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immer speciellere Beobachtungen, Behauptungen jener,,Maschinenmeister", aber auch denkender Naturforscher anführt, glaubt | man bisweilen Stellen in Schopenhauer's Hauptwerk oder in Hartmann's Philosophie des Unbewußten" zu lesen, zumal wo dieser auf naturwissenschaftliches, zoologisches Detail, auf das an's Fabelhafte gränzende Erhaltenwerden thierischer Lebenskeime und Wiedererweckung derselben eingeht. In gedrängter Kürze theilen wir einige der frappantesten Einzelnheiten der Art aus Jean Paul mit, sollten wir auch bald vor, bald zurückgreifen müffen in der Fülle des Dargebotenen.

Da heißt es denn u. a.: „Diese Erscheinungen sind nicht erklärende, sondern selber zu erklärende. Warum aber will man nicht lieber annehmen, daß alle diese Organisationen schon als Eier und Körner vorher in den Elementen vielleicht Jahrtausende lang umgeschwommen, ehe sich die entwickelnde äußere Mutterhülle für sie vorgefunden? Sogar vollendete Thiere halten den ganzen Scheintod im Eise des Winterschlafs und andere, wie Krokodile und Schlangen, ihren im heißen ausgetrockneten Schlamme des Sommerschlafes so viele Monate aus, daß ihr Schlaf durch Verlängerung der Kälte und Hize noch bis zu unbestimmten Gränzen auszudehnen wäre. Blieben nicht Kröten in hundertjährigen Eichen und in noch älterem Marmor unbeschädigt eingeschloffen? - Die Kleisteraale kann man nach Bonnet, so oft man will, zu Scheinleichen eintrocknen lassen, und sie doch nach vielen Jahren mit einem Tropfen Wasser gleichsam wie mit Nervensaft wieder in's Leben zurückaufen!"

vortrefflich ausgestatteten Buche vor uns liegt.*) Wir freuen uns, in Herrn Puslowski einen Ausländer begrüßen zu können, der mit vorurtheilsfreiem Blicke das entschieden deutsche Institut beurtheilt und darstellt, dessen Verdienste um die Kenntniß der „Physik der Gesellschaft“ und der „Physiologie des Staates" auch im Inlande noch nicht genügend bekannt und gewürdigt sind und das er allen anderen Ländern als eine wahrhafte MusterAnstalt bezeichnet.

Nachdem in dem ersten Abschnitte des vorliegenden Versuches die Vorgeschichte des Statistischen Bureaus, der ersten Anfänge | staatlicher Volkszählungen in Preußen und vergleichender Uebersichten der administrativen Zustände des Landes berührt worden, ist der zweite Abschnitt dem geschichtlichen Entwickelungsgange der Anstalt in den Jahren 1805 bis 1872 gewidmet, wobei die Lebensskizzen und die wissenschaftlich-literarische Wirksamkeit der vier Männer, welche in diesem Zeitraume das Institut geleitet, Leopold Krug's, J. G. Hoffmann's, C. F. W. Dieterici's und Ernst Engel's, im Zusammenhange mit der fortschreitenden Entwickelung der Wissenschaft und der volkswirthschaftlichen Freiheit, dargelegt werden, worauf im dritten Abschnitt eine Uebersicht der Organisation und Verwaltung des Statistischen Bureaus geliefert wird, zu dessen Reffort im Laufe der lezten Jahrzehnde auch die Redaction des amtlichen KalenderMaterials und das „meteorologische Institut" traten.

In welcher jähen Ueberstürzung der Behauptungen unsere heutigen „Maschinenbauer“ und Materialisten jene obigen, mit denen es Jean Paul zu thun hat, weit hinter sich gelaffen haben, und doch mit den früheren stammverwandt sind, gewahrt man mit einem gewissen Schauder der auch unsern scharfen, hellen Denker erfaßt indem man nicht blos fürchtet, es könnte auf dem Wege heutiger Materialisten eine Verstandesstörung| früher oder später eintreten, sondern man überzeugt sich, daß sie troz aller Berufung auf Thatsachen der Beobachtung, als neueste Thatsache bereits eingetreten ist.

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Das K. Statistische Bureau und das Seminar für Statistik und Volkswirthschaftslehre in Berlin.

Bei dem Intereffe, welches nicht bloß unter den betreffenden Fachmännern, sondern auch bei allen mit volkswirthschaftlichen Ideen befreundeten Laien, die principiellen Differenzen erregen, die in neuerer Zeit zwischen den Vertretern der Manchester- oder Adam Smith'schen Schule, d. h. des unbedingten Freihandels und des laisser passer und laisser faire einerseits und den sogenannten Katheder - Socialisten, d. h. der deutschen Schule der „Physik der Gesellschaft" andererseits ausgebrochen sind, wird das Erscheinen eines Buches, das über den vornehmsten Siß der lettgedachten Schule, über das mit dem k. preuß. Statistischen Bureau verbundene Seminar für Statistik und Volkswirthschaftslehre, sowie über die Geschichte jenes im Jahre 1805 gegründeten ersten deutschen statistischen Bureaus, belehrende Auskunft ertheilt, gewiß Vielen willkommen sein. Herr Leon Puslowski, ein russischer Pole und außerordentliches Mitglied des Statistischen Seminars", hat sich der Ausarbeitung dieses allerdings nur nach bekannten Quellen zusammengestellten, doch immerhin verdienstlichen Versuches unterzogen, der in einem typographisch

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Der vierte Abschnitt des Werkes ist dem Statistischen Seminar, dieser Schöpfung Engels im Jahre 1861, gewidmet, sich bald zu einer ausgezeichneten Schule für Verwaltungs-Beamte aufgeschwungen, an welcher nicht bloß Preußen, sondern auch Angehörige aller anderen deutschen Staaten und Ausländer (Russen, Polen, Italiäner, Griechen 2c.) sich mit Nußen betheiligt und dies zum Theil bereits auch durch werthvolle literarische Arbeiten documentirt haben. Die Mitglieder dieses Seminars haben, wie Herr Dir. Engel in einer Note zu Brentano's Abhandlung über „die abstrakten und die realistischen Volkswirthe“ bemerkt, soweit sie schriftstellerisch hervorgetreten, hinlängliche Beweise dafür abgelegt, daß sie an genannter Bildungsstätte Dank dem Reichthum ihres Thatsachen-Materials beffer denn irgendwo lernten, die wahre Natur der volkswirthschaftlichen Dinge zu erkennen und zu beurtheilen während die „Generalpächter und Monopolisten der wahren Volkswirthschaft" immer nur untrügliche Naturgefeße" erfanden und verfeinerten, die außer ihnen. kein anderer Sterblicher zu sehen und zu begreifen vermochte.

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Ein Institut, an welchem Männer wie Engel, R. Böckh Dove, Hanssen, Magnus, Helwing, A. Wagner, Meizen u. A. wirkten, konnte nicht anders, als in ideenfördernder und nachhaltiger Weise auf den Bildungsgang der nachmaligen Staatsund Verwaltungsbeamten wirken, die größtentheils bereits in einem vorgerückten Stadium ihrer Carrière als Assessoren in das Statistische Seminar eintraten. Einzelnen Vorträgen haben, als Hospitanten, auch höhere Ministerialbeamte, Mitglieder der Gesandtschaften in der Hauptstadt des Deutschen Reiches, praktische Mediziner, Militairs 2c. beigewohnt. Im Gegensaße zu der bloß receptiven Thätigkeit der Zuhörer auf Universitäten, betheiligen sich die Mitglieder des Statistischen Seminars an den Discussionen über wissenschaftliche Fragen und die vorgetragenen Lehrsäße. Die Erweiterung des Begriffes der Statistik zu einer Physik der menschlichen Gemeinschaften hat Herr Engel

*) Das K. Preuss. Statistische Bureau und seine Dependentien, Geschichte, Organisation und Verwaltung. Von Leon Puslowski. Berlin, Puttkammer & Mühlbrecht, (168 S. gr. 8.)

in einer Abhandlung der Zeitschrift des Statistischen Bureaus, Theil III.: „Das Statistische Seminar und das Studium der Statistik überhaupt“ in sehr einleuchtender Weise als Ziel hingestellt.

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Der fünfte und sechste Abschnitt des vorliegenden Buches find der gediegenen, fachwissenschaftlichen Bibliothek und den Publikationen des Statistischen Bureaus gewidmet, wobei auch erwähnt ist, was der Herausgeber unseres Magazin“ in dank, barer Weise zu bestätigen hat, daß in den Jahren 1853 bis 1855 eine ganze Reihe von Besprechungen hervorragender Werke auf dem Gebiete der ausländischen Statistik, größtentheils aus der Feder von Richard Böckh geflossen, mit der Unterschrift K. St. B., in den Spalten dieser Zeitschrift veröffentlicht worden ift. Unter den selbständigen Publikationen des Statistischen Bureaus nennen wir besonders: die in den Jahren 1849 1858 erschienenen,,Tabellen und amtlichen Nachrichten über den preußischen Staat" (10 Bände), die im Jahre 1860 an deren Stelle getretene „Zeitschrift des K. Preuß. Statistischen Bureau", das vom Director Engel in's Leben gerufene amtliche Quellenwerk,,Preußische Statistik", herausgegeben in zwanglosen Heften, von denen bis Mitte 1872 bereits 24 Hefte erschienen und die vier Abtheilungen: Bevölkerungs- Statistik Handel, Industrie und Verkehr Landwirth. schaft Meteorologie und Klimatologie umfassen, und endlich, last not least, das „Jahrbuch für die amtliche Statistik des preußischen Staates", von welchem der erste Jahrgang im August 1863 ausgegeben wurde, während der zweite | Jahrgang 1867 und der dritte 1869 erschien. Diese reichhaltigen Jahrbücher behandeln alle Momente der Staats- Oeconomie, der Finanzen und der Steuern, der Posten und Telegraphen, des Bergbaues und der Eisenbahnen, des Handels, der Gewerbe und der Schifffahrt 2c. in Effsays, unter deren Bearbeitern besonders die Herren Engel, Böckh, K. Brämer und Meizen her vorzuheben sind. Seit dem Jahre 1864 sind mit der „Zeitschrift“ auch noch Ergänzungshefte über Versicherungswesen 2c., sowie literarische Beilagen verbunden.

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Mit der am 1. Januar 1869 erfolgten Gründung einer ,,Verlagshandlung des K. Statistischen Bureau" gingen sämmtliche Publikationen des Leßteren in den Debit derselben über. Dieser Verlag wird demnächst auch die ersten literarischen Ergebnisse der allgemeinen Volkszählung vom Jahre 1871 publiciren, und zwar in einem Werke über die Gemeinden und Guts bezirke des preußischen Staates, woran es bisher noch gänzlich gefehlt hat. Indem das Statistische Bureau die Herausgabe eines solchen Werkes nach dem von der General Commission für die Volkszählung des Jahres 1871 festgestellten Plan unternimmt, befriedigt es ein in vielen Kreisen lebhaft empfundenes Bedürfniß. Ein zweites Werk, das demnächst vom Statistischen Bureau vorbereitet und herausgegeben wird, führt den Titel: „Die landräthlichen Kreise, Aemter und selbständigen Städte des preußischen Staates“ und ist, auf Anordnung des Minifteriums des Innern, nach den Mittheilungen der Landräthe, Amts- und Kreishauptleute und Magistrate bearbeitet und zusammengestellt.

Erläuterungen zu Schiller's Gedichten.

Vor uns liegen zwei Schriften, welche in nicht unwürdiger Weise die Schiller-Literatur bereichern helfen. Dr. W. Tobien*) hat es unternommen, eine Anzahl kleinerer und größerer Dichtungen * Erklärung ausgewählter Gedichte von Schiller. Von Dr. W. Tobien. Elberfeld, B. Hartmann (K. Volkmann's Nachf), 1872.

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Schiller's, welche troß ihrer Popularität doch im einzelnen durchaus nicht allgemein verständlich und allgemein verstanden sind, durch eine eingehende und meistens recht ansprechende Erklärung besonders der reiferen deutschen Jugend zugänglicher zu machen. Zuerst bespricht der Verfasser die Gedichte, welche dem Sagen. kreise des trojanischen Krieges entnommen sind, wie z. B. Kafsandra, Hektor's Abschied u. s. w.; dann erläntert er die Dichtungen, welche uns in die Welt der Götter- und Heldensagen des griechischen Alterthums und in die aufdämmernde Geschichte des Griechenvolkes versehen, wie z. B. die Götter Griechenlands, Klage der Ceres, die Kraniche des Jbykus, der Ring des Polykrates u. s. w. Die vierte Abtheilung behandelt eine rein geschichtliche Erscheinung auf Italiens Boden, Pompeji und Herkulanum, ein Lebensbild aus der alten Römerwelt im Lichte dichterischer Verklärung. Im fünften Abschnitte verlassen wir das klassische Alterthum und betreten den Boden des Mittelalters, das Zeitalter der chriftlichen Romantik; hierher gehören folgende Gedichte: Der Kampf mit dem Drachen, der Taucher, der Graf von Habsburg, Ritter Toggenburg u. s. w. Daran schließt sich das auf eine Gegend in der Schweiz Bezug nehmende „Berglied". Der sechste Abschnitt enthält die Erklärung von Gedichten, welche - nicht selten mit einem religiösen Anklange das Reich der Ideale feiern; die ftebente Abtheilung bringt Dichtungen, welche die Macht und Kraft der Poeste und des Gesanges darstellen. Den Schluß des Buches endlich bilden Parabeln und Räthsel, Sprüche des Confucius u. s. w. Die Auswahl und die Ordnung der besprochenen Gedichte dürften im Ganzen wenig zu tadeln sein; auch die Erklärung derselben bietet manche Lichtpunkte dar, obschon sie sich vielfach in's Breite verliert und nicht selten geradezu trivial wird. So z. B. sind Erläuterungen von Worten, wie „nimmer", „Mannen", Donnerwort" (sämmtlich auf S. 77), für die reifere deutsche Jugend jedenfalls vollkommen überflüssig.

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Einen wissenschaftlich höhern Standpunkt, als die Schrift von Tobien, nimmt die Arbeit von Heinrich Viehoff*) ein, welche Schiller's sämmtliche Gedichte erläutert und auf ihre Veranlassungen, Quellen und Vorbilder zurückzuführen sucht, daneben aber noch eine interessante Varianten-Sammlung enthält. Das verdienstvolle Werk hat bereits die vierte Auflage erlebt und ist einer gänzlichen Umarbeitung unterzogen worden; es umfaßt zwei Bände und erscheint in 12 Lieferungen à 5 Sgr. In der dritten Lieferung kommt die Besprechung der Gedichte der Anthologie zum Abschluß, während die vierte und fünfte Lieferung die Erläuterungen der Gedichte der zweiten Periode (1785-1790) zu Ende bringt. Wir treten mit dem Frühling 1785, in welchem Schiller nach Leipzig übersiedelte, in einen neuen Lebensabschnitt des Dichters ein, und erkennen dies auch bald an dem Charakter seiner Lyrik. „Der Himmel seiner Poeste," sagt der Verfasser, „fängt an, sich zu läutern; die Wolken des Bombastes, der Ueberspanntheit, der Unklarheit und des Ungeschmacks, die den Glanz des auch aus seinen Erstlings-Gedichten hervorleuchtenden Genies noch verdunkelten, beginnen sich zu zerstreuen, wenn auch noch nicht gänzlich aufzulösen".

Der Autor ist vollständig Herr des Stoffes, den er behandelt, und hat die einschlägige Literatur mit Verstand, Fleiß und Umsicht zu Rathe gezogen. Wir können seine Arbeit allen Literaturund Schillerfreunden insbesondere nur empfehlen. Bekanntlich) hat Viehoff Goethe's Gedichte in ähnlicher Weise, wie die Dich tungen Schiller's, erläutert. R. D.

*) Schiller's Gedichte erläutert von Heinrich Viehoff. Stuttgart, Carl Conradi, 1872.

England.

Die parlamentarischen „Prigs“.

Im englischen Parlamente hat besonders während der leßten Session eine grausame Art von Rednern überhand genommen. Sie werden unübersehbar Prigs genannt. Das Lexicon, auch das beste, läßt uns hierbei, wie bei unzähligen anderen idiomatischen und technischen Ausdrücken und Wortformen, im Stiche. Ich will deshalb diese Herren Prigs aus ihrer Wirksamkeit zu erklären suchen. Die immer noch zunehmende Anarchie in der parlamentarischen Hergebrachtheit, die Lockerung in der Partei-Disciplin, der Individualismus und die Eitelkeit der einzelnen Mitglieder, endlich vielleicht auch die Aussicht auf immer ausgedehnteres Wahlrecht hat der eingebildeten Mittelmäßigkeit ein überaus stolzes Bewußtsein verliehen. Deshalb läßt sie mit steigendem Wohlgefallen immer längere Redensarten zum Halse heraushängen. Wir Deutsche kennen diese Krankheit auch schon aus Volksversammlungen und Parlamenten und überseßen den englischen Ausdruck dafür, „priggishness", zwar nicht fein, aber viel treffender mit „Sprechdiarrhöe". Es war diesmal die vorherrschende Seuche unter den Parlaments-Mitgliedern.

Früher gab es fünf bis zehn eigentliche Redner, welche Alles entscheidend durchsprachen. Die andern 650 Mitglieder machten es sich bequem, schwänzten und ließen sich nur für wichtige Ab. stimmungen aus den Clubs, aus den Kneipen, ja weit von ihren Landsizen und Reisen her zusammen-, whippen". Die Redner sprachen gut, meist mit Sachkenntniß und entscheidend, wie denn die sogenannte gefeierte Majorität auch bei constitutioneaster Freiheit und Ehrlichkeit fast immer nur Schein war. Beiläufig gesagt, hat sich nur aus diesem Grunde das Unfehlbarkeits-Dogma von dem Segen der Majoritäts-Regierung so lange erhalten, weil wenigstens in ruhigeren Zeiten die unselbständige, kenntnißlose, leithammelbedürftige Mehrheit sich von der Autorität und der Sachkenntniß der Einzelnen führen oder treiben ließ. Jezt glaubt jedes Schaf ein Hirt zu sein und theils selbst, theils durch vermeintlich abgerichtete Hunde, ganze Heerden auf die einzig wahre Weide zu treiben. Jeder spricht und wartet, ohne auf die Vorgånger zu hören, mit steigender Ungeduld auf den Augenblick, wo er aufspringen und seine gemeinpläßige Abhandlung über das dünn beseßte, lärmende, lachende, schlafende Haus hinwässern darf. Keine Scham mehr, kein bescheidenes Verstummen, kein aufmerksames Ohr. Was auch verhandelt wird, der Prig lauert nur immer auf eine Gelegenheit, ja nur auf eine Pause, um loszuschreien, daß er über irgend einen, gar nicht hierher gehörigen Gegenstand das Haus, das Land und die übrige Menschheit aufflären werde und müsse. So verkündete beispielsweise ein solcher Sprechwütherich gleich im Anfange, daß er sehr bald während der Sigungsperiode die Aufmerksamkeit des Hauses auf den vollständigen Unsinn aller vorhandenen Geseze lenken würde. Ein gewiß drei Minuten langes Hohngelächter nahm dieser Prig nur als einen Ausbruch der Unwissenheit tief unter seiner Höhe. Ein gesunder Mensch hätte sich gründlich geschämt, aber im höchsten Stadium der jet herrschenden Seuche beharrt er nur um so stolzer auf seinem Recht, wie Shylock auf seinem Pfund Fleisch.

Noch toller klang der Antrag: „Dieses Haus wünscht seine Ueberzeugung auszusprechen, daß die Landesregierung angewiesen werden solle, das Wahre, Schöne und Gute zu fördern.“

Diese doktrinären Prigs, welche aus philosophischen und socialen Schriften sich Essays zusammenstoppeln, ste auswendig

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lernen und im Parlamente für die Stenographen und die Zeitungen pathetisch herdeclamiren wollen, sind noch lange nicht die schlimmsten. Viel empörender verfährt und spricht der commerzielle Prig." Nach ihm muß das ganze Land und die größeren zwei Drittel des Waffers kaufmännisch gebucht und unter Soll und Haben gruppirt werden. Durch Seifenstederei reich geworden, durch Reichthum Abgott ausgedehnterer Wählermassen, dadurch Parlamentsmitglied, beurtheilt er alle Staats-, Gelehrten- und Kirchenfachen auf Grund seiner Sachkenntniß in der Seifenstederei, und zwar Seifenstederei, wobei man reich wird. Deshalb vor allen Dingen keine Lurusausgaben für Kunst, Wissenschaft, Diplomatie u. s. w. Johann, der muntere Seifensieder beweist auch ganz unumstößlich, daß die meisten Ausgaben dafür zu hoch seien, Manches überhaupt gar nicht nöthig und endlich Alles viel, viel billiger fabricirt oder bezogen werden könne. Er selbst läßt durch eine halbstündige Rede nicht undeutlich hindurchschimmern, daß er als Gesandter oder Mitglied des Ministeriums für viel weniger Geld viel bessere Waare zum Ein oder Abseifen liefern würde. Wenn man ihm auch beweist, daß die Geschäfte eines Seifensteders und Ministers oder Gesandten doch wesentlich von einander geschieden seien, er giebt es nie zu. Die anderen Herren sind ja Alle nicht sachverständig. Was find fie, die auf Universitäten oder im Staatsdienste nie mit dem Volke in Berührung gekommen? Unwissende Herren gegen ihn, der als Lehrjunge Kleider bürsten und Stiefel wichsen mußte, gegen ihn, den self-made-man aus dem Volke!

Wollte man eine gelehrte Physiologie dieser Sprechianisten zum Besten geben, so würde eine ziemliche Menge von Species und Abarten wie in der Zoologie und Botanik herauskommen und die beiden Hauptklassen: commerzielle und gelehrte Prigs, mannigfach abschattiren. Hier nur noch ein Wort über leştere. Sie geben dem Unterhause oft den Anschein, als bestehe es aus einem Handwerker-Vereine, für dessen Mitglieder sich mit Enthu Rasmus freiwillige Schulmeister und Vorleser auf die Bühne drängen, um das Universalmittel gegen alle socialen Uebel: Bildung, Bildung, Bildung, in harte Köpfe zu trichtern. Zwar können die meisten dieser auserwählten Herren ebenfalls noch viel Belehrung brauchen, wenn nur die Herren Lehrer selbst etwas gescheiter wären und die drängende par| lamentarische Thätigkeit nicht in unerträgliche Länge zögen. Das Unterhaus ist troß der vorherrschenden Mittelmäßigkeiten keine politische Elementarschule. Dieser gelehrte Prig ist noch zu jung und glüht vor Begierde, schon seit Jahrhunderten abgedroschene Gemeinpläge, längst abgethane sociale oder politische Redensarten als einzige Rettungsmittel für die Constitution, für den Fortschritt, für das Heil der Welt im Allgemeinen bombastisch auszupofaunen. Er hat für jede Frage ewige, allge. meine Grundwahrheiten. Soll ein Aufschlag oder Knopf an Soldaten-Uniformen geändert werden, so ruht er nicht eher, als bis er seine auf drei Stunden Dauer berechnete Rede über die Gottlosigkeit des Krieges und die Wohlthaten eines gesicherten Friedens anfangen und so lange fortseßen kann, bis er sich unter dem allgemeinen Hohngelächter heiser geschrieen oder vom Sprecher zum Abtreten verurtheilt oder sich vor vollständig geleerten Bänken der Wirkung seiner Weisheit bewußt geworden ist.

Jede Krankheit ansteckender Art hat eine allgemeine, in der Luft, in gesellschaftlicher Blutverderbniß liegende Hauptursache; so muß auch dieses Rede-Laster etwas Faules im englischen, vielleicht im Parlamentarismus überhaupt bedeuten. Warum erwies sich Palmerston beinahe funfzig Jahre lang, nur mit gerin

gen Ausnahmen, mächtiger als alle Majoritäten? Warum hat Gladstone gegen die mächtigsten Oppositionen so viel Neuerungen durchgesezt und sich so lange gehalten? Bismarck ist ein noch schlagenderes Beispiel. Wofür? Für die sich immer wiederholende, wenn auch von dem durch Phrasen verflochtenen Liberalismus theils übersehene, theils geleugnete Thatsache, daß der intelligente, praktische, müthige Staatsmann allein grade in entschei. denden Dingen eine größere Majorität ist, als fünf bis sechs. hundert Schafe von der feinsten Wolle. Ohne daß sie es wissen und trotz ihres Stampfens mit einem Vorderfuße, wie es Böcke der Heerde drohender Gefahr gegenüber zu thun pflegen, folgen Rie doch in ehrlicher Schafsnatur ihren Leithämmeln. Grade der lange gefürchteten Demokratistrung des Wahlrechts und der geheimen Abstimmung gegenüber, scheint der älteste und souveränste Parlamentarismus praktisch beweisen zu wollen, daß dieses Gerede mit allen seinen Pfiffigkeiten für Erzielung von Majoritäten bald für, bald gegen Dies und Jenes lächerlich, langweilig, ohnmächtig oder sogar verderblich wird und nach Schiller „Mehrheit Unsinn sei, weil man die Stimmen wägen und nicht zählen darf,“ um darunter die wirkliche Stimme der Wahrheit, der Sachkenntniß, des Fortschritts herauszufinden. Der von neunundneunzig Procent der Engländer unverstandene oder ver höhnte alte, mürrische Thomas Carlyle, der unlängst, wie ein | vermückerter Schufter gekleidet, auf besonderen Wunsch der deutschen Kaiserin vor der hohen Frau im preußischen Gesandtschaftshotel in London erschien, um deren Dank und Anerkennung entgegen zu nehmen, hat schon seit einem Menschenalter die Aufgabe und das wahre Wesen aller freiheitlichen und gebildeten Staats- und Regierungskunst gepredigt und den Schwindel, die Ohnmacht, das sich selbst und Andere betrügende Phrasenwerk des Consti. tutionalismus blosgelegt. Für ihn, wie auch thatsächlich immer in der Weltgeschichte, giebt es nur einzelne Genies von Gottes Gnaden, von gründlicher, ausgebreiteter Sachkenntniß und moralischem Muthe, welche die Welt bewegen und selbst oft nach tragischem Tode mächtiger werden als ganze Armeen, geschweige Parlamentsmassen, welche von willkürlich zusammengetrommelten und gleich hernach wieder auseinanderbröckelnden, unwiffenden Maffen gewählt, den Willen und die Weisheit von so und so viel Millionen Menschen vertreten und sogar zum gesetzlichen Ausdruck bringen sollen. So etwas klingt zwar noch durch ganz Europa, vielleicht noch mehr durch die übrigen Welttheile, wo man auf Majoritäts-Regierung wie auf das höchste Ziel der Freiheit hinarbeitet, empörend keßerisch; aber daraus muß man sich nichts machen. Sokrates, Buddha, Mohamed u. s. w. waren zu ihrer Zeit von Majoritäten lange verfolgte und manchmal sogar als Verbrecher bestrafte Keßer. Die englischen Prigs find viel. leicht dazu bestimmt, die Hohlheit und Unerträglichkeit dieses Majoritäts-Schwindels recht zu bekunden und der Carlyle'schen Freiheits- und Cultur-Religion auch im Staatswesen offene Geltung zu verschaffen: der Tyrannei des Genius, der Intelligenz, der Sachkenntniß und der daraus entspringenden Schöpfer- und Thatkraft. Darin liegt zugleich der Troft für alle vom französisch gebornen Constitutionalismus gequälten Culturstaaten. Sicherlich wird bald eine Zeit kommen, wo man des abgedroschenen Phrasenwerks auf politischen Rednerbühnen müde, sich wieder von einzelnen, wahrhaft großen Männern voller Genius und Kenntniß auf den Bahnen des Fortschritts führen lassen wird. Es ist eigentlich immer geschehen, nur während des lezten Jahrhunderts mehr oder weniger unter dem Scheine der MassenMajorität. Wo sie wirklich bestimmte, gerieth man meist auf Irrund Umwege. Man wird aber auch hier einsehen, daß der grade

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Weg immer der beste ist, selbst wenn er erst durch Wüften oder Felsen gebrochen werden muß.

Diese Worte werden wieder Aergerniß für den Herrn in München sein, der mir einmal im „Magazin“ selbst alle möglichen Verbrechen gegen die Wissenschaft vorwarf. Ich konnte nichts in diesem Angriffe finden, als schweren Aerger des Verfaffers, keinen Angriff, keine Widerlegung. So kann ich nachträglich auch nichts zur Linderung dieses Aergers beitragen, und hoffe sogar mit etwas Schadenfreude, daß er sich auch diesmal wieder einen Artikel abärgern und der Redaction zusenden werde.

H. Beta.

Mrs. Somerville über den Ausbruch des Vesuv.

Das Victoria Magazine theilt einen Brief mit, den Mrs. Somerville, deren Arbeiten über Physik und Geologie mit sehr großer Anerkennung genannt werden, bei Gelegenheit des neuerdings stattgehabten Ausbruches des Vesuvs geschrieben hat. Die Mittheilung ist um so interessanter, als die Dame, welcher es vergönnt war, das wunderbare, entsetzlich schöne Naturschauspiel aus der Nähe zu beobachten und zu studiren, gegenwärtig in ihrem zwei und neunzigsten Jahre steht. Sie schreibt in einem Briefe an eine Freundin, dem eine von ihr eigenhändig angefertigte Zeich nung des Vesuvs beigefügt ist, Folgendes:

„Der Vesuv hat einen so herrlichen und furchtbaren Ausbruch gehabt, wie seit Menschengedenken nicht. Der Ausbruch geschah ganz unerwartet. An einem lieblichen Abende fuhren wir nach Santa Lucia, um dort einen schönen Strom Lava zu sehen. Als mir das Mädchen am andern Morgen den Kaffee brachte, bemerkte ich, es scheine zu donnern. „Nein, nein“, antwortete ste, „es ist das Gebrüll des Vesuv, der plößlich zu speien begonnen hat.“ Wir gingen sogleich aus und verbrachten den Morgen an einem dem Vesuv gerade gegenüberliegenden Fenster des Hotels von Santa Lucia. Der Feuerschein war im Tageslichte nicht sichtbar, aber der dahinfließende Lavastrom entsandte Rauch und Dunft; der Rauch fiel nieder und der Dunst lag darüber, weiß wie geschmolzenes Silber und sehr schön. Mir erschien der Anblick während des Tages schöner als während der Nacht. Es donnerte unaufhörlich und zuweilen, wenn es besonders stark war, fühlten wir, wie unsere Stühle sich unter uns bewegten. Ich kehrte Abends nach Hause zurück und sah somit nur eine Ecke des Lavafeldes, welches die ganze Gegend bedeckte und Eine große FeuerCascade bildete. Am Sonntag Morgen war ich erstaunt über die ringsum herrschende Finsterniß; ich blickte hinaus und sah die ganze Landschaft eingehüllt von einem dichten Aschenregen, welcher mindestens zwei Tage anhielt. .... An dem Abende, wo der große Ausbruch stattfand, fuhren M. und M. nach Portici. Für mich war dies zu weit; denn ich bin sehr schwach, mein Geist ist aber ganz klar, denn ich lese und löse mit derselben Leichtigkeit wie früher Fragen der höheren Algebra.

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. . Der Ausbruch hat alle unsere Gäste aus Neapel vertrieben. Sie flohen, während wir umhüllt, von dem Aschenregen, weder Himmel, noch Erde, noch Meer sehen konnten. Am Montag Morgen konnte ich nicht zum Lesen sehen, obgleich unser Haus 15 Meil. (englische) vom Vesuv entfernt liegt. Am Sonntag Abend erwarteten die Neapolitaner ein Erdbeben, und viele brachten die Nacht in ihren Equipagen zu; es war dies sehr unwissenschaftlich von ihnen, denn der Vesuv war ja ein Sicherheits - Ventil_gewesen, das Dampf in Menge abgelassen hatte. Ich saß den gan

zen Tag an einem Fenster und erfreute mich an dem erhabenen Anblick; der Verlust an Menschenleben war mir damals noch nicht bekannt.“

Belgien.

Das Institut der Kindergärten.

Die Verehrer Fröbel's werden in dem Buche, deffen vollständigen Titel fie unten angezeigt finden,) das Bestreben des Verfassers erkennen, das jezt wohl bei allen gebildeten Völkern wenigstens versuchsweise eingeführte Institut der Kindergärten auch bei unsern westlichen Nachbarn populär zu machen und in französischer Sprache pädagogisch zu begründen. Es freut uns, es aussprechen zu können, daß der Schreiber dieser Geschichte eines belgischen Kindergartens mit Eifer und Liebe in den Geist Fröbel's eingedrungen ist und seinen Ideen in der Darstellung des Kindergartens wenigstens nach einer hauptsächlichen Richtung hin ebenso verständnißvollen, als beredten Ausdruck gegeben hat.

Es ist jedenfalls der Kindergarten in Lüttich, deffen Geschichte Herr Octave Masson erzählt. Er läßt uns der Eröffnung der Anstalt beiwohnen und führt uns durch alle jene Schwierigkeiten hindurch, welche die Lehrerinnen, die,,Maîtresses", beim Anfange ihrer Wirksamkeit mit aller Mühe und Geduld zu überwinden hatten, bis zu dem Zeitpunkte, wo die älteren Zöglinge, angeregt zu weiterer Gedankenarbeit, empfänglich für das Schöne und folglich auch für das Wahre und Gute, ausgerüstet mit dem Sinn für sittiges Betragen, geschickt und erzogen in der Liebe zur Thätigkeit, die Anstalt verlassen. Die Entwickelung der Erziehungs-Grundsäge, wie sie sich zwischen solchem Anfang und Ende hinzieht, bietet dem Kenner der Fröbelschen Schriften nicht wesentlich neue Gesichtspunkte dar. Es kann jedoch ersprießlich sein, auf einige Besonderheiten jener Anstalt hinzuweisen.

Man scheint in Lüttich den Kindergarten als eine verbesserte Auflage von Bewahr. Anstalt zu handhaben. Die Eröffnung zeigt ein nichts weniger als einnehmendes Bild. Es waren etwa 40 Kinder von 2 bis 7 Jahren geradezu von der Straße aufgelesen worden (der Verfasser läßt sie sogar aus dem Rinnsteine herausgezogen werden), um an ihnen ein Liebeswerk höchster Art zu vollbringen. Man mußte sie reinigen, ihre gröbsten Unarten beseitigen, ihr Geschrei nach der Freiheit der Straße ftillen, fie an die veränderte Sphäre gewöhnen, bevor man an die eigentliche Arbeit der Erziehung gehen konnte.

Die Lehrerinnen waren der katholischen Confession zugehörig. Um mit katholischen Gebräuchen beim täglichen Gebete nicht zu verlegen, versicherte man sich nicht allein der Zustimmung von den Eltern der in einem diffentirenden Cultus aufwachsenden Kinder, sondern sette auch die Behörde in Kenntniß, die darüber wachte, daß jeder Glaube gewissenhaft respektirt werde. Danach erst genügte man der confessionellen Pflicht, das Zeichen des Kreuzes vor dem Gebet mit den Kindern einzuüben.

Eine eigenthümliche Rücksicht auf die Gesundheit wird beobachtet, indem man jedem Kinde täglich einen Löffel voll Leberthran eingicbt.

*) Octave Masson. L'école de Froebel. Histoire d'un Jardin d'enfants. Simples récits pour servir de guide aux mères de famille et aux institutrices des écoles gardiennes et des salles d'asyle. Accompagné de 18 planches gravées. Bruxelles, F. Claassen, 1872.

Der Unterricht begreift: die dem Begriffsvermögen der Kinder entsprechenden Kenntnisse, die für ihr Alter geeigneten Handarbeiten, die ersten Elemente des Zeichnens, das Singen im Chor. Damit werden körperliche Uebungen verbunden. Ferner giebt die Anstalt Gelegenheit zu einem Primär - Unterrichte, welcher mit den lezten Klaffen der Communal-Schulen correspondirt; er enthält, außer der Entwickelung des ursprünglichen Programms, das Studium der Muttersprache, d. h. Lesen, Schreiben und das Elementare der Grammatik, sowie das Studium der Arithmetik und Geometrie.

Eine deutsche Lehrerin ist dem Institute beigegeben.

Masson's Buch ist zur Instruction von Müttern und Kindergärtnerinnen geschrieben. Es gewährt genaue Anleitung, wie ein Fröbel'scher Kindergarten einzurichten und zu leiten ist. Die Lehren und Winke, die es den Lehrerinnen giebt, sind gewiß sehr beherzigenswerth. Bei alledem haben wir darin Eines vermißt. Der Accent des Buches liegt auf der Richtung, in welcher fich die Entwickelung der Verstandeskräfte bewegt. Es verwerthet erschöpfend die Idee Fröbel's, daß man das Kind vom ersten Alter an mit belehrendem Spiele umgeben müsse, um ihm die Arbeit zum Vergnügen und, sagen wir, zum Bedürfnisse zu machen. In diesem Sinne ist das Eine der beiden aus Fröbel's Schriften entnommenen Mottos vortrefflich erfüllt. Hinter dem anderen Motto aber: Möge uns das Kind als ein lebendiges Pfand der Gegenwart, der Güte und der Liebe Gottes erscheinen“, ist jedoch, wie uns dünkt, die Schrift erheblich zurückgeblieben. Wir vermissen den Nachdruck auf die Entwickelung des Gemüthslebens im Kinde. Bei aller Mühe, welche sich die Lehrerinnen zu geben haben, um beim Unterrichte auch Anstand, Sitte, Selbstbeherrschung zu fördern, den Sinn für das „Schöne, Wahre und Gute" zu wecken, macht der ganze Apparat den Eindruck, als ob er nur ein Aeußerliches bezwecke. Die Stellung der Lehrerinnen zu den Kindern, so scheint es uns, müsse, nach dem Buche, der Wärme rechter Liebe entbehren, müsse kalt bleiben. Wenn man fich Mühe gegeben hat, die Kinder daran zu gewöhnen, daß fie die Lehrerinnen „Madame" statt „femme" anreden, so hat man wohl davon abftrahirt, den Kindern das herzliche in dem Verkehre mit einer echten Mutter ersehen zu wollen. Das würdige Lächeln“, mit dem die Lehrerin zuweilen ihre Zöglinge ermuntern soll, erscheint mehr ein Ausfluß der Gnade, als der Liebe. Der Lehteren aber bedarf es, wenn der Kindergarten seine Aufgabe allseitig erfüllen soll. In diesem Punkte, meinen wir, darf Fröbel verlangen, in der Geschichte des Lütticher Kindergartens, wie in dem Kindergarten selbst, noch ergänzt zu werden.

Italien.

Ein Ausflug nach Calabrien.

G. H.

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