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Die afrikanischen Musikinstrumente.

(Dr. Ankermann.)

Einleitung.

Die vorliegende Arbeit hat sich die Aufgabe gestellt, die in Afrika gebräuchlichen Musikinstrumente zu beschreiben, zu klassifiziren, die Vertheilung der gefundenen Typen über den Erdtheil zu erforschen und darzustellen und schliesslich die Frage nach der Herkunft der Instrumente und der Entwicklung der Formen aus einander zu untersuchen. Demgemäss zerfällt sie in drei sich von selbst ergebende Abschnitte. Der erste, der die Beschreibung und Klassifizirung enthält, stützt sich vornehmlich auf die überaus reichhaltige Sammlung von Musikinstrumenten, die die afrikanische Abtheilung des Berliner Museums für Völkerkunde enthält. Das hier gebotene Material ist sehr beträchtlich: befinden sich doch in der Sammlung nicht weniger als etwa 180 Saiteninstrumente, 220 Trommeln, 440 Blasinstrumente u. s. w. Jedoch war zur Ausfüllung der auch in dieser Sammlung noch zahlreich vorhandenen und oft schmerzlich empfundenen Lücken die Herbeiziehung der in der AfrikaLitteratur verstreuten, leider nur allzu spärlichen Notizen über Musikinstrumente um so mehr geboten, als mir die Benutzung der in anderen Museen aufgehäuften Schätze leider nicht möglich war. Ebenso nothwendig war dieses bei dem zweiten Abschnitt, der die geographische Verbreitung der Instrumente behandelt.

Der dritte Abschnitt soll endlich einen Versuch machen, die Entwicklung der Formen der afrikanischen Musikinstrumente und ihre geographische Verbreitung zu erklären. Es soll also ein Theil des Kulturbesitzes der Afrikaner auf sein Werden und seinen Ursprung untersucht werden.

Bestandtheile der geistigen Kultur, wie Sprache, religiöse Vorstellungen, sittliche Begriffe und dergl., sind schon seit lange Gegenstand eines eifrigen und erfolgreichen Studiums; die materielle Kultur ist daneben über Gebühr vernachlässigt worden. Man hat gleich nach dem Höchsten gegriffen, nach den letzten und feinsten Blüthen der Kultur, statt sich mit den geringen Dingen des täglichen Lebens, den Werkzeugen, Waffen, der Ernährungsweise u. s. w., zu beschäftigen, die doch nicht minder wichtig sind als jene, vielmehr die Grundlage bilden, auf

der sich der stolze Bau der menschlichen Kultur erst erheben kann. Neuerdings erst ist darin Wandel geschaffen worden, und gerade auf dem Gebiete der afrikanischen Ethnographie sind diese Forschungen mit besonderem Eifer betrieben worden.

Die Musikinstrumente, die hier hehandelt werden sollen, gehören nun nicht mehr eigentlich zu der oben berührten Klasse von Dingen, die zur Befriedigung der nothwendigsten und elementarsten Bedürfnisse erforderlich sind; als Werkzeuge, die der Ausübung einer Kunst gewidmet sind, muss man sie einer etwas höheren, mehr geistigen Sphäre zurechnen. Da diese Arbeit sich aber nicht mit der Musik selbst, sondern nur mit den zur Ausübung dieser Kunst dienenden Instrumenten beschäftigen will, so darf man wohl sagen, dass es sich um die Untersuchung eines Theils der materiellen Kultur handelt.

Wenn die Untersuchung sich auch auf Afrika beschränkt, so war es doch unumgänglich, bei Behandlung der Entstehung und der Heimath der Instrumente auch vergleichende Blicke auf die benachbarten Erdtheile, im besonderen auf Asien, zu werfen. Die Beschränkung auf ein begrenztes Gebiet hat ihre Vorzüge wie ihre Nachtheile. Liegt ein Vorzug in der leichteren Uebersehbarkeit des Stoffes, die fast zur Unmöglichkeit wird, sobald man die ganze Erde in die Betrachtung hineinzieht, so krankt die Untersuchung dafür an dem Mangel, dass die nur aus einem Theile des vorhandenen Materials gezogenen Schlüsse auch nur eine theilweise und eingeschränkte Giltigkeit beanspruchen können. So wird es auch in dieser Untersuchung nur möglich sein, den asiatischen Ursprung einzelner afrikanischer Musikinstrumente nachzuweisen; ob aber diese Instrumente ursprünglich in Asien zu Hause und in welchem Theile des Kontinents, oder ob sie auch hierher erst eingewandert sind, diese Fragen liessen sich nur durch eine eingehende Behandlung der asiatischen Musikinstrumente lösen. Erster Ursprung und der Anfang des Weges ihrer Ausbreitung liegen bei diesen Instrumenten im Dunkel, nur das Ende des Weges, der von Asien nach Afrika hinüberführt, ist uns vorläufig bekannt.

Wie die ganze Arbeit auf den Sammlungen des Berliner Museums beruht, so sind auch die Abbildungen sämmtlich nach Originalen angefertigt, die sich in dem genannten Museum befinden; die Nummer (IIIC 3920 u. s. w.), die jeder Abbildung beigefügt ist, ist die Katalognummer des dargestellten Musikinstruments. Wo im Text kurzweg von >dem Museum« die Rede ist, ist stets, wie nach dem oben Gesagten sich von selbst versteht, das Museum für Völkerkunde zu Berlin gemeint.

I. Beschreibung und Klassification.

Die Klassificirung und Beschreibung der afrikanischen Musikinstrumente bietet insofern einige Schwierigkeiten, als die Namen unserer europäischen Instrumente sich nicht ohne Weiteres auf die vielfach abweichend konstruirten afrikanischen übertragen lassen. Die Bezeichnungen Harfe, Guitarre, Mandoline, Laute, Cither u. s. w., wie sie in unseren Museen und in der Litteratur gang und gäbe sind und meist wahllos durcheinander für die verschiedenartigsten Formen gebraucht werden, führen bei solcher Art der Verwendung nur zur Verwirrung und zeigen schon durch ihre regellose Anwendung die Schwierigkeit der Einordnung der afrikanischen Instrumente in unsere gewohnten Rubriken. Der Anwendung der einheimischen Namen steht ausser unserer mangelhaften Kenntniss derselben der Umstand entgegen, dass nicht selten dasselbe Instrument bei verschiedenen Stämmen verschieden benannt wird, oder dass dasselbe Wort in einer Gegend auf dieses, in einer anderen auf ein anderes Instrument bezogen wird; trotzdem habe ich mehrfach den afrikanischen Ausdruck gewählt, wo ein solcher mit Sicherheit bekannt ist und wo keine europäische Bezeichnung sich ohne Zwang und mit Ausschluss aller Missverständnisse auf das Instrument anwenden liess. So z. B. bei der Sansa und der Gorra. In einigen Fällen hat sich ohnehin der einheimische Name bereits in der Litteratur eingebürgert (Gubo, Rabab, Marimba).

Im Uebrigen habe ich mich an die übliche Eintheilung in Saiten-, Blas- und Schlaginstrumente gehalten, obwohl dieselbe nicht ganz einwandfrei ist. Denn während die zwei letzten Abtheilungen auf der Methode der Erregung des Tons beruhen, ist bei den Saiteninstrumenten die Beschaffenheit des tonerzeugenden Theiles massgebend. Letztere müssten logischer Weise auch zu den Schlaginstrumenten gestellt werden, weil bei ihnen die Saite durch Anschlagen mit den Fingern oder einem Plektron zum Tönen gebracht wird. Da indessen diese Eintheilung einmal allgemein gebräuchlich ist, habe ich sie auch beibehalten und ihr als vierte Gruppe die Sansa eingefügt.

1. Die Saiteninstrumente.

Die Eintheilung der Saiteninstrumente ergiebt sich in ungezwungener Weise aus ihrem Bau. Zwei Theile kann man an jedem Saiteninstrument unterscheiden, die Vorrichtung zum Ausspannen der Saite oder der Saiten als des tonerzeugenden Elements, und den Apparat zum Verstärken des Tones. Der erste Theil, Saitenträger mit Saite, ist natürlich das Wesentliche, wenngleich der Resonanzapparat meistens an Grösse und Ausgestaltung hervorragender ist und daher mehr das Ansehen des Instrumentes. bestimmt. Der relativen Wichtigkeit beider Theile gemäss kann daher der zweite unter Umständen fehlen, während der erste stets vorhanden ist. Indem man die Konstruktion dieser beiden Theile und die Art und Weise ihrer Zusammenfügung, die Zahl und Anordnung der Saiten, ihre Stellung zum Resonanzboden, sowie die Einrichtung des letzteren berücksichtigt, erhält man die Eintheilung, die der folgenden Beschreibung zu Grunde gelegt ist. Es ist also bei dieser Klassificirung weder auf die geographische Verbreitung noch auf die entwicklungsgeschichtliche Verwandtschaft der Typen Rücksicht genommen; trotzdem wird sich zeigen, dass in den meisten Fällen einem bestimmten gut charakterisirten Typus auch ein geschlossenes, mehr oder weniger scharf umgrenztes Verbreitungsgebiet zukommt, und dass in der Reihenfolge der Gruppen sich auch die Entwickelung der Saiteninstrumente bis zu einem gewissen Grade wiederspiegelt.

Erste Gruppe. Das einfachste Saiteninstrument ist der Musikbogen. Ein biegsamer, elastischer Stab, durch eine zwischen seinen Enden ausgespannte Saite gekrümmt, das ist das ganze Instrument. Es giebt natürlich nur äusserst schwache, schwirrende Töne, die kaum einem andern als dem Spieler selbst vernehmbar sind, so dass gewöhnlich zur Verstärkung derselben ein durchschnittener Kürbis angehängt wird. Andernfalls dient als Resonator die Mundhöhle des Spielers, der das Ende des Bogens zwischen die Zähne nimmt. Auch wo ein Kürbis als Schallverstärker vorhanden ist, wird derselbe, der unten offen ist, mit der Oeffnung auf den Leib, die Brust oder den Bauch, gesetzt; wohl nicht nur, um dem Bogen eine festere Stellung zu schaffen, sondern hauptsächlich, um den ganzen Körper als Resonator dienen zu lassen und zugleich die schwachen Töne des Instruments dem Spieler durch direkte Zuleitung vernehmlicher zu machen. Dem letzteren Zweck dient es jedenfalls, wenn der Musiker sich den Kürbis über das Ohr stülpt, wie Schinz von den Hottentotten berichtet.') Der Kürbis ist nahe dem einen Ende des Bogens angebracht, und zwar so, dass die Schnur, an der er hängt, über 1) Deutsch-Südwest-Afrika, S. 96.

Abb. 1. Musikbogen (,,gubo“) der Kaffern (III D 1224) 6 d. w. Gr.

die Saite läuft (Abb. 1) und dieselbe so in zwei ungleiche und, da der Kürbis verschiebbar ist, veränderliche Hälften theilt. Zuweilen ist der Kürbis nur am Bogen befestigt, ohne die Saite mitzufassen, z. B. nach Holub bei den Marutse.') Zu erwähnen ist noch, dass die Saite auf

Abb. 2. Musikbogen der Kaffern (III D 950) 6 d. w. Gr.

fallend häufig über die Spitzen des Stabes geführt wird (wie bei Abb. 3a), was bei dem als Waffe dienenden Bogen nur selten vorkommt. Durch Schlagen mit einem dünnen Stäbchen wird die Saite zum Tönen gebracht. Bei den Kaffern hält der Spieler den Bogen mit der linken Hand an dem Ende, an welchem der Kürbis befestigt ist, in senkrechter Stellung, so dass der Kürbis auf der Brust ruht, und schlägt die Saite mit dem in

1) Eine Kulturskizze des Marutse-Mambunda-Reiches. Wien 1879. S. 139.

b

a

Abb. 3. Musikbogen aus Upogoro (noch nicht inventarisiert). % d. w. Gr. a) Befestigung der Saite. b) Stäbchen zum Schlagen der Saite. 2 d. w. Gr.

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