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Der nördlichste Gebietstheil liegt am unteren Niger und Benue und erstreckt sich längs der Küste bis an die Südgrenze Kameruns. Für das Niger- und Benuegebiet bezeugt das Vorhandensein dieser Harfe Day,1) auch besitzt das Berliner Museum von dorther zwei von R. Flegel eingesandte Instrumente. Am Benue indess scheint die Grenze nicht weit aufwärts zu reichen; schon die Djuku (9-10° östl. L.) haben die Bügelharfe. Zu dieser Gruppe haben auch die Saiteninstrumente des alten Benin gehört; Darstellungen von solchen finden sich auf zwei im British Museum befindlichen Bronzeplatten. Auf den Photographieen in der Publikation von Read und Dalton") ist allerdings nicht viel zu erkennen, der Text aber (S. 27) und eine zum Vergleich beigegebene Abbildung einer Loango-Guitarre machen es unzweifelhaft, welcher Art das Instrument ist.") Aus Calabar und dem nordwestlichen Kamerun besitzt weder das Berliner Museum solche Instrumente, noch ist mir ein Zeugniss für ihr Vorkommen daselbst in der Litteratur bekannt; erst im eigentlichen Kamerun tauchen sie wieder auf und scheinen besonders am unteren Sannaga, bei den Bakoko und ihren nächsten Nachbarn, häufig zu sein. Von hier stammen die geschnitzten und roth bemalten Instrumente, von denen Abb. 28 eines darstellt. Aus dem nördlichen Kamerun besitzt das Museum nur ein Instrument mit der nicht ganz zweifelfreien Angabe >> Bali«. Da die Bali stammfremde Einwanderer aus Adamaua sind, so ist es immerhin fraglich, ob sie dies Instrument in ihrer Heimath besessen und von dort mitgebracht haben; freilich könnten sie es auch in ihren jetzigen Wohnsitzen von ihren neuen Nachbarn übernommen haben. Nach Osten zu scheint das Instrument nicht weit ins Hinterland von Kamerun hineinzugehen. Die östlichen Nachbarn der Bakoko, die Yaunde, haben es anscheinend nicht mehr; Zenker erwähnt in seiner Beschreibung dieses Stammes zwei Saiteninstrumente; das eine ist das Raphia-Instrument der Gruppe XI, das andere nennt er »den am Kongo gebräuchlichen Harfen ähnlich«. Welche Harfe« er meint, bleibt unklar; man könnte zunächst an unser Instrument denken, da dasselbe ja auch am unteren Kongo vorkommt; aber in diesem Falle würde Zenker sich wohl eher auf die ihm wohlbekannten Instrumente der benachbarten Bakoko bezogen haben, von denen er selbst eine Anzahl für das Berliner Museum gesammelt hat. Es erscheint mir daher wahrscheinlicher, dass er

') Bei Mockler-Ferryman, Up the Niger. S. 265. Day bemerkt hierzu: „Instruments of this kind are generally found all through Africa".

2) Antiquities from the City of Benin. London 1899. Taf. XXIII, Fig. 4; Taf. XXX, Fig. 6.

) Eine „Harfe" aus Benin mit sieben oder neun Saiten erwähnt auch David van Nyendael bei Bosman (S 243), ohne sie näher zu beschreiben.

die Bügelharfe meint, die ja auch bei den Yaunde, als einem Fanstamm, eher zu erwarten wäre und bei anderen Fanstämmen in Süd-Kamerun, wie den Bule und Bane, auch thatsächlich vorkommt.

Südlich von Kamerun folgt nun ein Gebiet, in dem unser Instrumeut nicht vorkommt, und das im Wesentlichen dem Stromgebiet des Ogowe. entspricht und von den Fan und ihren Verwandten bewohnt wird. Erst in Loango treffen wir wieder auf Instrumente vom Typus der Gruppe VI und zwar zunächst die Spielart mit eng verbundenen Saitenträgern, die über die Loango-Küste und die Gegenden am untersten Kongo nicht hinaus zu gehen scheint. Wenigstens stammen alle Instrumente des Berliner Museums von dort.

Oestlich davon, den Kongo aufwärts und an seinen grossen südlichen Zuflüssen, dem Kassai, Sankurru und Kuango, schliessen sich nah verwandte Instrumente an, und zwar vertheilen sie sich so, dass die der Gruppe VI um den Stanley Pool (bei den Bateke) und bei den Bakuba zwischen Sankurru und Kassai sich finden, die der Gruppe VIa2 aber im Kuango-Gebiet (Mayakalla und Wabuma).

Wir haben hier also ein grosses zusammenhängendes Gebiet, das sich von der Küste bis ins Herz des südlichen Kongobeckens erstreckt. Ob auch das Flussgebiet des Tschuapa und Lulongo hierhergehört, vermag ich nicht anzugeben. Ebenso wenig ist über die Saiteninstrumente der Völker am Lomami etwas bekannt. Es ist aber immerhin möglich, dass die Grenzen der Kongo-Guitarre beträchtlich weiter gesteckt sind, als wir heute wissen.

Der dritte und südlichste Gebietstheil liegt ganz abgesondert am mittleren Kunene. Die Ovambo sind bisher der einzige Stamm dort an der Grenze zwischen Deutsch- und Portugiesisch-Südwest-Afrika, von dem wir solche Instrumente kennen. Das Berliner Museum besitzt drei dieser Guitarren mit der Herkunftsangabe »Ovambo«; dass dieselbe richtig ist, ist zweifellos und wird ausserdem auch bezeugt durch Schinz, der dieses Instrument beschreibt, und durch Andersson, der sogar eine, freilich sehr schlechte Abbildung davon giebt.')

Damit ist aber anscheinend die Verbreitung dieses Instruments noch nicht erschöpft; es scheint vielmehr auch am Oberlauf des Niger vorzukommen. Der französische Reisende Binger beschreibt nämlich von den Bambara unter dem Namen »dian-ne« ein dort nach seiner Angabe sehr beliebtes Saiteninstrument, das aus einer grossen Kalebasse besteht, durch die drei Bambusstäbe hindurchgesteckt sind; jeder trägt eino Saite, deren anderes Ende an einem senkrecht im Kürbis steckenden Hölzchen

1) Schinz, Deutsch-S.-W.-Afrika, S. 294; Andersson, Lake Ngami. London 1856.

befestigt ist. Die von Binger gegebene Abbildung zeigt, wie der Spieler die Kalebasse gegen seinen Leib drückt und das Instrument mit beiden Händen wie eine Harfe spielt.

Eine ganz beschränkte Verbreitung hat die siebente Gruppe, die über die Grenzen Liberias nicht hinauszugehen scheint. Das hierher gehörige Instrument wird gewöhnlich als Kru-Harfe bezeichnet, obwohl es auch bei den Vey und wohl auch bei den übrigen Stämmen Liberias vorkommt. Ein Exemplar des Berliner Museums soll allerdings aus Togo stammen; da aber diese Angabe ganz allein steht und kein Berichterstatter das Vorhandensein dieses Instruments an der Sklavenküste erwähnt, so wird dieselbe wohl dahin zu berichtigen sein, dass die Harfe allerdings in Togo erworben, aber von einem Kru dorthin gebracht worden ist. Der Verbreitung eines Musikinstruments durch die seefahrenden Kru diesmal in umgekehrter Richtung werden wir späterhin noch einmal begegnen.

Der achten Gruppe, die die lyraähnlichen Instrumente enthält, gehört der ganze Nordosten, d. h. alle Landschaften am mittleren und oberen Nil von Nubien an bis Kavirondo am Ostufer des Victoria Nyansa sowie die östlich davon liegenden Länder, Abessinien und das afrikanische Osthorn, die Heimat der Galla, Somâl und Danakil.) Die Südgrenze des Gebiets dieser Gruppe zwischen Nyansa und Indischem Ocean fällt ungefähr mit der der Bantu einerseits, der Hamiten und Niloten anderseits zusammen; die Bewohner von Kavirondo, die nilotischen Stammes. sind, haben die Lyra, wie die Galla und Somâl, während sie den benachbarten Bantu, wie den Wakamba, Wapokomo etc., fehlt. Freilich fehlt sie auch den gleichfalls hamito- nilotischen Massai und Wakuafi, wie überhaupt jedes Saiteninstrument, während sie sich anderseits von Kavirondo nach dem südlich angrenzenden, von Bantu bewohnten Uschaschi verbreitet hat.) Auch die im abflusslosen Gebiet Deutsch-Ostafrikas ansässigen Stämme hamitischen Blutes, wie die Wafiomi, besitzen die Lyra nicht.

Die Westgrenze bildet am Nyansa der Nil selbst, indem in dem östlich des Flusses gelegenen Ussoga die Lyra zu Hause ist, während Uganda am anderen Ufer des Nil bereits zum Gebiet der Bügelharfe gehört. Auch auf den Sese-Inseln im Nyansa findet sich nach Kollmann die

1) Binger, Du Niger au Golfe de Guinée. Paris 1892. I, 77.

2) Paulitschke, Ethnographie Nordost-Afrikas. Berlin 1893, I, 148 u. Taf. XVII, Fig. 58.

3) Baumann, Durch Massailand S. 57 (Abb.); Kollmann, Der Nordwesten unserer Ostafrikanischen Kolonie. Berlin 1898. Fig. 367 (S. 149).

Lyra.') Weiter nördlich ist die Grenze unbestimmt; sie verläuft jedenfalls im Westen des Nils in unbekannter Entfernung von demselben, denn sämmtliche die Ufer des Stromes bewohnenden Stämme haben die Lyra, wie die Bari, Mittu, Dinka, Schilluk etc. 2) Nur den Bongo scheint sie zu fehlen.

Das Gebiet der neunten Gruppe umfasst ganz Deutsch-Ostafrika und reicht sowohl im Westen wie im Süden beträchtlich über dasselbe hinaus, während die Nordgrenze ziemlich mit der politischen Grenze zusammenfällt. Das Berliner Museum besitzt Schaleninstrumente von folgenden Stämmen Deutsch-Ostafrikas: Wakwere, Wasaramo, Wakaguru, Wanyaturu, Wassandaui, Wagogo, Wanyamwesi, Wassukuma, Wakerewe, Wasindja, Wassiba, Wanyaruanda, Warundi, Waha, Wafipa, Wanyamwanga, Wanyakyusa, Warori und Wahehe, also aus allen Theilen des Schutzgebietes. Baumann erwähnt sie auch bei den Waschaschi.) Wo die Südgrenze verläuft, lässt sich nicht genau angeben; jedenfalls kommen Instrumente dieser Gruppe im britischen Gebiet westlich vom Nyassa vor (Abb. 37), reichen aber wohl nicht weiter als bis zum Südende des genannten Sees. Es scheint, als ob die Grenze hier mit der Nordgrenze der Sansa zusammenfällt, so dass man diese und die Instrumente der neunten Gruppe als sich gegenseitig ausschliessend und ersetzend betrachten kann. Im Westen geht die Grenze über den Tanganyika hinaus und umschliesst die Landschaften Urua und Marungu, die auch sonst mancherlei ethnographische Verwandtschaft mit den Nachbarlandschaften östlich vom Tanganyika aufweisen. Im Nordwesten gehören noch einzelne Stämme im Zwischenseengebiet hierher; Stuhlmann fand viereckige Schaleninstrumente mit 6 Bastsaiten bei den Wadumbo,') Stanley bei den Walegga.) Innerhalb dieses ganzen Gebiets lässt sich nun auch für die einzelnen Varietäten des Typus eine auf gewisse Districte beschränkte Verbreitung nachweisen.

Den rechteckigen Instrumenten gehören, wie es scheint, hauptsächlich die Küstenlandschaften und der Süden des Gebietes; die im Berliner Museum vorhandenen stammen aus Ukwere, Usagara, Uhehe, Konde - Land und Unyamwanga.

Die langen schmalen mit geschweiften Seiten scheinen nur in Uhehe und Usagara vorzukommen, die mit vorspringender Leiste am Schmalrand wie Abb. 39 für die Wanyakyusa charakteristisch zu sein.

1) S. 27 (Fig. 47).

2) Schweinfurth, Artes Afr. Taf. IX, 4 (Mittu); Kaufmann, Schilderungen aus Centralafrika. Brixen 1862. S. 94 (Dinka); S. 175 (Bari).

3) Durch Massailand S. 202.

4) Stuhlmann S. 558.

") Stanley, Im dunkelsten Afrika. Leipzig 1890. II, 361.

Je weiter man nach dem Innern kommt, desto mehr runden sich die Formen; zunächst erscheinen in Ugogo und dem abflusslosen Gebiet Instrumente, die, von oben betrachtet, rechteckig sind, aber schon einen. abgerundeten Boden haben; in Ussukuma treten dann ovale Trogformen auf, von denen Abb. 41 ein Beispiel giebt. Seine Vollendung findet dieser Typus endlich in den Landschaften am Nyansa und Tanganyika, in Ukerewe, Unyamwesi, Ussiba, Ruanda, Urundi bis hinunter nach Ufipa und Urori. Die schönsten Instrumente liefern die drei erstgenannten Landschaften (Abb. 44). Speciell die grossen schwarz gefärbten, mit vielen kreuzförmigen Löchern versehenen Instrumente wie Abb. 43 scheinen für Ruanda und Urundi charakteristisch zu sein. Es ist zu beachten, dass dieses fast alles Landschaften sind, die von Wahuma besiedelt sind; der naheliegenden Schlussfolgerung aber, dass dieses Instrument den Wahuma eigenthümlich sei, steht die Thatsache entgegen, dass dasselbe in den nördlichen WahumaLändern, wie Unyoro, Uganda, Nkole, Karagwe etc., überhaupt nicht vorzukommen scheint.

Merkwürdiger Weise behauptet L. Frobenius im Gegensatz zu den obigen Ausführungen gerade die westliche Heimath der Schaleninstrumente. Nach ihm erstreckt sich ihr Gebiet »von der nördlichen Guineaküste bis in das südliche Kongobecken und bis in die Waldregion am oberen Aruwimi.«1) Er bildet aber nur ein einziges wirklich westafrikanisches Instrument dieser Art ab, von der Goldküste, nach Barbot (Fig. 111, S. 141), die anderen stammen von den Waldvölkern westlich der grossen Seen, wo auch Stuhlmann solche fand, und aus Ostafrika. Auch die drei Gewährsmänner, die er citirt, Burton, Baumann, Stuhlmann, haben sämmtlich ostafrikanische Instrumente im Auge. Da ich auch keinen weiteren Beleg für das Vorkommen der Schaleninstrumente in Westafrika kenne und alle Exemplare des Berliner Museums (und wie ich hinzufügen kann, auch die des Leipziger Museums) aus Ostafrika stammen, so muss ich vorläufig auf meiner entgegengesetzten Anschauung beharren.

Die zehnte Gruppe ist im Berliner Museum nur mit vier Instrumenten vertreten, die sämmtlich vom Nordende des Nyassa, von den Wakinga und Wanyakyusa stammen. Auch aus der Litteratur ist mir über ein anderweitiges Vorkommen nichts bekannt. Das Princip freilich, durch Zusammenbinden nebeneinander gelegter Rohrhalme, Blattrippen u. dergl. eine Platte zu schaffen, auf welcher der Tonerzeuger angebracht werden kann, findet sich auch sonst, wie z. B. bei der nachfolgenden Gruppe und auch bei der Sansa. Es ist das wohl als ein Ueberlebsel aus einer technisch noch unbeholfenen Zeit aufzufassen, da die Unvollkommen-.

1) L. Frobenius, Ursprung der afrikanischen Kulturen. Berlin 1898. S. 140 f.

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