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den Küstenstädten über Larache, Rabat und Mazagan bis Mogador in vierzehntägigen Fussmärschen herstellen, sind im Frühjahr, wenn die Flüsse durch die schmelzenden Schneemassen des Atlas anschwellen, und während der winterlichen Regengüsse nicht im Stande, diese Beförderungszeit einzuhalten.

In den europäischen Kulturstaaten sind Zahl und Umfang der Postfussbotenkurse ebenfalls beträchtlicher, als man sich in der Regel vorstellt. In Griechenland werden 10,605 km wöchentlich zwei mal, 220 km. wöchentlich vier mal durch Fussboten zurückgelegt, was für das kleine Land die ansehnliche Jahressumme von 1,180,680 km ergiebt. Italien steht mit einer täglichen Postfussbeförderung von 25,182 km oder jährlich ungefähr 8 Millionen km, Frankreich mit täglich 36,704 km, was einer Jahresleistung von rund 1312 Millionen km entspricht, in der Berner Statistik von 1877 aufgeführt. Die ebendaselbst angegebene Zahl von 79,632 km täglicher Postfussbeförderung für Spanien, was für das Jahr die ungeheure Summe von rund 29 Millionen km ergeben würde, ist so hoch, dass ich, obschon die Uebersicht von 1876 genau dieselbe Zahl enthält, annehmen möchte, dass diese Angaben auf einem Missverständniss beruhen, oder dass in ihnen die Landbriefbestellung einbegriffen ist.

Für das deutsche Reichspostgebiet ergiebt sich nach der Statistik für das Kalenderjahr 1877 die beträchtliche Zahl von 2,132 Botenposten, welche sich auf 1,686 Postkursen von insgesammt 14,044 km Länge überwiegend täglich einmal (160 weniger als täglich einmal, 264 täglich 2 mal, 67 täglich 3 mal oder mehr) bewegten und jährlich zusammen 10,554,033 km zurücklegten.

Zwar wird im posttechnischen Sinne die Bestellung der Sendungen von der eigentlichen Postbeförderung geschieden. Es darf jedoch die grosse Summe der Leistungen, welche sich in den täglichen Umgängen der Orts- und der Landbriefträger darstellt, unbedenklich den Mitteln des Weltpost

verkehrs hinzugezählt werden, da eine der wesentlichsten Eigenschaften der Postanstalt, ihre Anziehungskraft auf die kleinsten Verkehrsgebilde, hauptsächlich durch die Regelmässigkeit und den Umfang des Bestellungsdienstes bedingt wird. Was zunächst die Ortsbriefträger anlangt, so sei hier, ohne die Sache auch nur annähernd erschöpfen zu wollen, lediglich auf die überaus grosse Mannigfaltigkeit hingewiesen, in welcher dieser Zweig des Postdienstes je nach der Verschiedenheit der Organisation des Postwesens in den einzelnen Ländern, der Landessitten und der örtlichen Wohnungsverhältnisse sich gestaltet. Die Aufgabe des englischen letter-carrier, der in den grösseren Städten seines Landes fast überall Hausbriefkasten vorfindet, in welche er seine Sendungen einfach hineinlegen kann, oder des französischen facteur, welcher in Paris reglementsmässig berechtigt ist, die Briefe für sämmtliche Hausbewohner an den concierge abzugeben, ist eine wesentlich leichtere als die des Berliner Briefträgers, dessen Bestellgänge auf den Vorder- und Hintertreppen unserer Miethskasernen eine selbst für Mitglieder des Alpenklubs ansehnliche Gesammtsteigung erreichen, und der, um einen Preiskurant oder eine Geschäftsanzeige an den nicht selten unwilligen Empfänger zu bestellen, oft minutenlang vor dessen Thür zu warten hat.

Die Ausbildung der Landbriefträgeranstalt ist durchweg eine Schöpfung des neunzehnten Jahrhunderts. Während noch bis in die dreissiger Jahre desselben die Landbewohner selbst für die Abholung ihrer Postsendungen aus dem ihnen nächst gelegenen Postorte zu sorgen hatten und froh sein konnten, wenn ihnen dies Geschäft, durch Gastwirthe, Thorschreiber, Botenfrauen und andere mehr oder minder zuverlässige Ersatzmannschaften erleichtert wurde: ist gegenwärtig, nach dem energischen Vorgange der französischen Postverwaltung, in der Mehrzahl der europäischen Kulturstaaten der Landbrief bestelldienst staatlich organisirt und zu einem wirk

samen Hebel der Verbindung des platten Landes mit den Städten ausgestaltet worden. In Frankreich wurde durch das Gesetz vom Jahre 1829 ein auf das ganze Land ausgedehnter Service rural eingerichtet; es wurden mit einem Schlage 4500 Landbriefträger angenommen, welche die mit den Posten angekommenen, sowie die im Bezirke der Postanstalt aufgegebenen Briefe in allen Mairien mindestens einen Tag um den andern zu bestellen hatten. Diese grossartige Massregel ist bereits durch das Gesetz von 1832 zu einer durchgängig täglichen Landbriefbestellung erweitert worden. Deutschland kann um die Ehre der Priorität in der Einrichtung der Landbriefbestellung insofern mit Frankreich streiten, als bereits im Jahre 1824 von dem preussischen General - Postmeister von Nagler eine lediglich für diesen Zweck bestimmte Fussbotenpost probeweise, zunächst bei dem Postamte in Frankfurt a. O., in's Leben gerufen und demnächst allmählich weiter ausgebildet worden ist. Jedoch ist die Ausdehnung des Instituts in Deutschland unzweifelhaft langsamer vor sich gegangen als in Frankreich; dasselbe hat in Preussen erst in den fünfziger Jahren einen namhafteren, seitdem allerdings schnell wachsenden Umfang erreicht. Gegenwärtig sind im deutschen Reichspostgebiete 11,759 Landbriefträger thätig, welche bei einer Durchschnittsleistung .von täglich 25 km, wenn wegen der Sonn- und Feiertage sowie wegen Verhinderungen durch Krankheit u. s. w. 300 Tage angesetzt werden, des Jahres über ungefähr 88 Millionen km marschieren, um jedem bewohnten Orte innerhalb dieses Gebietes fast ausnahmslos täglich Briefe, Zeitungen, Drucksachen, Waarenproben, Postanweisungen und Postaufträge unter Auszahlung und Einkassirung der Geldbeträge, sowie leichtere Postpackete mittels Bestellung von Haus zu Haus zu überbringen, und um gleichzeitig auf ihren Bestellgängen einen von Jahr zu Jahr beträchtlicheren Theil der von der Landbevölkerung ausgehenden Postsendungen einzusammeln.

Auf der Zuverlässigkeit, der Pünktlichkeit und der Rüstigkeit der Orts- und der Landbriefboten beruht ein Haupttheil der ganzen Kulturleistung des Postinstituts. Nicht Wind noch Wetter, nicht Schnee noch Flut darf den regelmässigen Gang dieser Unermüdlichen aufhalten. Zum Brocken, zum Inselsberg, zur Schneekoppe und zum Feldberg steigen, so lange die auf diesen Bergen befindlichen Gasthäuser dem Verkehr geöffnet sind, nahezu täglich Landbriefträger hinauf. Nachdem der ursprünglich die ganze Länge der Halbinsel Hela durchmessende Botenkurs vor einigen Jahren getheilt worden ist, legen die Landbriefträger ihre Strecken von Putzig nach Heisternest und von Heisternest nach Hela trotz des oft knietiefen beweglichen Sandes der Ostseedünen mit einem berechtigten Gefühle der Erleichterung zurück. Auf grundlosen Pfaden müssen im Frühling und im Spätherbst die friesischen und die littauischen Landbriefträger über Moor und Sumpf zu den weit ausgedehnten Ausbauten, Hauländereien, Fehnkolonien u. s. w. durchwaten, froh, wenn ihnen anhaltender Winterfrost und feste Schneedecke die Anwendung von Schlittschuhen ermöglichen. Im französischen Jura bedienen. sich die facteurs ruraux einer Art langer und flacher Schneeschuhe (cerceaux), welche den Marsch auf stark verschneiten Wegen erleichtern. Die Landbriefbestellung in den sandigen Haiden des Departements les Landes wird, dem Ortsgebrauch der Bevölkerung entsprechend, auf Stelzen ausgeführt. Das Bild eines solchen auf seinen hautes échasses mit Gewandtheit dahinstelzenden facteur échassier befindet sich, Dank der Gefälligkeit, mit welcher die französische Postverwaltung dem Wunsche des General - Postmeisters nachgekommen ist, im Berliner Postmuseum. In Indien hat, wenn die derselben Sammlung übermittelten Photographien noch gegenwärtig dem thatsächlichen Gebrauch entsprechen, ein viel moderneres Hülfsmittel für Fusswanderer, das Velociped, Verwendung im Postbestelldienst gefunden.

Neben den Schwierigkeiten, welche der Infanterie der Post durch die Bodenbeschaffenheit und das Klima bereitet werden, hat sie an manchen Orten noch überdies Fährlichkeiten minder unerlässlicher, aber nicht weniger unbequemer Art zu bestehen. Anfälle durch Raubgesellen, wie sie in Berlin und in Wien gegen Geldbriefträger vollführt worden sind, gehören glücklicher Weise zu den Seltenheiten; und die Fälle, in denen dem Landbriefträger auf freier Strasse seine Tasche von einem Strauchdiebe abgenommen wird, unterliegen, wenn sie vorkommen, bei der argwöhnischen Criminaljustiz fast regelmässig einer sorgfältigen Erörterung nach der Richtung, ob nicht der angeblich Beraubte an sich selbst zum Missethäter geworden sei, um einen Fehlbetrag in seinem Geldbestande zu verdecken. Auffallender Weise vermehren sich dagegen die Klagen der Postboten über die Anfälle, denen sie beim Betreten der Gehöfte durch bissige Hunde ausgesetzt sind. Der Bericht des englischen GeneralPostmeisters für 1877 konstatirt, dass die Zahl der von Hunden gebissenen Briefträger, wie in den Vorjahren, eine nicht unbedeutende gewesen ist, und wirft die Frage auf, ob etwa diese Unfälle durch eine besondere Abneigung des Hundes gegen die Postuniform hervorgerufen würden. Ohne der Entscheidung dieser Frage vorzugreifen, wird die Vermuthung gestattet sein, dass die Zahl der Unfälle sich wahrscheinlich verringern würde, wenn die englische Postverwaltung den Entschädigungs-Anspruch der gebissenen Briefträger gegen die Eigenthümer der postfeindlichen Thiere mit gleichem Nachdruck zur Geltung brächte, wie dies in Deutschland zu geschehen pflegt.

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