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die Isolatoren wurden theilweise in die Rohrdickichte verschleppt. Was bei Tag ausgebessert worden war, wurde in drei aufeinander folgenden Nächten wieder zerstört. Ausserdem machen es die zahlreichen Tiger, Bären, wilden Büffel u. s. w. äusserst schwierig, die Leitungen in den dichten Urwäldern zu überwachen, während grosse und kleine Affen auf den Drähten ihre gymnastischen Uebungen bewerkstelligen, dieselben zerreissen oder die Isolatoren zerschlagen.

Wenn diese Notizen geeignet sind, die Besonderheiten der Lage zu charakterisiren, in welcher die Telegraphenanlagen sich in unkultivirten Ländern befinden, so deuten sie zugleich auf Störungen hin, vor denen die oberirdischen Leitungen auch in angebauten und mit allen Hülfsmitteln der modernen Polizei ausgerüsteten Ländern nicht hinlänglich geschützt werden können. Die Wilden Australiens lassen. sich, nach einer Mittheilung des französischen TelegraphenJournals l'Électricité, dadurch in Respekt vor dem Telegraphen setzen, dass man die eisernen Träger der Leitung in gewissen Abständen mit einer Vorrichtung versieht, vermöge deren jede Berührung mit einem kräftigen elektrischen Schlage vergolten wird. Solche Torpedostangen vermögen die Träger der Leitung zu schützen; aber sie sind machtlos gegen Beschädigungen des Drahts und der die Zerstörungswuth besonders herausfordernden Isolatoren. Die Tscherkessen wählen diese friedlichen Geräthe mit besonderer Vorliebe zum Zielpunkt für Schiessübungen; bei uns unterliegen sie leider nur zu oft den Steinwürfen muthwilliger Jungen. Schlimmer aber als die Gefahren, welche die Böswilligkeit und der Unverstand der Menschen oder die unbewusste Aktion wilder und zahmer Thiere den oberirdischen Leitungen bereiten, sind die weitgehenden Beeinträchtigungen, welche ihre Wirksamkeit und ihr Bestand durch elementare Naturkräfte erleiden. Regen, Schnee und Eis führen starke Ableitungen des elektrischen Stroms herbei, der während des Gewitters seinen P. D. Fischer: Post und Telegraphie.

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Dienst gradezu zu versagen droht. Im Winter bilden sich durch Frieren und theilweises Aufthauen Eisringe und Schneelagen, unter deren wuchtiger Last die Drähte reissen. Endlich fegt der Sturmwind, der die Stangen niederlegt und ihre Drähte zu schwer entwirrbaren Knäueln verwickelt, breite Breschen in die oberirdischen Leitungen. Durch die orkanartigen Winde, welche am 13. März und 13. November 1878 in Nord- und Mitteldeutschland wütheten, wurden die ReichsTelegraphen auf weite Strecken hin ausser Betrieb gesetzt. Der Sturm am 4. November 1878 richtete in den österreichisch- ungarischen Telegraphenleitungen derartige Verheerungen an, dass Wien vier Tage lang von jeder elektrischen Verbindung abgeschnitten war.

4. Unterirdische Leitungen.

Die zahlreichen und erheblichen Störungen, denen die oberirdischen Leitungen ihrer Natur nach ausgesetzt sind, haben schon früh das Verlangen nach unterirdischen Telegraphenverbindungen angeregt. Bereits 1837 hatte Morse vorgeschlagen, neben den oberirdischen auch unterirdische, in eiserne Röhren eingeschlossene Leitungen zu errichten. Die Drähte der 9030 Fuss langen Leitung auf dem Admiralitäts-Platze in St. Petersburg legte Professor Jacobi 1842 in Glasröhren, welche mit mehrfacher Hanfumspinnung und einer Mischung von Wachs, Talg und Harz umgeben waren. Nachdem der damalige Artillerielieutenant Werner Siemens die Guttapercha als einen zur Isolirung der Leitungsdrähte vollständig geeigneten Körper vorgeschlagen hatte, schritt man in Preussen dazu, auf grösseren Strecken unterirdische Leitungen anzulegen. Die Telegraphenlinie von Berlin nach Frankfurt a. M. wurde 1849 bis Eisenach unterirdisch erbaut.

Allein da es an den Hülfsmitteln fehlte, um die Guttaperchahülle selbst vor den zersetzenden Einflüssen des Erdbodens und vor den scharfen Zähnen der Nagethiere zu schützen, so ging der Isolationsstand der Leitungen bald zurück; man sah sich daher bald genöthigt, das unterirdische Leitungssystem zu verlassen. Die Anwendung von Kabeln blieb lange Zeit hindurch auf Leitungen in grösseren Städten, Eisenbahntunnels u. s. w. beschränkt, denen durch kostspielige eiserne, bleierne und thönerne Röhren der nöthige Schutz verliehen werden musste.

Durch die ausserordentlich ausgedehnte Anwendung, welche die Kabelleitung inzwischen bei der Anlage der gewaltigen unterseeischen Telegraphenverbindungen gefunden hatte, waren sowohl für die technische Herstellung und Verlegung der Kabel, als für das Telegraphiren auf denselben die Voraussetzungen bekannt geworden. Nachdem so die hauptsächlichsten physikalischen Hindernisse, welche sich der Verwendung grösserer unterirdischer Leitungen für die Zwecke des Telegraphendienstes in den Weg gestellt hatten, als überwunden betrachtet werden durften, ist die Telegraphenverwaltung des deutschen Reichs alsbald dazu übergegangen, auf den grossen Verkehrs- und Militairstrassen Deutschlands ein unterirdisches Telegraphennetz anzulegen. Bei dem grossen Interesse, welches sich an die Herstellung dieses Deutschland eigenthümlichen Verkehrsmittels knüpft, wird es gerechtfertigt sein, die Anlage der unterirdischen Telegraphenleitungen hier eingehender zu erörtern.

Bald nachdem die Leitung des Reichs-Post- und des Telegraphenwesens in der Hand des General-Postmeisters vereinigt worden war, wurde im Frühjahr 1876 mit Herstellung der ersten grossen Kabellinie Berlin-Frankfurt a. M. begonnen. Die Erfahrungen, welche auf dieser ausgedehnten, die verschiedenartigsten Bodenformationen berührenden Strecke gewonnen wurden, wurden sofort für die Vorbereitung weiterer

Linien verwerthet und es entwickelte sich für die folgenden Jahre in dem geregelten Kreislauf der Auskundschaftung, der Feststellung, der Inangriffnahme und der Ausführung unterirdischer Leitungen innerhalb des deutschen Telegraphengebietes eine Thätigkeit, die gegenwärtig zwar noch keineswegs zum Abschluss gelangt ist, aber doch bereits höchst bemerkenswerthe Ergebnisse aufzuweisen vermag.

Am Schlusse der Bauperiode des Jahres 1878 waren dem Betriebe übergeben folgende unterirdische Leitungen: 1) Von Berlin nach Mainz über Halle, Cassel und Frankfurt a. M., mit Abzweigungen von Halle nach Leipzig;

2) Von Frankfurt a. M. nach Strassburg über Darmstadt, Mannheim, Karlsruhe, Rastatt und Kehl;

3) Von Berlin nach Kiel über Hamburg, mit Abzweigung von Hamburg nach Cuxhaven;

4) Von Berlin nach Cöln über Magdeburg, Braunschweig,

Hannover, Minden, Münster, Wesel und Düsseldorf, mit Abzweigung von Cöln nach Elberfeld und

Barmen.

Es ergab sich am Schlusse des Jahres 1878 für das deutsche Reich ein unterirdisches Telgraphennetz von 2487 km Linien und, da die meisten dieser Linien sieben, die anderen vier Leitungen besitzen, von insgesammt 16,744 km Leitungen. Die längste Linienausdehnung, von Kiel bis Strassburg, beträgt 1219 km. Bei diesen Angaben sind diejenigen Kabelstrecken nicht mitgerechnet, welche als Bestandtheile oberirdischer Leitungen in grösseren Städten, in Tunnels, Flüssen, Seen und Meeresarmen schon vorher vorhanden gewesen waren.

In der Bauperiode des laufendenden Jahres werden die Linien Hamburg-Bremen-Emden, mit Abzweigungen nach Bremerhaven und Wilhelmshaven, und von Cöln nach Metz über Coblenz und Trier vollendet werden; daneben sind die Linien Metz-Strassburg, Berlin-Breslau über Frankfurt a. O.,

Berlin-Thorn über Küstrin und Posen, und Berlin-Stettin in der Vorbereitung begriffen.

Für die folgende Zeit sind die Fortführung der letztgenannten Linie über Colberg und Danzig nach Königsberg -bis zur russischen Grenze, die Linien Berlin-Dresden, CölnAachen und der Anschluss Süddeutschlands durch Linien nach Stuttgart und München in Aussicht genommen.

Das Bild, dessen Umrisse sich bereits aus der Nebeneinanderstellung dieser Daten und Namen ergeben, gestaltet sich zu einer mustergültigen Leistung des modernen Verkehrslebens, wenn man auf die staunenswerthe Summe von Thätigkeit eingeht, durch deren harmonisches Ineinandergreifen diese Ergebnisse erreicht worden sind. Indem ich

wegen der Einzelheiten der Ausführungsarbeiten auf den in hohem Masse lehrreichen, auch durch Abbildungen unterstützten Bericht verweise, welchen der Leiter der ersten grösseren Kabellegung, Herr Postrath Wohlfahrt, über den Bau der unterirdischen Telegraphenlinie von Berlin nach Halle im Archiv für Post und Telegraphie von 1874 S. 97 ff. veröffentlicht hat, wird im Nachstehenden versucht, die wesentlichen Züge dieses Verkehrsbildes zusammenzufassen.

Schon die Herstellung der Kabelmassen, welche für die unterirdischen Linien Deutschlands zur Verwendung kommen, bildet eine nicht zu unterschätzende gewerbliche Aufgabe. Die Kabel sind, um ihren demnächstigen Transport auf Landstrassen zu ermöglichen, in Einzellängen von 800 Meter zu liefern, sie müssen sieben oder vier isolirte Leitungsdrähte enthalten, von denen jeder aus einer Litze von sieben Kupferdrähten von 0,6 mm Durchmesser zu bestehen hat.

Die Leitungslitzen sind mit einer doppelten GuttaperchaHülle und zwei Lagen Chatterton compound derart umpresst, dass die erste Lage des letzteren Stoffes zwischen der Kupferlitze und der die letztere zunächst umgebenden Guttaperchaschicht, die zweite zwischen den beiden Guttaperchaschichten

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