5. Unterseeische Leitungen.

Nachdem G. Wheatstone schon 1840 dem englischen Unterhause den Plan zu einem Telegraphenseil zwischen Dover und Calais vorgelegt, Morse 1843 sogar bereits die Herstellung einer unterseeischen Verbindung zwischen Amerika und Europa befürwortet hatte, wurde im Jahre 1848 zunächst mit der Anlage von Flusskabeln der Anfang gemacht. Werner Siemens legte in dem genannten Jahre eine durch Eisenhüllen geschützte Leitung zwischen Cöln und Deutz durch den Rhein und bediente sich im Kieler Hafen eines mit Guttapercha umpressten Leitungsdrahtes zur Zündung unterseeischer Minen. Zu derselben Zeit begann man in England, in Amerika und in Oesterreich Unterwasserkabel durch Flüsse, Kanäle und kleinere Meeresarme zu legen.

Das erste unterseeische Kabel im eigentlichen Sinne des Wortes ist 1850 zwischen Dover und Calais angebracht worden; wegen ungenügenden Schutzes wurde es jedoch nach wenigen Stunden an den Felsen des französischen Ufers durchgescheuert. Die an Stelle dieses Kabels 1851 versenkte Leitung ist noch heute in Thätigkeit. Im Jahre 1852 wurden England und Schottland mit Irland, Fünen mit Seeland und Jütland, England mit Belgien und Holland, 1854 Seeland mit Schweden, Italien und Sardinien mit Corsika verbunden.

Durch die raschen Fortschritte der unterseeischen Telegraphie angeregt, fasste im März 1854 der Amerikaner Cyrus Field den Plan, zwischen Amerika und Europa eine telegraphische Verbindung zur Ausführung zu bringen. Die

Leiden und die Triumphe des transatlantischen Kabelunternehmens haben in Henry Field's History of the Atlantic Telegraph (London 1866) und dem Prachtwerke des bekannten Journalisten W. H. Russel, the Atlantic Telegraph, eigene Lebensbeschreibungen gefunden. Es genüge hier daran zu erinnern, dass, nachdem der erste Versuch einer Kabellegung zwischen dem irischen Hafen Valentia und Neufundland durch das Zerreissen des Kabels bald nach der Abfahrt von Irland misslungen war, und nachdem das am 6. August 1858 zwischen denselben Endpunkten glücklich vollendete Kabel bereits nach einer Benutzung von wenigen Tagen den Dienst versagt hatte, es im Jahre 1866 der von dem unermüdlichen Cyrus Field neu constituirten Anglo American Telegraph Company gelang, das noch jetzt in Thätigkeit befindliche Kabel zu verlegen, welchem noch in demselben Jahre ein zweites Kabel auf derselben Linie folgte. Von einer französischen Gesellschaft sind dann im Jahre 1869 zwischen Brest und Neufundland ein drittes, von englischen Gesellschaften 1873 und 1874 zwei weitere Kabel von Valentia nach Neufundland errichtet worden, so dass gegenwärtig fünf telegraphische Verbindungen zwischen Europa und Nordamerika bestehen. Die Kühnheit und die unerschütterliche Ausdauer, welche Cyrus Field bei der Ausführung des grossen Unternehmens bewiesen hat, verdienen rückhaltlos anerkannt zu werden, besonders wenn man erwägt, dass vor 1858 kein Kabel von mehr als 350 engl. Meilen Länge mit Erfolg versenkt worden war, während es sich bei den Atlantischen Kabeln um Leitungen von ungefähr 2000 Seemeilen handelt.

Der kurze Erfolg des Kabels von 1858 hatte einen unermesslichen Freudenjubel hervorgerufen. Der Präsident der Vereinigten Staaten und die Königin Victoria von England hatten sich in unterseeischen Depeschen zur Vollendung des grossen Werkes beglückwünscht; die parlamentarischen Körperschaften, die Presse, die Literatur und die Dichtkunst hatten P. D. Fischer: Post und Telegraphie.

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gewetteifert, das Kabel als eine Bürgschaft des Friedens und einen Hebel für die Annäherung der Völker zu feiern.

With clasped hands the continents

Feel throbbings of each other's heart,

sang ein amerikanischer Poet; mit gleicher Begeisterung erwiderte der elsässische Pfarrer Adolf Stoeber:

Nein, kein Ocean mehr trennet die alte Welt

Von der neuen, ein Band schlingt um beide sich;

Eines Hauses Genossen

Sind die Völker von Pol zu Pol.

Trotz der Enttäuschung, welche diesem Jubel durch die kurze Lebensdauer des Kabels von 1858 bereitet wurde, ist der Erfolg des Atlantischen Kabels doch von gewaltigem und nachhaltigem Einfluss auf die Ausdehnung der unterseeischen Telegraphie gewesen. Während man sich bis dahin auf die Ueberbrückung schmalerer Meeresstrecken beschränkt hatte, wurden jetzt Unternehmungen in grossem Stil in Angriff genommen und nach mancherlei Wechselfällen, auf welche näher einzugehen hier nicht der Ort ist, glücklich durchgeführt. Der Great Northern Telegraph Company, welche die längste Ueberlandlinie der Welt, quer durch Europa und Asien bis nach Wladiwostock am Stillen Ocean erbaut hat, gelang es, diesen Endpunkt durch Kabel mit Japan und China zu verbinden. Die Eastern Telegraph Company, welche Unterseetelegraphen von England nach Portugal, Gibraltar, Malta und Alexandrien mit vielfachen Abzweigungen nach den Küstenstaaten des Mittelmeers besitzt, stellte im Jahre 1870 durch die beiden grossen Kabel von Suez nach Aden und von dort nach Bombay die unterseeische Verbindung des indischen Reichs mit England her. Diese Verbindung ist demnächst von der Eastern Extension Australasia and China Telegraph Company durch zahlreiche Kabellegungen im

Indischen Ocean, sowie in den Ostasiatischen und Australischen Meeren nach Ostasien und Australien ausgedehnt worden. Die Brazilian Submarine Telegraph Company hat im Jahre 1874 durch drei Kabel zwischen (Lissabon - Madeira, MadeiraSt.-Vincent, St.-Vincent-Pernambuco) auf einer Strecke von 3866 Seemeilen eine unmittelbare Telegraphenverbindung zwischen Europa und Südamerika errichtet.

Der Umfang der im Jahre 1877 im Betrieb befindlichen Unterseekabel, sowie das Verhältniss, in welchem die Privatgesellschaften und Staatsverwaltungen an diesen Leitungen betheiligt sind, geht aus der nachfolgenden Uebersicht hervor, welche der vortrefflichen mit einer Reihe wichtiger Mittheilungen über die Errichtung und den Betrieb der einzelnen Kabel versehenen Zusammenstellung im Journal télégraphique Bd. III Seite 575-590 entnommen ist.