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derartigen Verstümmelung, da in der lateinischen Sprache schon in einer älteren, dem Aufblühen der Literatur vorausgehenden Epoche der ursprüngliche, im Griechischen noch erhaltene Schlussvocal der Präpositionen ab sub ad per abgeworfen worden war. Umgekehrt haben die altlateinischen Dichter hin und wieder noch den Schlussvocal, welcher in der Prosa ausgelassen wurde, im Verse beibehalten, wie in haece harunce donicum noenum.

Diäresis, Metathesis, Tmesis.

59. Unter Diäresis versteht man die Zerfällung eines Diphthongen in zwei Einzelvocale; sie findet sich besonders häufig bei Homer und den epischen Dichtern der Griechen; die Sprachwissenschaft hat indess gezeigt, dass in den meisten Fällen, wo man ehemals eine solche Diäresis oder den Vorschlag eines Vocals angenommen hat, nur die ältere organische Wortform vorliegt, der erst später die Contraction folgte, so in τείχει aus τείχει, ἀμείβεαι aus ἀμείβεται, ἐπέεcci aus Fenececci, ën aus ecῃ, ἐών aus έςων, ἐΰ aus ecu, ἔειπον aus έΓειπον, Λυκόοργος aus ΛυκοFoργος, εϊδυΐα aus Γε ιδυια, κόϊλος aus kofiloc, ΐcn aus Ficn, Ατρεΐδης aus Ατρείδης. Die Lateiner übersetzten diaípecic mit divisio, und Quintitian I 5, 17 führt als Beispiel dieser Sprachfigur die zertheilte, noch von Ennius, Lucrez, Vergil gebrauchte Genetivform auf aï in Europai Asiaï aulai viai u. a. an. Ebendahin gehört die zerdehnte Form coëpi bei Plautus Cas. III 5, 23. 57. Cist. IV 2, 19. Merc. 533, Ennius ann. 555, Lucrez IV 619, anuis quaestuis metuis bei Terenz Heaut. 287. Hec. 735. Phorm. 482 (s. Fleckeisen, krit. Misc. 43), mavolo mavelim mavellem bei Plautus, huïc bei Statius silv. I 1, 107. 2, 135; s. Müller, de re metr. 270. Aber auch hier ist die Form mit Diäresis überall die ursprüngliche, aus der die spätere erst durch Contraction entstanden ist.

60. Mit der Diäresis verwandt ist die Erweichung der Halbvocale v zu u und j zu i im Lateinischen, welche sich die Dichter einigemal erlaubten, wie in solüunt Catull. 61, 53. Tibull I 7, 2, evoluisse Ovid her. 12, 4, silüae Hor. od. I 23, 4, süetae Hor. sat. I 8, 17, Phaedr. I 2, 4. 11, 5, süerunt Cic. Arat. 178, Phaedrus IV 8, 7, süadent Lucr. IV 1137, mansüefactum Prud. cath. VII 84. Nebeneinander bestunden die zwei- und dreisylbigen Formen in Iulius miluus larua (s. Lachmann zu Lucr. p. 379), so dass man ebenso wohl von einer Verdichtung des Vocals als einer Erweichung des Halbvocals reden kann. Auch das u nach q

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scheint erweicht worden zu sein in aqua oder acua Lucr. VI 552. 868. 1072, Plautus Mil. 552, Titinius 28, consecüe Lucr. V 679, adsecie Plautus bei Varro d. ling. lat. VI 73, relicüus Lucr. I 560. III 648. Plaut. Cist. I 3, 40. Cas. V 1, 4. Poen. 118. Ter. Eun. V 5, 26. Caecilius 242, delicium Plaut. Cas. II 2, 33 (s. Lachmann zu Lucr. 305 f. 379 u. Buchholtz Priscae lat. orig. 51-62). Denn Buchholtz' Annahme, dass in diesen Wörtern nicht v zu u erweicht worden sei, sondern in Verbindung mit q Positionskraft geübt habe, ist schon desshalb unwahrscheinlich, weil sich keine Stelle findet, wo aqua als Trochäus oder reliquo als Bacchius gemessen werden müsste.

Im Griechischen findet sich diese Art von Diäresis nicht, da dasselbe frühzeitig die beiden Hauptvocale v und j aus der Sprache verbannt hatte; höchstens könnte in evade für Fade Hom. 340, π 28 von einer Erweichung des ursprünglichen F zu U die Rede sein.

61. Die Metathesis ist beschränkt auf die flüssigen Laute p und A, welche öfters von den Dichtern, die darin gewiss durch das Schwanken in der Volkssprache und in den verschiedenen Dialekten unterstützt wurden, vor den Vocal statt nach demselben oder umgekehrt gesetzt wurden, wie in eάpcoc statt Opácoc, κάρτιστος statt κράτιστος, κάρτος statt κράτος, ἤμβροτον statt ἥμαρ τον, βάρδιστος statt βράδιτος, ἀταρπός statt ἀτραπός, κραδίη statt καρδίη, πόρω statt πρόςω, βράταχος statt βάτραχος, τέτρατος statt τέταρτος, ἀμιθρῆται (Simonides fr. 228) statt ἀριθμῆσαι, ἁρματωλίας (Arist. Pac. 417) statt ἁμαρτωλίας, δαρχμή statt δραχμή, Κραπάσειαν statt Kαрnáciaν, крάпαеос (Il. B 676) statt кáрnа0ос, tarpezita neben τралεžíτηc (s. Ritschl, opusc. II 524 ff.), Tharsymachus neben Θρασύμαχος (s. Ritschl, opusc. II 541), κερκολύρα neben κρέκειν, τραπείομεν neben ταρπώμεθα, ἔπραθον von πέρθω, ἔδρακον von déρкоμαι, corcodilus neben crocodilus (s. Gudius zu Phaedrus I 25), βλαςάμοιο neben βάλσαμον, τλεγγίς neben τελγίς; s. Meineke, anal. Alex. p. 118 f., Lobeck, pathol. graeci serm. elem. dissert. IV, Siegismund, de metathesi graeca, in Curtius Studien V 119-217.

Unter metathesis vocalium versteht man die Umsetzung der Quantität zweier unmittelbar aufeinander folgenden Vocale, wie in Φυλείδαο neben Φυλείδεω (Od. o 519, 528) 'Αγέλαος neben Αγέ λεως (Od. χ 241, 247) βήομεν neben τέωμεν (Ι. Κ 97, Λ 348). Sie findet sich nur bei Homer und den griechischen Epikern und gewiss nur im Anschluss an die verschiedenen Formen der Dialekte,

welche mit der verschiedenen Behandlung des jene Vocale ursprünglich trennenden Halbvocals in Zusammenhang stehen.

62. Zu den Freiheiten der Metathesis, Diäresis, Synizesis, durch welche die Dichter den spröden sprachlichen Stoff ihren Zwecken fügbarer zu machen suchten, kam noch die freie von dem herrschenden Sprachgebrauch abweichende Stellung der Wörter hinzu. In dieser Beziehung nahmen sich die griechischen und besonders die lateinischen Dichter Freiheiten, die weit über das hinausgehen, was sich unsere modernen Dichter erlauben dürfen, wie weun Vergil in der ersten Ecloge folgender Massen die Substantive und Adjective durcheinander wirft:

Tityre tu patulae recubans sub tegmine fagi

silvestrem tenui musam meditaris avena.

Eine specielle Form dieser freieren Ordnung der Worte bildet die Tmesis oder die Zerreissung der Theile eines Compositums. Bei Homer und den seinem Beispiel folgenden epischen und lyrischen Dichtern der Griechen findet sich diese Tmesis vorzüglich bei den mit einer Präposition zusammengesetzten Verbis, wo die Trennung in der lockeren Verbindung der beiden Theile des Compositums ihren Grund hat. Im Lateinischen ist der Gebrauch jener Sprachfigur weit seltener und fast einzig auf die mit cumque gebildeten Composita eingeschränkt. Eine unstatthafte Freiheit hat sich Ennius erlaubt, indem er in dem Vers saxo cere comminuit brum die Elemente des Wortes cerebrum aus einander riss; aber auch so geschmackvolle Dichter, wie Vergil und Ovid wagten die Tmesis septem subiecta trioni (Verg. georg. III 381), Scythiam septemque trionem (Ovid metam. I 64).

Haben auf solche Weise auch die Dichter mit einiger Freiheit die in der Umgangssprache vorliegenden Quantitätsverhältnisse behandelt, so war doch diese Freiheit in bestimmte, grösstentheils in der Entwicklungsgeschichte der Sprache selbst begründete Schranken gewiesen, und ist keine Rede von jener willkürlichen Schrankenlosigkeit, von der einige alte Grammatiker träumten, wie Dionysius von Halicarnassus de comp. verb. c. ΧΙ ἡ μὲν γὰρ πεζή λέξις οὐδενὸς οὔτ ̓ ὀνόματος οὔτε ῥήματος βιάζεται τοὺς χρόνους, ἀλλ ̓ οἵας παρείληφε τῇ φύσει τὰς συλλαβάς τάς τε μακρὰς καὶ βραχείας, τοιαύτας φυλάττει· ἡ δὲ ῥυθμικὴ καὶ μουσικὴ μεταβάλλουσιν αὐτὰς μειοῦσαι καὶ αὔξουσαι, ὥστε πολλάκις εἰς τἀναντία μεταχωρεῖν· οὐ γὰρ ταῖς συλλαβαῖς ἀπευθύνους τοὺς χρόνους, ἀλλὰ τοῖς χρόνοις τὰς συλλαβάς. Longin. ad Heph. p. 84 W. ἔτι τοίνυν διαφέρει ῥυθμοῦ τὸ μέτρον, ἢ τὸ μὲν μέτρον πεπηγότας ἔχει τοὺς χρόνους, μακρόν τε καὶ βραχὺν καὶ τὸν μεταξὺ τούτων τὸν κοινὸν καλούμενον, ὃς καὶ αὐτὸς πάντως μακρός ἐστιν ἢ (καὶ vulgo) βραχύς· ὁ δὲ ῥυθμὸς ὡς βούλεται ἕλκει τοὺς χρόνους· πολλάκις γοῦν καὶ τὸν βρα

XÙν Xρóvoν πoιЄî μакрóν Victorinus I 10, 3, Augustinus de mus. II 1, Athenaeus XIV p. 632 D. Allerdings nimmt in der melischen Poesie, die Longin unter der rhythmischen im Gegensatz zur metrischen versteht, eine lange Sylbe nicht immer die Dauer von zwei Zeiten, sondern mitunter auch von drei vier und fünf Zeiten ein, aber im übrigen hat sie sich eher strenger als die epische und dramatische Poesie an die in der Umgangssprache vorliegende Quantität der Sylben gehalten. Nie durfte sich der Lyriker, wie Augustin meint, erlauben die erste Sylbe von cano als eine Länge zu behandeln; das konnte allerdings in der sogenannten rhythmischen d. i. accentuirenden Poesie geschehen, die in Augustins Zeiten bereits in Aufnahme kam, aber nicht in Folge einer grösseren Freiheit der melischen Dichter, sondern in Folge des geänderten Princips der Versification. Auch war weniger der musikalische Vortrag, die μeλonoïα, an den grösseren prosodischen Freiheiten der homerischen Gesänge schuld; der Hauptgrund lag in der grösseren Flüssigkeit, die zu Homers Zeiten noch die ganze Sprache hatte und die erst unter der Hand der Dichter allmählich eingedämmt wurde.

Die Pausen.

63. Ausser der durch das Wort (Méžic) ausgefüllten Zeit gibt es in dem Gesang auch noch eine leere Zeit (xpóvоc кevóc, tempus inane), während der der Sänger pausirt. Solcher Pausen (άvαпαúceιc bei Heliodor im schol. Heph. p. 197, áváпavλai ǹ άлоОéсЄιс bei Demetrius de interpr. c. 205, silentia bei Augustinus de mus. II 8 u. o.) kann niemand bei dem Vortrag eines längeren Gedichtes entrathen, aber fraglich ist es, ob man auch durchweg und zu jeder Zeit die Dauer derselben genau abgeschätzt und eingerechnet hat. Gewiss that man dieses nicht in der ältesten Zeit beim Vortrag der epischen Gedichte, auch später nicht bei Versen, die gesprochen, nicht gesungen wurden. Aber unmöglich konnte in Gesängen, welche von einem ganzen Chor unter orchestischen Bewegungen vorgetragen wurden, die nothwendige Ordnung eingehalten werden, ohne dass die Dauer der Pausen, wenn auch nur für den begleitenden und leitenden Kitharisten und Auleten bestimmt angezeigt war. Zweifellos waren insbesondere in allen Marschgesängen, mochten dieselben die Schritte eines Einzelnen oder eines ganzen Zuges begleiten, die Pausen genau normirt. Denn wie hätte der Takt beim Marschiren eingehalten werden können, wenn an dem Schlusse der einzelnen Absätze es gestattet gewesen wäre bald éine Zeit, bald zwei Zeiten zu pausiren?

64. Auf den Unterschied von metrischen Gedichten mit willkürlich grossen Ruhepunkten und von rhythmischen Com

positionen mit genau abgemessenen, emmetrischen Pausen weist Quintilian an der wichtigen Stelle in den Inst. orat. IX 4, 51 hin: inania quoque tempora rhythmi facilius accipient, quamquam haec et in metris accidunt. maior tamen illic licentia est, ubi tempora etiam inania (animo codd.) metiuntur et pedum et digitorum ictu et intervalla signant quibusdam notis atque aestimant, quot breves illud spatium habeat. Also auch in den gewöhnlichen Metren, wie im jambischen Trimeter und daktylischen Hexameter, gab es Pausen, grössere am Schlusse des Verses, welche die Sylben soweit auseinander rückten, dass die Aufeinanderfolge von Vocalen nicht mehr anstössig erschien, kleinere, welche in der Cäsur des Verses der Stimme einen Ruhepunkt gestatteten, der die Continuität des Rhythmus nicht stören durfte und dessen Zeitverlust noch in demselben Takte wieder eingebracht werden musste, endlich kleinste, die den Schluss jedes selbständigen Wortes begleiteten, aber als störend nur an gewissen Versstellen, namentlich unmittelbar vor den grösseren Pausen der Cäsur und des Versschlusses empfunden wurden. Aber diese Pausen in den gewöhnlichen Versmassen, wiewohl ihre Unterschiede den Dichtern gegenwärtig waren und bestimmte Regeln in dem Versbau hervorriefen, waren doch nicht genau normirt und abgeschätzt. Gewiss hielt z. B. in der Stelle der sophokleischen Elektra

αἰσχύνομαι μέν, ὦ γυναῖκες, εἰ δοκῶ
πολλοῖςι θρήνοις δυςφορεῖν ὑμῖν ἄγαν.
ἀλλ ̓ ἡ βία γὰρ ταῦτ ̓ ἀναγκάζει με δρᾶν.

der Schauspieler am Schlusse des zweiten Verses länger an als am Schlusse des ersten; die Pause am Schlusse des Trimeters war also eine willkürlich lange, keine durch die Gleichstellung mit einer bestimmten Sylbendauer genau abgegränzte.

In den lyrischen Compositionen hingegen, welche Quintilian unter dem Namen rhythmi versteht, hatte man, wenigstens in der Zeit Quintilians, Pausen von ganz bestimmter Dauer, die beim Taktschlagen mit in Rechnung gezogen wurden und durch eigene Zeichen ausgedrückt waren. In wie weit auch schon in der klassischen Zeit die Pausen am Ende der einzelnen Glieder und Perioden normirt waren, ist eine äusserst schwierige Frage, auf die wir in dem dritten Theile unseres Werkes zurückkommen werden.

65. Ueber die Grösse der Pausen liegen verschiedene Angaben alter Schriftsteller vor. Aristides de mus. p. 40 kennt nur zwei

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