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aus einem geraden, nicht gebogenen Stab, und es lässt sich nicht entscheiden, welchem und ob einem von ihnen die Priorität gebührt.

Bei der Frage nach Entstehung der Saiteninstrumente ist das Wesentliche nicht die Erfindung des Bogens, sondern die Entdeckung, dass ein straff gespannter Faden einen Ton giebt, sobald er in Schwingungen versetzt wird. Es kann die Erfindung des Bogens als Waffe vorausgegangen sein und dann an diesem die erwähnte Entdeckung gemacht sein; es kann aber auch eine bei anderem Anlass gemachte Beobachtung gewesen sein, die den Menschen zu dieser Erfindung leitete. Fäden und Fasern pflanzlichen und thierischen Ursprungs hat der Mensch sicherlich schon lange vor Erfindung des Bogens zum Binden und Flechten verwendet; ist es nicht möglich, dass ein technischer Handgriff bei der Herstellung oder Verwendung der Fäden zu der Entdeckung geführt hat?1) Die Ableitung solcher Erfindungen aus einer tagtäglich geübten Technik hat jedenfalls viel voraus vor der Herbeiziehung von Zufälligkeiten, die sich zwar ein mit Phantasie begabter Kopf nachträglich ohne Mühe konstruiren kann, die aber in Wirklichkeit eben ihres zufälligen Charakters wegen meist unbeachtet und daher wirkungslos bleiben dürften.

Ueber die Entwickelung der Blasinstrumente ist nicht viel zu sagen; es ist klar, dass die einfachen Pfeifen ohne weitere Oeffnung als das Mundloch die primitivsten Formen darstellen, und dass die Entwicklung bei denjenigen Instrumenten, die nicht bloss zum Signalisiren, sondern wirklich zum Musiziren dienen, danach strebt, durch Vermehrung der Löcher die Töne zu vermehren. Die Formen haben nichts spezifisch Afrikanisches, sondern kommen ohne Ausnahme auch anderweitig vor; selbst die Pfeifen mit kreuzweiser Durchbohrung finden sich ganz ähnlich in Indonesien. 2)

Bei den Trommeln haben wir zunächst die Befestigung des Trommelfells in's Auge zu fassen. Aus der geographischen Verbreitung

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1) L. Frobenius hat eine solche Erklärung versucht: Um Streifen zum Binden zu erlangen, wird das Messer zwischen die Splitter geschoben. Das ist ein natürlicher Steg. Die Finger lassen den Streifen fahren; die Saite erklingt.“ (Afrikanische Kulturen S. 275.) Ein der Valiha ähnliches Instrument aus Bambus wäre danach das älteste Saiteninstrument, und auch der Musikbogen eine Nachbildung desselben in anderem Material. Soweit lässt die Erklärung sich hören. Wenn aber Frobenius dann den Spiess umdreht und auch den Bogen als Waffe von diesem Bambusinstrument ableiten will, so scheint er mir damit die Grenzen des Wahrscheinlichen weit überschritten zu haben.

2) R. Wallaschek (Primitive Music. London 1893. S. 90) hat, gestützt auf die prähistorischen Befunde, die Ansicht ausgesprochen, dass die Knochenflöte älter sei als die Rohrflöte; er übersieht hierbei, dass sich aus so alten Zeiten natürlich nur Gegenstände erhalten konnten, die aus widerstandsfähigem Material wie Knochen verfertigt waren.

geht hervor, dass die Befestigung durch Pflöcke in Afrika die ältere ist, während die Schnurspannung von Norden her eingedrungen ist. Man könnte die letztere auch als ägyptisch ansehen, denn im alten Aegypten waren die Trommeln auch durch Schnüre gespannt.') Diese Annahme hat in der That viel Wahrscheinliches für sich, wenn man bedenkt, dass auch der grösste Theil der nordafrikanischen Saiteninstrumente aus oder über Aegypten eingewandert sind. Sicher ist jedenfalls die Ausbreitung der Schnurspannung von Norden nach Süden.

Ein paar andere Thatsachen lassen ebenfalls darauf schliessen, dass einst die Befestigung des Trommelfelles durch Holznägel weiter nach Norden gereicht hat als heutzutage. Das ist einmal die schon oben S. 93 erörterte Thatsache, dass einzelne Fälle dieser Befestigungsart noch jetzt mitten im Gebiet der Schnurspannung gefunden werden, was als lokal erhalten gebliebene Uebung eines einst allgemein beobachteten Verfahrens zu deuten wäre. Der entgegengesetzte Fall Der entgegengesetzte Fall vereinzeltes Vorkommen von Schnurspannung im Gebiet der Annagelung scheint dagegen überhaupt nicht vorzukommen. Zweitens aber möchte ich auf eine ebenso zu deutende Erscheinung aufmerksam machen, nämlich darauf, dass auch in Gegenden, in denen die Trommelfellspannung durch Schnüre herrschend ist, doch an den Resonanzböden der Saiteninstrumente das Fell sehr häufig, stellenweise, wie in Oberguinea und dem westlichen Sudan, ganz überwiegend, durch Pflöcke befestigt wird. Man kann nicht annehmen, dass von vornherein bei den Saiteninstrumenten die Anpflöckung, bei den Trommeln die Schnurspannung in Gebrauch gewesen sei, vielmehr muss eine von ihnen später aufgetreten sein, und das kann nur die Schnurspannung sein, die au nordafrikanischen Trommeln kennen gelernt und an Trommeln auch zuerst und hier und da noch heute ausschliesslich, angewandt wurde.

Die Keilspannung ist doppelt räthselhaft, sowohl in ihrer so äusserst beschränkten Verbreitung als in ihrem Ursprung. Man kann weder über ihre Entstehung noch über ihre Heimath etwas Bestimmtes behaupten. Eine höchst auffallende Thatsache ist es, dass diese Trommelspannung, die hier im Westen Afrikas auf engem Gebiet vorkommt, ausserdem noch in Indonesien eine weite Verbreitung besitzt. Es ist das eine der Thatsachen, auf die L. Frobenius seine Theorie der malaio-nigritischen Kultur gegründet hat. Wenn er damit nur die Gleichartigkeit gewisser Kulturelemente in Indonesien und einigen Theilen von Afrika hätte bezeichnen wollen, so wäre wenig dagegen einzuwenden; er schiesst aber meiner Ansicht nach weit über das Ziel hinaus, wenn er diese Kultur in Südasien entstehen und von hier nach Westafrika eindringen lässt.

1) Wilkinson I, Abb No. 224, 226–229.

Wenn man nicht die mehrfache Erfindung zugestehen will, was ja angesichts der völligen Identität der Dinge in Asien und Afríka einigermassen schwer fällt, so kann man meines Erachtens doch höchstens so weit gehen, die beiden gegenwärtigen Gebiete der Keilspannung als Trümmer eines ehemaligen zusammenhängenden Kulturgebietes zu betrachten. Ueber die Wanderungsrichtung der Kultur in so entlegenen Zeiten auf Grund einiger weniger Thatsachen etwas aussagen zu wollen, erscheint mir sehr gewagt und nahezu hoffnungslos,

Etwas anders verhält es sich mit der zweiten, in Oberguinea heimischen Spielart der Schnurspannung, der Schnur-Pflock-Spannung. Frobenius') leitet dieselbe von der Keilspannung ab; anstatt den Keil unter den Rotangring zu treiben, an dem die Spannschnüre endigen, habe man ihn des besseren Haltens wegen in die Trommelwandung selbst geschlagen. Der Rotangring sei dadurch überflüssig geworden; trotzdem hätten die Trommeln noch immer dicht unterhalb der Pflöcke einen erhabenen strickartig geschnitzten Ringwulst, eine Nachahmung des alten Rotangringes. Hierzu ist zunächst zu bemerken, dass der Ring durchaus nicht immer »strickartig geschnitzt ist (nur bei etwa einem Viertel der Trommeln des Berliner Museums ist eine solche Schnitzerei zu bemerken); die Existenz des zwecklosen Ringes selbst ist aber nicht zu leugnen, obwohl auch er nicht in allen Fällen vorhanden ist (vgl. z. B. Abb. 140). Nun giebt es aber auch Trommeln, bei denen die Pflöcke fehlen, der Ring aber mit Löchern versehen ist, durch die die Spannschnüre gezogen sind (Abb. 130). Will man diese Trommeln auch in das Frobenius'sche Schema einfügen, so muss man sie als Endglied der Entwicklung auffassen: die Pflöcke sind zum Schluss ganz weggefallen und der Ringwulst selbst wird zur Befestigung der Schnüre benutzt. Diese Entwicklung erscheint ja ziemlich plausibel; es zeigt sich aber die Schwierigkeit, dass in Indonesien zwar Trommeln mit Keilspannung und mit durchbohrtem Ringwulst (das Berliner Museum besitzt solche aus Nias) vorkommen, dass aber das angebliche Zwischenglied, die Schnur-Pflock-Spannung, fehlt. Letzteres müsste also entweder nachträglich verschwunden oder die Entwicklung müsste an beiden Orten verschiedene Wege gegangen sein. Ferner findet sich aber in Oberguinea und dem westlichen Sudan auch die Anpflöckung, wie Abb. 105 und die oben citirten Abbildungen bei Gray beweisen, neben der herrschenden Befestigungsart. Bei der Anpflöckung schon ist das Loch des Felles, in dem der Pflock steckt, oft sehr gross und der um den Pflock geschlungene Fellstreifen stark nach unten gezogen; denkt man sich letzteren nun durch eine besondere

1) Afrik. Kult. S. 169.

Schnur ersetzt, so hat man die in Togo übliche Spannungsweise erhalten, ohne erst das Mittelglied der Keilspannung heranziehen zu müssen. Es scheint mir daher sehr möglich, dass die besprochenen beiden Abarten der Schnurspannung trotz ihrer unmittelbaren Nachbarschaft gar nicht direkt mit einander zusammenhängen, sondern verschiedenen Entwicklungsreihen angehören.

Wir haben oben bei der Beschreibung der Trommeln (S. 47) zwei Haupttypen unterschieden, Röhrentrommeln und Gefässtrommeln. Erstere sind entweder cylindrisch, zuweilen sehr unregelmässig, entsprechend dem schlecht gewachsenen Baumstamm, der zu ihrer Herstellung gedient hat1), oder sie verjüngen sich nach einem Ende, so dass sie die Gestalt eines Kegelstumpfs bekommen, oder sie werden tonnenförmig.

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Wenn die Röhrentrommel ihre Form direkt dem Baumstamm verdankt, durch dessen Aushöhlung sie entstanden ist, so kann man die Gefässtrommeln auf die Fruchtschale zurückführen. Thatsächlich sind Trommeln aus der Schale des Flaschenkürbis oder anderer Früchte sehr verbreitet (vgl. Abb. 115). Die Fruchtschale wird dann in Holz, später auch in Metall nachgebildet. So entsteht die Kesselpauke der Nordafrikaner. Wo es darauf ankommt, rasch eine Trommel herzustellen, da überzieht man wohl auch irgend ein Gefäss, einen Topf, einen Stampfmörser oder dergl., mit Haut und verwandelt sie in provisorische Trommeln.2) Und dass überhaupt bei der Herstellung von Trommeln die schon vorhandenen und vielfach gearbeiteten Formen von Gefässen nachgebildet werden, ist nicht verwunderlich. Man braucht deswegen allerdings die Entstehung der Trommeln nicht gerade dadurch zu erklären, dass man die Mörser und ähnliche Haushaltungsgeräthe mit Fell überspannen lässt. 3)

Bei manchen Trommeln kann man im Zweifel sein, ob man Röhrentrommeln vor sich hat oder Gefässtrommeln, die nachträglich mit einer Schallöffnung versehen worden sind. So z. B. bei den Trommeln der Wakinga (Abb. 129) oder der Magungo-Trommel (Abb. 107) oder der ägyptischen Darabuka, die man ebenso wohl als Röhrentrommeln mit erweitertem oberen Theil, wie als Gefässtrommeln (ähnlich der WapareTrommel, Abb. 116) mit einem Fuss, der der Länge nach durchbohrt ist, auffassen kann. Indess ist diese Frage von ziemlich geringem Interesse.

Man hat auch bald das Bedürfniss empfunden, die Trommein möglichst bequem tragbar und aufstellbar zu machen. Dem ersten Zweck dienen Bänder aus Leder oder Schnüren, bisweilen auch hölzerne Henkel (Abb. 121, 124) oder stielförmige Handgriffe wie bei der Wapare-Trommel Abb. 116.

1) Vgl. die Abb. einer Uschaschi-Trommel bei Kollmann, Fig. 362 (S. 148).

2) So bei Hottentotten und Buschmännern (Lichtenstein II, 549; Burchell II, 65). 3) Vgl. L. Frobenius, Afr. Kult. S. 116.

Dem zweiten Mangel wird durch Anbringung eines Fusses abgeholfen, und diese geschnitzten Füsse sind es zum grossen Theile, die die grosse Mannigfaltigkeit der Trommelformen verursachen.

Wichtiger als der Trommelkörper, der nur als Stützapparat dient, ist das Trommelfell. L. Frobenius sieht in der Fellbearbeitung den Ursprung der Felltrommel; das laute Geräusch, das beim Bearbeiten des aufgespannten rohen Felles entsteht, habe den Anlass gegeben, es über einen Mörser oder ein anderes Gefäss zu spannen, und so die Entstehung der Felltrommel verursacht. Diese Erklärung aus der Technik ist sehr plausibel, und ich würde kein Bedenken tragen, mich derselben anzuschliessen, wenn ich sicher wäre, dass auch die Eidechsenund Schlangenhaut, die so häufig zur Trommelbespannung gebraucht wird, ebenso gewalkt wird wie das Fell von Rindern oder Ziegen. Denn sonst müsste man annehmen, dass Eidechsenhaut erst sekundär Verwendung gefunden hat, was im Hinblick z. B. auf Melanesien, wo es nur Trommelfelle aus Eidechsen haut giebt, nicht sehr wahrscheinlich ist.

Für einige Trommeln könnte man übrigens an einen ganz anderen Weg der Entstehung denken. Die Handtrommel der Wapare (Abb. 116) enthält Steinchen oder ähnliche klappernde Gegenstände, und ebenso befindet sich in den Sanduhrtrommeln am unteren Niger nach Day 1) ein Stein. Diese Trommeln dienen also zugleich als Klappern. Man könnte sich daher denken, dass zunächst nur die Absicht bestand, eine Rassel herzustellen, ähnlich den so häufigen Rasseln aus Kürbisschale, dass man hierzu eine halbirte Frucht mit Haut überzog und bei dieser Gelegenheit die treffliche Verwendbarkeit der gespannten Haut zu Lärminstrumenten entdeckte. Endgiltig lässt sich die Frage, was bei diesen Zwitterinstrumenten das Primäre ist, Rassel oder Trommel, natürlich nicht entscheiden.

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Muss so das Problem der Erfindung der Felltrommeln z. T. im Dunkeln bleiben, so ist die Entstehung und Entwicklung der Schlaginstrumente im Allgemeinen um so klarer. Alle diese Instrumente dienen mit alleiniger Ausnahme der Marimba nur dazu, den Rhythmus zu markiren; ihre sonstigen Verwendungen, z. B. zum Signalisiren und Telephoniren, sind sekundärer Natur. Sie sind daher unentbehrlich überall da, wo es sich um die Begleitung rhythmischer Bewegungen handelt, also hauptsächlich beim Tanz, der ja eine so grosse Rolle im Leben der Neger spielt, aber auch bei gemeinsamer Arbeit. Das einfachste Werkzeug zum Angeben des Taktes sind die Hände; taktmässiges Händeklatschen der Zuschauer begleitet fast überall den Tanz. Die Hand ersetzt dann ein wirkliches Werkzeug, zwei Hölzer, die gegen

1) Bei Mockler-Ferryman S. 270.

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