Prinzessinn. Das ist der Fall bey meinem Bruder nie. Tasso. Ich hofft' es ehmals, jekt verzweifl' ich fast. Prinzessinn. Doch läßt sich ihm vertraun, und das ist viel. Shr müßt verbunden seyu! Ich schmeichle mir Tasso. Ich habe dir gehorcht, sonst hätt' ich mich Von ihr entfernt anstatt mich ihr zu nahen. So liebenswürdig sie erscheinen kann, Ich weiß nicht wie es ist, konnt' ich nur selten Mit ihr ganz offen seyn, und wenn sie auch Die Absicht hat, den Freunden wohlzuthun, So fühlt man Absicht und man ist verstimmt. Prinzessinn. Auf diesem Wege werden wir wohl nie ind mehr verwöhnt sich das Gemüth, und strebt Die goldne Zeit, die ihm von außen mangelt, In seinem Innern wieder herzustellen, So wenig der Versuch gelingen will. ⠀ Tasso. O welches Wort spricht meine Fürstinn aus! Nach der sich jedes Herz vergebens sehnt! Vom tapfern Jüngling bald bestraft entfloh; Wo jeder Bogel in der freyen Luft Und jedes Thier durch Berg und Thäler schweifend Zum Menschen sprach: erlaubt ist was gefällt. Prinzessinn. Mein Freund, die goldne Zeit ist wohl vorbey: Allein die Guten bringen sie zurück ; Und soll ich dir gestehen wie ich denke, Die goldne Zeit, womit der Dichter uns zu schmeicheln pflegt, die schöne Zeit, sie war, So scheint es mir, so wenig als sie ist, Und war sie jc, so war sie nur gewiß, Wie sie uns immer wieder werden kann. Noch treffen sich verwandte Herzen an und theilen den Genuß der schönen Welt; Nur in dem Wahlspruch ändert sich, mein Freund, Ein einzig Wort: erlaubt ist was sich ziemt. Tasso. O wenn aus guten, edlen Menschen nur Was sich denn ziemt! Anstatt daß jeder glaubt, Es sey auch schicklich was ihm nüßlich ist. Wir sehn ja, dem Gewaltigen, dem Klugen Steht alles wohl, und er erlaubt sich alles. Prinzessinn. Willst du genau erfahren was sich zlemt; Und wirst du die Geschlechter beyde fragen: Nach Freyheit strebt der Mann, das Weib nach Sitte. Lasso. Du nennest uns unbändig, roh, gefühllos ? |