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Friedrich. Nun, seyn Sie nicht böse! Es war ein guter Freund

Baron. Den der Teufel hohle! Was ging's ihn an, ob ich todt oder lebendig war? Blessirt war ich, das wußte jedermann und meine Frau und ihr alle. Wenn er ein guter Freund war, warum mußte er der erste seyn, der meine Wunde tödtlich glaubte?

Friedrich. In der Entfernung

Berazio zu Friedrich. Sie waren gegen: wärtig?

Friedrich. Ich hatte ihr schon einige Mos nathe Gesellschaft geleistet. Sie war bey der Abwesenheit ihres Mannes immer in Sorgen. Ihre Zärtlichkeit stellte sich die Gefahren dop: pelt lebhaft vor. Wir thaten was wir konn ten; die Mädchen unserer beyden und der bes nachbarten Häuser waren immer um sie; man ließ sie wenig allein, und vermochte doch nichts über ihren Trübsinn.

Baron. Ich hab' es nie an ihr leiden können. Sie war immer mit ihren Gedan: ken zu wenig an der Erde.

Friedrich. Wir tanzten um sie herum, fangen, sprangen

Baron. Und verliebtet euch unter eina ander, wie ich jeßt spüre da ich nach Hause. tomme.

Verazio.

Nun das gehört auch zur

Sache.

Fredrich. Wir sind's geständig. Alles schien ihre Traurigkeit zu vermehren. Zuleht kam die Nachricht, ihr seyed blessirt. Da war nun gar kein Auskommen mehr mit ihr: den ganzen Tag ging's auf und ab; bald wollte sie reisen, bald bleiben.. Mit jeder Post mußte man einen Brief wegschaffen; mit jeder Post wurde einer erwartet, wenn man ihr gleich die Unmöglichkeit vorstellte... Sie fing 2

Goethe's W, 6, B,

uns an zu mißtrauen, glaubte, wir hätten schlimmere Nachrichten, wollten's ihr verhehe len, und das ging an Einem fort.

Berazio. Haben Sie damals nichts an ihr verspürt?

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Friedrich. Wenn ich sagen soll, so glaube ich, daß ihr Wahnsinn schon damals seinen Anfang genommen hat; aber wer un: terscheidet ihn von der tiefen Melancholie, in der. fie vergraben war? Denn nach dem

Schrecken, den der unglückliche Brief machte, da sie einige Tage wie in einem hißigen Fieber lag, schien sie wenig verändert; nur war fast gar nichts aus ihr zu bringen; ihre Blicke wurden scheu und unsicher; sie schien jeder? mann, den sie sah, zu fürchten oder nicht zu bemerken. Sie verlangte Trauerkleider, und wenn wir sie mit der Ungewißheit trösten wollten, nahm sie sich's gar nicht an, bemäch: tigte sich alles was sie an uns von schwarzem

Taffet und Bändern kriegen konnte, und be: hing sich damit.

Baron. Macht mir den Kopf nicht warm mit eurer Erzählung! Genug so ist's, Herr Doctor! Sie wollte mich nicht wieder erken: nen, sie floh mich wie ein Gespenst, alle Hülfe ̧· war vergebens. Und ich werde mir ewig Vors würfe machen, daß ich sie, auch nur auf kurze Zeit, der unmenschlichen Behandlung eines Marktschreyers überließ, der sich bey mir ans zustreichen gewußt hatte. Er tritt zuriick.

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Friedrich. Es ist wahr, sie gerieth darüber in Wuth, flüchtete in den Wald, und versteckte sich daselbst. Man machte verge: bens gütliche Versuche, sie heraus zu bringen, und der Baron besteht darauf, er leide keine Gewalt mehr gegen sie. Man hat ihr heims lich eine Hütte zurechte gemacht, worin sie sich bey Tage verbirgt, und wohin ihr ein Kam: mermädchen, das einzige Geschöpf, dem sie

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traut, wenige einfache Speisen heimlich schaf; fen darf. So leben wir in trauriger Hoffs nung einen Tag nach dem andern hin. Unsere Familie, die in einem ewigen freudigen Leben von Tanz, Gesang, Festen und Ergeßungen schwebte, streicht an einander weg wie Ge spenster, und es wäre kein Wunder, wenn: man selbst den Verstand verlöre.

1. Verazio. Aus allem, was Sie mir fas gen, kann ich noch Hoffnung schöpfen.

Graf Altenstein kommt und tritt mis dem Baron zu ihnen.

Graf Altenstein. Hören Sie, Doctor! Man erzählt mir unten wunderbare Sachen; was sagen Sie dazu? Lila hat ihrem Kams mermädchen, der einzigen, zu der ihr Ver: trauen auch bey ihrem Wahnsinn geblieben ist, unter dem Siegel der größten Verschwies · genheit versichert, daß sie wohl wisse, woran fie sey: es sey "ihr offenbaret worden, ihr

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