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b) Die Grammatiker.

1. Q. Remmius Palaemon.

475. Die verlorene Ars Palaemons. Der Grammatiker war der Sohn einer Sklavin in Vicenza. Er erlernte das Weberhandwerk; als er aber den Auftrag erhielt, den Sohn des Herrn in die Schule zu begleiten, benutzte er die Gelegenheit, sich eine höhere Bildung anzueignen. Später freigelassen, eröffnete er eine grammatische Schule und verstand es, sich zu hohem Ansehen emporzuringen, obwohl sein sittliches Leben anstössig war und sogar die Kaiser Tiberius und Claudius vor seiner Schule öffentlich warnten; die grosse Anziehungskraft, die er ausübte, lag in seinem stets paraten Wissen und in seiner völligen Herrschaft über das lebendige Wort. In der Schule scheint er an Stelle der alten Autoren die modernen gesetzt zu haben; 1) Vergil war ihm der Dichter überhaupt, den alten Varro dagegen benannte er mit einem Schimpfwort. Zu seinen Schülern zählte er den Dichter Persius2) und den berühmten Rhetor Quintilian. 3) Sein Selbstgefühl war sehr stark entwickelt, er prahlte, dass mit ihm die Wissenschaft zur Welt gekommen sei und mit ihm auch wieder ins Grab sinke; er versicherte, dass der in den Bucolica Vergils zum Schiedsrichter erwählte Palaemon eine prophetische Hinweisung auf ihn als künftigen Kritiker der Dichter enthalte, er erzählte, dass Räuber, denen er einmal in die Hände fiel, ihn unbehelligt liessen, als sie seinen Namen hörten. Gross waren seine Luxusbedürfnisse; obgleich ihm seine Schule reiche Honorare eintrug und er auch noch durch andere Unternehmungen, besonders durch rationellen Betrieb der Landwirtschaft, grosse Einnahmen erzielte, so reichte doch dies alles für seine Bedürfnisse nicht aus.

Palaemons Bedeutung für die Litteratur liegt in seinem Lehrgebäude der lateinischen Grammatik, in seiner Ars. Zwar war er auch Improvisator von Gedichten, und um seine Kunst zu zeigen, versuchte er sich in den schwierigsten Metra. Allein diese Spielereien scheinen nur eine ephemere Wirkung gehabt zu haben. Dagegen erstreckte sich der Einfluss seiner Ars bis auf die spätesten Zeiten. 4) Leider ist uns die Ars nicht erhalten; doch können wir dieselbe einigermassen reconstruieren. Am dienlichsten ist uns für diesen Zweck Charisius, in den ganze Partien aus dem Werk übergegangen sind. Gewisse Kriterien, die man gefunden hat, erleichtern die Aufgabe.

Biographisches. Suet. de gramm. 23 (p. 116 Reifferscheid) Q. Remmius Palaemon Vicetinus mulieris verna primo ut ferunt textrinum, deinde, herilem filium dum comitatur in scholam, litteras didicit. Postea manumissus docuit Romae ac principem locum inter grammaticos tenuit, quamquam infamis omnibus vitiis, palamque et Tiberio et mox Claudio praedicantibus, nemini minus institutionem puerorum vel iuvenum committendam. Sed capiebat homines cum memoria rerum tum facilitate sermonis. Hieronym. zum J. 2064 48 n. Chr. (2 p. 153 Schöne) Palaemon Vicetinus insignis grammaticus Romae habetur qui quondam interrogatus, quid inter stillam et guttam interesset, „gutta", inquit, „stat, stilla cadit". M. Antonius Liberalis Latinus rhetor gravissimas inimicitias cum Palaemone exercet. Da Plinius (n. h. 14, 49) von Remmius Palaemon als einem alias grammatica arte celebri spricht, wird er damals nicht mehr gelebt haben.

p. 26.

1) F. Leo, Plaut. Forschungen, Berl. 1895, | mium Palaemonem.

3) schol. Juv. 6, 452.

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4) Usener, Sitzungsber. der Münchner

2) Vita Persii (p. 58 Buecheler3) studuit Flaccus.... Romae apud grammaticum Rem- | Akad. 1892 р. 647.

....

Zur Charakteristik Palaemons. Suet. de gramm. 23 (p. 117 R.) arrogantia fuit tanta, ut M. Varronem porcum appellaret; secum et natas et morituras litteras iactaret; nomen suum in bucolicis non temere positum, sed praesagiente Vergilio, fore quandoque omnium poetarum ac poematum Palaemonem iudicem .. Luxuriae ita indulsit, ut saepius in die lavaret, nec sufficeret sumptibus, quamquam ex schola quadringena annua caperet ac non multo minus ex re familiari Sed maxime flagrabat libidinibus in mulieres, usque ad infamiam oris. Plin. n. h. 14, 50 non virtute animi sed vanitate primo, quae nota mire in illo (Palaemone) fuit.

..

Palaemon als Dichter. Suet. de gramm. 23 (p. 117 R.) nec non etiam poemata faciebat ex tempore. Scripsit vero variis nec vulgaribus metris. Auf die Verskünsteleien des Palaemon bezieht sich Martial 2, 86, 11 scribat carmina circulis Palaemon, | me raris iuvat auribus placere. Ueber seine Metrik vgl. A. Kiessling, Philol. Unters. von Kiessling und Wilamowitz 2, Berl. 1881, p. 65; F. Leo, Die beiden metrischen Systeme des Altertums (Hermes 24 (1889) p. 293 Anm. 1): „Es ist vielleicht kein blosses Rathen, in ihm, dem Lehrer des Quintilian und Persius, dem grammatischen Vorkämpfer der klassischen Poesie (Apoll. Sid. ep. 5, 10, 3 wird er als Rhetor neben Gallio genannt), den zweiten Gewährsmann des Caesius Bassus, d. h. den Metriker zu vermuthen, welcher die horazischen Metra nach dem vom Dichter thatsächlich befolgten System (so dass in der Gegnerschaft Palaemons gegen Varro kein Hindernis läge) behandelt hat."

Die Versuche zur Reconstruction der Ars des Palaemon. Schottmüller (De C. Plini Secundi libris grammaticis, Bonner Diss. 1858) tritt in eine Untersuchung der Bestandteile des Charisius ein (p. 24) und wird dadurch auch zu einer Ausscheidung des Palaemon veranlasst. Es folgt Morawski, Quaest. Charis. (Hermes 11 (1876) p. 339), der ebenfalls Kriterien für die palaemonischen Bestandteile gewinnt. Wiederum einen Schritt weiter kam Marschall (De Q. Remmii Palaemonis libris grammaticis, Leipz. 1887; vgl. H. Keil, Deutsche Litt.Ztg. 1888 Sp. 592), welcher nicht bloss den Charisius, sondern auch den Dositheus, die Excerpta Bobiensia zur Reconstruierung der Ars herbeizog. Der Versuch, den Julius Romanus aus Charisius zu gewinnen, hat neuerdings auch Fröhde (De C. Julio Romano Charisii auctore in Fleckeis. Jahrb. Supplementbd. 18 (1892) p. 567) auf die palaemonische Frage geführt. Auch Bölte, Die Quellen von Charisius 1, 15 und 17 (Fleckeis. Jahrb. 137 (1888) p. 401) behandelt einen Teil der Frage. Ueber Palaemon als Quelle des Consentius vgl. H. Keil, Gramm. lat. 5 p. 334. Epikritische Bemerkungen gibt Nettleship, Lectures and Essays, Second Series, Oxford 1895, p. 149; 168. Als Kriterien für die Wiedergewinnung der Ars erscheinen die Eigentümlichkeit Palaemons, Vergil als den poeta κατ' ἐξοχὴν zu bezeichnen (Gramm. lat. 1 p. 233, 12 und 20; vgl. Fr. Schöll, Rhein. Mus. 34 (1879) p. 630), und die Eigentümlichkeit, seine Beispiele, die aus Terenz, Vergil, Horaz und Cicero genommen werden, mit velut einzuführen (Schottmüller p. 22), endlich der Usus, endigen mit efferri zu geben. Trotz der Verdienstlichkeit dieser Versuche fehlt uns noch immer die reconstruierte Ars. Nur eine möglichst umfassende Analyse der gesamten vorhandenen grammatischen Litteratur der Römer (nach Müllenhoff'scher Methode) verspricht abschliessende Resultate. Mit Stückwerk ist hier nichts gethan.

Der sog. jüngere Palaemon. Schottmüller (1. c. p. 31) spricht die Ansicht aus, der von Charisius benutzte Palaemon sei ein (gallischer) Grammatiker des vierten Jahrhunderts, den Apollinaris Sidonius epist. 5, 10 erwähne. Allein seine Gründe sind sehr unzureichend. Vgl. H. Keil 5 p. 334; W. Christ, Philol. 18 (1862) p. 125; Morawski 1. c. p. 352; Vahlen, Ind. lect. Berl. 1877/78, p. 8; H. Fr. Neumann, De Plin. dubii sermonis libris et Prisciani fontibus, Kiel 1881, p. 32; Nettleship 1. c. p. 163; Marschall 1. c. p. 8-20. Dass ein Buch, welches aller Wahrscheinlichkeit nach als Unterrichtsmittel diente, vielen Interpolationen und Verschlechterungen ausgesetzt ist, liegt auf der Hand. Auch durch die indirekte Ueberlieferung hat das Werk Schaden genommen.

Apokryphes Palaemons. Bei dem grossen Ansehen, dessen sich Palaemon erfreute, wurde sein Name typisch für grammatische Werke. Mit Unrecht werden ihm folgende Schriften zugeschrieben: 1. eine Ars bei H. Keil, Gramm. lat. 5 p. 533; vgl. p. 528: „omnia in notissimis et maxime vulgaribus grammaticorum praeceptis de sex partibus orationis, de nomine pronomine verbo participio adverbio praepositione, (coniunctionis enim et interiectionis expositio omissa est) versantur, eaque in formam regularum et quaestionum satis neglegenter redacta neque certo ordine composita sunt." 2. zwei Traktate: eine Ars, die aber in der Regel unter dem Namen des Victorinus erscheint, Gramm. lat. 6 p. 188, und ein Traktat de metrica institutione, 6 p. 206; vgl. ebenda p. XVIII; über den p. 209, 11 genannten Lactantius als Quelle vgl. F. Leo, Hermes 24 (1889) p. 293 Anm. 1. Ueber die verborum differentiae bei Reifferscheid, Suet. rel. p. 274 vgl. denselben p. 450; J. W. Beck, De differentiarum scriptoribus lat., Groningen 1883, p. 9; Brambach, Die Neugestalt. der lat. Orthogr. in ihrem Verh. zur Schule, Leipz. 1868, p. 30. In einem Lorscher Katalog s. IX werden glosae Palaemonis grammatici aufgeführt, welche jedenfalls

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Julius Modestus, M. Pomponius Marcellus und Nisus. (§ 475a.)

mit den verborum differentiae identisch sind; vgl. Manitius, Rhein. Mus. 47 (1892) Ergänzungsh. p. 44.

Fortleben Palaemons. Juv. 6, 451 odi | hanc ego quae repetit volvitque Palaemonis artem; schol. z. St. grammatici magistri Quintiliani oratoris; 7, 215 docti Palaemonis; Quintil. 1, 4, 20 alii ex idoneis dumtaxat auctoribus octo partes secuti sunt, ut Aristarchus et aetate nostra Palaemon. Ueber das Verhältnis Quintilians zu Palaemon vgl. W. Christ, Philol. 18 (1862) p. 126; Birt, Rhein. Mus. 34 (1879) p. 25; Claussen, Quaest. Quintil. (Fleckeis. Jahrb. Supplementbd. 6 (1872/73) p. 388); Bölte, De artium script. lat., Bonn 1886, These 4; Fleckeis. Jahrb. 137 (1888) p. 436; Nettleship 1. c. p. 167. Marschall 1. c. p. 81: „est profecto fere nemo grammaticus posterioris aetatis latinus, quin Palaemonis librum adierit." Ueber Palaemon bei Cassiodor vgl. die unten (§ 479 Fortleben des Valerius Probus) ausgeschriebene Stelle.

2. Julius Modestus, M. Pomponius Marcellus und Nisus.

475a. Sprachliche und antiquarische Studien des Julius Modestus und des Pomponius Marcellus. Ausser Remmius Palaemon waren angesehene Grammatiker auch Julius Modestus und Pomponius Marcellus. Der erste war ein Freigelassener des gelehrten Philologen C. Julius Hyginus und wendete, wie sein Herr, nicht bloss der Sprache, sondern auch den Realien sein Augenmerk zu. Er schrieb Miscellanea, die er „Bunte Fragen" betitelte; in zwangloser Weise waren hier Probleme aus der Etymologie und Orthographie behandelt. Weiterhin verfasste er ein Werk über die Feiertage, das bei Macrobius seine Spuren hinterlassen hat. Dagegen wird der Horaz- und Vergilerklärer Modestus nicht mit dem Freigelassenen Hygins identisch sein; dieser Interpret wird vielmehr der Zeitgenosse Plutarchs, Aufidius Modestus, sein, und sonach dem domitianischen Zeitalter angehören. Pomponius Marcellus machte Jagd auf Soloecismen bis zur Hartnäckigkeit. Als er einst den Tiberius wegen eines Ausdruckes tadelte und ihm Ateius Capito mit der Behauptung entgegentrat, der getadelte Ausdruck sei auch lateinisch und wenn er es nicht wäre, sei er es von nun an, da brach er in die Worte aus: „Du, Kaiser, kannst Menschen das Bürgerrecht erteilen, aber nicht Worten." Beiläufig mag auch des Grammatikers Nisus hier Erwähnung geschehen, der sich mit Grammatik, Vergil und Erklärung der Fasten beschäftigte.

Julius Modestus. Suet. de gramm. 20 (p. 115 R.) huius (Hygini § 342) libertus fuit Julius Modestus, in studiis atque doctrina vestigia patroni secutus. Seine Blüte muss also in die Zeit des Tiber fallen. Es werden von ihm folgende Schriften angeführt: a) Quaestiones confusae; Gellius 3, 9, 1 Gavius Bassus (1. T.2 § 196 p. 387) in commentariis suis, item Julius Modestus in secundo quaestionum confusarum historiam de equo Seiano tradunt. Dass in diesen Miscellanea viele orthographische und etymologische Fragen behandelt waren, zeigt Fröhde, De C. Jul. Romano etc., p. 608. Vgl. auch Quintil. 1, 6, 36; Charis., Gramm. lat. 1 p. 73, 12; 75, 13; 101, 1; 103, 28; 125, 4; 204, 22; Diomedes, Gramm. lat. 1 p. 365, 16; β) de feriis; Macrob. Sat. 1, 4, 7 Julius Modestus de feriis; vgl. noch 1, 10, 9 und 1, 16, 28. Ueber den Horaz- und Vergilerklärer Modestus vgl. 2. T. 1. Η. § 264 p. 129. Bunte, Hygini fabulae, Leipz. 1857, p. 6; Ribbeck, Proleg. Verg. p. 121.

M. Pomponius Marcellus. Suet. de gramm. 22 (p. 116 R.) M. Pomponius Marcellus sermonis Latini exactor molestissimus in advocatione quadam nam interdum et causas agebat soloecismum ab adversario factum usque adeo arguere perseveravit, quoad Cassius Severus interpellatis iudicibus dilationem petiit, ut litigator suus alium grammaticum adhiberet; „quando non putat is cum adversario de iure sibi, sed de soloecismo controversiam futuram." Hic idem, cum ex oratione Tiberium reprehendisset, affirmante Ateio Capitone, et esse illud Latinum et si non esset futurum certe iam inde: „mentitur", inquit, „Capito; tu enim, Caesar, civitatem dare potes hominibus, verbis non potes." Pugilem olim fuisse Asinius Gallus hoc in eum epigrammate ostendit: qui caput ad laevam didicit, glossemata nobis praecipit: os nullum, vel potius pugilis!

Nisus. Donatvita Verg. (p. 64 R.) Nisus grammaticus audisse se a senioribus (Zeit

indicium) aiebat, Varium duorum librorum ordinem commutasse et qui nunc secundus sit (in primum, tertium in secundum et primum) in tertium locum transtulisse, etiam primi libri correxisse principium his versibus demptis; über den Wert dieser Notiz vgl. 2. T.2 1. H. § 230 p. 51. Dieser Grammatiker Nisus wird noch angeführt von Charisius (Gramm. lat. 1 p. 28, 9) Nisus eleganter nominativum pluralem tantum in his, mella et vina, secundum consuetudinem dici posse ait ita, cum in genera recipiuntur, ut Attica mella, Italica vina; Priscian. (Gramm. lat. 2 p. 503, 16) Nisus et Papirianus et Probus dicunt; Velius Longus, Gramm. lat. 7 p. 76, 7 und 12; 77,18; 78,6; 79,8 und 20; Arnob. adv. nat. 1, 59 quamvis Epicados omnes, Caesellios, Verrios, Scauros teneatis et Nisos. Ein Commentar zu den Fasten wird citiert von Macrob. Sat. 1, 12, 30 Nisus in commentariis fastorum dicit. Bährens, Fleckeis. Jahrb. 127 (1883) p. 795.

3. Q. Asconius Pedianus.

476. Des Asconius historischer Commentar zu den Reden Ciceros und seine verlorenen Schriften. Die litterarisch-historische Seite der Philologie wird in ausgezeichneter Weise durch Q. Asconius Pedianus, wahrscheinlich aus Padua stammend, vertreten. Einem Funde Poggios in St. Gallen verdanken wir einen Commentar des Asconius zu folgenden Reden:

1. contra L. Pisonem (55 v. Chr.),
2. pro M. Scauro (54 v. Chr.),
3. pro Milone (52 v. Chr.),

4. pro Cornelio de maiestate (65 v. Chr.),

5. in toga candida contra C. Antonium et L. Catilinam competitores (64 v. Chr.). Ursprünglich scheint derselbe noch ausgedehnter gewesen zu sein, ein Fragment zu der zweiten Rede pro Cornelio am Schluss des Commentars zur ersten lässt auf einen Ausfall mehrerer Blätter schliessen. Der erhaltene Teil wurde in Rom zwischen 54 und 57, also zu Anfang der Regierung Neros geschrieben. Allein der ursprüngliche Commentar umfasste noch viel mehr Reden, denn aus Gellius 15, 28, 4 folgt, dass Asconius auch einen Commentar zur Rede für Sex. Roscius aus Ameria geschrieben; auf Commentare zu anderen Reden führen Verweisungen in dem vorhandenen Commentar. Es wird der Annahme nichts im Wege stehen, dass Asconius alle Reden commentierte. Diese commentierten Reden waren, wie sich aus dem Eingange des Commentars zur Scauriana und zur Rede in toga candida, besonders aber zur Corneliana ergibt, nach der Zeit geordnet;1) es ist daher die obige überlieferte Reihenfolge nicht die richtige.

Sein Werk bestimmte Asconius für seine Söhne (p. 38, 20). Da diese öfters angeredet werden, erhält dasselbe einen familiären, gemütlichen Ton. Der Charakter des Commentars ist ein rein historischer; die grammatisch-rhetorische Seite bleibt völlig unberücksichtigt. Seine Aufgabe hat Asconius meisterhaft gelöst. Mit der grössten Sorgfalt zieht er alles heran, was sich aus den übrigen Schriften seines Autors für die Erkenntnis des Sachverhalts ermitteln lässt, dann sieht er sich aber auch nach anderen Quellen um, die acta populi Romani, verwandte Reden, historische Schriften u. a. werden durchforscht. Nicht zufrieden damit gibt der gewissenhafte Autor auch öfters noch an, was er ermitteln konnte und was nicht. Sein Urteil ist überall ein umsichtiges. Die Form, in die er seinen Commentar kleidet, ist die, dass er zuerst jeder Rede eine

1) Kiessling, Coniectan. spicil. 1, Ind. schol. Greifswald 1883, p. 6; Hildebrandt, De schol. Cic. Bob., Berl. 1894, p. 14.

Einleitung vorausschickt, dann einzelne Stellen mit Rücksicht auf die Bedürfnisse seiner Söhne erläutert. Sein Stil ist klar und rein.

Von den verlorenen Schriften war eine gegen die Verleumder Vergils gerichtet; auch hier zeigte sich derselbe Forschergeist wie in dem Commentar zu Ciceros Reden. Ueberall war er bestrebt, durch Zurückgehen auf die Quelle die Wahrheit zu ermitteln. Auch über das Leben des Sallust hat Asconius, wenn dem verdächtigen Gewährsmann zu glauben ist, Untersuchungen angestellt. Doch nicht bloss den Weg der Forschung, sondern auch den der freien Produktion betrat Asconius; er schrieb nämlich nach dem Muster Platos ein Symposion, in dem bei einem Gastmahle des Apicius vornehme Römer mit dem griechischen Athleten Isidoros sich über die Ringkunst unterhielten als ein Mittel, sich frisch zu erhalten und das Leben zu verlängern.

Die Neuzeit schätzt den Asconius ungemein; alle, die sich mit ihm beschäftigt haben, sind des Lobes voll über ihn. Aber auch das Altertum scheint seinen Wert erkannt zu haben; das Lob, das Silius Italicus in seinem punischen Krieg1) einem aus Padua stammenden Jüngling Pedianus zollt, werden wir als eine Ehrung des Asconius zu betrachten haben. Auch Quintilian) hat dem Commentar seine Achtung geschenkt.

Biographisches. Hieronym. zum J. 2092 = 76 n. Chr. (2 p. 159 Schöne) Q. Asconius Pedianus scriptor historicus clarus habetur, qui LXXIII aetatis suae anno captus luminibus XII postea annis in summo omnium honore consenescit. Diese Notiz stammt aus dem litterarhistorischen Werk Suetons, wo Asconius unter den historici aufgezählt war; vgl. Reifferscheid, Suet. rel. p. 92, 3. Aus der Hieronymusstelle ergibt sich, dass Asconius ein Alter von 85 Jahren erreichte; der Ansatz der Blüte des Asconius ums J. 76 ist aber entschieden zu spät, da das Hauptwerk des Asconius, sein Commentar zu den ciceronischen Reden, soweit sich nach den erhaltenen Resten urteilen lässt, um die Zeit von 54-57 n. Chr. erschienen ist. Hieronymus wird sich sonach vergriffen haben und das J. 76 entweder das Jahr der Erblindung (so Kiessling-Schöll, Praef. p. 6) oder das Todesjahr des Asconius gewesen sein. Im ersten Falle erhalten wir, die Richtigkeit des Lebensalters vorausgesetzt, als Lebenszeit 3-88 n. Chr., im zweiten Falle 9 v. Chr.-76 n. Chr. Für seine Heimat Padua sprechen die Stelle (p. 68, 17 Kiessling-Schöll): Livius noster, ferner der Umstand, dass sich in Inschriften von Padua wirklich Asconii nachweisen lassen; vgl. CIL 5, 2820; 2829; 2848; 2899; 2937. Bei der Inschrift von Rom CIL 6, 22784 Mutiae Festae Pediani denkt man an die Gattin des Asconius; vgl. Prosopogr. imp. Rom. 1 p. 158 nr. 994.

Livius und Asconius. Quintil. 1, 7, 24 „sibe" et quase" scriptum in multorum libris est, sed an hoc voluerint auctores nescio: T. Livium ita his usum ex Pediano comperi, qui et ipse eum sequebatur.

Die Abfassungszeit des Commentars bestimmt sich aus den Worten p. 23, 25: possidet eam (domum) nunc Largus Caecina, qui consul fuit cum Claudio. Caecina starb vor Oktober 57. Das Konsulat des Caecina und des Claudius fällt ins J. 42. Da Asconius aber die Worte qui consul fuit cum Claudio nicht wohl unter der Regierungszeit des Claudius schreiben konnte, wird sich das Intervallum auf 54-57 einengen. Madvig, De Q. Asc. Ped. etc., Kopenhagen 1828, p. 4; Kiessling-Schöll, Praef. p. X.

Quellenforschung des Asconius. Ueber die Quellen handelt Lichtenfeldt, De Q. Asconii Pediani fontibus ac fide (Breslauer philol. Abh. 2. Bd. (1888) H. 4). Nur wenige Proben von seiner Gewissenhaftigkeit: p. 9, 24 socrus Pisonis quae fuerit, invenire non potui, videlicet quod auctores rerum non perinde in domibus ac familiis feminarum, nisi illustrium, ac virorum nomina tradiderunt; p. 32, 27 haec, etsi nullam de his criminibus mentionem fecit Cicero, tamen, quia ita compereram, putavi exponenda; p. 39, 3 ego, ut curiositati vestrae satisfaciam, Acta etiam totius illius temporis persecutus sum (vgl. p. 27, 12); p. 43, 7 de oppugnata domo nusquam adhuc legi; p. 82, 17 nomina harum mulierum nondum inveni; p. 42, 17 quo die periculum hoc adierit, ut Clodius eum ad Regiam

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