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dachte deutsche Landschaft von Galizien getrennt und mit Defterreichisch-Schlesten, dem es geographisch angehört, auch politisch und national vereinigt werden. Natürlich würde die kaiserlich österreichische Regierung nur gerecht sein und zwar ebensowohl gegen sich selbst, indem sie doch keine treueren Freunde, als die Deutschen, unter den verschiedenen Nationalitäten ihres Landes hat, wie gegen die in ihren edelsten Rechten bedrohten Landschaften an der schlesisch-galizischen Gränze, wenn sie die gedachte Petition an den Reichstag in jeder Weise förderte; statt dessen hat jedoch der Bezirkshauptmann von Biala in seinem büreau kratischen Eifer sich für verpflichtet gehalten, gegen diese Petition in seinem Bezirk einzuschreiten und die wackeren Deutschen dort mit schweren Strafen zu bedrohen, falls sie den Wunsch, öfterreichisch-deutsch zu verbleiben, fernerhin in ähnlicher Weise zu erkennen geben sollten.

Pompadour und dem vornehmsten Acteur in dem Pariser Intri- Beziehung auf dem galizischen Landtage gefaßt wurde, nachgäbe. guenspiel Maria Theresia's gegen Friedrich II. von Preußen, Eine Petition des Gewerbe-Vereins von Bieliz-Biala an den publizirt worden.") Es scheint, daß der Briefwechsel, anfangend | österreichischen Reichstag stellt daher das dringende, ja flehentmit dem Jahre 1758, also ein Jahr nach Beginn des französisch-liche Gesuch, es möge vor Abschluß jenes Ausgleiches die gedeutschen Feldzuges, der in der Schlacht von Roßbach seinen Höhepunkt erreichte, zunächst den Zweck hatte, Bernstorffs und Dänemarks thätige Mithülfe für Oesterreich und Frankreich zu erlangen, aber der in Hannover geborene dänische Minister hatte durchaus keine Lust, sich gegen den König von England, um deffen deutsches Land Hannover eben Krieg geführt wurde, irgendwie zu engagiren. Sie kennen seit langer Zeit meine Grundsäße“, schreibt Bernstorff an Choiseul, „und wiewohl ich zugeben will, daß es Fälle geben kann, in welchen ein Fürst, auch wenn er nicht bedroht und angegriffen, oder durch früher eingegangene Engagements verpflichtet ist, aus Zweckmäßigkeits- und aus politischen Gründen sich bewogen sehen muß, Krieg zu führen, so bin ich doch nichtsdestoweniger der Ansicht, daß, je seltener solche Fälle eintreten, ein um so größeres Glück es für den Fürsten ist." Choiseul erwiedert darauf: „Der König (Ludwig XV.) ist entschlossen, gegen England Krieg zu führen, so lange er noch einen Kronenthaler und einen Soldaten besitzt, aber wir sind im Begriffe, unsere Art der Kriegführung zu ändern. Während wir in Deutschland 100,000 Mann wohl ausgestattete Hülfstruppen halten, welche, mit Weisheit geführt, die Besizungen des Kurfürsten von Hannover und seiner Verbündeten in Deutschland ganz unvermeidlich auf Jahrhunderte hinaus und für die kommenden Menschenalter gänz lich ruiniren werden **), kann die übrige Streitmacht des Königs unmittelbar gegen England verwendet werden, und wenn bei der ersten Expedition auch 50,000 Mann untergehen, so schadet das nichts, denn der König ist fest entschlossen, andere 50,000 Mann und mehr an deren Stelle zu senden und damit nicht aufzuhören, so lange noch Ein Mann in Frankreich existirt.“ Diese französtsche Prahlerei hat, wie die Geschichte lehrt, ihre wohlverdiente Züchtigung gefunden. Der französische Wiz selbst dichtete damals folgendes Chanson:

Le coq français est le coq de la gloire,
Par des travers il n'est point abattu,
Il chante fort quand il gagne la victoire,
Plus fort encore quand il est bien battu.
Chanter toujours est sa grande vertu!

Von der Nordgränze Galiziens, vom Saume der Karpathen an der deutschen und an der österreichisch - schlestschen Gränzwacht, ist uns ein Schmerzensschrei der dort zahlreich wohnenden gewerbfleißigen deutschen Bürger, namentlich der von dem ansehnlichen österreichisch-schlesischen Bieliz nur durch ein Flüßchen getrennten Stadt Biala und der angränzenden deutschen Dorfgemeinde zugegangen. Ein Ausgleich, den die gegenwärtige öster ichische Regierung mit den Polen Galiziens abzuschließen im Begriffe ist, würde alle Kultur- und gewerblichen Interessen je er deutschen Bevölkerung unbarmherzig den panslavistischen Despoten von Krakau und Lemberg ausliefern, wenn die Regierung dem Andrängen der Polen und der Resolution, die in dieser

*) Correspondance entre le comte Johan Hartvig Ernst Bernstorff et le duc de Choiseul. 1758-1763. Copenhagen, Gyldendal. **) Hier ist von einem berühmten französischen Diplomaten die Taktik, welche Frankreich zu allen Zeiten gegen Deutschland befolgte, klar und offen dargelegt. D. Red.

Im amerikanischen Buchhandel wird fortdauernd mit großem Eifer über die Zweckmäßigkeit von internationalen Verträgen über das Verlags- und das geistige Eigenthumsrecht diskutirt. Die Buchhändler von Newyork hielten in der zweiten Woche des Februar eine vielbesuchte Versammlung, in welcher über einen vom Buchhändler Appleton verfaßten Gesetzentwurf verhandelt wurde, der dem Congreß der Vereinigten Staaten in dieser Be ziehung vorgelegt werden soll. Die Meinungen gingen noch sehr auseinander, indem mehrere Buchhändler an der Ueberzeugung festhielten, der Preis der Bücher würde durch internationale Verträge nur vertheuert werden, während Andere die Ansicht aus-sprachen, man möge den Nachdruck völlig freigeben, aber den Nachdruckern die Verpflichtung auferlegen, den betreffenden Autoren einen gewissen Procentsaz des Preises als Honorar zu zahlen. Das amerikanische Buchhändler-Wochenblatt (The Weekly Trade Circular) vom 15. Februar, welches diese Verhandlungen bespricht und zugleich die Urtheile der amerikanischen Presse dar über mittheilt, fügt diesem Artikel auch eine Uebersehung des von dem Deutschen Börsenverein auf Grund des preußischfranzösischen Vertrages von 1862 entworfenen neuen internationalen Vertrages über das geistige Urheber- und das Verlagsrecht bei.

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Altkatholisch" nennt sich ein soeben in Wien und Pest bei Hartleben erschienener Roman in drei Bänden von Adolph Schirmer. Im katholischen Süddeutschland befindet sich die Scene des Romans, und zwar spielt er unmittelbar nach den legten Ereignissen des deutsch-französischen Krieges, als die Ge, müther eben durch das Auftreten Döllingers gegen das römische Concil und sein Unfehlbarkeits-Dogma in die höchste Aufregung versezt waren und die Gesellschaft, besonders auch in den Kreisen der Aristokratie, in entgegengesette religiöse Parteien sich spaltete. Der in Oesterreich erschienene Roman nimmt entschieden gegen die Römlinge Partei und ist allerdings geeignet, in populärer Weise bei dem romanlesenden Publikum Propaganda für den Altkatholicismus zu machen.

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Durch alle Buchhandlungen ist jezt vollständig zu erhalten;

Des Generals Carl von Clausewitz

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Zwei Bände (61 Bogen 80. Geheftet.
Preis Rthlr. 2. 12 Sgr. oder fl. 4. 12 kr. rhein.
Verlag von F. Henschel, Berlin.
So eben erschien:

Hinterlassene Werke über Krieg und Kriegführung. Protestantische Vorträge, III.

Neue Auflage. Zehn Bände. Mit Karten und Plänen. Preis: 12 Thlr. In 5 Halbfranzbände gebundene Exemplare (Preis 14 Thlr.) sind vorräthig. Ueber den Inhalt und die Bedeutung dieses Meisterwerkes der militärischen Literatur sowie über die Ausstattung desselben und den Preis der einzelnen Bände giebt ein Prospekt Auskunft, der von jeder Buchhandlung zu erhalten ist. Auf direkte Anforderung sendet die Verlagsbuchhandlung denselben bereitwilligst an die ihr aufgegebene Adresse.

Ferd. Dümmler's Verlagsbuchhandlung (Harrwiß und Goßmann) in Berlin.

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Voigt (F.): Geschichte des brandenburgisch-preußischen Staates.
Zweite verbesserte Auflage. 1867. Zwei Theile. 8. Geh. 2 Thlr.
In einem Bande in Leinwand gebunden 2 Thlr. 10 Sgr.

Das Werk zeichnet sich nach dem übereinstimmenden Urtheile der angesehensten kritischen Organe durch gewissenhafte Benußung tes vorhandenen Materials, sowie durch eigene selbständige Forschung und objektive Darstellung des Thatsächlichen aus. Weitere Vorzüge desselben find die Hervorhebung des nie unterbrochenen Zusammenhanges zwischen der märkischen und deutschen Geschichte und die besondere Berücksichtigung der Culturgeschichte, namentlich die überfichtliche Darstellung der inneren Verhältnisse. der Verschmelzung der einzelnen Landestheile, der Germanisirung und der Lebensweise ihrer Bewohner, der Veränderung in der Verfassung u. s. w. Ferd. Dümmler's Verlagsbuchhandlung (Harrwiß und Goßmann) in Berlin.

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Heft 4-8.

Lisco, Pred. Dr., Das apostolische Glau

bensbekenntniß. (2. Aufl.)

burt Jeju.

Sydow, Bred. Dr.. Die wunderbare Ge-
Späth, Pfarrer, Die Entwickelung Jesu.
Remy, Bre, Jesus als Erlöfer von der
Müller, Abgeord. Pred., Das Wunder.

Sünde.

à Heft einzeln 5 Sgr., im Abonnement 8 Hefte für 1 Thlr.

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In Ferd. Dümmler's Verlagsbuchhandlung in Berlin sind erschienen:

Abel (Dr. C.), Ueber Sprache als Ausdruck nationaler Denkweise. 8. geh. 5 Sgr. Brugsch (Dr. H.), Wanderung nach den Natronklöstern in Aegypten. 16. geh. 6 Sgr.

Seit Anfang d. J. erscheint im unterzeichneten Verlage und ist durch alle Buch. handlungen und Post-Anstalten zu beziehen:

Die gefiederte Welt.

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Historische Beitschrift Herausgegeben von Heinrich von Sybel. Vierzehnter Jahrgang. 1872. Erstes Heft.

Inhalt: I. Analekten zur Geschichte der Revolutionszeit. Von A. Beer. - II. Zwei Jabre des siebenjährigen Krieges. Von Th. Hirsch. III. Rußlands Politik im Mittelmeer 1788 und 1789. Von A. Brückner. IV. Neuere Erscheinungen der Lutherliteratur. Von W. Maurenbrecher. — Georg Gottfried Gervinus. Von L. v. Ranke. Literaturbericht. Nachträge. Bericht des Sekretariats über die 12. Plenarversammlung der Historischen Commission. Bibliotheca historica.

Preis des Jahrganges von 4 Heften 7 Thir.
Verlag von R. Oldenbourg in München.

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Kleineren Schriften von Jacob Grimm.
1871. Velinpapier. 8. eleg. geh. 1 Thlr. 10 Sgr., in Leinwand gebd. 1 Thlr. 20 Sgr.
Eine höchst dankenswerthe Gabe sind die kleineren Schriften von Jacob Grimm, baupt-
sächlich dankenswerth, weil sie neben ihrem wissenschaftlichem Gehalte auch für das Gemüth
so wohlthuend find. Wir legen absichtlich besonders darauf Gewicht, indem wir das Buch
nicht bloß von Gelehrten gelesen wünschen.
Illustrirte Zeitung.

Grimm's eigener Stil fesselt uns unwiderstehlich durch seine frische Naturwüchsigkeit; die Lektüre seiner Schriften muthet uns an wie eine Fußwanderung durch Wald und Feld. 3. f. Gymnasialwesen.

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Tauchnitz Edition.

Each volume half a Thaler (15 Groschen).
Just published:

Poor Miss Finch by Wilkie Collins, 2 vols.
The Poetical Works of Robert Browning, 2 vols.
Nobody's Fortune by Edmund Yates, 2 vols.
The Sylvestres by Betham Edwards, 1 vol.
Folle-Farine by Ouida, 2 vols.

Cecil's Tryst by the Author of "Found Dead",
1 vol.

In the press:

The Life of Charles Dickens by John Forster,
Lord Kilgobbin by Charles Lever.
The Golden Lion of Grandpere by Anthony
Trollope.

The Divine Tragedy by H. W. Longfellow
The Pillar of the House by the Author of
"the Heir of Redclyffe".

The Irish Sketchbook by William Makepeace
Thackeray.

A Terrible Temptation by Charles Reade,
Fair France by the author of "John Halifax."
The Cottage by the Cathedral by the Author
of "the Schönberg-Cotta Family".
Castaway by Edmund Yates.

Ginx's Baby, Lord Bantam by the Author of
"Ginx's Baby".

Ought We to Visit her? by Mrs. Edwardes.
Boscobel by W. H. Ainsworth.

Selections from the Poetry of Elizabeth Bar

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ret Browning Portrait.

Patty by K. Macquoid.

Dorothy Fox by Mrs. Parr.

Diary of an Idle Woman in Italy by F. Elliot.
Misunderstood by J. Montgomery.

Friends in Council

Arthur Helps.

the Classical Essays by

The Experience of Life or Aunt Sarah by
the Author of "Amy Herbert".

Morals and Mysteries by Hamilton Aidé,
Author of Rita".

Bessie by Julia Kavanagh.

A Woman in Spite of Herself by J. C.
Jeaffreson.

The Rose Garden by the Author of "Unawares".
Westward by Rail by W. F. Rae, thoroughly
revised Map.

In Silk Attire by William Black, Author of
"A Daughter of Heth".

Hero Trevelyan by Miss Georgiana Craik,
Peg Woffington by Charles Reade.

Shelley, A Selection of his Poems with a

Memoir by M. Blind.

The Prey of Gods by Fl. Marryat.
Cecil Castlemaine's Cage by Ouida.
Emma by Miss Austen.

Echoes of a Famous Year by Holme Lee.

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Deutschland und das Ausland. Franz Hoffmann: Kirche und Staat.
147. Deutsche, protestantische Vorträge. 149. Grillparzer.
Persönliche Bekanntschaft mit Pianoforte. Virtuosen. 151.
Holland. Das Jubeljahr von Niederlands Freiheit. 152.
England. Theodor Goldstücker. 152.

Baltische Herzogthümer. Deutsche Seufzer aus Liv-, Ehst- und
Kurland. 153.

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Franz Hoffmann: Kirche und Staat.*)

Wie viele Beschwerden man auch mit Recht gegen unser Zeitalter zu führen hat, gegen die Extreme, die Leidenschaft und Wuth der Parteien, gegen die Stumpfheit der charakterlosen Mitte, gegen die ewigen Wühlereien der Gewiffenlosen, gegen die verbrecherischen Unternehmungen der Fanatiker, es ist dennoch gewiß: die Gegenwart verseßt uns in die höchste Spannung, und hat nicht ihres Gleichen. Jeder Tag ist verhängnißvoll, jede Stunde ist unberechenbar, jede kann im Kirchlichen, Politischen, in der Wissenschaft, Kunst, Literatur das Unerhörteste bringen. Seit dem Jahre 1866 ist solcher Verlauf und Umschwung in die Wirklichkeit getreten. Wer hätte das ökumenische Concil, mit seinen die Kirche im tiefsten Grunde erschütternden Folgen, wer den deutsch-französischen Krieg mit seinen gloriofen Siegen herausahnen können, und wäre nicht ein schwärmender Thor genannt worden? Hätte ein Solcher gar vorausgesagt eine neue Reformation werde aus der römisch-katholischen Kirche, im Angesichte des Papstes, sich erheben, wieder würden es die Deutschen sein, welche sie wach riefen, mitten aus der Asche eines prahlerischen Nachbarvolkes würde der junge Phönir eines einigen Deutschlands hervorfliegen, der Sturz eines gallischen Kaisers würde den längst ersehnten deutschen Kaiser in aller Herrlichkeit heraufbeschwören jener jubelnde Prophet wäre verhöhnt und ausgelacht worden von den superklugen Philistern. Man steht, wie kurzsichtig der bloße Menschenverstand ist.

Um nun aber den reinen Bildungsgewinn aus den Vorgängen einer so interessanten Zeit zu ziehen, darf man sich nicht damit begnügen, täglich bloß Zeitungen zu lesen, auch wohl dann und

*) Kirche und Staat. Eine Sammlung zerstreuter Auffäße, Recensionen und Anzeigen. Von Dr. Franz Hoffmann, Prof. der Philosophie in Würzburg. Güterslob, C. Bertelsmann, 1872. (221 S.)

[No. 12.

wann einen flüchtigen Einblick in ein Journal, in eine Wochen" oder Monatsschrift zu nehmen, höchstens zur Durchsicht einer oder der andern Broschüre sich zu entschließen, von der es noch sehr fraglich ist, welchen Werth ste hat, sondern man muß gründlichere Studien machen, um einer so außerordentlichen Zeit gewachsen zu sein, und nicht weit hinter ihr zurückzubleiben. Wie Wenige jedoch haben auch nur Muße dazu! Es hat sich seit einigen Jahren eine ganze Bibliothek aufgehäuft, welche man kennen müßte, um für die nächste Zukunft das rechte Verständniß zu erhalten. Und wenn Jemand auch nur das Bedeutendste lesen wollte von dem, was über Kirche und Staat in ihrer neuern Vorwärtsbewegung erschienen ist, wer gäbe ihm dieses Bedentendste an? Und wenn es ihm von einem Kundigen genannt würde, und er selbst an die Lectüre ginge, er würde schon wieder vom Allerneuesten überholt.

Es konnte uns daher nichts Willkommncres unter den literarischen Novitäten begegnen, als obiges Buch. Der in den Ereignissen auf dem Gebiete der Kirche und des Staates, in ihrer beiderseitigen Literatur, bis auf den jezigen Augenblick, gründlich bewanderte Verfasser desselben verdient den Dank aller Gebildeten, daß er ihnen mit seiner reich ausgestatteten Gabe entgegenkommt, ihnen damit viel Zeit und Mühe erspart, und die Ungewißheit noch dazu, ob ihnen auch nichts Wichtiges entgangen sei. Wer vorliegendes Buch mit Bedacht gelesen hat, kann sagen, ich bin auf der Höhe der Gegenwart angelangt, und was sich auch ferner im Kirchlichen und Politischen begiebt, ich bin orientirt und werde für das Weitere den richtigen Gesichtspunkt fassen.

Man sollte gar nicht glauben, wie confuse, öde, äußerliche Vorstellungen so viele Moderne vom Wesen der Kirche und des Staates in sich tragen, und sich gleichwohl mit ihrer Aufklärerei ohne Licht großthun. Die Kirche ist ihnen ein mittelalterlicher Aberglaube. Sie halten dieselbe nicht bloß für unnüß, ste halten ste sogar für schädlich, seitdem sie das Christenthum für eine Mythe erklärt haben. Oder ste ist wieder Anderen die unumschränkte Herrschergewalt, die höheren Ursprungs ist, als sogar Religion und Christenthum. Die Kirche ist ihnen die allein berechtigte Macht im Himmel wie auf Erden. Der Papst ist ihnen das être suprème vom Datum des leßten Concils und, als unfehlbar in eigener Person, nicht bloß an die Stelle Gottes getreten, sondern eine höhere Autorität, als Gott. Der Staat ist ihnen eine bloße Sicherheitsanstalt, bereits aber auch sehr läftig geworden; es sei denn, daß er nur noch in der Form bloßer Volksherrschaft existire, die sich heute diesen, morgen wieder einen andern Präsidenten wählt. Ja, noch Andern in dieser Schicht ist auch das noch zu viel. Sie verbitten sich jeden Organismus, sie verbitten sich Glieder und Haupt in deren steter Gegenseitig. keit und Lebensgemeinschaft; ste halten es mit dem bloßen Rumpf, sie proklamiren gleichen, d. h. keinen Best, sie verpflichten sich heute zur Arbeit, die sie morgen schon wieder kündigen, sie fordern gleichen Genuß, gleiche Verpflegung und Anerkennung, unter allen Umständen. Wer so verwahrloste Ansichten, Ansprüche kund giebt, mit dem läßt sich freilich nicht mehr unterhandeln.

Ein Buch über Kirche und Staat, wie das hier in Nede

stehende, ist in seiner Erscheinung um so wichtiger, als sich heute, Prätorianer, seine Hülfsarmee, in denselben Abgrund begräkt,

selbst unter tief und gründlich Gebildeten, selbst unter hervorragenden Geistern die stärksten Differenzen offenbaren, Irrthümer, welche die Verwirrung im Kirchlichen und Politischen leicht noch weiter schüren könnten, allerdings ganz gegen die Absicht jener Frrenden selbst. Wenn z. B. ein so ausgezeichneter Theolog, ein so wahrhaft spekulativer Denker wie der leider so früh uns durch den Tod entrissene, treffliche Rothe sich dahin erklärte, daß die Kirche in der Bewegung begriffen sei, aufzuhören, in den Staat aufzugehen, so ist das beinah ein ebenso bedenkliches Gegenstück, wie wenn die Ultramontanen, in erster Reihe die Jesuiten, die Kirche als allein berechtigt proklamiren, als alleinige Autorität nicht bloß über Priester und Laien, sondern auch über Fürsten und Staatsbürger, als unfehlbare Richterin über Diesseits und Jenseits. Das heißt aber aller Vernunft den Garaus, die geordnete Welt zu einem Chaos machen, Kirche und Staat desorganisiren, sich selbst wie Alles für Wahnsinn erklären. Geht die Kirche in den Staat auf, so droht die Gefahr einer weltlich politischen Despotie, aus welcher dann gar das vielköpfige Ungeheuer der wildesten Volks- und Pöbelherrschaft hervorschießt. Geht der Staat in die Kirche auf, so droht die Gefahr einer willkürlich pfäffischen Hierarchie, aus welcher dann gar das Ungethüm eines Blize ewiger Verdammniß schleudernden, fündhaften Einzelmenschen hervorschießt. Ist schon die rothe Republik politischer Atheismus, ein Rumpf ohne Haupt, so ist die schwarze Republik erst recht kirchlicher Atheismus, ein Rumpf, dem man einen Kopf nach falscher Tradition erst aufgesezt hat, der gar nicht zu ihm gehört. Kirche und Staat sollen ihrer Idee nach nie gegen einander operiren, freilich auch nicht gleichgiltig neben einander bestehen, sondern sie haben für einander zu arbeiten, denn sie sollen beide das Reich Gottes auf Erden vertreten, jedoch auch verwalten, wie mehren. Es ist eine Anmaßung nicht weniger Geistlichen, welche von Schwäche des Denkens zeugt, das Heilige allein der Kirche zuzuschreiben. Der Staat ist ebenso heilig. Denn beide, Kirche und Staat, haben es mit dem Gewissen zu thun, beide weisen auf das hin, was höher ist als alle menschliche Vernunft. Aber um so mehr auch haben beide in all' ihren Institutionen die Unwandelbarkeit menschlicher Vernunft zu offenbaren, aber zugleich aus einem Höheren, als menschliche Vernunft abzuleiten, denn alles Menschliche wurzelt und gipfelt in dem, was Gottes und Gott ist. Dies die unendliche Bedentung des Christenthums als der alleinigen und wahrhaften Weltreligion, dies die ewige Bedeutung aller Kultur für Kirche und Staat, für Religion, Kunst und Wissenschaft. Nur die Halbbildung, nur der seichte Dilettantismus können sich gegen solche Wahrheiten sträuben.

In diesen Weltangeln des alleinigen Gottesreiches, ob Kirche. ob Staat, jedem der beiden ihr alt angestammtes Recht mit aller Strenge und Entschiedenheit zuweisend, bewegt sich auch das obige Buch. Die erste Abtheilung „Kirche“ stellt sich näher und bestimmter heraus in der Ueberschrift: „Die Revolution von Oben in der römisch-katholischen Kirche." Diese Worte spannen im höchsten Grade, aber sie halten auch, was sie versprechen. Die darauf folgende Ausführung jenes Themas legt mit vollständiger Beweiskraft dar, daß die neuern und neuesten Unternehmungen in Rom das gerade Gegentheil von dem herbeiführen, was ste bezwecken, daß die römische Curie, welche sich wieder einmal zur Weltherrschaft aufwirft, stärker als je, Gefahr drohender als je, die Kirche in sich zerreißt, die Kirche nicht reformirt, sondern schismatisirt, tyrannisirt, sogar revolutionirt, und das Papst thum mindestens das jezige — und seine Wuth schnaubenden

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welchen sie selbst aufzuwühlen für gut fand, so daß hier recht das Sprüchwort wieder in Erfüllung geht: „Wer Andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein." So könnte es sich aber auch leicht begeben, daß unsere Gegenwart, die so Vieles umkehrt, auch das sprichwörtlich gewordene: So klug wie ein Jesuit" vor | unsern staunenden Augen in sein unerhörtes Gegentheil umschlagen ließe; denn jede Klugheit, welche an der ewigen Moral und Sittlichkeit sophistisch herumkünftelt, ste casuistisch verdreht, zerschneidet, trotz der Behauptung lösen und binden zu können, das Band, welches Erde und Himmel verknüpft, verdreht den alleinigen Schlüssel zum Himmelreich, und verdreht sich sogar den eigenen Kopf noch als Zugabe.

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Die zweite Abtheilung unseres Buches zieht den Staat in Betracht. Unter der bescheidenen Ueberschrift: „Beiträge zur Politik und Staatsphilosophie" fällt der Autor über einzelne, auf jenem Gebiete erschienenen Schriften so gewichtvolle Urtheile, daß man in diesen sogleich den umsichtigen scharfen Denker erkennt, der mit der Theorie des Staates sich gründlich beschäftigt, aber auch die dahin einschlagende Literatur nach den verschiedensten Seiten hin sich angeeignet hat, so daß in Folge dessen die politische Praxis ihm nicht minder bekannt ist, und er über das jenige, was sich für ein gesundes, fortschreitendes Staatsleben bewährt, aber auch über das, was sich nimmer bewähren kann, mit Entschiedenheit seine Stimme abgiebt.

Man entnimmt es schon der Einleitung in die erste der beiden Abtheilungen, daß der Beobachter auf einer so günstig gelegenen hohen Zinne steht, einen so weiten Horizont beherrscht, um sich auch nicht die kleinste Schrift entgehen zu lassen, die seit dem lezten Concil, bis auf die Gegenwart, entweder Vielen die Augen geöffnet, oder gar bereits die mannhafteste Opposition hervorgerufen hat. Bisweilen greift er äußerst taktvoll auf frühere Phänomene zurück, ja er malt und meißelt dann mit der Hand eines einst so gewaltigen, keine Menschenfurcht kennenden Görres. Dann wieder blickt er voraus, und läßt uns eine Zukunft kirchlicher Zustände zur Läuterung, zum Heile aller Confessionen, wie der wahren Kirche, freudig, und zum tapfersten Kampfe unwiderstehlich aufrufend, erblicken. Er übt, obwohl selbst Katholik, die gleiche Gerechtigkeit aus gegen das apostolische Zeitalter, gegen die älteste, noch unverdorbene Kirche; doch auch gegen ihre spätern, geistlichen Gewalt- und Zwingherrn, gegen die Vorläufer Luther's, dessen noch unausgemessene Größe er neidlos anzuerkennen selbst vom Katholiken fordert, gegen alle christlichen Confeffionen, nur daß er eine freie, wahrhaft geglie derte Gemeinde und Klerus mit einander aussöhnende Verfassung als Bedingung sine qua non stellt, wenn endlich, endlich eine christliche Union, eine christliche Kirche sich wieder erheben soll.

Wir wollen hier eine Probe citiren von einer so prächtigen Fuge seiner Diction, in einem wahrhaft erhabenen Stil. „Der Kirchhofsfriede ist leicht zu haben“, sagt unser Autor, „die Lebenserstarrung ist leicht, mit wenig Geistesaufwand zu erzielen. Erkläret nur das Maaß der Weisheit, das ihr etwa errungen habt, euere Concilbeschlüsse, den Buchstaben der h. Schrift oder deren Auslegung, wie ihr sie einmal gemacht habt, für unübertrefflich, unveränderlich, unfehlbar, bestellt euch vollends einen obersten unfehlbaren Meister der Kirche, feffelt durch feierliche Eide Hirten und Schafe an euer System des blinden Glaubens an ewige Verdammniß für alle nicht unbedingt sich unterwerfenden, und wenn eine höhere Hand eure Ketten nicht sprengt, werdet ihr möglicherweise Jahrtausende lang Erstarrung der geistigen Kräfte bewirken, wie dort in den Felsenmassen chemische Kräfte Jahr

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