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Szene: Ein freundlicher, sehr sauber gehaltener Garten, der links und im Hintergrunde von einer Mauer eingefaßt ist. Rechts ein zweistöckiges einfaches Wohnhaus, dessen Fenster auf den Garten geben. Ju der Mitte des Hauses die Haustür. zu der einige flache Stufen hinauf, führen. Die Mauer ist in der Ede, wo Hintergrund und linke Seite zusammenstoßen, von einer hohen cifernen Gittertür durchbrochen. Durch die Stäbe der Tür steht man auf die Landstraße hinaus und jenseits derselben _cinige Arbeiter Wohnungen mit kleinen Vorgärten. Es ist frühester Sommer-Morgen; alles noch schlafend; in der Ferne hört man Hähne frähen; vor den Fenstern des Hauses sind die Läden geschlossen und die Rouleaux niedergelassen.

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ich gehe drüber weg; das kommt daher, siehst du, weil

ich einer aus der vierten Dimension bin.

Lene. Das verstehe ich nu nich.

Hermann. Glaub' ich dir; ich bin ein Geist, siehst du; darum kommt dir das alles so sonderbar vor; Geister kriegst du hier in der Fabrik nicht zu seh’n.

Lene. Ein Geist sind Sie? Darum gehen Sie wohl des Nachts um?

Hermann. Bravo! War gut gesagt! Nimmt den Hut ab, wischt sich die Stirn. Solche Mühe giebt sich der Mensch, blos damit er in den Käfig zurückkommt! Er wirft sich in einen Gartenstuhl. Zu verrückt; nicht wahr?

Lene. Was denn für ein Käfig?

Hermann. Weißt du, was für ein Unterschied ist zwischen einer Fabrik und einem Käfig? Lene. Ne.

Hermann. Ich auch nicht; also ist 'ne Fabrik ein

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Hermann. Mußt du alle Morgen so früh aufsteh'n? Lene. Wie's kommt; mal ein bischen früher, mal ein bischen später.

Hermann. Alle Morgen Wasser tragen und fegen?
Lene. Wenn's doch meine Arbeit is.

Hermann. Ist das eine Welt! Da bleibt unsereinem wahrhaftig nichts weiter übrig, als sich schlafen zu legen.

Lene. Haben Sie die janze Nacht nich geschlafen? Bis jetzt?

Hermann. So etwas ist dir wol noch nie vorgekommen?

Lene. Das kann Ihnen doch aber nich gesund sein, junger Herr.

Hermann. Wie alt bist du denn eigentlich?
Lene. Warum denn?

Hermann. Weil du mich immer „junger Herr“

nennst.

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Hermann hält ihre Hand fest. Bliz-Kröte, du! Er wirst den Arm um ihre Hüfte, versucht, sie an sich zu ziehen.

Lene sträubt sich. Aber junger Herr!

Hermann versucht, sie zu küssen. Es sieht's ja niemand! Lene reißt sich los. Ne ne ne! Das lassen Sie man unterwegs. Sie steht tiefatmend, von ihm abgewant.

Hermann. Lauf' man nicht davon; ich bin ja ganz artig.

Lene schiebt sich die Haube zurecht. Verlier' ich — wahrhaftig noch meine Haube.

Hermann. Ist niedlich das Häubchen; wo hast du

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Lene. Den muß jedermann achten und ehren; der tut allen nur gutes und bringt niemand nich in's Unglück. Hermann. Ju's Unglück heißt denn das, den Menschen in's Unglück bringen, wenn man ihm gut ist? Lene. Ja, ja, das kennt man schon. Hermann. Was?

Lene. Wenn die reichen Herren einem armen Mädchen „gut“ find.

Hermann. Raupen! Was schadt's dir denn, wenn ich dir zum Beispiel sage, daß ich dir gut bin? Lene. Sie mir?

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Hermann steht auf. Ja.

Lene. Is mir ja eine jroße Ehre.

Hermann. Sag' mal, Lene, möchtest du einmal nach Berlin?

Lene. Was soll ich denn da?

Hermann. Dich ein bischen amüsiren.

Lene. Da würde ich mich ja doch nur verlaufen.
Hermann. Wenn dich jemand 'rumführt?
Lene. Wer sollte denn das wohl sein?
Hermann. Zum Beispiel, ich.
Lene. Ach so

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Hermann. Es sollte dir schon gefallen, das sag' ich dir.

Lene. Möchten Sie denn jezt nich schlafen geh'n? Hermann geht an die Haustür. Davon reden wir noch. Er greift in die Tasche. Vorläufig bezahl' ich meine Schulden Lene. Was wird denn das?

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Hermann. Du hast heute Portier gespielt der Portier bekommt etwas für's Aufschließen

Er streckt ihr ein Zehnmark-Stück hin.

Lene. Aber junger Herr

Hermann. So nimm doch.

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da nimm.

Lene. Seh'n Sie sich doch einmal an, was Sie mir

da geben.

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Hermann drückt ihr die Hand über dem Gelde zusammen. wirklich tausendmal. Mach' die Tür zu, sonst erkältet es sich.

Lene. Und ich will's nicht haben das geben Sie mir doch nich umsonst.

Hermann. Wer spricht denn von umsonst? Ich will etwas haben von dir, das ist gewiß.

Lene. Was denn?

Hermann. Ein Band für meinen Hausschlüffel, daß ich ihn in's Knopfloch hängen kann. Da sollst du draufsticken: „Für artige junge Männer".

Lene lacht.

Hermann. Und nun gut' Nacht, Haubenlerche. Geht ab in's Haus.

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Lene steht einen Augenblick in stummem Nachdenken, dann wirft hie das Geldstück auf die Erde. Und ich nehm's nich! Hermann steckt noch einmal den Kopf durch die Tür. Wenn du's wegschmeißen willst — das kannst du haben aber wiedernehmen, was ich geschenkt habe is nich. Geht ab. Lene wendet das Geldstück mit der Fußspite hin und her. Es is doch fündhaft - was man sich da alles für kaufen fönnte. Sie rafft sich entschlossen auf. Ne ne lieg' du man da. Sie geht an die Gittertür, holt das Waffergefäß, Besen und Bürste, kommt damit zurück, bleibt wieder vor dem Gelde stehen. Aber hier mitten vor's Haus — wo es jeder gleich sieht? Sie schaufelt mit dem Fuße Sand darüber. heraus

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Immer fuckt's wieder ich will's lieber wo anders hintragen nimmt das Geldstück auf, in diesem Augenblick wird der Fensterladen an cinem der Fenster des Hauses von innen aufgestoßen. Lene fährt erschreckt auf. Ach Jott Sie steckt hastig das Geld ein.

Fräulein!

3. Auftritt.

mu kommt das

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Juliane. Bei mir hast du dich nicht zu bedanken; nur bei dem Herrn.

Lene. Ja, das versteht sich. Will ab. Juliane. Eag' mal, Lenchen, mir war doch, als hörte ich dich mit jemandem sprechen? Wer war's denn? Lene. Ach Jott, Fräulein, es wär ja unser junger Herr. Juliane. Hermann? Der war ja gestern Nachmittag nach Berlin gefahren? Ist er so früh schon wieder aufgestanden?

Lene. Das nu jrade nich eben erst retur gekommen.

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er ste kichert er is ja

Juliane. So -? Es gab ja viel zu lachen was hattet ihr euch denn zu erzählen? Lene. Na ich habe nich jrade viel gesprochen; es war mehr von seiner Seite.

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Juliane. Was hat er dir denn gesagt?

Lene. Ach Jott, Fräulein, es is ja so ein spaßiger Mann, und es is immer so komisch, was er sagt, daß man aus dem Lachen jar nich 'rauskommt. Ich weiß jar nicht mehr, was es alles war; nur eins habe ich behalten.

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kommt der Herr. Lene wendet sich rasch. Ach denn will ich man machen!

August. Guten Tag, Helene. Streckt ihr die Hand hin. Lene legt, ichüchtern knirend, ihre Hand kurz in die seine. Guten Tag, gnädiger Herr.

August. Sie wissen ja, liebes Kind, ich mag nicht, daß Sie mich so nennen.

Lene. Ja, ich bitte um Entschuldigung

Aujust.

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Herr

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5. Auftritt. August. Juliane erscheint in der Haustür und bleibt dort, August betrachtend stehen, der sich im Gartenstuhl niedergelassen hat und gedanken, voll vor sich hinblickt.

Juliane. Frühstücken Sie im Hause? August ausblickend. Guten Morgen, Juliane. Er steht auf, geht auf sie zu; sie steigt die Stufen herab, sie reichen sich die Hand. Juliane. Ob ich Ihnen den Hut bringe? Es wird heiß. August. Immer für mein Wohl besorgt; nein danke. Das bischen Morgenluft tut einem gut, wenn man nachher an die Arbeit muß. Sehen Sie sich ein wenig zu mir. Juliane sezt sich neben ihn. Die viele Arbeit. August. Ich habe mich seit langem nicht so wohl gefühlt.

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August. Ich dächte, ich hätte der Welt gegenüber meine Stellung energisch genug gewahrt?

Juliane. Sie meinen - damals

August. Damals, als ich den Beamten an den Nagel hing und hier die Papierfabrik übernahm. Wissen Sie, warum ich es tat? Weil ich's mit ansah, wie mein Vater, nach dreißig Jahren treu erfüllter Pflicht, den Abschied nehmen mußte, weil seine Gesinnung mit den Ansichten höheren Ortes nicht mehr harmonieren wollte.

Juliane. Müffen Sie mich daran erinnern? Die Tochter des armen, verabschiedeten Majors?

August. Darum gelobte ich meinem sterbenden Vater in die Hand, daß es seinen Söhnen nicht so gehen sollte er springt auf, reckt die Arme und hier stehe ich num auf eigenen Füßen und bin frei!

Juliane blickt ihn starr an, dann sagt sie tonlos. Ja.
August. Was sagten Sie?

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August. Als ob Sie mir das nicht täglich und stündlich durch die Sorgfalt bezahlten, mit der Sie mir Juliane. Erklärlich; wenn man am frühen Tage die Wirtschaft führen. Aber es ist recht so; wer frei sein zwei Menschen glücklich macht

August. Ich bitte Sie - was ist denn daran? Sagen Sie doch mal, habe ich denn eigentlich so etwas Steifes, Geheimrätliches an mir?

. Juliane. Weshalb?

August. Weil das Mädchen sich gar nicht abgewöhnen kann, mich gnädiger Herr zu nennen. Es wäre ja möglich, daß ich's von meinem Vater geerbt hätte, dem Wirklichen Geheimen Ober-Regierungs-Rat; oder weil ich selbst schon in früheren Jahren solch ein angehender Geheimrat gewesen bin.

Juliane. Ich habe nichts davon bemerkt.

August. Es steckt immer noch ein Rest von knechtischer Gesinnung in diesen Leuten; sie empfinden es als eine Gnade, wenn man sie als Menschen behandelt.

Juliane. Wäre es Ihnen lieber gewesen, wenn sich die Kleine nicht bedankt hätte?

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will, muß keine Geschenke nehmen, kein Gehalt und keine Pension. Dieses sich selbst bezahlt machen an jedem Tage, dieses sorgen für das Leben anderer, weil man dadurch am eigenen Leben baut, wie das anders, freier, besser ist, als der kalte sichere Egoismus, in dem ich an der Krippe des Staats gelebt habe! Sehen Sie die Häuser meiner Arbeiter da drüben, wie sie in der Sonne funkeln sehen Sie die Gärtchen vor jedem der Häuser ich ihnen gebaut, die habe ich ihnen gepflanzt. hören Sie das? Hören Sie's nicht?

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die habe Und

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August. Ja, lachen Sie uur; wenn Sie wüßten, was das heißt, bis man's dahin bringt, daß jeder der Leute sich sein Schwein fett machen kann.

Juliane. Dann lache ich nicht mehr.
August. Manche haben sogar schon zwei

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August wendet rasch den Kopf nach dem Hause. Da kommt

Juliane. Es giebt Menschen, die man an sich selbst sie wieder! erinnern muß, sonst vergessen sie, was sie zu fordern haben.

Noch einmal die Haubenlerche.

In eigener Sache.

Von Ernst von Wildenbruch.

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den Moment geführt werden, der ihr die Augen über den Verführer öffnet und ihr die Kraft verleiht zu freiwilligem Geständnis ihrer Schuld.

Daß dieser letzte Aft ohne Rücksichtnahme auf ein etwaiges augenblickliches Erschrecken des Publikums ge

Dem Dichter, welcher aus dem bisherigen Schaffens- | schrieben ist, erkenne ich an; aber ich habe ihm diese Gekreise heraustretend, dem Publikum einen neuen Stoff ftalt gegeben, weil ich mir bewußt war, daß er nichts und eine ungewohnte Behandlung des Stoffes entgegen- enthält, als die notwendige Folge der voraufgehenden bringt, sei es gestattet, den Mißverständnissen, die sich Entwickelung, weil ich mir bewußt war, daß der fiegaus solchem Anlasse nur allzuleicht ergeben mit einem reiche Durchbruch des reinen Gefühls am Schluffe des Worte in eigener Sache entgegenzutreten. Stücks die Schatten zerstreuen würde, die sich während des Aktes gesammelt hatten, und schließlich, weil ich der Ansicht bin, daß die deutsche Dramatik, um zu neuem lebendigen Blute zu gelangen, der Unerbittlichkeit allerdings notwendig bedarf.

Es wird an meinem Stücke getadelt, daß Lene Schmalenbach auf den Plan des Verführers eingeht, mit ihm aus dem Hause des Bräutigams zu entfliehen; es wird auf die gesunde Natur des Mädchens hingewiesen, welche solchen Schritt unmöglich mache und daraus der Vorwurf mangelhafter psychologischer Entwickelung hergeleitet.

Daß das Publikum, wenn schon für einen Augenblick schwankend, mit dem Dichter mitgegangen ist, wird zugestanden, und ich glaube aussprechen zu dürfen, daß das Publikum durch sein Verhalten ein instinktiv richtiges Verständnis für den Grundgedanken des Werks befundet hat.

Denn es handelt sich ja in der Tat nicht darum allein, daß Lene Schmalenbach einen ungeliebten Mann Heiraten, sondern darum, daß sie in ein social unnatürliches Verhältnis gezwungen werden soll. Das gesunde, mit dem Wirklichkeitsfinne des Volkes begabte Kind aus dem Volke empfindet diese Unnatürlichkeit, empfindet sie viel stärker als der Bräutigam, dessen hochgespannter Natur der Wirklichkeitssinn abgeht; und weil sie aus diesem Verhältnisse keinen Ausweg sieht, wird ihre bis dahin so sichere, in sich selbst beruhende Natur verstört.

Der, welcher diesen Zustand des armen Geschöpfes mit voller Deutlichkeit erkennt und ihn mit allen Vorteilen ausnüßt, die ihm sein kaltes Gemüt und seine Bildung und geistige Ueberlegenheit verleihen, ist Hermann, der jüngere Bruder.

Das Mädchen, dem er sich in diesem Augenblick unter der Maske des Freundes und Wohltäters naht, ist nicht mehr die fröhliche Lene vom Anfange des Stücks; und wenn sie, von Seelenangst getrieben, von unverstandener Umgebung betäubt, diesen Mann um Rettung anfleht und einen Schritt begeht, der dem ruhigen Beschauer thöricht erscheint, so frage ich, ob es gerecht ist, zu sagen, daß dies ein Schritt sei, zu dem die Bedingungen in der Seele des Mädchens nicht gegeben sind, ob es gerecht ist, dies einen psychologischen Fehler der Dichtung zu nennen.

Giebt man mir die Richtigkeit dieses Saßes zu, so brauche ich mich, zur Erklärung des lezten Aktes nur auf das alte triviale Wort zu berufen, daß, wer dem Teufel den kleinen Finger bietet, ihm mit der ganzen Hand verfällt. Um das Mädchen aus Irrtum und seelischer Verstrickung in ihre ursprüngliche gesunde Natur zurück zu bringen, mußte sie bis zu dem leßten entscheiden

Die Poesie der Großstadt. Von Wilhelm Bölsche.

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Die moderne Großstadt ist baar aller Poesie, wie oft das schon ausgesprochen worden ist! Man durchblättere die nachgelassenen Briefwechsel von Dichtern, die gezwungen waren, ihren Lebensabend im emporwachsenden Berlin, dem Berlin, das Großstadt vor ihren Augen wurde, zuzubringen. Klagen, nichts als Klagen! Das Ende aller Poesie ist dieses grauenvolle Häüsermeer. Wer nicht die Mittel hat, wenigstens ein Drittel des Jahres fern von dieser kalten Welt in irgend einem Waldwinkel oder Seebade sich aufzuhalten, dem versiegt alsbald der heilige Quell, sein Herz wird leer und roh wie diese Steinkolosse, diese ungeheueren, schwirrenden Geschäftsräder, er geht unter an Leib und Seele.

Ich bin aus der Provinz nach Berlin gekommen, und was ich so oft gelesen hatte, habe ich geglaubt. Ich habe mir unter ein paar Jahren berliner Leben etwas vorgestellt wie eine bittere Kur, die man der Not gehorchend, schon einmal als moderner Mensch auf sich nehmen müsse zur Stählung des Geistes; die Poesie, so dachte ich, müsse fein säuberlich im untersten Gefache meines Koffers eingepackt liegen und liegen bleiben, bis diese schlimme Zeit der zwangsweisen Nordpolfahrt überstanden sei, später, bei Waldgrün und Vachesrauschen sollte sie schon wieder eine fröhliche Auferstehung feiern. Jahre sind vergangen und ich habe Berlin lieb gewonnen, nicht, wie so mancher, weil ich hier in hervorragendem Maße mein materielles Glück gemacht hätte, sondern als Poet. Wenn ich jezt die Stadt durchwandere, vom Zentrum mit seinem wilden Strudel bis hinaus zur stillen Vorstadt. wo Welt und Welt Dorf und Großstadt, Häusermeer und wogende Saatfläche sich berühren, so habe ich in mir nur cin Gefühl, das Gefühl der Ohnmacht gegenüber dieser Fülle des poetischen Stimmungsgehaltes, dieser Ueberfülle, die fast erdrückt, die in ihrer Größe nur einem gleicht, nämlich der Riesenstadt selbst. Ich habe mich sagen müssen: woher kommt dieser Gegensatz, wo liegt der Grund für jenes schiefe, voreilige Urteil, das so oft aus so ge= wichtigem Munde erklingt?

Mancherlei Ursachen treten hier zu gemeinsamer Wirkung zusammen.

Zunächst wird in einer ganz unberechtigten Weise die

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