Billeder på siden
PDF
ePub

Ein ganz ähnliches

Ausser diesen beiden Hauptinstrumenten keunen wir aus Altägypten noch eine Guitarre (»nefer«) mit 1-3 Saiten.1) Sie hatte einen ovalen Körper, ganz aus Holz oder mit Leder überzogen, und einen langen geraden Saitenträger, an dem die Saiten, wie es scheint, nicht an Wirbeln, sondern an Lederringen befestigt waren. Instrument findet sich auch einmal auf einem assyrischen Relief (Engel Fig. 12). Es gleicht augenscheinlich ganz der heute in Vorderasien und Indien verbreiteten Tambura. meint, die Aegypter hätten auch dieses Instrument von den Semiten übernommen; 2) dem widerspricht aber die Thatsache, dass das Bild dieser Laute als Hieroglyphe schon in sehr alten Zeiten vorkommt. Dass die Laute sich

Erman

wenigstens in früherer Zeit - so selten auf ägyptischen Denkmälern findet, liesse sich vielleicht dadurch erklären, dass sie als das augenscheinlich primitivste der ägyptischen Saiteninstrumente das Instrument der kleinen Leute war, das natürlich, wie alles was den unteren Volksklassen angehört, weniger oft bildlich dargestellt wurde als die Harfe der Grossen und der Priester., Wenn man sonach die Laute als das primitivste und also wohl auch älteste ägyptische Saiteninstrument aussprechen dürfte, so würde dazu auch die heutige geographische Verbreitung stimmen, denn kein Instrument ist so weit nach Westen vorgedrungen wie sie.

Alle diese Instrumente sind heutzutage, wie schon gesagt, aus Aegypten verschwunden und durch neue, ganz anders geartete ersetzt; nur an Stelle der Guitarre ist ein Instrument derselben Gattung, aber von weit vollkommenerer Konstruktion, getreten, die vorderasiatische Laute (ûd). Ebenso verhält es sich in dem übrigen Theile von Nordafrika, nur dass wir nicht wissen, wie dort die Vorgänger der heutigen arabischen Saiteninstrumente ausgesehen haben; sicher ist nur, dass auch hier der gegenwärtige Zustand erst durch die islamitische Eroberung geschaffen worden ist.

Aber gänzlich aus Afrika verschwunden sind darum die antiken ägyptischen Saiteninstrumente doch nicht; nur aus den Ländern des Nordrandes sind sie verdrängt, wenden wir unsere Blicke aber weiter südwärts, so finden wir sie sämmtlich wieder, die Harfe, die Lyra und die Guitarre. Die geographische Verbreitung dieser drei Instrumente ist schon früher geschildert worden (vgl. S. 78 u. 81 und Karte I); es genügt hier darauf aufmerksam zu machen, dass dieselben einen breiten, südlich der grossen Wüste quer durch den ganzen Erdtheil ziehenden und etwa bis zum Aequator reichenden Landgürtel erfüllen. Die Vertheilung der 1) Wilkinson I, Abb. No. 246-249.

2) Erman I, 343.

drei Instrumente in diesem ungeheuren Gebiet ist eine äusserst charakteristische: die Harfe und die Guitarre, die, wie wir saben, die ältesten ägyptischen Saiteninstrumente sind, erscheinen am weitesten nach Süden und Westen zurückgedrängt; erstere tritt ausserhalb ihres Hauptbezirks nur noch sporadisch im Westen des Niger auf, die Guitarre ist hauptsächlich im westlichen und centralen Sudan heimisch; die Leier endlich, das jüngste der drei Instrumente auf afrikanischem Boden, findet sich, entsprechend seinem semitischen Ursprunge, in den Arabien gegenüberliegenden Grenzländern Afrikas, Nubien, Abessinien, dem Osthorn u. s. w. Auch in Einzelheiten der Konstruktion stimmen diese Instrumente mit ihren altägyptischen Vorbildern noch immer überein: die Waganda, Niam-Niam, Mbum etc. befestigen die Saiten ihrer Harfen ebenso an Wirbeln, wie es die alten Aegypter thaten; die Saiten der Guitarre dagegen werden auch heute noch an um den Saitenträger gewickelte Lederriemen mit lang herabhängenden Enden gebunden, wie es auch im Alterthum der Fall gewesen zu sein scheint (vgl. Wilkinson I, No. 210, 212, 213, 248, Engel, Music of the most ancient Nations, Fig. 12). Auch sonst gleicht die heutige afrikanische Harfe in ihrer Gestalt ganz den kleinen ägyptischen Instrumenten, von denen mehrere erhalten sind; einige von diesen 1) haben genau die Form, die Schweinfurth bei den Harfen der A-Sandeh »löffelförmig« genannt hat.2)

Es ergiebt sich also, dass alle Saiteninstrumente der Provinzen IV, VII, VIII und IX und vielleicht auch VI, soweit sie nicht zugleich mit dem Vordringen des Islam sich in Afrika verbreitet haben, völlig identisch sind mit den Instrumenten der Bewohner des alten Aegypten. Ein direkter Beweis dafür, dass diese Instrumente von Aegypten her über die ganze Nordhälfte von Afrika sich verbreitet haben, lässt sich freilich nicht erbringen; aber es ist auch nicht zu leugnen, dass ein solcher Vorgang äusserst wahrscheinlich ist. Dafür spricht besonders eben die schon erwähnte gegenwärtige Lage der Verbreitungsgebiete der einzelnen Instrumente; wenn auch die Grenzen in Wirklichkeit etwas anders verlaufen mögen, als sie auf Karte I eingetragen sind, besonders im centralen Sudan, so ist doch die Thatsache unverkennbar, dass die ältesten Instrumente am weitesten nach Süden und Westen zurückgedrängt sind, während die neueren den Norden und Osten einnehmen. Auch der Weg der Ausbreitung wird uns klar: er ist durch den Lauf des Nils gegeben. Die Lyra als der jüngste Ankömmling beherrscht heute die Nilländer von den Grenzen Aegyptens bis zum Victoria Nyansa, hat aber das Gebiet

1) Wilkinson I, No. 239, 240 (1, 2).

2) Resonanzböden mit nach innen geschweiften Seiten, wie bei den A-Sandeh, scheinen in Alt-Aegypten nicht vorgekommen zu sein.

dieses Flusses nach Westen hin nicht überschreiten können; vor der Lyra ist die Harfe diesen Weg hinauf gezogen und bat früher sicher am Nil eine viel grössere Verbreitung gehabt, während sie ihn jetzt nur noch ganz im Süden, in Uganda, erreicht. Dafür hat sie Zeit gehabt, sich viel weiter nach Westen auszudehnen und sogar den Ozean zu erreichen. Dieser Theil ihres Gebietes ist übrigens wohl eine ganz neue Eroberung und dürfte in Zusammenhang stehen mit dem oft geschilderten Vordringen der unter dem Namen Fan zusammengefassten Inlandstämme nach der Küste des Atlantischen Ozeans. Dieses Vordringen, bei dem übrigens die Fan wohl nicht die Ersten, sondern nur Nachfolger der jetzt von ihnen verdrängten und aufgeriebenen Stämme am Ogowe und an der Gabunküste, wie der Mpongwe, Oschekiani, Akelle etc., sind, hat die Kongo-Provinz in zwei ungleiche Theile gespalten. Die Laute endlich, das vermuthlich älteste Saiteninstrument Aegyptens, ist in den westlichen Sudan zurückgeschoben und hat es hier zu einer eigenartigen Entwicklung gebracht.

Das Instrument, dessen Entstehung ich hier im Auge habe, ist die Guitarre der Mandingo und Aschanti (Gruppe IV). Man kann sich diese Instrumente aus der Laute dadurch entstanden denken, dass, um dem Bestreben nach Vermehrung der Saitenzahl zu genügen, ein Steg eingeschaltet wurde mit Einkerbungen an beiden Seiten. Man erhält dann ohne Weiteres aus der Laute ein Instrument wie das von den Bissagos-Inseln (Abb. 18). Dass diese Guitarren in der That aus einem Instrument von der Art der Gruppe III hervorgegangen sind, halte ich für zweifellos; das brauchte freilich nicht die ägyptische Laute zu sein, sondern es könnte sich auch um ein Instrument etwa wie Abb. 6 oder 7 handeln. Dann hätten wir ein urafrikanisches Instrument vor uns. Dafür spricht auch die überwiegende Verwendung pflanzlicher Saiten.

Damit ist die Sphäre ägyptischen Einflusses umschrieben; weiter nach Süden ist, wenigstens soweit die Saiteninstrumente in Betracht kommen, keine Spur von Einwirkung der alt ägyptischen Kultur aufzufinden.

Die Provinz V besitzt zwei Saiteninstrumente, die Sese und die Schaleninstrumente. Die Erstere ist sicher noch nicht allzulange in Afrika heimisch, wie ihre Verbreitung hauptsächlich in den Küstenlandschaften beweist; ihre Heimath ist zweifellos Indien, wo sie unter dem Namen Vina eines der ältesten und noch heute verbreitetsten und beliebtesten Saiteniustrumente ist. Allerdings steht z. B. die in Bengalen gebräuchliche Vina mit ihrem schön geschnitzten Saitenträger und den verzierten Resonanzkörpern, was die Ausführung betrifft, hoch über der verhältnissmässig recht primitiven Sese; aber in Südindien giebt es einfachere Instrumente, die sich im Aussehen den afrikanischen beträchtlich nähern; eine im Berliner Museum befindliche Vina der Kandha (Kondh) stimmt

sogar in der Art der Befestigung der Resonanzkürbisse, die auch aus zwei Stücken bestehen, wie in Afrika, ganz mit ihnen überein. Hervorzuheben ist, dass die indischen Instrumente stets zwei Resonatoren haben, in Gegensatz zu den afrikanischen, die sich mit einem begnügen.

Es stände nun nichts im Wege, einen direkten Import dieses Instruments aus Indien nach der Sansibar-Küste anzunehmen; im Gegentheil liesse die grosse Anzahl der in Ostafrika lebenden indischen Kaufleute diese Annahme sehr wahrscheinlich erscheinen. Da die Sese aber auch in Madagaskar (hier Lokanga genannt) sehr verbreitet ist, so wäre es auch möglich, dass sie erst auf dem Umwege über diese Insel nach Ostafrika gekommen ist, und in der That bezeichnet J. M. Hildebrandt in einer Bemerkung zu einer im Berliner Museum befindlichen Sese aus Sansibar das Instrument als aus Madagaskar eingeführt, und ebenso spricht Burton von der »madagassischen Sese«.') In Madagaskar scheint übrigens die Lokanga nach Angaben von Ellis und Sibree) hauptsächlich von den Sklaven benutzt zu werden; da nun diese, zum Theil wenigstens, vom Festlande stammen, so wäre es auch möglich, dass sie das Instrument mitgebracht hätten. Dagegen schreibt Catat3) die Lokanga speziell den Betsimisaraka zu, im Gegensatz zur Valiha, die er als Hova-Instrument bezeichnet.

Welches nun auch der Weg der Sese gewesen sein, ob er über Madagaskar nach Sansibar oder in umgekehrter Richtung geführt haben mag, jedenfalls ist Indien als Ausgangspunkt anzusehen.

Weit ungewisser steht es um das zweite Instrument, das Schaleninstrument. Sein Gebiet liegt, wie wir sahen, zwischen denen des Musikbogens im Süden und denen der Harfe und der Lyra im Norden; westlich ist es von der Kongo-Provinz begrenzt, die, wie sich zeigen wird, eins der wenigen, ja vielleicht das einzige Saiteninstrument beherbergt, das sich sicher auf afrikanischem Boden aus dem Bogen und über denselben hinaus entwickelt hat. Es liegt also an derjenigen Küste Afrikas, die, abgesehen vom Nordrande am meisten fremden Einflüssen ausgesetzt gewesen ist. Die ganze Lage macht aber nicht den Eindruck, als ob wir es hier mit einem von der Seeseite her eingeführten Instrument zu thun hätten. Zudem scheinen derartige Instrumente in Südasien sehr selten zu sein mir ist nur eine Abbildung eines solchen bei Ling Roth (The Natives of Sarawak and British North Borneo. London 1896. II, 260) bekannt. Dasselbe besteht aus einem einfachen Brett mit 7 über

1) Burton, Zanzibar. I, 430.

2) Ellis, History of Madagascar. London 1838. I, 272. Sibree, Madagascar and its people. 1870. S. 234.

3) L. Catat, Voyage à Madagascar. Paris 1895. S. 275.

2 Stege gespannten Saiten, gleicht also ganz dem in Abb. 37 dargestellten Instrument. Viel wahrscheinlicher ist es, die Entstehung dieser Instrumente in Afrika zu suchen, und diese Wahrscheinlichkeit würde fast zur Gewissheit werden, wenn man die Ableitung der Schaleninstrumente von den Rohrinstrumenten der Gruppe X als gesichert betrachten könnte, denn die Letzteren finden sich noch jetzt in unmittelbarer Nachbarschaft der Ersteren und zwar, was sehr bezeichnend ist, an der Südgrenze ihres Gebietes, also wieder einen Schritt näher zu dem kulturarmen Süden, der als einziges Saiteninstrument den Bogen besitzt. Wir hätten dann hier, wenn wir von der Mandingo-Guitarre mit ihrem etwas problematischen Ursprung absehen, das erste wirklich afrikanische Saiteninstrument entdeckt.

Das zweite finden wir in der Kongo-Provinz; die Kongo-Guitarre mit besonderen Saitenträgern für jede einzelne Saite darf man wohl uubedenklich als afrikanisch bezeichnen. Denn erstens spricht die geographische Vertheilung auf einem ungeheuer ausgedehnten Gebiet, das sich in einzelnen auseinandergerissenen Fetzen von der Kunene-Mündung bis zum oberen Niger erstreckt, für ein hohes Alter des Instruments, andererseits sind solche Guitarren eben nur aus Westafrika bekannt, so dass man kein anderes Land anführen kann, aus dem sie eingewandert sein könnten.

Als Ergebniss dieser Erörterungen würde sich also zunächst in Bezug auf die Saiteninstrumente herausstellen, dass die Kongo-Guitarre und die Schaleninstrumente höchst wahrscheinlich, vielleicht auch die MandingoGuitarre in Afrika selbst sich aus dem Musikbogen oder, richtiger gesagt, dem Stabinstrument entwickelt haben. Alle übrigen sind fremden und zwar asiatischen Ursprungs. Zum grössten Theil sind sie aus Westasien, zum kleineren aus Südasien gekommen; dabei bleibt die Frage offen, ob nicht in manchen Fällen diese Länder nur Durchgangs- und nicht Ursprungsgebiete sind.

-

Wollen wir noch einen Schritt weiter thun, so stehen wir vor der Frage nach dem Ursprung der Saiteninstrumente überhaupt. Man hat gewöhnlich, indem man den Musikbogen als das älteste Saiteninstrument betrachtete, es als selbstverständlich angenommen, dass dieser von dem als Waffe dienenden Bogen abzuleiten sei. Die äussere Aehnlichkeit ist offenbar in der That sind einzelne afrikanische Musikbogen von Kriegsund Jagdbogen nicht zu unterscheiden und ein Uebergang von der einen Verwendung zur andern scheint auf der Hand zu liegen: der schwirrende Ton beim Abschiessen des Pfeils sollte den Schützen auf den Gedanken gebracht haben, den Bogen als Musikinstrument zu gebrauchen. Dabei ist als sicher vorausgesetzt, dass der Bogen in der That das älteste Saiteninstrument ist; in Wirklichkeit aber steht neben ihm das Monochord

« ForrigeFortsæt »