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III.

Leistunge n.

1. Briefverkehr.

Indem versucht wird, diese Skizze durch eine Uebersicht der Leistungen abzuschliessen, welche Post und Telegraphie im Weltverkehr verrichten, muss ich mich, um den beabsichtigten Umfang der Darstellung nicht zu überschreiten, mehr noch als in den früheren Abschnitten auf die Andeutung der hauptsächlichsten Züge des modernen Verkehrs beschränken. Es wird gestattet sein, nach einem innerlich begründeten Sprachgebrauche der Post in den Briefverkehr nicht nur die Postkarte als jüngste Verwandte des Briefes, sondern auch die vielgestaltige und umfangreiche Versendung von Drucksachen und Waarenproben, sowie den höchst bedeutenden Zeitungsverkehr einzubegreifen.

Während sich in älteren Zeiten die Thätigkeit der Post vorzugsweise auf Beförderung von Reisenden mit untergelegten Pferden erstreckte, und auch ihr Name von der posita statio sich ableiten soll: ist der Briefverkehr das eigentliche Unterscheidungsmerkmal und die hauptsächlichste Aufgabe der modernen Verkehrsanstalt, die sich als poste aux lettres Voltaire's Dank als Wohlthäterin der Menschheit verdient hat. Welche Rolle der brieflich vermittelte Nachrichtenverkehr in unserem staatlichen, wirthschaftlichen und Familienleben ein

nimmt, ist in Dr. Stephan's Weltpost und Luftschifffahrt in klaren Zügen dargelegt. Es giebt keinen Zweig menschlicher Thätigkeit, bei welchem nicht die stille und doch so wirksame Arbeit der Briefpost fördernd und belebend mit einzutreten hätte. Jede Verbesserung, jede an sich noch so geringfügige Aenderung dieses wichtigsten Verkehrszweiges wirkt durch tausendfältige feinste Kanäle auf die Gestaltung menschlicher Beziehungen ein. Vor Kurzem zog die norwegische Postverwaltung beim General-Postamt in Berlin Erkundigung über die Beförderung der Briefe auf Madagascar ein, weil eine nicht unbedeutende Korrespondenz zwischen Norwegen und den auf Madagascar weilenden norwegischen Missionären ausgewechselt werde. Da Madagascar nicht zu den Ländern zählt, in welchen Postberichte veröffentlicht werden, die grosse Insel vielmehr in der Uebersicht der Postverbindungen unter den nicht zahlreichen Punkten der Erdoberfläche aufgeführt wird, wohin regelmässige Versendungsgelegenheiten nicht bestehen: so musste sich die Berliner Behörde auf die Erwiderung beschränken, dass über diese Frage möglicher Weise durch die englische Postverwaltung Auskunft ertheilt werden könne, weil Grossbritannien in der Landeshauptstadt Tananarivo ein Konsulat besitze. Anstalten, welche das Missionswesen in bedeutendem Umfange betreiben, wie die grossen englischen und amerikanischen Gesellschaften, das Basler Missionsinstitut oder wie die römische Propaganda, geistliche Orden und Vereinigungen, deren ausgedehnte Verzweigungen unter einander in regem Meinungsaustausch stehen, empfinden die Wohlthaten des Weltpostvereins und die durch ihn eingeführten Verkehrserleichterungen nicht minder lebhaft, als der einsame Forscher, der über die Ergebnisse gelehrter Studien mit Fachgenossen in den verschiedensten Ländern zu korrespondiren hat, oder als der geschäftskundige Handelsherr in Bremen, Liverpool, NewYork etc., der des Morgens Briefsendungen aus allen Theilen

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der Erde empfängt, um sie mit Wendung der Post", d. h. heutzutage auch über den Ocean fast täglich, zu beantworten.

Die vorhin erwähnte Schrift des Leiters der Reichspost schätzt für das Jahr 1873 den Briefverkehr auf dem ganzen Erdball auf 3,300 Millionen, oder täglich 914 Millionen Sendungen. Die rasch fortschreitende Ausdehnung des Weltpostvereins gestattet trotz der keineswegs musterhaften Vereinsstatistik, diese Schätzung für eine Anzahl von Ländern, für welche es früher an jedem amtlichen Anhalt fehlte, durch offizielle Mittheilungen zu vervollständigen. Andererseits haben die ausserordentlichen Erleichterungen des Briefverkehrs, welche wir dem Weltpostverein zu verdanken haben, eine überaus beträchtliche Zunahme des internationalen Briefverkehrs zur Folge gehabt. Die im K. K. Handelsministerium herausgegebene Statistik des österreichischen Postwesens im Jahre 1877 (Wien 1878) enthält am Schluss eine nach amtlichen Angaben zusammengestellte Uebersicht des Postverkehrs in den europäischen Staaten, nach welcher in dem genannten Jahre allein in Europa

3607 Millionen Briefe und Postkarten,

564 1522

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Drucksachen und Waarenproben,
Zeitungsexemplare

zusammen 5693 Millionen Briefpostsendungen

durch die Posten befördert worden sind. Gegen das Jahr 1873, in welchem die Zahl der europäischen Briefe auf 2356 Millionen veranschlagt wurde, hätte sich danach in 4 Jahren, wenn dieser Zahl allein die Summe der im Jahre 1877 beförderten Briefe und Postkarten gegenüber gestellt wird, eine Vermehrung dieser Sendungen um mehr als 50 Prozent ergeben. Legt man die Mittheilungen der österreichischen Statistik zu Grunde, so bewegen sich täglich nicht weniger als 15,300,000 Briefpostsendungen, nämlich über 9 Millionen Briefe, 11/2 Millionen Drucksachen und Waaren

proben und 4/2 Millionen Zeitungen im europäischen Postverkehr.

Der innige Zusammenhang zwischen der Briefpost und dem gesammten Kulturzustande eines Volkes lässt sich kaum augenfälliger nachweisen als an der japanischen Post. Ein englischer Bericht aus dem Jahre 1872 bezeichnete dies Institut als noch in der Kindheit befindlich; viele Plätze würden nur 2- oder 3 mal monatlich von Postboten besucht; die Gesammtzahl der Briefe ward auf 21/2 Millionen jährlich veranschlagt. In dem ersten in englischer Sprache gedruckten Jahresbericht, den die japanische Postverwaltung, nach ihrer Reorganisation in europäisch-amerikanischem Stil, für das Jahr 1874 veröffentlichte, hiess es im Kapitel der Poststraffälle zwar noch: Beamte sowohl, wie nicht angestellte Bedienstete bei der Postverwaltung werden, wenn sie Poststücke stehlen oder verbergen, mit einer Strafe belegt, die nicht unter 70 Tage Zwangsarbeit, aber auch nicht bis zur Erdrosselung gehen darf." Dieser Bericht konnte jedoch bereits mittheilen, dass sich in Folge der Vermehrung der Postverbindungen der Postverkehr auf jährlich 19 Millionen Sendungen, worunter 16 Millionen Briefe, gehoben hatte. Einem Bericht des deutschen Konsuls in Hiogo-Osaka aus dem Jahre 1877 ist zu entnehmen, dass im japanischen Reich im Jahre 1872 1159 Postämter

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bestanden; die Zahl der Postsendungen belief sich auf 30 Millionen, worunter 2012 Millionen Briefe, 4 Millionen Postkarten, 5 Millionen Zeitungen. Es kommen auf jeden Bewohner jährlich 0,95 Postsendungen, während 5 Jahre früher nur eine Postsendung auf je 59 Einwohner entfiel. Nach dem jüngsten vorliegenden Verwaltungsbericht für 1878

beträgt die Jahressumme der Postsendungen bereits 47 Mill., worunter 25 Mill. Briefe, 10 Mill. Postkarten, 912 Mill. Zeitungen.

Wie man sieht, stellt die Postkarte einen sehr beträchtlichen Antheil zu dieser Gesammtleistung des japanischen Postverkehrs; die Japanen haben sich mit dieser unceremoniösen Form der brieflichen Mittheilung ausserordentlich schnell befreundet. In der That hat die Postkarte, die auf den Postkonferenzen in Karlsruhe 1865 von dem damaligen Ober-Postrath Stephan zuerst in Anregung gebracht, dann 1869 auf Vorschlag des Professors Neumann in Wien im österreichischen Postdienst eingeführt worden ist, sowohl im inneren Verkehr als in der internationalen Korrespondenz als ein dem Geiste der Zeit entsprechendes Mittel zu kurzer, schleuniger und häufiger brieflicher Mittheilung das vollste Bürgerrecht erlangt. Zwar hat es auch dieser Erfindung nicht an Gegnern gefehlt; uns Deutschen ist sogar von Karl Gutzkow der Vorwurf gemacht worden, dass diese unhöfliche Art sich zu äussern eine unserer unberechtigten Eigenthümlichkeiten sei. Der Verfasser von „Zopf und Schwert" hat sich darauf die Erwiderung gefallen lassen müssen, dass der verbindliche Franzose, der feierliche Spanier, der liebens-würdige Italiener sich der Postkarte nicht minder gern bedient als wir. Unter den Briefpostsendungen in Grossbritannien und Irland, die für 1877 die erstaunliche Zahl von 1165 Millionen erreichten, befanden sich nicht weniger als 92,935,700 Postkarten, was für diesen Gegenstand eine Zunahme von 6,7 Procent gegen das Vorjahr darstellte. Ein Rückgang in der Zahl der Postkarten, wie ihn der Bericht der Postverwaltung von Neusüdwales für 1877 um 20,000 Stück angiebt, gehört sicherlich zu den Seltenheiten; der mitgetheilte Grund hingegen, dass der Reiz der Neuheit zu fehlen beginne, würde, wenn zutreffend, als eine Seltsamkeit der australischen Korrespondenten zu bezeichnen sein.

P. D. Fischer: Post und Telegraphie.

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