frigidus agricolam si quando continet imber, 260 multa, forent quae mox caelo properanda sereno, maturare datur: durum procudit arator vomeris obtunsi dentem, cavat arbore lintres, aut pecori signum aut numeros impressit acervis. exacuunt alii vallos furcasque bicornis 265 atque Amerina parant lentae retinacula viti. nunc facilis rubea texatur fiscina virga, nunc torrete igni fruges, nunc frangite saxo. Quippe etiam festis quaedam exercere diebus fas et iura sinunt: rivos deducere nulla 270 religio vetuit, segeti praetendere saepem, insidias avibus moliri, incendere vepres, balantumque gregem fluvio mersare salubri. saepe oleo tardi costas agitator aselli vilibus aut onerat pomis, lapidemque revertens besonders zum Aufbinden der Rebe gesuchte Weide. 266. rubea virga. Auch Brombeerranken wurden zu Körben verwendet. Vgl. v. 165. 267. torrete, um es leichter mit der Handmühle mahlen zu können. 269. fas et iura, göttliches und menschliches Recht. rivos deducere, die Bäche von oben her führen, d. i. das Wasser in die Wässerungsgräben zuleiten (vgl. v. 106). Doch kann es auch mit Bezug auf v. 114 bedeuten: Die Wässerung abstellen, eine Arbeit, die auch heute noch vom Landwirth, an Ruhetagen, an Sonn- und Feiertagen gemacht wird. 270. religio, die Scheu vor den Göttern und das daraus entstandene Religionsgesetz. vetuit, aoristisch. segeti praetendere saepem, Rand der Felder Dornzweige stecken. am 272. salubri. Nur um die Räude abzuhalten, nicht um die Wolle zu waschen, durften die Schafe an Festtagen in die Schwemme getrieben werden. 1 273. agitator aselli, der Landwirth, der Oel und Obst dem Esel aufladet, um in der Stadt diese Erträgnisse zu verkaufen. 274. lapidem incusum. Für die Handmühle wurde der Stein so behauen, dass die Reibung kräftiger wurde. 275 incusum aut atrae massam picis urbe reportat. Multa adeo gelida melius se nocte dedere, 280 285 282. scilicet (scire licet) bezeichnet hier die Verwunderung: und denk' dir, auf den Ossa noch den Olympus. 284. felix ponere, vgl. Ecl. V, 1. 285. prensos boves. Von der Herde, von der Weide, wo sie frei sich umhertreibend stark werden, weggenommen werden sie an das Joch gewöhnt. 285. licia telae addere, dem Zettel den Eintrag mit dem Weberschiffchen zugeben, das Gewebe fertigen. 286. fugae melior, wegen des wachsenden Mondes. 287. multa adeo, vgl. Ecl. IV, 11. dedere, aoristisch. 288. Eous, Lucifer. 289. stipulae. Der grössere Theil des Halms blieb beim Ernten stehen und wurde entweder verbrannt (vgl. v. 85) oder später als Futter gemäht. Auch bei uns geht man in möglichst früher Stunde ans Mähen, weil das vom Thau gefeuchtete Gras leichter unter der Sense fällt. 290. lentus, activisch. 292. inspicare, ährenförmig zuspitzen. Bei geringeren Landwirthen dienten solche Holzfackeln statt der Kerzen von Wachs oder Talg. Vgl. Ecl. VII, 49. interea longum cantu solata laborem At rubicunda Ceres medio succiditur aestu, ceu pressae cum iam portum tetigere carinae puppibus et laeti nautae imposuere coronas. 305 sed tamen et quernas glandes tum stringere tempus et lauri bacas oleamque cruentaque myrta, tum gruibus pedicas et retia ponere cervis auritosque sequi lepores, tum figere dammas stuppea torquentem Balearis verbera fundae, 295 293. solata, vgl. v. 206. 294. coniunx percurrit pectine. Das Weben war von ältester Zeit her ein Hausgeschäft der Frauen. Augustus und Karl der Grosse trugen gewöhnlich Kleider, die im Hause von der Gemahlin oder den Töchtern gewoben waren. arguto, vgl. Aen. VII, 14. 295. dulcis musti umorem. Süssen Weinmost kochte man mit würzigen Kräutern und Blüthen ein, und zwar in Nächten ohne Mondschein oder, wenn dieser am Himmel war, bei Tag. Er diente alsdann entweder mit Milch vermischt als Festgetränk, oder als Zusatz zu andern Weinen, um sie dauerhaft zu machen. umorem, hypermetrisch. 296. trepidi hebt malerisch den im Kessel siedenden Wein hervor, daher neben undam. foliis, um jeden Beigeschmack, den kochender Wein leicht annimmt, zu verhüten, nahm man nicht Holzlöffel. 297. at, Gegensatz zu der Beschäftigung bei Nacht. rubicunda Ceres, das Getreide, wenn es sich röthet, d. i. wenn es reif ist. medio aestu, mitten in der Hitze; nur an heissen Tagen wird das Getreide geschnitten, damit es rasch abtrocknet. In dieselbe Zeit fiel das Dreschen. 299. nudus, leicht gekleidet zu rüstiger Arbeit, Gegensatz zu ignava. Der Winter ist die Zeit zum Nichtsthun für den Pflanzer. 302. genialis hiems, die Zeit, wo man nicht durch die Geschäfte draussen abgezogen wird, dem Genius zu opfern. Jeder opferte seinem Schutzgeist, der ihn von der Geburt an begleitet. Ein solches häusliches Fest war wie bei uns die Geburtstagsfeier (vgl. den Stamm von genius), ein Fest der Fröhlichkeit. 303. pressae, mit Waaren beladen. portum, den heimischen Hafen. 304. imposuere coronas. Bei allen freudigen Ereignissen, so auch bei glücklicher Heimkehr, waren Kränze Zeichen der Freude. puppibus. Die Kränze wurden beim Steuerruder angebracht. 305. sed tamen. Aber doch kann man in dieser Zeit der Unthätigkeit nützliche Arbeit thun. glandes stringere, vgl. Ecl. X, 20. 306. lauri bacas cruentaque myrta. Mit dem Saft aus den Lorbeer- und Myrtenbeeren wurde der Wein gewürzt. cruenta. Die schwarze Beere hatte einen rothen Saft. 307. gruibus. Kraniche galten als Leckerspeise. 309. stuppea verbera fundae, eine Hypallage. Balearis. Die balea 310 315 320 325 cum nix alta iacet, glaciem cum flumina trudunt. rischen Schleuderer (Balle) waren berühmt. Vgl. v. 120. 310. glaciem cum flumina trudunt. Bei eintretender grösserer Kälte bildet sich in den Flüssen zumal mit rascherem Lauf das erste Eis auf der Grundfläche des Flussbettes, welches, weil es leichter ist als das Wasser, in blasigen, zum Theil mit Erde und Kieseln vermengten Scheiben sich loslöst und nach und nach auf der Oberfläche des Wassers fortgetrieben wird.,,Das Grundeis geht." 311 463. Ungewitter, Sicherheitsmittel und Anzeichen. 311. sidera. Die Stürme dachte man sich von deren Auf- oder Untergang herbeigeführt, so von dem Arcturus, Centaurus, den Haedi u. a. 312. mollior aestas, der Spät sommer. 313. ruit, zum Ende eilt. 314. inhorruit hebt die kräuselnde Bewegung hervor, welche über das Saatfeld hin sich zeigt, wenn ein leichter Wind durchstreicht. Vgl. Aen. III, 195. 315. lactentia bezeichnet den milchigen Saft des noch nicht reifen, noch nicht trockenen Fruchtkorns. Malerisch ist damit turgent verbunden. Kappes, Vergils Bucol, und Georg. fulmina molitur dextra, quo maxima motu 330 terra tremit: fugere ferae et mortalia corda per gentes humilis stravit pavor; ille flagranti aut Athon aut Rhodopen aut alta Ceraunia telo deicit; ingeminant austri et densissimus imber. nunc nemora ingenti vento, nunc litora plangunt. Hoc metuens caeli menses et sidera serva, frigida Saturni sese quo stella receptet, quos ignis caelo Cyllenius erret in orbis. in primis venerare deos atque annua magnae sacra refer Cereri laetis operatus in herbis extremae sub casum hiemis, iam vere sereno. tum pingues agni et tum mollissima vina, tum somni dulces densaeque in montibus umbrae. cuncta tibi Cererem pubes agrestis adoret; cui tu lacte favos et miti dilue Baccho, 335 340 345 terque novas circum felix eat hostia fruges, mit einem solchen verbundenes Gewitter. 330. fugere, stravit. Das Perfect ist hier nicht aoristisch neben dem Präsens. 331. humilis pavor, die niedrige, des Menschen unwürdige Furcht. 334. plangunt, mit dichtem Regen vermischte Winde peitschen unter heftigem Tosen Wald und Ufer. 336. frigida Saturni stella. Der Saturn durchläuft in der weitesten Entfernung von der Sonne seine Bahn. sese quo receptet bezeichnet ebenfalls die weite Entfernung seines Laufs. Dem Saturn wurden je nach seiner Stellung in den Sternbildern mannigfache Einwirkungen auf die Witterung zugeschrieben. 1 337 ignis Cyllenius. Merkurius wurde auf dem arcadischen Berg Cyllene von Maia geboren. quos in orbis. Mercurius durchläuft nächst dem Mond die kleinste Bahn, macht also viele Kreisläufe am Himmel, bis andere Planeten nur einen ein zigen vollenden. ignis, im Gegensatz zu frigida, zugleich mit Bezug auf das glänzende Licht dieses Planeten. 339. operatus, vgl. v. 206. Im frischen Frühlingsgrün soll der Ceres geopfert werden. 341. tum umbrae, Epexegese zu vere sereno. 345. ter circum eat. Bei dem heitern ländlichen Frühlingsfesteder Ambarvalien wurde von dem Vermöglichen ein Kalb oder ein Lamm, von dem minder Bemittelten ein Ferkel im Festgang um die Flur geführt. felix, activisch. 347. clamore. Der ganze Chor der Begleitung rief laut die Ceres an. 349. torta quercu. Der Eichenkranz sollte an die Zeit erinnern, wo der Mensch statt des Getreides die Eicheln des Waldes ass. 350. motus incompositos, wenig künstliche Tänze, wie sie in ländlicher Weise die Lieder begleiten. 351. haec, erhält seine Epexegese in v. 352. |