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H5. D85

Einleitung.

1. Das Leben des Dichters.

Fünf Jahre nach Virgil, am 8. December des Jahres 65 v. Chr., wurde an der Grenze Apuliens in dem in einem wilden Apenninenthale gelegenen Städtchen Venusia (Venosa) Roms grösster Lyriker und Satiriker, Quintus Horatius Flaccus, geboren. Sein Vater, der Sohn eines Sklaven, hatte sich durch redlichen Fleiss und natürliches Geschick die Freiheit, ein kleines Bauerngut und die Stelle eines Einnehmers der Staatspachten (coactor exactionum) erworben. Um seinem Sohne eine höhere Bildung zu verleihen, verkaufte er das Gütchen, gab seine Stelle auf und zog, etwa im zwölften Lebensjahre des Dichters, nach Rom, wo damals Cäsar, der Besieger Galliens, in höchsten Ehren stand. Der Vater wachte mit treuester Sorgfalt über die geistige und sittliche Bildung seines hoffnungsvollen, einzig geliebten Sohnes, dessen Herz er durch tüchtige sittliche Grundsätze und beständiges Hindeuten auf erhebende und abmahnende Beispiele zu bilden suchte, wie er ihn vor allen Verführungen zu bewahren eifrig bestrebt war. Zur wissenschaftlichen Bildung eines Römers gehörte ganz besonders die Kenntniss der Griechischen Dichter und Weisen; die letztere gedachte der heranreifende Jüngling, wie seine vornehmen Zeitgenossen, sich im Umgange und Unterrichte der in Athen lehrenden Weisen zu gewinnen. Auch hierzu bot ihm der Vater die Mittel, wenn dieser nicht etwa vorher zu Rom gestorben war. Um das Jahr 46 verliess der junge Horaz die Weltstadt, wohin ein Jahr vorher Virgil von Neapel, wo er längere Zeit verweilt hatte, gekommen war, um den Unterricht des mit Cicero befreundeten Epikureers Syron zu geniessen. In Athen glänzten zu jener Zeit als Häupter der Philosophie der Akademiker Theomnestos, der Peripatetiker Kratippos und der Epikureer Philodemos. Leider

sollten den Horaz die staatlichen Stürme, die ihn bereits zu Rom lebhaft ergriffen hatten, bald seinem friedlichen Aufenthalt entreissen. Cäsar, der Besieger des Pompeius und seiner Anhänger, der Allgewaltige, dessen Alleinherrschaft der edle Cato sich durch den Tod entzogen hatte, fiel unter den Händen der Verschworenen. M. Junius Brutus, welcher der Sache der Freiheit in der Ermordung seines Freundes das schwerste Opfer gebracht hatte, eilte nach Athen, wo er die dort weilenden vornehmen Römischen Jünglinge für die Vertheidigung der Freiheit zu gewinnen hoffte. Auch Horaz schloss sich ihm mit voller Seele an. Zunächst begleitete er ihn nach Asien, wo er unter ihm als Kriegstribun (tribunus militum) diente, da bereits der Krieg mit den Triumvirn unvermeidlich schien. Mit Cassius verbunden, zog Brutus nach Makedonien, wo die verhängnissvolle Schlacht bei Philippi im Herbste 42, im dreiundzwanzigsten Lebensjahre des Dichters, gegen den Bestand des Freistaates entschied. Horaz wurde nach tapferm Kampfe von der allgemeinen Flucht fortgerissen und gefangen genommen. Er gab sich nicht freiwillig den Tod, wie Brutus und viele andere edle Römer, sondern nahm die ihm angebotene Freiheit an, da er an der Wiederherstellung der freien Verfassung, aber nicht an dem Vaterlande und seiner eigenen würdigen Wirksamkeit verzweifelte. Freilich zog er sich vom eigentlichen Staatsleben zurück, da er seinen schönsten Jugendträumen hatte entsagen müssen, und er widmete sich nur in so weit einer amtlichen Wirksamkeit, als diese ihm die Mittel bieten sollte, ohne störende Sorge dem freien Zuge seines Geistes zu folgen. In diese Zeit scheint das älteste erhaltene Horazische Gedicht, die dreizehnte Epode, zu fallen, die in einem wie es scheint, von Horaz erfundenen Versmasse gedichtet ist. Dass er sich früher schon viel in ähnlichen Gedichten versucht hatte, kann kaum bezweifelt werden. Zu Rom kaufte er sich eine Stelle als öffentlicher Schreiber. Der nicht unehrenhafte Stand der Schreiber (scribae) war besonders einträglich. Ob Horaz der Schreiber eines Praetors, eines Quaestors oder eines Tribunen gewesen, ist nicht zu entscheiden. Seine freien Stunden wird er der Beschäftigung mit Griechischen und Römischen Dichtern und Weisen und eigenen dichterischen Versuchen zugewandt haben. Die meisten in jener Zeit entstandenen Gedichte verwarf er später, nur die sechzehnte Epode, die er in

einem von Griechischen Dichtern zu Epigrammen verwandten Versmasse dichtete, und die siebente Satire des ersten Buches scheinen damals, im Jahre 41, entstanden zu sein. Unterdessen hatte Virgil bereits durch einige. bukolische Gedichte sich bekannt gemacht und sich besonders dem Asinius Pollio, dem Legaten des Antonius in seiner Heimat, bestens empfohlen. Als dieser aber im Herbste 40 dem Antonius zu Hülfe eilte, musste Virgil, durch die Veteranen im Besitze seines väterlichen Gutes bedroht, nach Rom fliehen, wo er, nachdem Pollio ihn dem bei Octavian in höchster Gunst stehenden Ritter C. Cilnius Mäcenas empfohlen hatte, den ungestörten Besitz seines Gutes erlangte. Mäcenas fand bald so grosse Lust an dem liebenswürdigen Dichter, dass er zu ihm in ein vertrautes Verhältniss trat und ihm ein Haus in der Nähe seiner eigenen Gärten zum Geschenke machte. Horaz machte damals, wenn dies nicht etwa schon früher geschehen war, Virgils Bekanntschaft, und dieser, wie darauf der ältere Dichter L. Varius, empfahl ihn angelegentlichst dem Mäcenas. Ende 39 oder zu Anfang des folgenden Jahres hatte Horaz zum erstenmal bei Mäcenas Zutritt, doch blieb diese Zusammenkunft vorab ohne weitere Folgen. Erst neun Monate später liess Mäcenas den Dichter zu sich rufen und nahm ihn unter seine Freunde auf. Horazens Versuche in den Satiren und den iambischen Spottgedichten scheinen sein besonderes Gefallen erregt zu haben, aber er würdigte ihn nicht eher seiner Freundschaft, bis er sich von der Reinheit seines Charakters und von seiner politischen Gesinnung überzeugt zu haben glaubte. Wahrscheinlich fallen kurz vorher die siebente Epode im Archilochischen Epodenmasse und die achte Satire des ersten Buches. Wie dem Virgil, so schenkte Mäcenas auch dem Horaz eine Wohnung in seiner Nähe auf den Esquilien, und er machte es ihm möglich, seine Schreiberstelle aufzugeben. Im Frühlinge 37 war unser Dichter sein Begleiter auf einer Reise nach Brundisium, welche er bald darauf in der fünften Satire des ersten Buches mit geistreicher Laune beschrieb. Um dieselbe Zeit fällt auch die scherzhafte, das vertraute Verhältniss zu Mäcenas bekundende dritte Epode im Archilochischen Epodenmasse. Der Neid gegen Horaz, den Sohn des Freigelassenen, der öffentlich als innigster Freund des Mäcenas sich darstellte, wandte jetzt seine bittersten Pfeile gegen den Dichter, dieser aber traf durch

manche neue gelungene Dichtungen, iambische Spottgedichte wie Satiren, seine Gegner auf das schärfste, wodurch er immer höher in der Gunst des Mäcenas stieg. Dass er mit ihm im Jahre 36 die Besiegung des S. Pompejus durch Agrippa in altem Cäcuber gefeiert, erwähnt er gelegentlich fünf Jahre später (Epode 9); zu einem dichterischen Preise desselben fühlte. er sich nicht getrieben. Nach der Herausgabe des ersten Buches der Satiren im Jahre 34, seinem einunddreissigsten Lebensjahre, schenkte Mäcenas, der seine Sehnsucht nach einem einsamen Landsitze, wo er sich selbst leben könne, wohl zu würdigen wusste, ihm ein Gütchen beim Städtchen Varia (VicoVaro), etwas mehr als zwei Stunden von Tibur (Tivoli) entfernt, wohin ein angenehmer Weg führte. Sein Freund Virgil, der schon drei Jahre früher durch die Herausgabe der Sammlung der Bucolica seinen Dichterruf gegründet hatte, lebte damals seiner schwächlichen Gesundheit wegen meist zu Neapel, eifrigst mit der Ausarbeitung seiner auf Antrieb des Mäcenas unternommenen Georgica beschäftigt, deren erstes Buch gleichfalls schon erschienen war, ehe Horaz das erste Buch der Satiren herausgab. Dieser stand ausser mit Virgil auch mit den anerkanntesten Dichtern der Zeit, mit dem durch seine Tragödien bekannten mächtigen Asinius Pollio, dem Epiker Varius und dem Komödiendichter Fundanius in Verbindung, und wie gross die Zahl seiner durch Stellung und Bildung hervorragenden Freunde damals war, deutet er am Ende der letzten Satire des ersten Buches an. Mit den zur Zeit noch sehr jungen Dichtern Properz und Tibull wird er kaum in entfernte Berührung gekommen sein.

Der Herausgabe des ersten Buches der Satiren folgten bald andere Satiren und iambische Gedichte; auch von letztern versprach Horaz dem Mäcenas nächstens eine Sammlung. Aber auch die ersten lyrischen Gedichte, eigentliche odae1), fallen in diese Zeit, noch vor die Herausgabe der Epoden und des zweiten Buches der Satiren. Auf Veranlassung des im Jahre 32 drohenden Ausbruches des Krieges zwischen Octavian und

1) Die Bezeichnung jedes einzelnen Gedichtes als o de findet sich bei den Grammatikern und verdient in der Ueberschrift der Gedichte vor dem neuerdings beliebten carmen den Vorzug. Aber in den Ueberschriften der Bücher selbst steht carminum liber, an dessen Stelle odarum liber erst spät aufkam. Neben ode findet sich nur selten asma.

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