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fie heimzahle. Also höre: Ich gedenke mich in kurzem zit verheiraten.

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und jetzt ist es hohe Zeit, daß ich | wie die Sonne! . . . Die geht auf und ist strahlender als alles andere auf der Welt, und doch sieht man dies andere jezt erst deutlich und so zu sagen im rechten Licht! Willy. Ei, ei! sehr nett! . . . Warum haben wir beide eigentlich so selten mit einander geplaudert?

Kramer in ausbrechender Freude. Willy wer ist das glückselige Geschöpf?

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und das

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Ich lieb sie schon jest, weißt du, ich vergöttre sie, blos weil du fie liebst! Willy. Na, na nur ruhig, mein Alter. Vorläufig hab ich meine Freundinnen auf die Suche geschickt. . . . Aber lange dauerts nicht und bei dieser Gelegenheit wird Alles getilgt.

Kramer. Ah, meinetwegen!
Willh. Und nun zur Hauptsache!

dich ihr erklärt?

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Hast du

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Ich weiß, was ich weiß! Ja, wenn ich abends im Bette liege, dann mal ich mir aus: Mit wem mag er jest tanzen und Diamanten hat sie auf der Brust — und sieht ihn mit solchen Augen - und dann drückt sie ihm

an

Kramer. Wo denkst du hin? Zu so was bin ich verstohlen die Hand . . . Das heißt: Ich liebe Sie! viel zu ungeschickt.

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auf so eigentümliche Weise lieb zu mir... So anders, als die andern Weißt du, das fühlt man . . . Das geht einem dann so warm vom Herzen in die Höh . . Mir ist dann immer so, als ob ich was schönes geschenkt bekommen hab'.

Willh taut auf seine Unterlippe, für sich: Und an so viel Lieblichkeit ist man blind vorbeigegangen? laut in ver ändertem Tone: Wenn nun aber ein anderer käme und sagte: Ich liebe Sie?

Klärchen. Wer sollte das wohl sein?
Willy. Einer der beiden Primaner?

Klärchen. Das sind ja dumme Jungens!
Willy. Oder Riemann?

Klärchen. Der ist ja verheiratet.

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Und sieh mich an
Es darf ja nie

Willy. Und du?
Klärchen gen Himmel blickend.
Willy. Und eh wir wieder
Kopf in meinen Arm! — So
mit deinen lieben Veilchenaugen!
sein, daß ich dich liebgewinne . . . Aber einmal will
ich dich küssen auf diese Augen tut es... und
auf diesen Mund tut es sie schauert hinstukend zusammen. —
Ju Kramers Zimmer geht die Tür
man hört schwere Schritte
Hastig

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er fährt zusammen und löst ste rasch aus seinen Armen.
Du wirst nicht dran denken, nicht wahr?
Klärchen willenlos, wie im Traume. Nein!
Willy. Nie?

Klärchen. Nie!

Willy. Wir sind Bruder und Schwester

find es immer gewesen.

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Wir beißen dich nicht

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hahaha Is 'ne tolle Welt hahaha! Gebt Euch die Hand . . . So . . . du darfst hoffen, mein Junge! Kramer. Ist Willh bei Seite. Gott sei dank, der Versuchung hätt ich noch gerade widerstanden!

das

Kramer. Klärchen Sie wollten wirklich — ich
der ich nichts hab
- der ich

nichts bin?

Klärchen vor sich hinftarrend, tonlos. Ja! Kramer wild suffahrend. Nun soll mir noch einer kommen und Ihnen zu nah kommen erwürgen tu ich den H

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Von Dr. med. Goldschmidt-Reichenhall.

Es giebt Ereignisse, die mit solcher Kraft und Energie in die Geschichte eintreten, daß sie sofort nach ihrem Erscheinen das Interesse der gesamten Kulturwelt auf sich lenken. Und dieses Interesse ist so mächtig, daß neben demselben ein anderes kaum noch sich geltend machen kann. Die Weltgeschichte ist an dergleichen Begebenheiten zwar nicht übermäßig reich, aber auch nicht gar so arm. Aber jene wichtigen Fakta, deren überwältigendem Einfluß sich jedes andere Interesse unterordnen muß, werden meist auf dem Gebiete der Politik oder auf dem blutigen Schlachtund felde geboren. Zum erstenmale entstand etwas ähnliches in dem engen Raume eines Laboratorium, zum ersten

male erfüllt die Welt eine Verheißung des Glückes und zwar mit so eindringlicher, so tönender Stimme, daß jedes gebildete Ohr diesem Tone gerne horcht, daß alle politischen und kriegerischen Klänge verstummen müssen, oder, falls sie sich noch hören laffen wollten, überhört würden. „Die Tuberkulose ist heilbar!".

Diese frohe Botschaft durchläuft die Welt von Süd nach Nord, von Ost nach West. Die Tuberkulose ist heilbar!" Bon tausend bleichen Lippen, die das Lächeln längst verlernt zu haben schienen dringt dieser Ruf freudig dankbar zum Himmel, und Millionen von Herzen, die längst zu hoffen verlernt haben, werden von diesem einen, einzigen frohen Gedanken durchwärmt.

Es ist als hätte man vergessen, daß es Winter ist, so frühlingswarm ist es in der Bruft der Menschen geworden, und, wenn man die vielen ernstheitern Gesichter der zu tausenden nach Berlin zugereisten Männer der Wissenschaft und die von der Hoffnung verschönten Gefichter der dreifach so starken Zahl der hierher geeilten Kranken beobachtet, so sagt man sich zuversichtlich: Ja, der Winter ist Frühling geworden und zwar ein Frühling, der denjenigen in der Natur lange überdauern wird. Denn Kochs großartige Entdeckung soll ja nicht nur Waffen gegen die Tüberkulose schmieden es ist vielmehr Aussicht vorhanden, daß aus demselben Arsenale, auch gegen noch viele andere, tückische Krankheiten wirksame Kampfmittel hervorgehen werden.

In der Tat ist die Entdeckung noch zu nen, als daß man ihre ganze Tragweite übersehen könnte. Die Fantasie ist immer rascher als die Wirklichkeit und wir würden leicht in die Art einer Jules Verne'schen Schilderung verfallen, wenn wir schon jetzt ein Bild der menschlichen Gesellschaft entwerfen wollten, in welcher es keine Krankheiten mehr geben wird. Die Hydra ist ein vielköpfiges Unge heuer, und die Sage, die von ihr erzählt, berichtet weiter, daß ein Kopf, der ihr abgehauen worden ist, rasch wieder wachse. Nun, die Vielköpfigkeit des Krankheitsungetüms besteht nach wie vor, die Köpfe aber, die ihm von dem tapfern Ritter ohne Furcht und Tadel, unserem Robert Koch, abgehauen, die wachsen nicht wieder, und das ist das Großartige dieser Entdeckung. Es ist wahr. Jeder Fortschritt einer Wissenschaft geht Schritt für Schritt vor sich. In diesem Fortschritt giebt es keine unvermittelten Sprünge, und in jedem Arzte lebte ganz gewiß schon vor den letzten Tagen die frohe Zuversicht, daß früher oder später ein Heilmittel gegen Tuberkulose gefunden würde. Einem jeden Heiland geht die frohe Hoffnung auf seine Erschei

nung voraus.

Seitdem die Medicin durch die Antiseptik eine neue Straße zu wandeln angefangen, mußte sich jeder denkende Arzt sagen, daß eine andere Aera für die leidende Menschheit angebrochen, und, wie auf einen Galiläi ein Newton, auf Spinoza ein Kant, auf James Watt ein Stephenson, auf Lessing ein Göthe gefolgt war, so mußte nach Lister ein Koch kommen. Beide Männer verhalten sich zu einander, wie die aufgehende und die hell im Mittag strahlende Sonne. Und die Zeit zwischen beiden Männern ist durch eine Reihe von bedeutsamen Etappen characterisirt, die als Durchgangspunkte zu dem jezt endlich erlangten Ziele führen. Wie ein Herrscher stets vor einer Gruppe von Paladinen umringt ist, so ist auch Koch von einem Kreise von bedeutenden Forschern umgeben. Da ist Brieger, Ehrlich, Esmarch und viele andere. Und vor allen der noch junge, rastlose, Erforscher der Aetiologie der Tuberkulose, Georg Cornet.

Daß wir nun dem Ziele der Heilung der Tuberkulose so nahe gerückt sind, ohne daß das Mittel bekannt ist,

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beweist der ungeheure Glaube, der dem Entdecker geschenkt wird, und kein Mensch zweifelt, daß dasjenige, was Koch bietet, auch unkontrollirt echtes Gold ist. Wenn nun in unserer hyperkritischen Zeit eine so vollständige Glaubensseligkeit sich der besten Köpfe sämtlicher Nationen bemächtigt hat, so spricht diese Tatsache mehr, wie die subtilsten Beweise für die Zuverlässigkeit des Entdeckten.

Es ist schwer den Boden der positiven Tatsachen zu verlaffen und sich die Welt vorzustellen, wie sie sein wird, wenn sie die Infektionskrankheiten nicht mehr zu fürchten haben wird, aber daß die Welt in absehbarer Zeit von der Lungenschwindsucht befreit sein wird ist feine Utopie, und diese Welt können wir uns in kultureller Beziehung wenigstens einigermaßen ausmalen.

Bedeutet die Erhaltung eines Menschen einen Teil des Nationalvermögens, so haben wir dies Kapital um das 7/10 fache vergrößert denn, 7/10 der Menschen in Deutschlandwird von der Schwindsucht weggerafft. Bedeutet jeder Krankheitstag eine Einbuße an Zinsen, so hat diese Einbuße eine bedeutende Einschränkung erhalten, da die Krankheitsdauer, die Jahre lang gewährt hat, nun wahrscheinlich Unter der auf eine furze Zeit reducirt werden wird. Geisel der Schwindsucht hatten alle Institute, die zur Massenanhäufung der Menschen dienen, zu leiden.. Mit welcher Unsumme von Kosten mußte man diesem Dämon entgegentreten. Jeßt wird man ihn nicht mehr fürchten und die aufgewendeten Summen dafür verwerten können, um das Leben der Menschen zu verschönern und Bevölkerung waren eine ungeheure Last aller Kommunen, behaglicher zu machen. Die Schwindsüchtigen der ärmeren die um so drückender empfunden wurde, da man ihnen nur Scheinmittel gab, nur um bei ihnen die Hoffnung auf Heilung zu erhalten. Jetzt werden diese unglücklichen zu erwerbsfähigen umgestaltet werden, und alle jene Laster, und unnüßen Mitglieder der Gesellschaft zum großen Teil die ihren Grund in Verzweiflung und Haß gegen das Leben und die Gesellschaft hatten, werden, wie mit einem Schlage verschwinden. Wie häufig hatte das Lafter der Trunksucht seinen Grund in einer unheilbaren Krankheit. So und soviele Trunkenbolde aus Verzweiflung werden lichen Wandel, der Sitte und der Solidität wiedergegeben dem Leben und der Familie, dem rechtlichen und ordentwerden. ficherungs-Gesellschaft auf grund eines Lungen-Katarrhs Ruhig kann derjenige, den bisher jede Verzurückwies, fich an eine solche wenden. Aus dem vorher genannten Grunde wird er nicht mehr fürchten müssén, daß die materielle Hilfe, die er durch Abzahlung daß die materielle Hilfe, kleiner Beträge seinen Nachkommen nach seinem Ableben fichern möchte, zurückgewiesen wird.

Wie oft mußte ein talentvoller Jüngling dem seinen Anlagen angemessenen Beruf entsagen, weil er tuberkulös war, oder von tuberkulösen Eltern stammte. Nun kann das Talent sich ungehindert entfalten; das Hindernis ist beseitigt. Aber noch öfter wurde manch Mitglied der Gesellschaft zum Cölibat verdammt, weil es: „auf seiner Lunge nicht richtig war." Aus diesem Grunde wird kein Mensch mehr seiner Liebe zu entsagen genötigt sein. So sehn wir, wie auf allen Gebieten des Lebens, in allen Situationen, in allen Berufen, das Gespenst gebannt wird. Eine frohe Zukunft entfaltet sich, eine Zukunft, so hell, so sonnig, wie sie nur geahnt, nicht berechnet werden kann. Was die Medizin speziell für Vorteile aus der Kochschen Tat ziehen wird, das liegt zu klar auf der Hand, als daß wir darüber Worte zu verlieren brauchten. Da, wo bis jetzt der Glaube an die Möglichkeit geherrscht, da tritt frohe Siegesgewißheit ein. Möge der Kunst diese Siegesgewißheit, troh unvermeidlicher Enttäuschungen, die auch hier in einzelnen Fällen nicht ausbleiben werden,

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Die anliegende Erklärung, welche sich für eine Reform des Gymnasialunterrichtes ausspricht, unterbreiten einem hohen Ministerium zur Beachtung die ergebenst Unterzeichneten.

Die Notwendigkeit, auch die Überzeugungen zahlreicher akademischer Lehrer der Medizin und der Naturwissenschaften an maßgebender Stelle bekannt zu geben, ist von neuem hervorgetreten, nachdem sich auf vielen deutschen Universitäten gleichzeitig das Bestreben kund gegeben hatte, Stimmen für den Ausspruch zu sammeln, daß die gegenwärtig gcwährte Vorbildung allen Berufsstudien genüge. Eines hohen Ministeriums 2.

Leipzig, den 8. November 1890.

Es ist unmöglich, die vorangegangene kurze Abhandlung zu schließen, ohne jener einzigen parlamentarischen Verhandlung zu gedenken, die am 28. November d. J., also vor wenigen Tagen, im preußischen Landtage stattgefunden. Wenn einst eine Geschichte der Kochschen Entdeckung geschrieben werden wird, so wird man mit wahrer Freude konstatieren können, daß auf die Interpellation des Abgeordneten Graf-Elberfeld eine Rede des Kultusministers v. Goßler gefolgt ist, die als monumental zu bezeichnen ist. Es war der Form und dem Inhalte nach ein oratorisches Meisterstück, das man im Original nachlesen muß. In knapper Form wies der Minister auf die großartige Bewegung hin, die die besprochene Entdeckung auf allen Gebieten hervorgerufen. Er verteidigte das Geheimhalten des Mittels, als durchaus notwendige Maßregel, er lobte besonders das Vorgehen der städtischen Be- Die sieben leipziger Profefforen legten die Erklärung hörden von Berlin und sprach mit Enthusiasmus über die ausschließlich Vertretern der medizinischen und naturOpferfreudigkeit, die sich unter den Begüterten regt, und wissenschaftlichen Lehrfächer im engeren Sinne zur Unterüber den unermüdlichen Eifer, mit welchem jüngere schrift vor. Troßdem haben nicht weniger als 185 ordentund ältere Aerzte sich der Kochschen Entdeckungliche Profefforen unterzeichnet und jede der zwanzig beangenommen haben. Eine feierliche Bewegung ergriff die Zuhörer. Nur von Zeit zu Zeit brach der Enthusiasmus gewaltig hervor, und mächtige Applause, die sich bis auf die Gäste auf den Tribünen fortseßen, und die der Präsident nicht rügie, lohnten dem Redner.

So findet eine große Zeit auch große Männer, die sie begreifen. Möchte jede großartige Entdeckung so schnell begriffen, so schnell erfaßt, so enthusiastisch begrüßt, so kraftvoll unterstützt werden, dann wird diese Welt in der Tat dasjenige sein, womit sie heutzutage nur ironisch benannt wird, nämlich: „die beste der Welten."

Das Manifest der 410.
Von Professor Dr. Wilh. Preher.

Vor kurzem ist eine von vierhundert und zehn deutschen
Profefforen und Privatdozenten der Medizin und der
Naturwissenschaften unterzeichnete Erklärung an die deutschen
Unterrichtsministerien versant worden, welche folgenden
Wortlaut hat:

Indem die Unterzeichneten sich zunächst jedes
Vorschlages enthalten, wie sich künftig der Unter-
richt in den gelehrten Schulen zu gestalten habe,
sehen sie sich gestüßt auf ihre Erfahrung zu der Er-
klärung gezwungen, daß die Vorbildung, welche die
Zuhörer aus den heutigen Gymnasien mitbringen,
wenig geeignet sei, um als Grundlage für das
Studium der Naturwissenschaften und der Medizin
zu dienen.

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Boehm, H. Bruns, H. Curschmann, Hoffmann, Ludwig, W. Ostwald, Wislicenus.

teiligten deutschen Universitäten hat auch Teil_an_dieser Zahl. Es ist tatsächlich ein sehr großer Teil aller aktiven, staatlich angestellten, ordentlichen Universitätslehrer unzufrieden mit den nicht etwa nur staatlich genehmigten oder geduldeten, sondern privilegirten, gesetzlich gerade für die Universitäten zugeschnittenen Vorbildungsanstalten, den humanistischen Gymnasien. Und zwar sind die Unterzeichner höchstwahrscheinlich sämmtlich, jedenfalls alle bis auf eine minimale, eine fast verschwindende Minderzahl, nicht allein Zöglinge des humanistischen Gymnasiums, sondern auch mit dem Zeugnisse der Reife aus demselben hervorgegangene Männer. Die jüngsten wie die ältesten kennen aus eigener Erfahrung die Vorbildung ihrer Zuhörer. Ihr Ürteil ist ein vollkommen selbständiges und verdient deshalb in der Hochflut von Büchern, Broschüren, Flugblättern, Zeitungsartikeln zur Gymnasialreform, anders wie so manches Wort Außenstehender - und dazu gehören in diesem Falle die Gymnasial-Lehrer und -Direktoren meistens selbst vor dem Untergange bewahrt zu bleiben. Eine solche kulturgeschichtlich wichtige Tat kann nicht totgeschwiegen werden. Es müssen triftige Umstände vorliegen, welche sie gezeitigt haben.

Ohne wissen zu können was jeden einzelnen bestimmt hat, seinen Namen unter die Erklärung zu seßen und ohne von irgend einem befugt oder auch nur aufgefordert worden zu sein, mich über die Motive auszusprechen, glaube ich doch die Zustimmung einer großen Mehrzahl, wenn nicht aller 410, zu finden, mit der Behauptung, daß es im wesentlichen folgende vier Mängel der heutigen Gymnasialerziehung sind, durch die eine schafter an deutschen Hochschulen verhindert wird. richtige Vorbildung für den Mediziner und Naturwissen

Erstens nimmt der Gymnasialunterricht zu wenig Rücksicht auf die Ausbildung des jedem Kinde mit gefunden Sinneswerkzeugen angeborenen und in der Kindheit ohne jede Anweisung sich entfaltenden Beobachtungsvermögens. Weitaus den meisten Abiturienten fehlt es an lebung im Anschauen. Der Wahrnehmungs-Unterricht ist ihnen nicht zu Teil geworden. Die Mediziner müssen sehr scharf hören beim Auskultiren und Perkutiren, ihr Tastsinn muß eine große Verfeinerung haben beim

Palpiren und Touchiren, sie müssen bei der Diagnose und Therapie in allen Krankheiten ein höchst geübtes Auge haben, von dem Geruchsinn und Geschmacksinn, die beide auch für den Chemiker von großem Werte zur Unterscheidung der Dinge und Vorgänge sind, zu schweigen. So muß also der Student mit unsäglicher Mühe erst sehen lernen, hören lernen, tasten lernen, in einem Alter, in welchem es ihm wegen der nach dieser Richtung im früheren Jugendalter vernachlässigten Entwicklung seines Gehirns, seiner Sehsphäre, Hörsphäre, Fühlsphäre, 11. f. w. schwer wird. Was wegen der erstaunlichen Plastizität des zentralen Nervensystems im Knabenalter leicht erlernt wird, kann später nur mit sehr viel Zeitaufwand und enormer Anspannung der Aufmerksamkeit

erworben werden.

Das heutige Gymnasium ignorirt diese Seite der Vorbildung. Der Mangel ist fundamental.

Zweitens. Der Mediziner, der Chemifer, der Physiker, furz jeder Natuwissenschafter muß eine manuelle Geschicklichkeit sich erwerben, welche es ihm ermöglicht, mit Sicherheit, ohne zu zittern, ohne fehlzugreifen, ohne Zeit zu verlieren, zu operiren. Eine chirurgische Operation, eine anatomische Sektion, eine Gas- oder Elementar-Analyse, eine chemische Synthese, eine Dampf-Dichte-Bestimmung, eine einfache mikroskopische Beobachtung, 3. B. pathogener Bazillen im hängenden Tropfen, ja eine einzige Galvanometerablesung, kurz jede richtige Handhabung der gewöhnlichen Instrumente, Apparate, Utensilien, Präparate, in den Laboratorien und Kliniken erfordert eine solche Nebung der Hände, daß man sich wundern muß, wie troß der Vernachlässigung derselben in den Gymnasien von den Studirenden relativ noch soviel darin erreicht wird, wie es der Fall ist. Was aber von den Sinnesorganen gilt, gilt noch mehr von den Händen. Sie werden in viel kürzerer Zeit und mit viel weniger Anstrengung im Knabenalter geübt, als im Alter der Studirenden. Die meisten Abiturienten sind auffallend ungeschickt, nicht weil es ihnen an Anlagen, sondern weil es ihnen an lebung fehlt. Die wenigsten können zeichnen, kaum einer von hunderten kann modelliren.

Das heutige Gymnasium ist schuld an diesem Mangel. Schon manchen Kranken hat das manuelle Ungeschick des Arztes das Leben gekostet.

Drittens. Von dem Mediziner und von dem Naturwissenschafter wird verlangt, daß er nicht nur seine Muttersprache beherrsche, sie richtig und mit Leichtigkeit mündlich und schriftlich anwende, um, was er wahr genommen hat, mitzuteilen, sondern auch Englisch und Französisch verstehe. Der Abiturient lernt von beiden im Gymnasium so wenig, daß er nachher mit Aufwand von viel Zeit und Geld und meistens uur unvollkommen es dahin bringt, sich von den oft höchst wichtigen wissenschaftlichen und technischen Errungenschaften des Ansländs Kenntnis zu verschaffen. Bei dem immer mehr hervor tretenden internationalen Charakter der Medizin und Naturwissenschaft, welcher vieles Reisen benötigt, um die eigene Anschauung zu ermöglichen, muß dieser Mangel immer mehr fühlbar werden, wie er denn auch bei Kongressen, bei Konfultationen, in den Kolonien von Jahr zu Jahr mehr hervorgetreten ist.

Das heutige Gymnasium bleibt aber dabei, dem Zeitumfang und der Intensität des Unterrichts nach die philologisch-grammatische Schulung, das Buchstabenlernen und Bücherwiffen mit Rücksicht auf zwei tote Sprachen zu bevorzugen. Auf Kosten des Deutschen und der beiden modernen unerfeßbaren Sprachen des Occidents werden Latein und Griechisch in nicht zu verantwortender Weise dem künftigen Mediziner und Naturwissenschafter zu

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feinem Schaden auf oftroyirt. Was fängt er damit an? Tatsächlich vergißt er sie im Laufe seiner nüßlichen, menschenfreundlichen Arbeit.

Biertens. Der Abiturient, welcher Medizin und Naturwissenschaft studiren will oder soll, muß gefund und kräftig sein. Der Arzt, welcher durch zu viel Lesen und Schreiben bei Lampenlicht als Gymnasiast von seinem 10. bis 19. Lebensjahre, überhaupt durch zuviel Sitzen und zu wenig Bewegung im Freien, die natürliche Entwicklung seiner Muskeln und Nerven, seiner Knochen und Gelenke, seiner Haut und seiner Lungen hat vernachlässigen müffen, kann später das Versäumte kaum nachholen. Manche werden durch die in der Schule erworbene Kurzsichtigkeit und Muskelschwäche dienstuntauglich. Die Ansprüche, welche das Leben an den Körper des Mediziners und Naturwissenschafters stellt, find soviel größer, als die Anforderungen an den physischen Teil eines Juristen, Philologen, Theologen, es wird die Anpassung an andere Menschen und an die mit dem Berufe gegebenen äußeren Verhältnisse jener so schwer gemacht, daß die Vernachlässigung der Pflege des Körpers in der Schulzeit, die Benachteiligung des Turnens, des Ruderns, des Schwimmens, des Laufeus, der Spiele im Freien, der Ausflüge zu Gunsten des Bücherstudiums im Gymnasium streng zu tadeln ist. Olympische Spiele statt Xenophon und Cicero!

Es gibt noch andere Gründe für die Erklärung, daß die gegenwärtige gymnasiale Vorbildung für den Mediziner und Naturwissenschafter ungenügend ist, ich habe sie in meinen Schriften, besonders in den Biologischen Zeitfragen" (Allgemeiner Deutscher Verein für Litteratur. Berlin 1889) erörtert, aber die vier hier dargelegten genügen, die Erklärung der 410 zu rechtfertigen.

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Die Zukunft Kameruns.

Von einem Kolonial-Politiker.

Die Aufmerksamkeit Deutschlands ist jetzt fast ausschließlich auf Ostafrika gerichtet. Die Kolonialschwärmer haben den Verlust Sansibars und Ugandas verschmerzt. An die Stelle hemmender Nebenbuhlerschaft zwischen Deutschland und England ist das beste Einvernehmen getreten. Mit bestimmten Grenzen sind unklare Träume durch feste greifbare Aufgaben ersetzt worden. Die Kulturarbeit hat auch bereits in Ostafrika begonnen und wird, wenn mit gleicher Rastlosigkeit fortgearbeitet wird, die herrlichsten Früchte tragen.

Kamerun, das vor einigen Jahren das koloniale Lieblingskind des deutschen Volkes war, ist aber in lezter Zeit zum Stieffind geworden. Nur einige Küstenpläge sind be= siedelt worden, und in geringer Entfernung der Küste werden einige Stationen gegründet. Die Aufschließung des Hinterlands befindet sich aber noch in den ersten Anfängen. Dies ist zu bedauern, da Kamerun einerseits eine ebenso aussichtsreiche Zukunft vor sich hat wie Ostafrifa und da Deutschland andrerseits das Hinterland von Kamerun, das ihm Frankreich streitig macht, verlieren wird, wenn es sich nicht beeilt, seine Ansprüche auf dasselbe nachdrücklich zu wahren. Ein Blick auf die Karte genügt, um zu sehen, daß die Kamerunkolonie ihrer geographischen Lage nach der günstigste Punkt der ganzen afrikanischen Westküste ist, und wenn Deutschland sich die Hinterländer erschließt, zum Handelsmittelpunkt des Westens werden kann, wie Sansibar derjenige des Ostens ist. Kamerun

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