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gerade zum Gegentheil ausgelegt werden sollte.

Wenn ihn jene Vorstellungen zu einer dunkeln Verzweiflung brachten, indem er bekennen mußte, daß er sein Schikfal verdient hatte, so ward er durch diese aufs innigste ge rührt, indem er die traurige Wahrheit erfuhr, daß eine Ucbelthat selbst gute Bemühungen zu Grunde zu richten im Stande ist. Diese Rückkehr auf sich selbst, diese Betrachtung, daß das edelste Streben vergebens seyn sollte, machte ihn weich; er wünschte nicht mehr zu leben. Es

In diesen Augenblicken dürftete feine Seele nach einem höhern Beystand. Er fiel an seinem Stuhle nieder, den er mit seinen Thränen beneßte, und forderte Hülfe vom göttlichen Wesen. Sein Gebet war eines erhörenswerthen Innhalts: der Mensch, der sich selbst vom Laster wieder erhebt, habe Anspruch auf eine unmittelbare Hülfe, derjenige, der keine seiner Kräfte ungebraucht lasse, könne fich da, wo sie eben ausgehen, wo sie nicht hinreichen, auf den Beystand des Vaters im Himmel berufen.

In dieser Ueberzeugung, in dieser dringenden Bitte verharrte er eine Zeitlang und bemerkte kaum`, daß seine Thüre sich öffnete und jemand hereintrat. Es war die Mutter, die mit heiterm Gesichte auf ihn zukam, seine Verwirrung sah und ihn mit tröstlichen Worten anredete. Wie glücklich bin ich, sagte sie, daß ich dich we nigstens als keinen Lügner finde, und daß ich deine Reue für wahr halten kann. Das Gold hat sich gefunden, der Vater, als er es von einem Freunde wieder erhielt, gab es dem Cassier aufzuheben, und durch die vielen Beschäftigungen des Tages zerstreut, hat er es vergessen. Mit dem Silber stimmt deine Angabe ziemlich zusammen,

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die Summe ist nun viel geringer. Ich konnte die Freude meines Herzens nicht verbergen, und versprach dem Vater die fehlende Summe wieder zu verschaffen, wenn er fich zu beruhigen und weiter nach der Sache nicht zu fragen verspräche.

Ferdinand ging sogleich zur größten Freude über. Er eilte sein Handelsgeschäft zu vollbringen, stellte bald der Mutter das Geld zu, erseßte selbst das, was er nicht genommen hatte, was er wußte, daß bloß durch die uns ordnung des Vaters in seinen Ausgaben vermißt wurde. Er war fröhlich und heiter, doch hatte dieser ganze Vors fall eine sehr ernsthafte Wirkung bey ihm zurückgelassen. Er hatte sich überzeugt, daß der Mensch Kraft habe, das Gute zu wollen und zu vollbringen, er glaubte nun auch, daß dadurch der Mensch das göttliche Wesen für sich ins teresfiren und sich dessen Beystand versprechen könne, den er so eben unmittelbar erfahren hatte. Mit großer Freu digkeit entdeckte er nun dem Vater seinen Plan, sich in jenen Gegenden niederzulassen. Er stellte die Anstalt in ihrem ganzen Werthe und Umfange vor; der Vater war nicht abgeneigt und die Mutter entdeckte heimlich ihrem Gatten das Verhältniß Ferdinands zu Ottilien. Diesem gefiel eine so glänzende Schwiegertochter, und die Ausficht, seinen Sohn ohne Kosten ausstatten zu können, war ihm sehr angenehm.

(Die Fortsegung folgt.)

IV

Die Dichtkunst.

Nicht schämet euch zu fingen,

Ob Dünkel höhnt und grollt!
Noch goldner ist, als Gold,
Gesang von edlen Dingen!
Gesang ward anvertraut,

Den starren Geist zu lindern
uns armen Menschenkindern

Ein holder Ammenlaut.

Wer wars, der dich, Hellene,

Zur Menschlichkeit so hoch

Vom Wildling auferjog?

Des Måoniden Töne !

Wer schuf dich, Römer, fein ?
Wer weckte Wälsch' und Franken

Und Angeln zu Gedanken ?
Des Liedes Mus allein!

Durch fremder Lieder Halle Entwacht' in Deutschland kaum Ein Hauflein dumpfem Traum ; Tief träumen noch fast alle.

Der wähnt vom Mutterschool
Sich edler, der verengelt;
Der lallt und spielt gegångelt,
Der kaum der Windeln los.

Wo späht ein freier Spåher ?

Gefeßelt lahmt Vernunft
Durch Machtgebot und Zunft
Der Herscherling' und Seher.

Was Ehre sei, was gut,
Was schön und herzerhebend:
Der Ausspruch hänget schwebend
An Wahn und Uebermut.

O Dichter, lehrt die Menge, Verachtend Groll und Hohn, Durch süßen Ammenton

Begeisterter Gesånge !

Bald flieht von Herz und Ohr

Des ungefühles Nebel;

Der hoch und niedre Pdbel

Vernimmt, und staunt empor.

Nie

V

Der Dorfkirchhof.

Cie goß das Abendroth den Purpurschein

Auf eine Aehrenflur mit solcher Milde,
Nie sank die Nacht auf einen Blütenhain
So lieblich, wie auf diese Schneegefilde.

Wie zauberisch sich Dämmerung und Licht Um die Natur im Winterkleide streiten, Und zum Geftråuch, wo kaum ein Lüftchen spricht, Die Schatten sanft ergrauend niedergleiten:

Wo magischer als je der Elfen Chor
Im Tanz dahin auf glatter Erde såuselt,
Und geistiger als je ein Nebelflor,
Wie ihre Tänze gehn, sich folgsam kräuselt.

Sie hören nicht, wie dumpf die nahe Nacht Vom weißen Thurm der Glocken Klang verkündet, Indeß ihr Blick von leichter Freude lacht, Und sich ihr Reihentanz um Gråber windet.

Sie schauen nicht das långft bemooste Mahl, Das dort gebückt den Schnee vor sich verdüßtert, Vernehmen nicht, wie hier im Abendstral

Ein Band der Jungfraun Todtenkreuz umflüßtert,

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