O kille Pracht! hier schlummert die Natur Auf Grüften sanft bei fromaner Menschen Seelen, Die ferne von der Leidenschaften Spur Sich hier verloren in die düßtern Höhlen. Sie schlummern tief im kalten Erdengrund, Zum wohlbekannten lenkt sich ihr Gespräch, Wie ienen Mann ber schwarze Leichenzug Beim Nachtigallenlied in Blütengången, Und seine Frau durch Schnee zum Kirchhof trug, Begleitet von der Schule Grabgesången. und mancher Zug aus ihrem Leben zeigt, Wie oft der Genius den Aetherflügel Zu Hütten senkt, von Dörfern aufwärts steigt, Hinan der Phantasie besonnte Hügel. Wie Mancher, der hier schläft, erblickt im Hain Cytherens Heiligthum, der Musen Tänze, Wie mancher, unverführt vom irren Schein, - Fand unbewußt sich an des Wissens Grånze. Die Glücklichen! sie fühlten nur die Lust Vom Hauch des Genius! kein Ehrgeiz störte Der Harmonieen Spiel in ihrer Brust, Fern war der Neid, der ihr Gefühl verheerte. Jest ruhn sie, wie in langer Winternacht, Als wenn des Sonntags Licht sie wecken würde, Daß mit dem Liederbuch sie froh erwacht Zur Kirche gehn, voll Demuth und voll Würde. Sie hören in der Gruft der Orgel Klang, Der rauschend in des Himmels blauen Räumen Sich fortwälzt, sie vernehmen den Gesang Der Engel unter Edens Lebensbäumen, Und ihres Heilands Nuf: erwacht, erwacht Des Dorfes Kinder, kommt zur Himmelspforte ! Ihr hättet mich gespeist, wår in der Tracht Des Pilgers ich gesehn an euerm Orte. Die Horen. 1795. 7tes St. VI Du rollft, o Bach, mit stillem Stolz die Flut, und düsterngrun umhüllen dich Gesträuche; In deiner Well' erftirbt die Rosenglut, Dir bietet nie die Gunft der Gegenwart Den Blütenduft, des .Zephyrs kühles Sauseln, Kein Glück, das in der Zukunft Schleier harrt, Wird deine Wog' in holden Spielen kräuseln : Erbebend schaut es die Vergangenheit, Wann deine Flut der Schatten Heer' umweben, Du wallest folk! des Helden Lorbeerkranz, Entführt durch sie, dahin wo Zeit und Raum Verschwinden, wo in trüber Nebelferne Dein dumpfer Fall ertönt, dein weißer Schaum Im Chaos ftralt statt lichtbegabter Sterne. Hinweg von dir! die blütenreiche Luft, Verführt mich nicht, der rosenfarbne Duft Vergebens weht hier magisch süß ein Ton Zu mir herab aus feel'ger Geister Chören: Erschiene selbst Latonens großer Sohn, Zu Lethens Thau würd' er mich nicht bethören. Für Seeligkeit, die ich noch nie genoß, Sollt' ich in Lethe meine Luft versenken ? Nein, jegliches Gefühl zur Qual und Luft Vom Hauch der Erdenluft in mir geboren, Des Lasters Spur, bekämpft in dieser Bruft, Der Tugend Stolz sei stets mir unverloren. Was hilft es mir, wenn eine fremde Macht Mir Gottheit giebt? fie giebt mir keine Würde! Mit höherm Stolz, als wie in solcher Pracht, Erschein' ich unter meiner Erdenbürde. Kann ich die Seeligkeit auf jener Flur Nur durch den Tod von diesem Ich erringen, So führe fern von ihrer Zauberspur Mich die Erinnerung auf zarten Schwingen. 1 Ich trag' im Busen mein Elysium, Es sonst zum Styr zu ungeweihten Schatten. Dich aber fleh' ich dann, Erinnerung: O Göttinn, die den Gram um Freuden tauschet, Nimm deinen Wunderstab und schlage kühn ! Die Schatten jauchzen dann ein Götterglang Umschwebt nun hehr selbst ihrer Schwächen Bürde; Wo Lethe floß, erscheinen nun im Kranz Der Ewigkeit die Anmuth und die‹ Würde ! |