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Stämmen nur als Ausfluss einer augenblicklich herrschenden Mode zu betrachten, die ja im Leben der Afrikaner keineswegs eine geringere Rolle spielt als bei civilisirten Völkern; jedoch hat die Individualität der einzelnen Stämme, soweit sie sich in der Bevorzugung der einen und der Hintenansetzung der anderen Klasse der Instrumente ausspricht, nur einen geringen Einfluss auf die Verbreitung derselben. Im Allgemeinen finden wir, wie gesagt, die drei Hauptklassen über ganz Afrika verbreitet. Die zahlreichsten Lücken in der geographischen Verbreitung mögen vielleicht die Saiteninstrumente aufweisen, die ja mehr dem musikalischen Ausdruck von Gefühlen dienen und somit von dem Vorhandensein individuelle musikalischer Begabung abhängig sind, während Trommeln und die die zum Tanz erforderliche Musikbegleitung liefern, in je: unentbehrlich sind.

So gleichförmig die Verbreitung der afrikanischen Instrume scheint, solange wir die Hauptklassen im Auge behalten, so bunt das Bild, wenn wir uns den einzelnen Formen zuwenden, in denen Typen ausgeprägt sind. Jede Gruppe hat ihr bestimmtes Gebiet, desse. Grenzen allerdings vielfach in Folge mangelnder Kenntniss noch nich genau angegeben werden können. Betrachten wir nun der Reihe nach die Verbreitung sämmtlicher Gruppen.

1. Saiteninstrumente. (Karte I.)

Gruppe I. Von allen Saiteninstrumenten scheint das einfachste, der Musikbogen, die weiteste Verbreitung zu haben. Das Berliner Museum besitzt Exemplare von ihm von verschiedenen Kaffernstämmen (Sulu, Swasi etc.), sowie von den den Sulu stammverwandten Wangoni im Süden von Deutsch-Ostafrika; ferner aus Mozambique, von den Makua und Wayao im Rovuma-Gebiet, aus Usaramo und Unyamwesi. Aus Westafrika sind nur vorhanden 2 Bogen aus dem portugiesischen Gebiet (Malange) und 1 aus Grussi im westlichen Sudan.

Dass der Musikbogen das Nationalinstrument nicht nur der Kaffern, sondern sämmtlicher anderen südafrikanischen Stämme ist oder war, wie der Hottentotten und Buschmänner (bei diesen beiden speziell in der Form der Gorra), wird von allen Berichterstattern von Peter Kolbe an bis auf unsere Tage übereinstimmend berichtet und bedarf keines weiteren Beleges. Dass sein Gebiet sich aber weit über die Grenzen des südlichsten Afrika hinauserstreckt, dafür können ausser den oben angeführten Belegen auch Zeugnisse aus der Litteratur angeführt werden, die allerdings nur spärlich sind, weil dieses primitive und unscheinbare Instrument von den meisten Reisenden übersehen oder nicht der Erwähnung werth erachtet worden ist. Für Angola bezeugen

seine Existenz Soyaux, Lux und Monteiro, ') für Kamerun (Bimbia) Allen und Thomson. 2) Während das Instrument in Angola der südafrikanischen Gubo gleich zu sein scheint, entspricht der Bimbia-Bogen wenigstens im Gebrauch mehr der Gorra, indem die zwischen die Zähne genommene Saite angeblasen und zugleich mit einem Stäbchen geschlagen wird. Dasselbe ist der Fall mit dem »to< genannten Musikbogen vom unteren Niger; der Spieler nimmt die Saite zwischen die Lippen und schlägt sie mit einem in der rechten Hand gehaltenen Stäbchen, während die linke den Bogen am entgegengesetzten Ende hält und zugleich einen kurzen Stock lose gegen Bogen und Saite drückt, 3) letzteres offenbar behufs Modifizirung der Töne. Aehnlich beschreiben Baumann und Miss Kingsley den Gebrauch des Bogens bei den Bubi auf Fernando Po, die mit einem in der rechten Hand gehaltenen Stöckchen die Saite schlagen und zugleich mit einem Stückchen Muschelschale oder einer Messerklinge in der linken dieselbe berühren.")

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Auch bei den Bongo dient als Resonator die Mundhöhle oder eine mit Rinde bedeckte Grube, neben der der Bogen in die Erde gesteckt wird. 5) Auf das Vorkommen des Musikbogens in Senegambien lässt sich wohl die Erzählung Mungo Parks von einem fahrenden Sänger beziehen, der kleine Lieder spielte, indem er über eine gespannte Saite blies und sie zugleich mit einem Stäbchen strich«,) wie auch die Angabe Molliens, er habe bei den mohammedanischen Peulh kein anderes Instrument gefunden, als eine Art Maultrommel (guimbarde).") Auch in seiner Aufzählung der musikalischen Instrumente der Mandingo erwähnt M. Park > Bogensaiten<< (S. 249).8)

Das Verbreitungsgebiet des Musik bogens scheint sich also vom Kap der guten Hoffnung bis an den Südrand der Sahara zu erstrecken, also das ganze von Negern bewohnte Afrika zu umfassen. Innerhalb dieses Gebiets mag der Bogen freilich mancherorts vollkommeneren Instrumenten

1) Soyaux, Aus West-Afrika. II, 176. Lux, Von Loanda nach Kimbundu. Wien 1880. S. 121. Monteiro, Angola and the River Congo. S. 139.

2) Allen and Thomson, Narr. of the exp. to the R. Niger. London 1848. II, 298. 3) Day bei Mockler-Ferryman, Up the Niger. London 1892. S. 269. (Abbildung). 4) O. Baumann, Fernando Poo. Wien 1888. S. 98. Mary Kingsley, Travels in West-Africa. London 1897. S. 67.

5) Schweinfurth, Im Herzen von Afrika. 2. Aufl. 1878. S. 110.

6) M. Park, Reisen im Innern von Afrika. Berlin 1799. S. 39.

7) Mollien, Voy. dans l'intérieur de l'Afrique. Paris 1820. I, 293.

*) Otis T. Mason macht in einem Aufsatz über die Verbreitung des Musikbogens (American Anthropologist X 1897, S. 377-380) folgende Angaben über das Vorkommen desselben in Afrika: Sulu, Damara, Hottentotten, Buschmänner, Angola, Maschonaland, Mozambique,,,Lake regions" und Madagaskar.

gewichen sein, meistens aber wird er sich wohl neben denselben als Saiteninstrument der Aermeren und der Kinder gehalten haben.

Die zweite Gruppe hat nur eine sehr beschränkte Verbreitung; ihr Centrum ist anscheinend Madagaskar (hier, heisst das Instrument Lokanga), von wo aus diese Instrumente nach dem gegenüberliegenden Festland gekommen sein sollen. Hier finden wir sie unter dem Namen Sese bei den Swahili und einer Reihe von Stämmen im Hinterlande der Swahili-Küste bis an den Tanganyika und Nyassa heran; das Berliner Museum besitzt solche von den Wasaramo, Wanguu, Wanyamwesi, Wangindo, Wayao, Wasafua und Wawemba. Nach Hildebrandt findet

sich die Sese bei den Ackerbau treibenden Stämmen Ostafrikas, da~
nicht bei den Viehzüchtern.') Vielleicht reicht das Gebiet dies
noch weiter nach Westen und besonders nach Süden nach Portu
Ostafrika hinein. 2)

Was die Verbreitung der dritten Gruppe betrifft, so ist das schon im beschreibenden Theil gesagt worden; so bleibt hier nur we hinzuzufügen.

Die primitiven Instrumente der Gruppe IIIa stammen sämmtlich aus Ostafrika, zumeist aus Usaramo und vom Nyassa; genaueres lässt sich über die Grenzen ihres Vorkommens nicht angeben.

Von den übrigen Unterabtheilungen dieser Gruppe ist nur im Allgemeinen zu sagen, dass sie der Nordhälfte Afrikas angehören und ihre Südgrenze ungefähr da finden, wo das Gebiet der Bantu beginnt. Die vollkommneren Instrumente dieses Typus finden wir in den arabischen Staaten des Nordrandes, während die primitiveren im Sudan vorherrschen.

Vom Senegal bis Dahome erstreckt sich das Verbreitungsgebiet der vierten Gruppe, und zwar gehört sowohl das Innere wie die Küste dazu. Freilich nicht ohne Ausnahmen; eine solche scheint Liberia zu bilden; wenigstens erwähnt Büttikofer dieses Instrument in seiner Aufzählung nicht, sondern als einziges Saiteninstrument die sogenannte KruHarfe. Die Exemplare des Berliner Museums stammen von den äussersten Enden des Gebiets: die meisten aus Togo und von der Goldküste, eines

1) Ethnogr. Notizen über die Wakamba und ihre Nachbarn. Z. f. Ethn. X. 1878. S. 393.

2) Im Congo illustré IV (1895) S. 173 ist ein Sese-Spieler abgebildet und in der Unterschrift als „Musicien zappo-zap (Kassai)" bezeichnet. Diese Angabe wird im Druckfehlerverzeichniss am Ende des Bandes geändert in „Musicien Bandjia“. Aber auch das ist ein Irrthum, denn die Bandjia sind ein den A-Sandeh nahestehender Stamm und besitzen dieses Instrument sicherlich nicht. Der dargestellte Musiker ist vermuthlich ein Ostafrikaner, der mit einer Karawane bis ins Kassai-Gebiet gekommen und dort photographirt worden ist.

(Abb. 18) von den Bissagos-Inseln. In der Litteratur wird das Instrument von der Goldküste häufig erwähnt und übereinstimmend beschrieben, so von Isert, Beecham und Cruikshank. Im Innern, im Gebiet des oberen Niger und des Senegal, scheint das Instrument hauptsächlich dem weit verbreiteten Stamm der Mandingo anzugehören, der ja für diese Länder dieselbe Rolle spielt, wie die Haussa im mittleren Sudan. Jedenfalls meint Hecquard dieses Instrument, wenn er eine Guitarre von 21 Saiten folgendermassen beschreibt: »Sie besteht aus einer grossen, mit sorgfältig gegerbtem Fell bespannten Kalebasse; an diese ist ein Stiel angesetzt, welcher die durch einen Steg aus hartem Holz erhöhten Saiten trägt.«1) Diese Schilderung passt genau auf das in Abb. 18 dargestellte Instrument. Auch die von Mungo Park erwähnte Korro, »eine grosse Harfe mit 18 Saiten«, ist jedenfalls auf dasselbe Instrument zu beziehen, während die von demselben Autor angeführte und Simbing genannte > kleine Harfe mit 7 Saiten« vielleicht von der Art der in Abb. 16 dargestellten ist. 2)

An der Küste scheinen diese Instrumente ostwärts nicht über das Togogebiet hinauszugehen, jedenfalls nicht den Niger zu erreichen, da sie von Mockler-Ferryman nicht erwähnt werden. Ob sie sich im Innern weiter nach Osten erstrecken oder ob ihre Grenze hier mit der der Mandingo oder mit der der Einflusssphäre derselben zusammenfällt, was nicht unwahrscheinlich ist, muss vorläufig dahingestellt bleiben. Jedoch scheinen sie schon in den nördlichen Landschaften von Togo entweder ganz zu fehlen oder sehr selten zu sein; wenigstens findet sich zu einem Exemplar des Berliner Museums im Katalog die Bemerkung des Sammlers (E. Baumann), das Instrument werde im ganzen südlichen Togogebiet gebraucht, sei aber nicht sehr beliebt. Nördlich des siebenten Breitegrades werde es durch die Streichinstrumente mit Rosshaarbesaitung (Abb. 9) ersetzt. Die Bemerkung, es sei nicht beliebt, scheint anzudeuten, dass wir hier ein älteres, aus der Mode kommendes Musikinstrument vor uns haben, das durch das vorhin erwähnte, von Norden. importirte, der Rabab verwandte Streichinstrument mehr und mehr verdrängt wird.

Die fünfte Gruppe (Bügelharfe) hat ein sehr eigenthümliches Verbreitungsgebiet; dasselbe erstreckt sich in Gestalt eines verhältnissmässig schmalen Gürtels beinahe quer durch die ganze Breite Afrikas, von der äquatorialen Westküste bis zum Victoria Nyansa. Hier haben wir als östlichsten Vertreter die Uganda-Harfe (Va), westlich davon am Uelle

1) Hecquard, Voyage sur la côte et dans l'intérieur de l'Afrique occidentale. Paris 1853. S. 123.

2) Mungo Park, Reisen im Innern von Afrika. Berlin 1799. S. 249,

die Harfe der A-Sandeh (Vb); die zwischen beiden Gruppen bleibende Lücke füllt die von Stuhlmann') abgebildete Harfe der Lendú aus. Eine zweite Lücke zwischen den A-Sandeh2) und den Bezirken der Gruppen Vc und Vd, Adamaua und den Fan-Ländern, sowie zwischen den beiden letztgenannten Gebieten bleibt infolge mangelnden Materials vorläufig offen; indessen sprechen die sonstigen bekannten ethnographischen Eigenthümlichkeiten der Bewohner der in Betracht kommenden Gegenden für eine Verwandtschaft mit ihren westlichen Nachbarn, den Fan, womit sich auch hier der Gürtel schliessen würde. Die Südgrenze dieser Gruppe wird wohl ziemlich genau der auf der Karte eingetragenen Grenzlinie entsprechen; wie weit sich aber das Gebiet nach Norden in den Sudan hinein erstreckt, ist nicht zu bestimmen. Wahrscheinlich gehören die Landschaften am oberen Schari noch dazu; die viersaitige Mandeline aus Holz oder Kürbisschale«, die Nachtigal3) bei den Gaberi im sï. Bagirmi sah, gehört wohl in diese Gruppe.

Die Instrumente der Gruppe Vc im Berliner Museum stam Banyo und Tibati, von den Mbum, Batta und Djuku, also alle Adamaua, diejenigen der Gruppe Vd von den Bakelle und Fan am Ogowe und von den Bule und Bane, zwei Fanstämmen im südlichen Kamerun. Ganz vereinzelt steht bisher ein Instrument (IIIC 5032), das den Fan-Harfen genau gleicht, auch, wie diese vielfach, einen geschnitzten Kopf am Griff trägt, aber aus Dagomba im westlichen Sudan stammt. Die Richtigkeit der Angabe, die von einem zuverlässigen Sammler (Hauptmann Kling) herrührt, zu bezweifeln, liegt trotz des Mangels sonstiger Zeugnisse umso weniger ein Grund vor, als das Gebiet westlich des Niger, wie wir später sehen werden, auch sonst vielfach Anklänge an Vorkommnisse im Kongogebiet zeigt.

Höchst merkwürdig ist auch die Verbreitung der sechsten Gruppe, die die Instrumente mit mehreren Saitenträgern, die Kongo-Guitarren, enthält. Dasselbe zerfällt nämlich in drei von einander getrennte Theile, die sämmtlich an der Küste Westafrikas liegen und zwar auf der weiten Erstreckung vom Niger bis zum Kunene.

1) Mit Emin Pascha ins Herz von Afrika. Berlin 1894. S. 537. Abb. 159.

2) Die Ngapu zwischen Ubangi und oberem Schari, deren Harfen nach einer Abbildung bei Dybowski (La route du Tchad S. 303) ganz denen der A-Sandeh gleichen, sind wohl nur ein Zweig dieses grossen Stammes.

3) Sahara und Sudan II, 624.

4) Auf dieses Instrument bezieht sich wahrscheinlich die Erwähnung eines der altägyptischen Harfe ähnlichen, oft schön geschnitzten Saiteninstruments (Kling in d. Mitth. a. d. D. Schutzgeb. III, 1890 S. 162). Kling fügt hinzu: Dasselbe ist in derselben Form durch das ganze mohammedanische Innerafrika bis nach Abessinien hin verbreitet. Auch die Dahome- und Adeli-Neger sieht man manchmal auf solchen Harfen spielen".

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