Aermelausschnitte noch ringsum mit in rothes Leder gefassten Löwenkrallen verziert; dazu die Sackmützen. Es wird auch vereinzelt noch Rindenstoff hergestellt und getragen, naturfarben oder schwarz gefärbt. Die Weiber tragen nur vorn ein paar grüne Blättchen oder ein kleines übergeschlagenes Zeugläppchen; selten auch ein kleines Hüfttuch. Die Haare werden in Zöpfe geflochten, die dem Kopf glatt anliegen, ähnlich wie bei den Weibern in Ostafrika, und diese mit dem Oel aus den Schalen der Palmfrüchte getränkt und ganz fest gemacht, sodass die Frisur wie eine Kappe aussieht. Die Weiber haben die gleiche Haartracht, doch tragen sie noch oft von Ohr zu Ohr über die Stirne weg einen Strahlenkranz senkrecht abstehender, leicht nach vorn gebogener Zöpfchen von 3-5 cm Länge, oft auch einen solchen rings um den Kopf. - Die oberen mittleren Schneidezähne, seltener alle 4, sind zugefeilt, meist wie Abb. 5a, oder auch wie Abb. 5 bc. Sehr beliebt ist auch das Bemalen des Körpers mit Rotholz. Aus dem Holz eines Strauches machen sie sich Zahnbürsten, oft bis zu 30 cm lang und 1-1 cm dick.

a

b

Abb. 5.

Als Waffen führen sie Steinschloss-Vorderlader; grosse Bogen mit langen Pfeilen ohne Fiederung; dazu geflochtene, lange dünne Köcher, oft hübsch gekerbschnitzte hölzerne Sehnenspanner, die über der Hohlhand getragen werden, und am linken Handgelenk ein Schutzpolster aus

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