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hingegen Aristides de mus. p. 33 der untheilbaren Zeiteinheit (χρόνος πρῶτος ἀδιαίρετος) die zusammengesetzte Zeit (χρόνος CÚVOεTOC) gegenüber stellt und diese das zwei-, drei- und vierfache der einfachen Zeit betragen lässt (σύνθετος δέ ἐστι χρόνος ὁ διαιρεῖσθαι δυνάμενος, τούτων δὲ ὁ μὲν διπλασίων ἐστὶ τοῦ πρώτου, ὁ δὲ τριπλασίων, ὁ δὲ τετραπλασίων μέχρι γὰρ τετράδος προῆλθεν ὁ ῥυθμικός χρόνος), so darf diese Bestimmung, wie zuerst Feussner, de antiqu. metr. et melorum discrimine p. 7, richtig erkannt hat, nicht auf die Dauer der langen Sylbe bezogen werden. Denn dem steht nicht bloss die Angabe des Anonymus entgegen, der die lange Sylbe sich bis zum Umfang von 5, nicht 4 Zeiten ausdehnen lässt, sondern auch der Ausdruck pulμiкòс xpóvoc, der um so eher auf die Grösse der Semeia oder Takttheile (xpóvo ποδικοί) zu beziehen ist, als der χρόνος ποδικός des grossten Taktes, des Epitrit, wirklich vier Zeiteinheiten beträgt; vgl. Augustin de mus. III 8.

119. Es ist wahr, die Zeugnisse für die drei- vier- und fünfzeitigen Längen stammen nicht aus alter Zeit und lassen sich auf keinen namhaften Gewährsmann zurückführen. Aber wenn die Schriftsteller der classischen Zeit nur von kurzen und langen Sylben sprechen und wenn Aristoxenus im Auszug des Psellus den Satz aufstellt ἥμισυ κατέχειν τὴν βραχεῖαν χρόνου, διπλάσιον dè την μакрáν', so lässt sich doch aus einem so allgemein gehaltenen Satz nicht die Schlussfolgerung ziehen, dass in der älteren Melik drei- und mehrzeitige Längen gar nicht zu suchen seien. Nur das darf wohl mit Recht vermuthet werden, dass in der Zeit des Aristoxenus die Theorie von der Mehrzeitigkeit der Sylben in der Lyrik noch nicht ausgebildet war, und dass man sich damals noch damit begnügte, nur im allgemeinen die regelmässigere Gestalt der Metra der freieren Weise der lyrischen Rhythmen und zusammengesetzen Füsse entgegenzusetzen.

Unter den neueren Gelehrten hat zuerst Apel in seiner 1813 erschienenen Metrik die Lehre von den mehrzeitigen Längen und den verschiedenen rhythmischen Werthen der langen und kurzen Sylben überhaupt wieder zur Geltung gebracht. Eine besondere Schrift widmete der theoretischen Seite der Frage Feussner, de antiquorum metrorum et melorum discrimine, Hanoviae 1836. Auf Grund der inzwischen erweiterten und vertiefteu Erkenntniss behandelte ich selbst viele hierher gehörige Punkte in meiner Abhandlung, Die rhythmische Continuität der griechischen Chorgesänge, in Abhdl. d. b. Ak. XIV Bd. III Abth.

Ueber die Lehre des Bellermannischen Anonymus ist in neuester Zeit

M. Schmidt in seinen metrischen Beiträgen zu Pindar und Sophokles noch hinausgegangen, indem er in mehreren katalektischen Versen der Schlusslänge den Werth eines Doppelfusses oder zweier gebundenen Noten von je 4 Zeiten zuweist, wie

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Hätten in der That die Alten eine Länge bis zu diesem Umfange ausgedehnt, so wäre uns damit ein sehr erwünschtes Mittel geboten, um den Anstoss zu beseitigen, welchen vereinzelte Tripodien inmitten von tetrapodischen Gliedern unserem rhythmischen Gefühle bereiten. Aber gegenüber den Zeugnissen der alten Musiker, welche den Werth einer Länge zwischen 2 und 5 Zeiten sich bewegen lassen, haben wir nicht gewagt, von dieser neuen Lehre irgend welchen Gebrauch zu machen.

120. Drei- und mehrzeitige Längen entstanden zunächst durch das Tempo, arwyn von den Griechen genannt. Da aber nie eine kurze Sylbe die Bedeutung einer langen oder den Umfang von zwei Zeiten erhalten durfte, so hatte jene Verlängerung der Sylben durch langsames und langsamstes Tempo nur statt, wenn ein Kolon aus lauter langen Sylben bestund. Auch die Namen der drei durch das Tempo gestreckten Füsse sind uns bei Aristides p. 36 erhalten, nämlich

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Der Charakter, den ein Lied durch solch ein weihevolles langsames Tempo erhielt, hiess Tропос споνдειάйwv; meist herrschte derselbe in heiligen Hymnen, welche die Spende beim Mahl und Opfer begleiteten; s. Aristides p. 98: eỉ dè dià uηkíсτшν xpóνшv συμβαίνει γίνεσθαι τοὺς πόδας, πλείων ἡ κατάστασις ἐμφαίνοιτ ̓ ἂν τῆς διανοίας· διὰ τοῦτο τοὺς μὲν βραχεῖς ἐν ταῖς πυρρίχαις χρησίμους ὁρῶμεν, τοὺς δὲ μηκίστους ἐν τοῖς ἱεροῖς ὕμνοις, οἷς ἐχρῶντο ПаρектεтаμÉνоιс. Vergleiche oben § 106.

'Arwyn bedeutet im allgemeinen den durch rhythmische Mittel bewirkten Charakter der Melodie, wie wenn Plutarch de mus. c. 29 von Lasos sagt, er habe die di☺upaμßiên áɣwrn in die Melik eingeführt, oder wenn Athenäus XIV p. 625 € von dem Jonier Pythermos behauptet, er habe die ¿rwyn tŵv μelŵv entsprechend dem Charakter der Jonier gestaltet, oder wenn von dem Musiker Bacchius p. 14 M. die μεταβολὴ κατὰ ῥυθμοῦ ἀγωγήν dahin definirt wird: ὅταν ῥυθμὸς ἀπὸ ἄρσεως ἢ θέσεως γένηται. Die specielle Bedeutung Tempo hat unser Wort bei Aristides p. 42: àɣwyǹ dé Écti þvoμikỲ χρόνων τάχος ἢ βραδυτής· οἷον ὅταν τῶν λόγων σωζομένων, οὓς αἱ θέσεις ποιοῦνται πρὸς τὰς ἄρσεις, διαφόρυς ἑκάστου χρόνου τὰ μεγέθη προφερώμεθα· vgl. Aristoxenus, harm. el. 34 καὶ γὰρ μένοντος τοῦ λόγου, καθ ̓ ὃν διώριεται τὰ γένη, τὰ μεγέθη κινεῖται τῶν ποδῶν διὰ τὴν τῆς ἀγωγῆς δύναμιν·

und Plato de rep. III p. 400 C. Im Mittelalter unterscheidet Manuel Bryennios, harm. III 10 in ganz verschiedenem Sinne drei Arten von Agoge, die εὐθεῖα, die ανακάμπτουςα, und die περιφερής.

121. Zweitens haben drei- und mehrzeitige Längen ihre Stelle am Schlusse eines katalektischen Kolon, wenn innerhalb eines Verses oder einer Periode der letzte Takt eines Kolon in der Lexis nur durch éine Sylbe ausgefüllt wird. Die Erstreckung der langen Sylbe bis zum Umfang von 5 Zeiten beim Bellermannischen Anonymus hängt offenbar damit zusammen, dass in einem solchen unvollständigen Kolon die schliessende Länge theils einen jambischen, theils einen daktylischen, theils einen päonischen Fuss vertreten kann, wie in

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λαβοῦσα συγχόρευον· αἴρων δὲ κουφιῷ c ̓ ἐγώ (Αν. 1759)

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ὦ φίλος, ὦ φίλε Βακχεῖε, ποῖ οἰοπολεῖς (Eur. Cycl. 74)

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ἤτοι Πίσα μὲν Διός· Ὀλυμπιάδα δ ̓ ἔφτασεν Ἡρακλέης (Pind. Οl. ΙΙ 3)

Wir nennen solche Verse mit scheinbar unterbrochenem Rhythmus nach Westphals Vorgang synkopirte. In den meisten Versen der Art fällt mit dem Ende des unvollständigen Kolon Wortschluss zusammen, so dass der fehlende Theil des Taktes wenn nicht ganz, so doch theilweise durch die Pause ausgefüllt wird. Augustin de mus. IV 14 lässt geradezu die zwei fehlenden Zeiten im elegischen Versmass durch die Pause ausgefüllt werden: duo constituuntur non pleni pedes, unus in capite, alter in fine, qualis iste est

gentiles nostros inter oberrat equos.

sensisti enim, ut opinor, me post quinque syllabas longas moram duorum temporum siluisse, et tantundem in fine silentium est. Vgl. Quintilian IX 4, 98. 108, Victorinus III 6, 3. IV 1, 76, Pseudo- Atilius p. 261, Schol. zu Aristoph. Vögeln v. 451. Im übrigen scheinen es die Dichter den Sängern überlassen zu haben, inwieweit sie im einzelnen den Rest des Fusses durch Pause oder Dehnung der Schlusssylbe ausfüllen wollten. Deshalb kann es auch keinen Anstoss erregen, wenn von zwei entsprechenden Versen der eine zum längeren Anhalten der Länge nöthigt, der andere die Einfügung einer Pause begünstigt, wie im Agamemnon v. 160-168:

Ζεὺς ὅστις ποτ ̓ ἐστὶν, εἰ τόδ ̓ αὐτῷ φίλον κεκλημένῳ.
οὐδ ̓ ὅστις πάροιθεν ἢν μέγας, | παμμάχῳ θράσει βρύων.

Denn eine Pause konnte nur zwischen zwei Wörter, nicht auch zwischen die Sylben desselben Wortes fallen, etwas was sich von selbst versteht und ausdrücklich von Augustin de mus. IV 14 ausgesprochen ist: sileri autem oportet non nisi terminatur pars orationis. Vgl. oben § 66.

Dass innerhalb einer Periode eine Unterbrechung des Rhythmus nicht eintreten dürfe, dass also überall da, wo 2 Kola mit den Arsen zusammenstossen, durch Pause oder Dehnung der Schlusssylbe des 1. Kolon der regelmässige Fortgang des Rhythmus hergestellt werden müsse, ist zwar nirgends von den alten Schriftstellern bestimmt ausgesprochen, scheint aber so selbstverständlich und in der Natur der Sache begründet zu sein, dass die Mehrzahl der neueren Metriker auch ohne Zeugniss aus dem Alterthum an den betreffenden Stellen ihre Pausen- und Dehnungszeichen setzt. Wenn aber einige Mal Pindar und Euripides die Schlusslänge eines katalektischen Kolon aufzulösen sich gestatteten, so beweist dieses immerhin, dass sich selbst die Dichter über jenes Vorhältniss nicht ganz klar waren. Der Grund dieser Unklarheit ist darin zu suchen, dass es bei den Griechen auch Rhythmen gab, in denen die Abweichung von der regelmässigen Aufeinanderfolge von Hebung und Senkung mit zum Wesen des Rhythmus gehörte, ich meine die dochmischen und kretischen Rhythmen.

Bis auf die Dauer von drei, oder gar von vier und fünf Zeiten konnten natürlich lange Sylben nur im Gesang angehalten werden; beim Recitiren hätte eine so starke Ueberschreitung des natürlichen Gehaltes der Sylben einen komischen Eindruck gemacht. Als desshalb in der alexandrinischen und römischen Zeit die lebensvolle Verbindung von Poesie und Musik sich löste und die lyrischen Gedichte nur den Schein des Liedes erborgten, musste eine weitgreifende Umgestaltung in den metrischen Formen der lyrischen Poesie eintreten. Die Dichter vermieden Versformen, in deren metrischem Schema zwei Arsen zusammentrafen, und wo sie doch solche aus der älteren Lyrik herübernahmen, bauten sie dieselben regelmässig so, dass mit der ersten der zusammenstossenden Längen ein Wort schloss und so der fehlende Zeittheil in die Pause fiel. Das beobachten wir in dem daktylischen Pentameter, in dem Priapeius, und besonders in den lyrischen Versmassen des Horaz. Darum empfiehlt auch der Metriker Heliodor (s. schol. Heph. p. 197) die kretischen Verse so zu bauen, dass mit jedem Fuss ein Wort schliesse, eben damit durch die Pause nach dem Wortschluss der dem Sylbengehalt nach fünfzeitige Fuss den Umfang einer sechszeitigen Basis erhalte.

122. Gleich geläufig wie das längere Anhalten der Schlusslänge eines katalektischen Kolon ist unserem melodischen Gefühle die längere Dauer der vorletzten Länge eines thetisch schliessenden oder auf 2 Längen ausgehenden Verses. Durch die beigeschriebenen Noten (s. Fragm. der Rhythm. p. 57 W.) bezeugt ist eine solche mehrzeitige Länge in dem Hymnus auf Helios:

χιονοβλεφάρου πάτερ Ἀους

In zahlreichen anderen Fällen wird die gleiche Messung durch die Symmetrie des Periodenbaues und die Vorliebe der Alten für dipodischen Versbau zur grössten Wahrscheinlichkeit erhoben,

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δεῦτε νυν ἄβραι Χάριτες καλλίκομοί τε Μοίσαι.

123. In den zuletzt angeführten Versen vertreten die zwei schliessenden Längen einen ganzen sechszeitigen Doppelfuss indem entweder beide Längen den Umfang von je 3 Zeiten haben, oder nur die erste einen ganzen trochäischen Fuss vertritt, die zweite hingegen zur Vervollständigung des Taktes eine leere Zeit zu Hilfe nimmt. Diese Freiheit durch 2 gedehnte Längen einen Doppelfuss vertreten zu lassen ward nun aber in der Lyrik von dem Versende auch auf die mittleren Stellen des Verses übertragen. Namentlich findet sich dieselbe häufig in den majestätischen Chorgesängen des Aeschylus; aber auch schon Pindar übte dieselbe in den feierlichen Weisen des dorischen Chorgesangs. Als Beispiele mögen dienen:

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πείθονται δ ̓ ἀοιδοί άμασιν (Pind. Ρyth. I 3)

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ῥυσίβωμον Ἑλλάνων ἄγαλμα δαιμόνων (Aesch. Eum. 920)

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κρατύνεις βωμὸν ἑστίαν χθονός (Aesch. Suppl. 372)

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τέκνοισιν Ζῆν ̓ ἄβουλον εἶδεν (Soph. Trach. 139)

Hiemit habe ich die hauptsächlichsten Fälle aufgezählt, wo eine mehrzeitige Länge mit Zuversicht angenommen werden kann. Die Erwägung einiger besonderen Fälle und die reichere Vorführung von Beispielen muss dem speciellen Theile vorbehalten bleiben. Im Allgemeinen scheinen die klassischen Dichter den Gebrauch mehrzeitiger Längen auf diejenigen Fälle eingeschränkt zu haben, wo sie die Abweichung von der gewöhnlichen Quantität durch Annahme der Unvollständigkeit eines Fusses oder einer Dipodie rechtfertigen konnten. Denn wenn die alten Metriker den Vers ~_~_~ einen dimeter brachycatalectus nennen, so will dieses doch nichts anders besagen, als dass die letzten 2 Sylben die rhythmische Bedeutung einer ganzen Syzygie von 6 Zeiten haben. Es ist also die Lehre von den mehrzeitigen Längen versteckt in der Theorie der Metriker von

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