Billeder på siden
PDF
ePub

Der südlich der oben angegebenen Grenze belegene Theil von Afrika ist nun aber nicht das Gebiet der Trommelfell-Anpflöckung in dem Sinne, dass diese hier die alleinige Art der Trommelbespannung wäre, vielmehr liegt die Südgrenze der zweiten Hauptart, der Schnurspannung, südlicher als die Nordgrenze der Anpflöckung, so dass zwischen ihnen eine Zone bleibt, in der beide Spannungsweisen nebeneinander vorkommen.

Die Südgrenze der Schnurspannung beginnt im Westen südlich der Kongomündung, verläuft zunächst wahrscheinlich in nicht zu grosser Entfernung von der Nordgrenze der Annagelung nach Osten nach dem Sankurru, scheidet hier Bakuba und Bassongo-Mino und erreicht den Tanganyika vermuthlich nahe seiner Nordspitze; die Wassongora haben Schnurspannung1). Nördlich des Kongo im Gebiet des Ubangi herrscht die Schnurspannung; vgl. z. B. die Abbildung einer Banziri-Trommel bei Dybowski.2) Oestlich des Tanganyika liegt die Grenze viel weiter südlich und fällt ungefähr mit der Südgrenze des deutschen Schutzgebietes zusammen; zwischen Tanganyika und Nyassa verläuft sie vielleicht noch südlicher, östlich des Nyassa dagegen wohl weiter im Norden; wenigstens besitzt das Berliner Museum aus den Landschaften südlich des Rufidji nur Trommeln mit angepflöcktem Fell. Abgesehen ist hierbei natürlich von der Küste, wo überall arabische Trommeln mit Schnurspannung vorkommen.

Ein sehr interessantes Stück besitzt das Museum in einer grossen Kriegstrommel der Senga (Basenga), nördlich des unteren Sambesi. Dieselbe stammt also aus dem Gebiet der Anpflöckung des Trommelfells, und das trifft auch hier zu, das Fell ist mit Eisennägeln befestigt; ausserdem aber ist die Trommel sie hat ganz die Form einer Uganda-Pauke mit Riemen überspannt, die im Zickzack von einem Fell zum andern gezogen sind. Wir haben hier also eine Kombination der beiden Spannungsarten, wobei allerdings die Schnurspannung eine rein dekorative Rolle spielt.

Die Zwischenzone also, in der beide Trommelspannungen zusammen sich finden, umfasst im Westen einen Streifen von wechselnder Breite entlang dem Laufe des Kongo von der Mündung bis etwa in die Gegend der Stanley-Fälle und östlich des Tanganyika ganz Deutsch-Ostafrika und einen beträchtlichen Theil des britischen Gebiets nördlich davon. Ob innerhalb dieser Zone beide Spannungsweisen gleichmässig verbreitet, oder ob der eine Stamm diese, der andere jene bevorzugt, darüber ist nichts näheres bekannt.

1) Stuhlmann S. 551 (Abb. 168, S. 552).
2) La route du Tchad. Fig. 77 (S. 197).

Als Enclaven innerhalb des Bereichs der Schnurspannung liegen die Gebiete der beiden anderen Spannungsarten, der Keilspannung und der Spannung mit an Pflöcken befestigten Schnüren, der Schnur-PflockSpannung.

Die Keilspannung findet sich nur in Kamerun und im Stromgebiet des Ogowe. Man bezeichnet diese Trommeln, besonders die schön geschnitzten unter ihnen, 1) mit Vorliebe als » Fantrommeln «<, aber wohl kaum ganz mit Recht. Es ist allerdings zweifellos, dass manche Fanstämme, zumal im südlichen Kamerun, derartige Trommeln haben, aber sie haben dieselben vielleicht erst von ihren Nachbarn übernommen. O. Lenz versichert sogar, dass er bei den Fan am Ogowe überhaupt keine Trommeln wahrgenommen habe, 2) und wenn das auch wohl nur ein Zufall ist, so ist doch zweifellos, dass die meisten derartigen Trommeln. im Berliner Museum, welche mit guten und einwandfreien Herkunftsangaben versehen sind, nicht von Fan, sondern von andern benachbarten Stämmen herrühren. Ausserdem finden sich diese Trommeln auch in Gegenden, wo Fan niemals hingekommen sind, wie im nordwestlichen Kamerun bei den Bakwiri, Bakundu, Ngolo, Ekoi u. s. w.

Die Südgrenze der Keilspannung liegt irgendwo zwischen der Mündung des Ogowe und Loango, die Nordgrenze wohl nicht weit entfernt vom Niger. Was für Trommeln in Kalabar vorkommen, ist mir unbekannt, aber bis an die deutsch-englische Grenze reicht das Gebiet der Keilspannung zum mindesten. Unbekannt ist gleichfalls die Erstreckung nach dem Innern. Wir finden hier eine interessante Uebergangsform: die Wute und ihre Nachbarn haben kurz-cylindrische auf beiden Seiten bespannte Trommeln, die sie offenbar von den Sudanvölkern übernommen haben und die mit der gewöhnlichen Zickzack-Schnurspannung versehen sind; aber die gewohnten Keile werden auch hier unter die Schnüre getrieben (Abb. 137). '

Die zweite Unterart der Schnurspannung, die Schnur-PflockSpannung, bei der die Spannschnüre um Pflöcke gelegt sind, die in der Trommelwand stecken, scheint nur westlich des Niger an der Sklaven- und Goldküste und in deren Hinterland vorzukommen. Nach Westen zu reicht ihr Gebiet sicherlich nicht bis Liberia, wo die Trommeln die Form und Spannung der Abb. 128 haben,) nach dem Innern zu muss sie vorläufig unbestimmt bleiben. Mangu ist bis jetzt die nördlichste Landschaft, aus der solche Trommeln nach Berlin gelangt sind. Auch die Trommeln im alten Benin hatten diese Spannung.")

1) Vgl. Abb. bei v. Luschan, Beiträge zur Völkerkunde. Tafel XXIV, 16, 16a. 2) O. Lenz, Skizzen aus Westafrika. Berlin 1878. S. 86.

*) Vgl. Büttikofer II, 334.

') Read and Dalton, Antiquities from the City of Benin. London 1899. Taf. XXIX, 1.

Es bleibt nun noch die Verbreitung einiger Trommelformen zu betrachten. Zunächst eine Form, die man als Trommel des Ober- NilGebiets bezeichnen könnte, da sie hier fast allein herrscht und ihren Typus am schönsten ausgeprägt hat. Es ist das die Trommel, von der Abb. 123 die Hauptformen darstellt. Sie hat im allgemeinen die Gestalt eines Kegelstumpfes, dessen Grundfläche nach oben gerichtet ist. Zuweilen ist sie fast cylindrisch, meistens aber verengt sie sich nach unten viel bedeutender; zuweilen bekommt sie eine bauchige Form (Abb. 123b) oder es folgt auf einen oberen cylindrischen Theil ein abgestumpfter Kegel (Abb. 123 c). Sie findet sich bei allen Stämmen des oberen Nil, Dinka, Bari, Bongo etc., ferner weiter nilaufwärts in Unyoro und Uganda, in den Ländern um den Nyansa, wie Ussiba, Ussukuma, Uschaschi, ferner in dem grössten Theil von Deutsch-Ostafrika bis Ufipa und Unyika hinab; ausgenommen ist vielleicht nur der Theil südlich des Rufidji und östlich des Rikwa- und Nyassa-Sees.

Verwandte, nur sehr viel mehr in die Länge gestreckte Trommeln finden sich bei den Wassongora') (1,50 m lang, 30 cm Durchmesser) und weit davon entfernt in Loango und am unteren Kongo (Abb. 124).2) Die längste derartige Trommel im Berliner Museum misst 2,20 in.

Der zweite Typus, dessen Verbreitung noch zu untersuchen ist, ist die Sanduhrtrommel, d. h. eine Trommel, die gleichsam aus zwei durch eine cylindrische Röhre verbundenen, mit Haut überspannten Schalen besteht. Man kann drei Formen unterscheiden, die jede ihren besonderen Bezirk besitzen.

Die erste ist die in Abb. 126 dargestellte Trommel mit Schnurspannung; sie ist meist beiderseits bespannt, doch giebt es auch solche, die unten offen sind (vgl. oben S. 54). Die Stücke des Museums stammen von der Gold- und Sklavenküste (Accra, Togo, Palma, Yoruba, Lagos) und deren Hinterland (Dagomba, Salaga etc.), sowie vom unteren Niger und Benue (Adamaua). Ihre Verbreitung ist aber viel ausgedehnter. An der Küste gehen sie nach Osten allerdings kaum weiter als bis zum Nigerdelta (im alten Benin waren sie vorhanden3); nach Westen aber erstrecken sie sich sicher bis Liberia, wo sie von Büttikofer) bezeugt sind. Ob ihre Verbreitung bis dahin eine ganz ununterbrochene ist, ist unbekannt; auf der Goldküste erwähnt sie schon Bosman, und zwar als eine neue Erfindung, auffälligerweise werden sie aber weder von Isert, noch von Monrad, Beecham

1) Stuhlmann S. 551 und Abb. 168, S. 552.

2) Abbildung einer ähnlichen Trommel bei Falkenstein, Afrikas Westküste. 1885. Fig. 28 (S. 111).

8) Read und Dalton XXIX, 2.

4) II, 234.

der Cruikshank, die zum Theil ziemlich ausführliche Aufzählungen der Musikinstrumente geben, angeführt. Für Senegambien kann ich keine andere Autorität citiren als Gray, der eine Sanduhrtrommel ohne weitere Bemerkung abbildet. 1) Mungo Park erwähnt dieselbe nicht. Im Sudan ist sie jedenfalls weit verbreitet, im Osten mindestens bis Bornu. 2)

Die zweite Gruppe ist in Ostafrika zu Hause. Sie unterscheidet sich wesentlich von der ersten: sie ist nur auf einer Seite bespannt und das Trommelfell ist angepflöckt. Die Gestalt der Trommel ist dieselbe (Abb. 120). Ihr Gebiet ist sehr beschränkt. Die Exemplare des Berliner Museums stammen aus Usaramo, Uluguru, Ugogo, Ubena. Das Trommelfell ist theils Fell, theils Eidechsenhaut; einige Trommeln haben einen Holzhenkel an der Seite. Ganz vereinzelt steht eine Trommel, die wahrscheinlich von den Ngok, einem Grenzstamm zwischen Yaunde und Bakoko, stammt, also aus Kamerun, wo derartige Formen sonst nicht bekannt sind. Leider fehlt das Trommelfell, sodass die Art der Bespannung nicht zu erkennen ist. Der Form nach könnte die Tromme! ebensogut ostafrikanischen Ursprungs sein.

Die dritte Gruppe endlich ist im Museum nur durch ein Stück vertreten (Abb. 121), das von Wissmanns zweiter Afrikadurchquerung stammt und ohne nähere Angabe ist. Genau solche, ebenfalls ganz und gar mit Schnitzereien 3) bedeckte und mit vier Henkeln versehene Trommeln beschreibt Holub von den Marutse und Serpa Pinto von den Amboella.*) Diese Trommeln waren übrigens bei den Marutse nur Eigenthum des Herrschers; König Sepopo besass zwei davon.

Schliesslich wäre noch als ein Trommeltypus, der über ein begrenztes Gebiet verbreitet ist, die halb kugelige Pauke zu nennen (wie Abb. 131). Sie findet sich in der ganzen Nordhälfte des Kontinents, in den Staaten der Nordküste von Aegypten bis Marokko, im ganzen Sudan, wo sie meistens aus einem halbierten Kürbis besteht, bei den Galla und Somâl und bis zum Victoria Nyansa, wo Baumann eine solche Trommel von der Insel Ukara abbildet.")

Die Verbreitung der Holztrommeln (Karte II) beschränkt sich im Allgemeinen auf das Gebiet des Kongo und einen Theil der anschliessenden Westküste.

Das Berliner Museum besitzt solche Trommeln vor allem aus Kamerun (von den Dualla, Bakwiri, Bassa, Bakundu u. A.), von den Mpangwe am

1) W. Gray, Travels in Western Africa. London 1825. Taf. IX, Fig. 4.
2) Nachtigal I, 745.

3) Die Schnitzereien haben freilich verschiedenen Charakter, bei unserer Trommel sind es Dreiecksmuster, bei Holub Kreise und Spiralen (Kulturskizze S. 141).

') Serpa Pinto, Wanderung quer durch Afrika. Leipzig 1881. I 308.
*) Durch Massailand. S. 202.

Gabun, den Mayakalla (die bisher genannten von cylindrischer Form mit in der Mitte schmalem, an beiden Enden verbreitertem Spalt); ferner kahnförmige Trommeln aus Loango und keilförmige aus Urua. Kamerun und Urua sind zugleich so ziemlich die äussersten Ecken des Holztrommel-Gebiets. In dem dazwischen liegenden Gebiet sind diese Trommeln sehr verbreitet, wenn sie vielleicht auch nicht überall vorkommen. Nördlich der Kongomündung sind sie auch an der Küste vorhanden, südlich vom Kongo dagegen fehlen sie in Angola. Kongo aufwärts fand Baumann die ersten Holztrommeln bei den Bayansi, 1) Coquilhat erwähnt sie bei den Bangala, 2) Dybowski bei den Baloi,) Baumann aus der Gegend von Upoto, bei den Munongiri und vom unteren Aruwimi, Stanley von den Wagenia und anderen Stämmen am oberen Kongo, Stuhlmann bei den Wakussu, Cameron bei den Warua und Wabudschwe. Ebenfalls sind sie an dem rechtseitigen grossen Zufluss des Kongo, dem Ubangi, allgemein; die Anwohner desselben sind ja grösstentheils Verwandte der Niam-Niam und Monbuttu, deren hölzerne Signaltrommeln durch die Schilderungen und Abbildungen in den Werken von Schweinfurth und Junker bekannt genug sind. An den südlichen Nebenflüssen des Kongo sind die Holztrommeln wahrscheinlich ebenso verbreitet, wenn auch ihre Erwähnung seltener ist; vorhanden sind sie sicher bei den Mayakalla am Kuango (ein Stück im Berliner Museum), den Bakuba1) und in Lunda, wo Pogge und Wissmann sie ausführlich beschrieben und abgebildet haben.

Ueber die Verbreitung der drei oben erwähnten Typen der Holztrommel lässt sich nicht viel sagen. Die kahnförmige Trommel scheint auf Loango beschränkt zu sein, die cylindrische oder walzenförmige findet sich in Kamerun, dem Ogowe-Gebiet und am Unterlauf der südlichen Nebenflüsse des Kongo, sicher am Kuango, wahrscheinlich auch am Kassai und Sankurru.) Die Keilform findet sich am ausgesprochensten in Lunda und Urua, aber auch die Trommeln des oberen Kongo und der UelleVölker haben denselben Typus, wenn sie auch nicht so hoch und schmal und ausserdem häufig mit Füssen versehen sind.

Die Holztrommeln erfüllen also so ziemlich das ganze Gebiet des Kongo und greifen im Nordwesten noch darüber hinaus bis an den Cross River, ja, sie scheinen sogar noch am unteren Niger vorhanden zu sein, wofür ich allerdings nur eine Stelle bei Day als Anhalt habe. Er spricht hier, nachdem er die Felltrommeln beschrieben hat, von einer 1) Baumann, Beiträge zur Ethnographie des Congo. S. 12.

2) Coquilhat, Sur le Haut Congo. S. 364.

3) Dybowski, La Route du Tchad. S. 150.

4) Wolf bei Wissmann, Im Innern Afrikas. Leipzig 1888. S. 228.

5) Wolf's Beschreibung der Bakuba-Trommel ist nicht ganz klar, scheint aber auf eine cylindrische Form zu deuten.

« ForrigeFortsæt »