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,,Fridolin fut un serviteur

Pieux, qui craignait le Seigneur :

Il adorait sa souveraine

Benissant humblement sa chaine."

Zwei fromme Männer, die Herren Philipp von Nathustus in Neuhaldensleben und Jacobi, Professor der Theologie in Königsberg, haben Jeder eine Broschüre über die Frauenfrage herausgegeben, und darauf ist jetzt eine Frauen-Antwort erschienen.*) „Was die Frauen von den Pastoren denken," scheint freilich kein richtig gewählter Titel dieser Antwort; denn erstlich sind, soviel uns bekannt, die beiden Herren keine Pastoren, und zweitens kennen wir viele Pastoren, die nicht so wie diese Herren, sondern ganz anders von den Frauen denken. Allerdings sind es die orthodoren Prediger, welche viele Gebildete unserer Zeit den Kirchen entfremdet haben, und dem allein ist es wohl zuzuschreiben, daß so geistvolle und kenntnißreiche Schriftstellerinnen, wie Frau Hedwig Dohm, auch die nicht-orthodoren, das deutsche Geistesleben würdig in der Kirche vertretenden Pastoren nicht kennen. Abgesehen aber vom Titel, ist das Buch voll treffender Gedanken, voll schlagender Widerlegungen und voll prägnanter Ideen, wie wir sie in dieser Weise noch nicht ausgedrückt fanden, soviel auch bereits von weiblichen wie von männlichen Federn über die Frauenfrage geschrieben ist. Mit unbarmherziger, kunstgerechter Logik weist die Verfasserin das Unlogische in der Auffassung, das Widersprechende in der Darstellung der beiden frommen Herren nach. Wenn z. B. Herr Jacobi sagt: „Es scheint mir bewiesen, daß es kein Gebiet menschlicher Thätigkeit und menschlicher Erkenntniß giebt, das an sich dem weiblichen Geschlecht verschlossen wäre," so bemerkt Frau Dohm: Woraus schließt das Herr Jacobi? Wahrscheinlich aus dem Umstande, daß eine so große Zahl von Frauen im Staatsdienst oder in der Stadtverwaltung eine auskömmliche Existenz gefunden haben!" Auf das große Wort: „Auch die schwierigsten Untersuchungen der Wissenschaft sind dem weib. lichen Geschlecht keineswegs unzugänglich," erwidert Frau Dohm: „Damit kann der Herr Profeffor nur das Eine meinen, nämlich daß die Männer ihre Bücherschränke nicht verschließen. Und in der That geschicht das auch nur ausnahmsweise. Mit einigem Aufwande von Energie können Damen selbst öffentliche Biblio. theken benutzen; sämmtliche Kunstsammlungen sind ihnen zu. gänglich u. s. w. Ach, Herr Professor, das Alles nüht den Frauen ganz und gar nichts. Sie würden vor diesen Schäßen stehen, wie ein Dieb vor einem Arnheim'schen Geldschrank: den Schlüffel hat er in der Hand, das Geheimniß des Schlosses enträthselt er nimmer: nur dem Besizer ist es bekannt." — Allerdings haben es beide Männer, gegen welche Frau Dohm in die Schranken getreten, ihr oft sehr leicht gemacht. Es ist gar nicht zu glauben, mit welchen Plattheiten namentlich der Herausgeber des „Wochenblattes für Stadt und Land" die von ihm aufgestellte absurde Theorie vertheidigt: „Den Frauen gelehrte Bildung zu geben, ist eine Erniedrigung der Frauen aus einer viel edleren Sphäre heraus, und neben der Verschraubung der Frauen zugleich eine Beraubung der Männer, die in ihrer eigenen Wissens-Plackerei darauf angewiesen sind, eine Erquickung an der ungelehrten und deshalb sehr oft klügeren oder weiseren Frau zu haben!"

Wir empfehlen die Schrift der Frau Dohm als einen sehr *) Was die Pastoren von den Frauen denken. Von Hedwig Dohm. Berlin, Reinhold Schlingmann, 1872. (66 S.)

anziehenden Beitrag zur Aufdeckung der würdelosen, socialen Anschauungen jener kleinen, Gottlob! nicht mehr allmächtigen Partei, welche Preußen und Deutschland Jahrzehnde lang in ihrer geistigen Entwickelung zurückgehalten und die jetzt auch wieder im Bunde mit den ultramontanen Dunkelmännern Alles aufbietet, um Preußen und Deutschland auf den Standpunkt des Jahres 1851 zurückzubringen.

Ein vlamisches Blatt (De Kerels) macht darauf aufmerksam, daß, während dem großen französischen Theater in Brüffel für das Jahr 1872 von Seiten des Gemeinderathes dieser Hauptstadt eine erhöhte Subvention von 100,000 Fr. bewilligt worden sei und der König der Belgier aus seiner Civilliste nicht weniger als 104,000 Fr. für dasselbe Theater jährlich auszahlen läßt, dem Theater der Mehrheit der Nation, der Vlamingen, die gerade jezt sehr fruchtbar an guten dramatischen Productionen seien, nicht Ein Cent aus jenen beiden Quellen zufließe. Ein anderes vlamisches Blatt (De Zweep) weist mit entschiedener Mißbilligung darauf hin, daß die Franzosen, die an der Spiße der Verwaltung des Theâtre de la monnaie, des Park-Theaters und des „Alcazar“ in Brüssel stehen, dramatische und musikalische Aufführungen zum Besten der in Frankreich stattfindenden Sammlung zur Abtragung der Kriegscontribution an Deutschland und zur Befreiung Frankreichs von den deutschen Truppen veranstalten. Die Zweep fragt mit Recht, ob das Deutsche Reich nicht in solchen Demonstrationen einen Bruch der belgischen Neutralität erblicken könne und selbst mehrere französisch geschriebene Journale Brüssels stimmen dem vlamischen Blatte hierin bei.

Wir entnehmen dem Trübner'schen Reporter interessante Notizen über eine Vervielfältigung des arabischen Koran, welche, allen muhamedanischen Schwierigkeiten zum Trot, kürzlich in Konstantinopel und England bewirkt worden ist. Gedruckte Ausgaben dieses bisher nur in Handschriften, die von frommen Imams angefertigt waren, unter den Gläubigen circulirenden Buches erlaubt das Gesetz des Islams nicht; kein Giaur, kein Ungläubiger darf durch Berührung seiner Hand dieses, oder überhaupt ein religiöses Werk der Muhammedaner beflecken. Ein unternehmender Mann, Kemal Bey, dem jedoch eine ganze Partei muhammedanischer Fortschritts-Männer zur Seite steht, hat nun jenes lästige Monopol der rechtgläubigen Buchhändler Stambuls auf geschickte Weise zu umgehen und allen ihren Reclamationen die Spitze abzubrechen gewußt: er hat ein berühmtes Exemplar des Koran, eine vor 200 Jahren durch Hafiz Osman angefertigte Abschrift des Manuscriptes des gelehrten Al Kari, nicht durch Druck, sondern durch Photographie vervielfältigt. Auf die Sonne, die Hauptarbeiterin in dem Proceß, konnte nun doch das Verbot „ungläubiger“ Arbeitskräfte bei der Herstellung des heiligen Buches nicht angewendet werden. Das Copiren der Platten wurde dann freilich doch, da in Stambul die Gelegenheit dazu fehlte, von englischen Giaurs in England ausgeführt; Kemal Bey hat alle Hindernisse bewältigt; er hat sich die Atteste von zehn Mollahs und einen Firman ausgewirkt, der die Importirung der Bücher gestattet, und ferner einen Buchhändler zum Verkauf derselben engagirt. Vom Sultan und von vielen vornehmen türkischen Herren sind Bestellungen eingelaufen, und Kemal Bey ist mit dem Erfolge seines Unternehmens so zufrieden, daß er den englischen Chemiker Mr. Fenworth aufgefordert hat, die Leitung einer Factorei zu übernehmen, in welcher Werke für Erziehung und Volksbildung nach dem oben erwähnten System hergestellt werden sollen.

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8. Geh. 2 Thlr. 20 Ngr.

Diese erste vollständige deutsche Bearbeitung des berühmten Volksbuchs der Osmanen, dessen Entstehungszeit zwischen das 14. und 15. Jahrhundert zu sehen ist, wird nicht blos Drientalisten und Literarbistorikern, sondern allen Bearbeiter sind die sämmtlichen vorhandenen Handschriften sorgfältig verglichen und die vers schiedenen Lesarten in Anmerkungen erörtert worden.

Erinnerungen an geinrich Heine und seiue Familie. Literaturfreunden willkommen sein. Von dem

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Voigt (F.): Geschichte des brandenburgisch-preußischen Staates.
Zweite verbesserte Auflage. 1867. Zwei Theile. 8. Geh. 2 Thlr.

In einem Bande in Leinwand gebunden 2 Thlr. 10 Sgr.

Das Werk zeichnet sich nach dem übereinstimmer den Urtheile der angesehensten kritisch en

Organe (Literarisches Centralblatt, Historische Zeitschrift u. a. u.) fowie der größeren politiid en

Blätter durch gewissenhafte Benußung tes vorhandenen Materials, sowie durch eigene selbständige Forschung und objektive Darstellung des Thatsächlichen aus. Weitere Vorzüge desselben find die Hervorbebung des nie unterbrochenen Zusammenhanges zwischen der märkischen und deutschen Geschichte und die besondere Berücksichtigung der Culturgeschichte, namentlich die übersichtliche Darstellung der inneren Verhältnisse, der Verschmelzung der einzelnen Landestheile, der Germanisirung und der Lebensweise ihrer Bewohner, der Veränderung in der Verfassung u. f. w. Ferd. Dümmler's Verlagsbuchhandlung (Harrwiß und Goßmann) in Berlin. Soeben ist in dem unterzeichneten Verlage erschienen:

Ein psychologischer Blick in unsere Zeit.

(29)

Vortrag im wissenschaftlichen Verein in der Singakademie am 20. Januar 1872

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Prachtausgabe (20. Auflage.) gr. 8. mit einer biographischen Einleitung von A. Krummacher, mit L.'s Porträt in Stich; in Leinw. mit Goldschn. 1 Thlr. 10 gr. Miniaturausgabe (22. Auflage. 1872). Mit L's Porträt in Kupferstich; in engl. Einband mit Goldschnitt 20 Sgr. Wohlfeile Aufgabe gebd. 10 Sgr.

„Diese Sammlung, lange Zeit theures Eigenthum einer edlen Fürstin, und nachdem von dieser dem berühmten Arzt Hufeland die Herausgabe zu einem milden Zweck gestattet war, durch Beiträge aus den Papieren Lavater's vermehrt, enthält eine reiche Fülle von schinen Gedanken, wie sie diesem edlen Herzen so leicht entströmten. Mit Versen wechseln Sentenzen, Auszüge aus Briefen und andere Fragmente, an denen der Leser sich wahrhaft erquicken kann." Theolog. Repert.

Ferd. Dümmler's Verlagsbuchhandlung (Harrwiß und Goßmann) in Berlin.

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vielfach verändert und theilweise völlig neu bearbeitet von

Dr. Adolph Wagner,

ord. d. Prof. der Staatswissenschaften an der K. Universität Berlin, Mitglied der K. preuß. Statistischen Bureaus und der Statistischen Centralcommiffion, Ritter 1. Claffe des großh. bad. Zähringer Löwenord. Erste Abtheilung.

Einleit. Ausgab. Privaterwerb des Staats. 39 Druckbogen. gr. 8. geh. 2 Thlr. 20 Ngr. Auch unter dem Titel:

Lehrbuch der politischen Oekonomie von Dr. Karl Heinrich Rau, weil. großh. bad. Geh. Rath und o. Professor zu Heidelberg. Dritter Band. Finanzwissenschaft. Sechste Ausgabe, vielfach verändert und theilweise völlig neu bearbeitet von Prof. Dr. Adolph Wagner. Erste Abtheilung.

(Die zweite Abtheilung wird auch sehr bald erscheinen.)

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In unserm Verlage ist erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen:

(36)

Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig.
Soeben erschien:

Grammaire

syntaxique de langue française à l'usage

des écoles supérieures de l'Allemagne. Par Charles Noël.

8. Geh. 24 Ngr.

In einem verhältnissmässig engen Rahmen bietet der Verfasser, Professor der französischen Sprache und Literatur an der Polytechnischen Schule zu Wien, eine vollständige französische Grammatik und Satzlehre für den höhern Unterricht.

Ein besonderes Heft bringt die Uebersetzung der in der Grammatik vorkommenden Uebungs(42)

Der Einfluß der Wohnung auf die Sittlichkeit. aufgaben, unter dem Titel:
Eine moralstatistische Studie über die arbeitenden Klassen der Stadt Paris

von

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Für die Untersuchung einer der wichtigsten sozialen Fragen ist dieses Werk epochemachend.
Ferd. Dümmler's Berlagsbuchhandlung (Harrwiß und Goßmann) in Berlin.
Durch alle Buchhandlungen ist jezt vollständig vollständig zu erhalten;

Des Generals Carl von Clausewitz

(38)

Clé des thèmes, ou Partie du maître. 8. Geh. 10 Ngr.

In Ferd. Dümmler's Verlagsbuchhandlung (Harrwiß und Goßmann) in Berlin sind ers schienen:

Abel (Dr. C.), Ueber Sprache als Ausdruck nationaler Denkweise. 8. geh. 5 Egr. Brugsch (Dr. H.), Wanderung nach den Natronflöstern in Aegypten. 16. geb. 6 Sgr. Buff (H. L.), Ueber das Studium der Chemie. geb. 5 gr.

8

Hinterlassene Werke über Krieg und Kriegführung. Förfer (Dr. W.), Johann Koppler und die

Neue Auflage. Zehn Bände. Mit Karten und Plänen. Preis: 12 Thlr. In 5 Halbfranzbände gebundene Eremplare (Preis 14 Thlr.) sind vorräthig. Ueber den Inhalt und die Bedeutung dieses Meisterwerkes der militärischen Literatur sowie über die Ausstattung desselben und den Preis der einzelnen Bände giebt ein Prospekt Auskunft, der von jeder Buchhandlung zu erhalten ist. Auf direkte Anforderung sendet die Verlagsbuchhandfung denselben bereitwilligst an die aufgegebene Adresse.

Ferd. Dümmler's Verlagsbuchhandlung (Harrwiß und Goßmann) in Berlin.

Festgeschenk für Damen.

Luise, Königin von Preußen.

Vierte umgearbeitete und stark vermehrte Auflage. Mit dem photogr. Vildniß der Königin.

Diniatur-Ausgabe. in Reliefband mit Goldschnitt 2 Thlr.

Mit dem Portrait - Medaillon unter Glas eleg. gebd. 2 Thlr. 15 Sgr.
Das in Photographie wiedergegebene Brustbild der Königin nach einer Büste von
Gottfried Schadow übertrifft an Lieblichkeit und Anmuth alle sonstigen Bilder.

Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn in Braunschweig.
(Zu beziehen durch jede Buchhandlung.)

(39)

(40)

Archiv für Anthropologie. Zeitschrift für Naturgeschichte und Urgeschichte des Menschen.

Organ

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Kleineren Schriften von Jacob Grimm.
1871. Velinpapier. 8. eleg. gen. 1 Thlr. 10 Sgr., in Leinwand gebd. 1 Thlr. 20 Sgr.
Eine höchst dankenswerthe Gabe sind die kleineren Schriften von Jacob Grimm, haupt-
sächlich dankenswerth, weil sie neben ihrem wissenschaftlichem Gehalte auch für das Gemüth
so wohlthuend sind. Wir legen absichtlich besonders darauf Gewicht, indem wir das Buch
nicht bloß von Gelehrten gelesen wünschen.
Illustrirte Zeitung.

Grimm's eigener Stil fesselt uns unwiderstehlich durch seine frische Naturwüchsigkeit; die Lektüre seiner Schriften muthet uns an wie eine Fußwanderung durch Wald und Feld. 3. f. Gymnasialwesen.

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Alle 14 Tage eine Nummer in 40.
Preis vierteljährlich 15 Sgr.
Probenummern und Prospecte durch alle
Buchhandlungen.

Louis Gerschel Verlagsbuchhandlung.
Berlin, 86. Wilhelmsstraße.

Globus

Soeben

erschien

die erste Nummer des 21. Bandes. Probenummern

sind in jeder Buchhandlung vorräthig.

Abonnements

werden durch jede Buchhandlung vermittelt. Preis pr. Bd. von 24 Nummern 3 Thlr. (45)

Magazin für die Literatur des Auslandes.

Bestellungen nehmen alle Buchbandlungen und Post-
anstalten des In- und Auslandes an, in Berlin aud
die Zeitungs-Spediteure.
Zusendungen wie Briefe sind franco durch die Bont
an die Redaction (Matthäitirchstraße 16, Berlin)
oder durch Buchhändler-Vermittlung an die Ber
lagsbandlung zu richten.

Anzeigen werden die 3spaltige Zeile mit 2 Sgr.berechnet.
Verantwortl. Redacteur: Joseph Lehmann in Berlin.
Verlegt von Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung
(Harrwiß und Goßmann) in Berlin, Wilhelmsstr. 86
Druck von Eduard Krause in Berlin, Französ. Str. 51.

Erscheint jeden Sonnabend.

41. Jahrg.]

Inhalt.

Herausgegeben von Joseph Lehmann.

Berlin, den 2. März 1872.

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Die ältere periodisthe Preffe Deutschlands.
Das Zeitungswesen der Gegenwart hat seine Ausgangspunkte

bis in die letzten Jahre des fünfzehnten Jahrhunderts zurückzuleiten, und Deutschland, in so vielen Zweigen geistiger Entwickelung der Vorläufer aller übrigen Länder Europas, ist es, dem das Verdienst gebührt, auch hier allen anderen Nationen vorangeeilt zu sein. Bereits im Jahre 1493 wurde in Leipzig ein Flugblatt gedruckt, welches eine ausführliche Beschreibung der Bestattungs-Feierlichkeiten des in diesem Jahre mit Tode abgegangenen Kaisers Friedrich III. enthält. Die Krönungs-Feierlichkeiten des Kaisers Karl V., seine Kriege mit Franz I. von Frankreich, die Schlacht von Pavia u. s. w. riefen dann eine Menge von Flugblättern hervor. Mit der Zeit begnügte man sich nicht, ein einzelnes Ereigniß zum Gegenstand eines Blattes zu machen; man gab Zusammenstellungen interessanter Ereignisse; ein solches Blatt findet sich bereits im Jahre 1527.

Alle diese Blätter entbehrten indeffen der Hauptmerkmale einer Zeitung im heutigen Sinne des Wortes, einer geregelten periodischen Aufeinanderfolge von einzelnen Nummern und des einheitlichen inneren Zusammenhanges der letteren. Es waren Flugblätter, die, unabhängig eines von dem andern, je nach Stoff und Bedürfniß, jedes Einzelne ein Ganzes für sich bildend, in einem oder mehreren Quart-Blättern, meist ohne Nennung des Verfassers, erschienen. Ein besonders hervortretendes politisches Ereigniß, Kriege, Schlachten, Belagerungen, fürstliche Feierlichkeiten, wichtige Länder-Entdeckungen, daneben aber auch

*) Das bundertundfünfzigjährige Jubiläum der Voss is chen Zeitung, des ältesten unter den periodischen Blättern Berlins, liefert uns den willkommenen Anlaß zur Mittheilung dieser Skizze, die zu dem lichtvollen, politischen Rückblik auf ihre Geschichte, aus der Feder ihres Hauptredacteurs, Dr. Hermann Kletke, (Beilage zur Voffischen Zeitung vom 23. Februar) vielleicht noch einige historische Ergänzungen Darbietet. D. Red.

Preis vierteljährlich 1 Thlr.

[N. 9.

außergewöhnliche Natur-Erscheinungen, Kometen, Meteore, Erdbeben, Ueberschwemmungen, Mißwachs, absonderliche Unglücksfälle boten im einzelnen Falle den Anlaß, ein Flugblatt in die Welt hinauszusenden. Von einer zusammenhängenden, fortlaufenden Darstellung der Tagesbegebenheiten auf eine längere Zeitperiode hin, war nicht die Rede. Man hatte für diese Blätter eine Menge der verschiedenartigsten Bezeichnungen; im Anfang des Riebzehnten Jahrhunderts kamen deren bereits folgende vor: Anzeig, Avis, Aviso, Bericht, Beschreibung, Brief, Felleisen, Kurier, Mär, Nachricht, Newes, Post, Postillon, Postreuter, Rela lation. Das Wort „Zeitung" gehört einer verhältnißmäßig sehr frühen Periode an; es kommt bereits in den ersten Jahren des sechszehnten Jahrhunderts vor, hatte damals aber entschieden auch noch eine andere, allgemeinere Bedeutung.

Die Unzulänglichkeit dieser Form, Kenntniß von den Begebenheiten des Tages zu geben, trat auf die Dauer immer fühlbarer hervor. Wer durch Stellung oder Verhältnisse in die Nothwendigkeit verseht war, den öffentlichen Angelegenheiten ein dauern. des Interesse zu widmen, dem konnten jene zusammenhanglosen, unbestimmt erscheinenden, noch dazu oft parteiisch einseitig ge= färbten Flugblätter in ihrer Lückenhaftigkeit und Unzuverlässigkeit kein ausreichendes Mittel der Instruirung bieten. In diesen

Kreisen kam man daher, um sich genauere und sicherere Kunde von den Ereignissen des Tages zu verschaffen, auf den Ausweg, an Orten, welche für die Beobachtung des Verlaufes der Tagesbegebenheiten besonders günstig gelegen waren, Agenten anzunehmen, denen die Verpflichtung oblag, über das, was sich in der Politik Wichtiges ereignete, an ihre Auftraggeber Bericht zu erstatten. Diese Agenten, deren Thätigkeit im Wesentlichen dem Wirkungskreise der heutigen Zeitungs-Correspondenten entsprach, mußten aber nicht nur für ihre Mühe honorirt, sondern auch für die im Interesse ihres Geschäftes gehabten Auslagen entschädigt werden, und dies verursachte einen so erheblichen Aufwand, daß dieser Weg, sich im Laufenden der Tagesereignisse zu halten, keineswegs von allen beschritten werden konnte. Gleichwohl bilden diese Berichte der von den Höfen angestellten Agenten, im Verein mit den seit dem Anfange des sechszehnten Jahrhunderts in Brauch gekommenen Flugblättern, den Ausgangspunkt des deutschen Zeitungswesens.

Während auf der einen Seite die steigende Theilnahme des Publicums an den Dingen, die „draußen“ vorgehen, das Bedürfniß regelmäßiger und zusammenhängender Mittheilungen über die Tagesbegebenheiten immer dringender fühlbar machte, wurde auf der anderen Seite der Wunsch rege, die großentheils sorgfältig gearbeiteten und objectiv gehaltenen Berichte der Agenten einem größeren Leserkreise zugänglich zu machen und auf diesem Wege die öffentliche Meinung über die Irrthümer aufzuklären und zu berichtigen, welche die in der großen Mehrzahl den Charakter von Parteischriften tragenden politischen Flugblätter hervorriefen. Namentlich mußte die Zeit des dreißigjährigen Krieges mit ihrer Fülle außerordentlicher, wechselvoller und spannender Begebenheiten, deren tief eingreifender Einfluß bis in die untersten Schichten des Volkes empfunden wurde, das Bedürfniß, einen fortlaufenden Einblick in den Gang der Tagesereignisse zu erhalten, in vollster Klarheit hervortreten lassen.

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Jedoch entstand schon vor dem wirklichen Ausbruche des dreißigjährigen Krieges, wenngleich allerdings in der Zeit einer überall in Deutschland bemerkbaren Bewegung und Erregtheit, eine deutsche Zeitung in dem heutigen Sinne des Wortes. Es war dies das noch bestehende Frankfurter Journal", das durch den Buchhändler Egmolph Emmel zu Frankfurt a. M. schon im Jahre 1615 begründet wurde und wöchentlich ein Mal erschien. Es ist dies nicht bloß die erste regelmäßige deutsche Zeitung, sondern die erste Zeitung der Welt überhaupt. Ihr folgte bereits 1616 eine zweite, in nummerirten Blättern periodisch | erscheinende Zeitung, die von dem Frankfurter Reichspostverwalter van der Birghden herausgegebenen,, Postavisen“, die spätere „Frankfurter Ober-Poftamtszeitung“, welche erst im Jahre 1866 mit dem alten deutschen Bunde schlafen ging. Diese beiden Unternehmungen fanden zwar in den nächstfolgenden Jahren mehrere Nachahmungen, -so 1618 in dem,,Fuldaischen Postreuter“; 1619, oder vielleicht schon früher, in den zu Nürnberg und Hildesheim erscheinenden Zeitungen der dann einbrechende Krieg bereitete jedoch den im Entstehen begriffenen Unternehmungen einen raschen Untergang, so daß nach Schluß des Krieges, mit Ausnahme der Frankfurter Blätter, keine eigentliche Zeitung in Deutschland erschien. Die erste Zeitung, die nach Herstellung des Friedens in Deutschland begründet wurde, war die Leipziger Zeitung (1660). Leipzig folgten sodann mit eigenen Zeitungen Breslau (1676), Hanau (1678), Lübeck (1692) und andere Städte. In der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts erhielten dann fast alle größeren Städte in Deutschland eigene Zeitungen. Unter diesen verschiedenen Zeitungen waren die von Köln, Augsburg, Regensburg und Hamburg die verbreitetsten und gleichsam die Ströme, aus denen die kleinen Lokalblätter ihre Behälter speisten. In Regensburg gedieh die Regensburger Postzeitung" besonders deßhalb, weil in jener Stadt zur damaligen Zeit der deutsche Reichstag residirte. Noch größere Verbreitung fand der seit 1716 in Hamburg erscheinende Hamburger Correspondent", der zu Anfang des laufenden Jahrhunderts das verbreitetste Blatt Deutschlands, ja der Welt war; es war fast die einzige Zeitung, welche ihre Nachrichten aus fremden Ländern durch eigene Correspondenten bezog, und sie diente hinsichtlich des Auslandes den übrigen deutschen Zeitungen als Quelle.

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Die erste Zeitung innerhalb der damaligen kurbrandenburgischen Lande erschien in Berlin, und zwar schon zu Anfang des siebzehnten Jahrhunderts.") Sie führte den Namen „Avisen" und wurde von dem „Botenmeister" ausgegeben, d. i. von demjenigen, der die Aufsicht über die Boten hatte, die zu jener Zeit die Posten erseßten, und bei dem sie auch sämmtlich ihre Packete abliefern mußten. Von der Ankunft dieser Boten war auch die Ausgabe der Zeitung abhängig, die aus ihren Berichten und Briefen zusammengestellt wurde. Da nun aber diese Ankunft nicht immer mit gleicher Regelmäßigkeit erfolgen konnte, so konnten auch die ältesten Zeitungen selbst nicht regelmäßig erscheinen. Obwohl diese Berliner Avisen nur Auszüge aus anderen Zeitungen enthielten, erregten ste wie Graf Schwarzen berg unter dem 5. November 1626 aus Wien berichtete am

*) Neben Berlin erhielten auch die meisten größeren Städte schon in der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts eigene Zeitungen; am frühsten Halle, Magdeburg, Stettin, Königsberg i. Pr., Potsdam (Potsdamscher Mercurius 1737-1739), Erfurt (1725), Wittenberg (1768). Zu Anfange dieses Jahrhunderts bestanden im preußischen Staate (in seinem damaligen Umfange) 23 politische Zeitungen und eine HandelsZeitung.

kaiserlichen Hofe in Wien „ein ziemliches Mißfallen.“ „Es sei kein Ort im ganzen Reiche, hieß es da man so frei und schlimm schreibe gegen den Kaiser oder gegen Dero Armee, als in Berlin; allemal attribuire man der kaiserlichen Macht Verluste und dem Feinde Victoria." In Folge dieser Klage des Wiener Hofes rieth nun das Geh. Raths-Collegium dem Botenmeister, das Zeitungsdrucken auf eine Zeitlang ganz einzustellen, oder doch des Kaisers gar nicht zu gedenken. Kurfürft Georg Wilhelm aber rescribirte: es sei ihm lieber, daß man dasjenige ungedruckt lasse, was vermuthlich Offensive erregen möchte; doch könnte man denen, welchen die Avisen zugeschickt würden, das Ausgelassene beischreiben. Ob der Botenmeister diesen Rath des Kurfürsten befolgt, oder ob er seine Zeitung aufgegeben habe, ist unbekannt.

Am 23. Januar 1632 erhielt der Botenmeister (Postmeister) Veit Frischmann in Berlin von Neuem die Erlaubniß zum Druck und Verlag einer Staats-Zeitung, jedoch unter der ausdrücklichen Bedingung: „das nichts von Pasquillen, sie seien auch wider wen sie wollten, oder sonst etwas, so einen oder den andern, zumal Standespersonen anzüglich, darinnen sein soll.“ Diese Uebertretungsacte begründet zugleich die Befugniß der Postbeamten zum Debit der Zeitungen. Die Postämter mußten auch damals noch Zeitungsberichte machen, woraus die „Staats- Zeitung" vielfach ihre Nachrichten schöpfte. Diese Einrichtung (der Zeitungsberichte) hat über 200 Jahr bestanden und wurde erst 1848 abgeschafft. Die Berichte waren zuletzt ganz handwerksmäßig abgefaßt und ließen in ihrer Mehrheit an Dürre nichts zu wünschen übrig.

Eine regelmäßige Zeitung erhielt Berlin erst im Jahre 1655. Sie wurde von dem Buchhändler Christoph Pauge herausgegeben und erschien ein Mal wöchentlich und zwar gleichfalls unter dem Titel „Avisen“. Es wurde ihr seitens der Regierung ein kurfürstliches Druck- Privilegium ertheilt und außerdem ein eigener Censor (zuerst der kurfürstliche Cabinets-Secretair Fischer, 1659 der Geh. Rath Graf Dohna) bestellt. Doch troß des Privilegiums und der landesherrlichen Censur wurden diese „Avisen“ nach 17jähriger Dauer, im Jahre 1672, „aus politischen Ursachen“ wieder unterdrückt. Erst 1690 gelang es dem Kurfürsten Friedrich III., dem späteren Könige Friedrich I., von Kaiser und Reich die Erlaubniß zur Erneuerung des Blattes zu erhalten. Während des Nichterscheinens der Avisen hatten einige andere Blätter sich in's Leben gewagt, so die seit 1655 wöchentlich vier Mal erscheinende Berlinische einkommende Ordinari-Postzeitungen", seit 1677 der „Postillon" und die „Zeitungsfama“. Alle enthielten die neuesten Tagesereignisse. Die im J. 1690 erneuten Avisen wurden im J. 1706 wieder verboten; doch erhielt jezt ein gewisser Lorenz vom König Friedrich I. die Concession zur Herausgabe einer Zeitung; aber auch diese wurde von König Friedrich Wilhelm I. in den beiden ersten Jahren seiner Regierung (1713 und 1714) unterdrückt und erst im J. 1715 ihr Erscheinen von Neuem erlaubt, wahrscheinlich weil der König wünschte, daß von den Thaten seines Heeres im Feldzuge gegen Karl XII. etwas bekannt werden möchte. Sie enthielt denn überhaupt nur Auszüge aus andern Zeitungen und unter dem Artikel Berlin alltägliche Begebenheiten und Erecutions-Anzeigen. Lorenz blieb im Besitze seines Privilegiums bis zum 8. Januar 1721, wo ihm der Druck seiner Zeitung plöglich, bei einer fiscalischen Strafe von 300 Thalern, untersagt wurde.

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