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vorgelegt, und sich eine praktische Aufgabe gemacht, da man sich doch, wie ich eben gezeigt habe, mit einer theoretischen begnügen muß. Nicht wie die Menschen glücklich werden, sondern wie sich gegebene durch das Bes dürfniß veranlagte Vorschriften mit den unabhängigen felbst bestimmten und frey anerkannten Gesezen freyer Wesen vertragen können, hat die Theorie der Geseßge= bung zu erklären.

Ist meine Entwicklung der Idee der Gerechtigkeit richtig, so muß sie zum Princip dienen, die Platonische Republik, insoferne fie ein Ideal der Gesezgebung aufstellen soll, zu beurtheilen.

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II

Dante's ille

Fortschung.

(Man sehe das vierte Stück der Horen.)

Wer vom epischen Dichter nicht bloß in seinem eignea Vortrage, auch in den Reden und Handlungen aller: aufgeführten Personen Anstand und Würde verlangt, wird unfehlbar die hier beschriebene, mit furchtbarer Lebendigkeit, ohne alle Schonung für schwache Nerven dramatisirte Teufelheze sehr tadelhaft finden. Dante aber argwöhnte nicht, daß er eine Epopße schriebe; * alles irgend Darstellbare hielt er sich befugt, darzustel len, und es war seiner Phantasie eigen, sich keinem wirklichen oder möglichen Gegenstande, wie hoch oder tief er auch liegen mochte, zu entziehen. Tief liegen nun allerdings die gemeinen Volksbegriffe von böseń Geistern, denen der Ton jener Schilderungen entspricht; doch enthalten sie das Wahre, daß sittliche Ausartung sich ime mer in Häßlichkeit und Unadel offenbart. Selbst die menschliche Gestalt, unter der wir uns natürlicher Weise alle Wirksamkeit der Geister versinnlichen, ißt dem Erj

* Dieß erhellt unter andern auch daraus, daß er die Aeneis, das einzige Gedicht dieser Gattung, welches er kannte, im Gegensaß mit dem Styl seiner Komödie eine hohe Tragödie nennt. Inf. XX, 113.

feinde der Menschen nicht ohne entstellende Zusäße ge gönnt worden.

Unfre Einbildungskraft, wenn sie außerirdische Wesen schafft, kann diefelben zwar mit physischen Vorzügen wunderbar ausrüsten; sie kann ihnen auch in unbestimmten Angaben ein übermenschliches Maaß geistiger Kräfte leihen; aber zu den wesentlichen Bestandtheilen unsrer innern Natur kann sie durchaus nichts hinzufügen, und folglich auch, sobald es zur nåheren Ausführung kömmt, keinen Gedanken, keine Empfindung eines guten oder bö fen Engels erfinden, deffen ein Mensch, das Zufällige abgerechnet, nicht ebenfalls fähig wäre. Da wir also den Teufel nicht über die menschliche Natur erheben können, so erfordert es das Interesse unsrer Ehre, ihn unter sie hinabzustossen. Dieß geschieht, wenn die Vorstelluns gen von Vernunft und Freyheit, und aus ihrem Misbrauch entsprungener Verderbniß entfernt, und an ihre Stelle wilde Thierheit, ursprüngliche Bösartigkeit gesekt wird, wie Dante bey Barbariccio's Rotte gethan hat. Man kann dabey unmöglich an gefallne Engel denken; diese Geister sind zu unsauber, als daß sie nicht in jedem, noch so weit von ihrem jezigen verschiednen Zustande den Himmel sollten verunziert haben: es find gebohrne Teufel.

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Wie es dem Dichter gelingen mag, die Theologie mit dieser Vorstellungsart auszusöhnen, das kümmert uns hier nicht: aus der Naturgeschichte liesse sich manches für fie anführen. Es giebt keine unedle oder feindselige Eigenschaft des Menschen, von der die Natur nicht an ir gend einem Thiergeschlechte eine instinktmäßige Nachahmung lieferte; wie zum Beyspiele die menschenähnlichsten

Thiere, die Affen, gleichsam als thierische Schauspieler der menschlichen Narrheit, recht uns zum Sporte in die Welt gesezt scheinen. Auch hat ein allgemeiner Gebrauch viele Laster (freylich auch viele Tugenden) mit irgend einem Thiernahmen beynah sprichwörtlich verknüpft. Indessen unterscheidet unser Gefühl den Instinkt auch in feinen widrigsten oder schrecklichsten Aeusserungen sehr wesentlich von dem empörenden Eindrucke grober Unfitte lichkeit. Jener bleibt immer eine unterhaltende Naturerscheinung; in seiner Unfehlbarkeit ist Uebereinstimmung des Mittels mit dem Zweck, also Vollkommenheit, sichtbar; und seine schädliche Macht wendet sich nie nach innen gegen das Daseyn, dem er zur Beschüßung gegeben ist. Hingegen an dem tugendfähigen, aber entarteten, Geschöpfe ist alles Verzerrung, innerliche Zwietracht, unselige Verworrenheit. Es bestätigt die Richtigkeit des vorhin angegebenen Gesichtspunktes, daß man solche innre Qual und Selbstverdammniß an den Malebranche durchaus nicht wahrnimmt, daß sie vielmehr ihre Henkersrolle mit rohem zügellofem Behagen spielen.

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Spätere Dichter haben versucht, wo nicht den Pdbel der Höllengeister, von welchem hier die Rede ist, doch wenigstens den obersten Dåmon, trog feiner uralten Widerspenstigkeit, zur heroischen Person heraufzuadeln und zu idealisiren *. Im befreyten Jerus

Auch die Kultur, die alle Welt beleckt,
Hat auf den Teufel sich erstreckt;

Das nordische Fantom ist nun nicht mehr zu schauen:
Wo siehst du Hörner, Schweif und Klauen?

Die Horen, 1795, ztes @t.

Githe i'm Fauft.

3

1

falem erscheint er in grauser Hoheit und mit kunstvoller Rhetorik, neben welcher zwar die großen Hörner, die noch nicht von seiner großen Stirn weggeräumt find,* eine etwas abstechende Wirkung thun. Milton ist in diesem Stücke dem Tadel der Kunstrichter glücklich ausgewichen. Die Bildung seines Satans ist gigantisch, aber durchaus edel. Auch spricht er in der That wie ein Cato: ** wer könnte seinem Heldenmuthe, seiner Standhaftigkeit im Unglück, seiner innern Unabhängig= keit von der äußern Lage Beyfall und Bewunderung vers fagen? Der Dichter selbst verräth ganz offenherzig den Kunstgriff, wodurch er die Bewohner der Hölle, die sonst aus der Poesie eben sowohl wie aus dem Himmel verbannt seyn müßten, einer schönen Darstellung fähiger gemacht hat. Die verworfnen Geifter, sagt er, verlieren ihre Tugend nicht ganz: *** eine Behausung, die nothwendig mehr oder weniger auffallende Inkonsistenzen

* Si la gran, fronte e le gran corna estolle.

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The mind is its own place, and in itself

Can make a Heav'n of Hell, a Hell of Heav'n,

What matter where, if I be ftill the fame ?

We fhall be free.

-here at least

*** Im zweyten Buche:

for neither do the Spirits damn'd

Lofe all their virtue.

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