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Und in dem Taufstein baden sich die Spaßen,
Daß es wie Perlen in der Dämm'rung sprüht.
Nun seh' ich ein verlassenes Gemach,
So fremd, so unbeschreiblich fremd.

Da stehen Menschen mit verweinten Augen,
Die ich nicht kenne.

Da liegt ein Leichnam auf zerwühltem Lager,
Der ist mir fremd.

Doch von dem Bücherbrett mit gold'nem Titel
Bligt mir ein Buch: Lord Byrons Manfred"!
Das kenne ich).

Nun fällt es mir wie Schuppen von den Augen:
Das ganze Leben ist ein kurzer Traum
Und alles Sein der Welt ist Maskerade!
Der Geist ward Fleisch, und im gemeinen Stoff
Verlor er sich, um Erdenweh zu kosten,
Und Erdenlust und Kreuzesnot und Angst.
(Denn auch das Leid ist Leben!)

Um sich zu finden, ward er wieder Geist.
Und Ich bin Jch: das ist die tiefste Weisheit.
Und Ich bin Jch: das ist die höchste Wahrheit.
Und Ich bin Ich: das ist der ew'ge Geist.
Ach, weinet nicht, ihr lieben fremden Leute,
Ich bin von dem Martyrium erlöst,
Ich bin vom Kreuze still herabgestiegen,
Und der Calvarienberg liegt hinter mir.
Ich wand're selig durch die weite Welt,
Ein Gottesfunke, streifend um das Licht,
Und freiheitstrunken stammle ich ins All:
Ich bin ein freier Geist!

x

Lottchen.

Von

Günther Walling.

Es kommt des Nachbars Kleine

Oft zu mir zum Besuch,

So zierlich ist wohl keine,

Die je ein Schürzchen trug.

Wenn über meine Schwelle
Sie leise tritt, vergißt
Der alte Junggeselle,
Wie einsam sonst er ist.

Wie Gold ist ihre Flechte,
Sie selbst so rund und klein,
Und naht sie, ist's, als brächte
Sie mit sich Sonnenschein.

Sie weiß gar manche Sachen, Da alles sie behält,

Und lachen kann sie, lachen
Wie niemand auf der Welt.

Den Großen zuzuhören
Wird oft, bei Gott, mir schwer,
Der Kleinen könnt' ich wehren
Ihr Plaudern nimmermehr.

Erzählt sie dir Geschichten,
Merk auf und sei sein still;
Man muß sich nach ihr richten,
Sie weiß schon, was sie will.

Und geht sie aus dem Zimmer Nicht eilt ihr kleiner Fuß Und winkt, so ist mir's immer Wie eines Engels Gruß.

Ist fort sie, bleibt nicht lange Im Haus der Sonnenschein, Mir raunt's im Herzen bange: Allein bist du allein!

Helle Nacht.

Ben

Johannes Schlaf.

Ich lieg und liege und kann keinen Schlaf finden und mag keinen finden.

Weit steht vor mir das Fenster offen und die klave Nacht duftet herein.

Das ganze Zimmer: so hell, so hell! Ein übernatürlich helles Zwielicht. Es hält mir die Lider weit auseinander.

Ich liege ganz still. von meinem Körper.

Kaum hab ich ein Gefühl

Mir ist, als säh ich alles tief, tief in mich hinein; als säh ich in alles, alles tief hinein.

Wie hingenommen bin ich in eine Offenbarung und wüßte doch nichts zu sagen, nichts zu nennen. Aber es quält mich nicht. Meir ist, als ob ich alles wüßte.

Ich bin doch noch immer der alte Träumer. Wie ein Nachtwandler, zwischen Schlaf und Wachen, den es zu den Höhen zieht, zu den Gestirnen. Mir ist, als verliefe mein Empfinden mit tausend Fäden in unerkenn= baren Zusammenhängen.

Die Welt so vor sich hinzuträumen!

Wie eigen mir nur ist!

Der viele, viele Sonnenschein den ganzen Tag über; das Tollen, Lachen und Jauchzen; die weiten hellen Wiesen und kühlen Schatten; die weißen Wölkchen am blauen Himmel hingeflockt; am Abend der Mond hoch oben am weiten Himmel, der seine weißen Lichter auf die stillen Wege legte; der endlose Abschied am Gartentor, bis sie dann aus meinen Armen war und weiß in den dunklen Hausflur hinein; und dann der Heimweg: ihre Wärme noch an meiner Brust, an meinem Hals, an meinem Gesicht, all die selbstver= gessene Lust: ich muß es wohl noch im Blute haben.

Das muß es wohl sein. . .

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Das schlummernde Dorf da draußen. So ärmlich niedrig, gemein alles, wenn es der Tag ins Helle bringt. Die staubigen Wege, die rissigen, wetterverwaschenen Lehmmauern der Katen und Ställe; die Menschen, häßlich, schmußig in ihrem Alltagskleid, niedergedrückt von der Last ihrer Arbeit; die hundert Laute des Lebens, so aufdringlich wirr, verwirrend alles in seiner dürftigen Enge: und nun weitet sich's in großen, ruhigen Linien so wunderlich in die atmende Nacht hinein

Wie es rauscht durch die lichte Stille und rauscht und rauscht!

Als hörte man die goldenen Welten da oben auf ihren einsamen Bahnen durch die eisige Unendlichkeit des Raumes mit der Pracht und dem Grauen ungeahnter Tage und Nächte, mit den unerhörten Wundern all ihres Lebens, mit der grausigen Öde ihres Todes. Und hier unter mir, die Erde mit all ihren geschauten und doch ebenso unergründlichen Wundern.

Und dort unter den niedrigen, mondhellen Dächern spinnt sich das Leben weiter. Da ringt es, Raum gebend, mit Todesschauern; da müht es sich mit seinen großen und kleinen Sorgen; da schlummern sie, die sich

gerecht und ungerecht, gut und böse, gemein und edel, arm und reich, schön und häßlich nennen und alle doch unter dem Zwang ewiger Geseze stehen; da schlummern sie und die Schönheit des gleichen Friedens ruht auf ihren Gesichtern. Da wächst es aus heimlichen Umarmungen auf zu unbekannten Schicksalen .

*

Und ich träume weiter, hin über das mondlichte Feld. Die weiten Ährenwogen nicken, und knistern unter der Last ihrer Reise und verschwimmen in den Lichtplast hinein. Aus der braunen Erde falten sich die Pflanzen und Kräuter mit stiller, woliger Kraft hinauf, hinauf in das Licht, in die Luft. Nächtliches Getier geht auf seinen verborgenen Pfaden in Furchen und Feldern, über Wiesen, durch wispernde Sträucher, über dämmernde Wege oder ruht im Frieden schwarzer Schlufte. Und die einsamen Hügel: nur der lichte Himmel weit drüber hin und der Nachtwind frisch über die Gräserchen und Blümchen, und das unaufhörliche Rauschen der Mühlen unten vom Tal herauf. Die Wiesen mit wallenden, weißen Nebeln drüber und flinferndem Tau. Die glizernden Wässerchen rieseln hindurch zu den Bächen, zu den Flüssen, den Strömen, weiter, weiter in ferue, endlose, monddämmernde Meere. Durch die Nacht der Wälder das Brausen unzähliger Wipfel und tausend heimliche Laute. Oben auf den und ragenden Kronen der weiße Glanz, zwischen Ästen Zweigen, am bebenden Laub, an den alten Stämmen Hinspielend nieder auf Gräser und taufunkelnde Blumen.

Hin, hin über Länder und Meere, Gefilde, Weiler, Flecken und Städte, Ströme, Seen und Berge, bis zu all den Tiefen und Höhen, die viel zu gewaltig sind für unser armes Gehirn, vor denen selbst unsere Träume zurückschrecken

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Flaches Land im Monddunst. Soweit man blicken kann, am Horizont hin mächtige Häusermassen in bläulichem Dämmer, wie ein Gebirge breit in den Himmel hinein. Häuser, Häuser und Häuser. Und es wächst ängstigend weit, in das Land hinein. und wächst und dehnt sich weiter, und immer weiter,

Oben drüberhin ein roter Lichtdunst, der sich im breiten Halbkreis schmußig und trüb in die sternfunkelnde Klarheit dehnt.

Hier giebt es keine Nacht. Nimmermüde rauscht hier das Leben durch die breiten, hellen Straßen. Millionen und Abermillionen rastloser Kräfte: hier kreuzen sie sich, verzweigen sie sich in tausend und abertausend Verfeinerungen.

Das Elend der Vorstädte. Lange, endlos lange Straßen mit schnurgraden, öden Fassaden, wie Mauern, glatt und grau. Unzählige Fensterlöcher, viele sind die ganze Nacht hindurch rot. Wieviel Jammer, Verzweif= lung, Elend, Müdigkeit, Erniedrigung dahinter! Wieviel Zukunft! Rächende Zukunft, großgezogen in Träumen und Hoffnungen, bis der Tag kommen wird, an dem aus unsäglichen Gräueln eine neue Welt sich erhebt. Eine neue Welt!

Immer sicherer gestaltet sie sich heraus aus unseren Wünschen, aus unseren Visionen, aus unseren unabweislichen Bedürfnissen.

Und wir? Wir sind die Verkündiger und Hindeuter. Das ist unser unausweichbares Schicksal! Berkündiger und Hindeuter, wenn wir den Todeskampf absterbender Generationen, deren Schuld ihre Schwäche ist, ihre Müdigkeit, ihre tausend Raffinements in uns erleben; Verkündiger und Hindeuter, wenn es in uns lebendig wird von Ahnungen der Zukunft

Müde, leidend, hoffend, ahnend und besißend arbeiten wir alle an der Zukunft und - sind Zukunft

Sterben und Werden! Das ist alles. Mehr ergründet kein Verstand. Doch unser Empfinden durchbebt es mit wunderbaren Schauern wie vor unergründlichen Nächten

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Ich lieg und liege und mag keinen finden. geht vorbei, vorbei.

*

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und kann keinen Schlaf finden Eine Stunde nach der andern

Ein frischer Luftzug rührt das Laub draußen und bebt in den Gardinen. Allmälig, leise wechselt das Licht und jezt liegt es wie ein leichtes Frühdämmern drüben über den Bäumen, auf dem Tisch, an den Wänden hin. Die Hähne krähen. Die Sterne verbleichen am flaren Himmel und unten im Garten zwitschern die Staare ins Morgengrauen.

Ich hör alles wie in einem schwindenden Traum. Und nun deutlicher, bestimmter, wie es rings um mich her erwacht in den hellen, aufsteigenden Lag hinein. Und die frohe, kräftige Sicherheit des Tages kommt über mich.

Eine süße Müdigkeit drückt mir die Augenlider. Noch ein paar Stunden Schlaf. Dann wird mir mein Frühstück schmecken, und dann werd ich mich draußen der hellen Sonne freuen, offen den Freuden und Leiden des Tages, geschickt beide zu ertragen, und Stunden werden kommen, da sie mir beide gering sind. Was weiter? . .

Wie ein Mushik zwei Generäle ernährte.

Von

M. 3. Sfaltykom-Schtschedrin. Deutsch von W. Henckel.

Um diese Erzählung des berühmten russischen Satirikers für den deutschen Leser verständlich zu machen, bedarf es

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einiger einleitenden Worte. Ssaltykom wollte den Beweis liefern, daß das arme, verachtete russische Volk, der gemeine Mann, der Mushik die eigentliche Kraft, Stüße und Grundlage des Staates sei. Wahrhaft produktiv ist nur die Arbeit des Volks und auf ihr beruht die Ernährung und die Wolfahrt der sogenanten höheren Klassen, namentlich aber der Beamtenwelt. Die Anmaßung und Überhebung der Büreaukraten, welche die große Menge verachten, sie gleichsam nur als Last- und Arbeitsvich, als Steuerzahler betrachten, findet in dieser Erzählung eine drastische Schilderung und Verurteilung. Als Kontrast zeigt uns der Satiriker die Unterwürfigkeit, Genügsamkeit und Gutmütigkeit des russischen Arbeiters. Schtschedrin will ferner beweisen, daß die superfluge Regierung mit ihrer Büreauweisheit weit reform= bedürftiger sei als die große Volksmenge, und daß diese nicht nur für sich selbst zu sorgen versteht, sondern daß sie auch die ganze Last des Staates auf ihren Schultern trägt. Die Übersetzung ist leider nicht imstande, die feineren Nuancen des Stils und die subtile Ironie des Originals vollständig wiederzugeben.

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Es waren einmal zwei Generäle*), und da sie beide leichtsinnig waren, so befanden sie sich plöglich wie durch den Zauberstab einer Märchenfee dorthin versekt auf einer unbewohnten Insel.

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Sie hatten ihr ganzes Leben in einer Registratur zugebracht, waren daselbst geboren, erzogen und alt geworden und besaßen daher für andere Dinge nicht das geringste Verständnis. Auch kannten sie keine anderen Worte, als „ge= nehmigen Sie die Versicherung meiner vorzüglichen Hochachtung und Ergebenheit."

Als nun die Registratur aufgehoben wurde und man die Generäle nicht mehr brauchte, da gab man ihnen die Freiheit; und da sie nun a. D. waren, so siedelten sie sich in der Straße Podjátscheskaja in St. Petersburg an; jeder von ihnen hatte seine eigene Wohnung und seine Köchin und jeder bezog eine Pension. Als sie nun plöglich auf einer unbewohnten Insel waren, fahen sie sich beim Erwachen unter einer Decke liegen. Anfangs begriffen sie natürlich gar nicht, was mit ihnen geschehen war, und sie sprachen daher mit einander ganz so, als ob gar nichts pafsirt wäre.

Was für einen sonderbaren Traum ich heute hatte, Exzellenz, sagte der eine General, - mir war, als ob ich auf einer unbewohnten Insel sei..."

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Sie befühlten einander, um sich zu versichern, daß fie nicht mehr träumten, daß es Wirklichkeit sei, was mit ihnen vorgegangen war. Dbgleich sie sich nun gegenseitig zu überzeugen suchten, daß alles nur ein Traum sei, mußten fie die traurige Tatsache schließlich doch anerkennen.

Vor ihnen lag das Meer und hinter ihnen ein Fleckchen Erde, das ebenfalls vom grenzenlosen Meer ungeben war. Sie fingen an zu weinen, - zum ersten Mal, seit man ihre Registratur geschlossen hatte.

Als sie sich nun gegenseitig betrachteten, sahen sie, daß sie mit Nachthemden bekleidet waren und daß jedem von ihnen ein Orden um den Hals hing.

„Eigentlich müßte man jeßt Kaffee trinken," meinte der eine General; als er sich aber befann, was ihm für ein unerhörtes Ereignis passirt war, mußte er abermals weinen.

„Was werden wir jet anfangen!" sprach er unter Tränen; angenommen, wir sehen einen Bericht auf, was würde das helfen?"

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Wissen Sie was, Exzellenz," erwiderte der andere General, gehen Sie nach Osten und ich gehe nach Westen; gegen Abend kommen wir hier wieder zusammen, vielleicht finden wir etwas." Nun wollten sie ergründen, wo Osten und wo Westen sei; sie erinnerten sich, daß ihr Chef einst-❘ mals gesagt hatte: Willst Du wissen, wo Osten liegt, so richte Dein Antlitz nach Norden und Du findest das Gesuchte zur Rechten. Als sie aber den Norden ausfindig machen wollten, drehten sie sich rechts und links und blickten nach allen Seiten, da sie jedoch ihr ganzes Leben in der Registratur zugebracht hatten, so waren alle ihre Bemühungen vergebens.

Ich meine, Exzellenz, Sie gehen rechts und ich gehe links!" sagte der eine General, welcher nicht nur in der Registratur, sondern auch in der Militär-Kantonistenschule als Kalligraphielehrer gedient hatte und daher etwas flüger war.

Wie gesagt, so getan. Der eine General ging rechts; da erblickte er Bäume, auf denen allerhand Früchte hingen. Gern hätte er einen Apfel gepflückt, aber sie hingen alle so hoch, daß man hinaufklettern mußte. Er versuchte es, aber es war vergebens; er zerriß sich nur das Hemd. Dann kam er an einen Bach, da erblickte er eine Menge Fische, es wimmelte nur so.

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Daß die menschliche Nahrung in ihrer ursprünglichen Gestalt fliegt, schwimmt und auf Bäumen wächst wer hätte das wohl gedacht, Exzellenz!" sagte der eine General. "Freilich," erwiderte der andere General, auch ich muß gestehen, daß ich mir eingebildet hatte, die Semmeln, welche man uns des Morgens zum Kaffee reicht, kämen fiy und fertig zur Welt."

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,,Daraus folgt also, daß, wenn man z. B. ein Rebhuhn verspeisen will, man es erst fangen, töten, rupfen und braten muß. Aber wie soll man das anfangen?"

"Ja, wie soll man das anfangen?" wiederholte der andere General.

Sie schwiegen und versuchten abermals einzuschlafen. Aber der Hunger verscheuchte ihren Schlaf. Es wimmelte vor ihren Augen von Rebhühnern, Indians, Ferkeln, und alle waren so saftig, so zart gebräunt und mit Gurken, Kapern und Pickles garnirt.

"Ich glaube, daß ich jezt meine eigenen Stiefel aufessen könnte," sagte der eine General.

Handschuhe sind auch nicht übel, besonders wenn sie recht mürbe getragen sind!" seufzte der andere General.

Nun blickten die beiden Generäle sich starr an; in ihren Augen erglänzte ein unheilverkündendes Feuer, ihre Zähne klapperten und ein dumpfes Stöhnen entrang sich ihrer Brust. Langsam krochen sie aufeinander zu und gerieten plößlich in fürchterliche Wut. Ein Geschrei und ein Geächze erscholl, die Feßen flogen umher und der General, welcher Kalligraphielehrer gewesen war, biß seinem Kollegen den Orden ab und verschlang ihn. Der Anblick des Blutes brachte sie jedoch wieder zur Besinnung.

"

„Gott steh' uns bei!" riefen beide zu gleicher Zeit, wir werden uns doch hoffentlich nicht auffressen wollen! Wie mögen wir nur hierher geraten sein! Welcher Bösewicht hat sich solchen Spaß mit uns erlaubt?"

„Wir müssen uns durchaus unterhalten, um uns die Zeit zu vertreiben, sonst giebt's Mord und Todschlag!" sagte der eine General.

"Fangen Sie an," erwiderte der andere.

„Können Sie mir vielleicht erklären, wie es kommt, daß die Sonne zuerst auf- und dann untergeht? Weshalb ge= schieht es nicht umgekehrt?”

Sind Sie aber ein sonderbarer Mensch, Exzellenz;

Dann kam er in einen Wald und fah hier Haselhühner, auch Sie stehen ja zuerst auf, dann gehen Sie in Ihr Birkhühner und Hasen.

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Büreau, arbeiten dort und des Abends legen Sie sich schlafen.“

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Die Generäle mochten sprechen, was sie wollten, die Unterhaltung kehrte stets wieder aufs Kapitel des Essens zurück, und dadurch wurde ihr Appetit nur noch mehr gereizt. Sie beschlossen nun, alle Gespräche zu unterlassen, und da sich beide der gefundenen Moskauer Zeitung erinnerten, so fingen fie an, eifrig darin zu lesen.

„Bei dem hochverehrten Chef unserer altehrwürdigen Residenz fand gestern ein Festmal statt. Die Tafel war für 100 Personen hergerichtet und der dabei entfaltete Lurus übertraf alle Erwartungen. Die entferntesten Provinzen waren an diesem Zauberfeste durch ihre kostbarsten Gaben beteiligt, der goldne Sterlet von der Schefsna und der Silberfasan aus den kaukasischen Wäldern hatten sich hier mit der in unsern Breitengraden im Winter so seltenen Erdbeere ein Rendez-vous gegeben. . . .“

„Pfui Teufel! . . . Um Gottes Willen, hören Sie auf, Exzellenz! Haben Sie denn gar kein anderes Thema finden können?" rief der andere General in heller Verzweiflung. Er nahm seinem Kollegen die Zeitung aus der Hand und las Folgendes:

"

Man schreibt uns aus Tula, daß gestern in der Upà ein Stör gefangen wurde (ein Ereignis, dessen sich die ältesten Leute nicht erinnern können, und das um so merkwürdiger ist, da man in diesem Stör den Distriktspolizeimeister erkannte). Diese Gelegenheit wurde nun benußt, um im hiesigen Klub ein Festmal zu veranstalten. Der Urheber desselben wurde auf einer großen, hölzernen Schüffel servirt, er war von Essiggurken umgeben und in seinem Maul stak ein Büschel Petersilie. Doktor P., welcher den Vorsitz führte, sorgte dafür, daß jeder von den Anwesenden sein Stück befam. Die Saucen waren außerordentlich mannigfaltig und delikat. . . ."

„Erlauben Sie, Exzellenz, mir scheint, daß auch Sie nicht sehr vorsichtig in der Wahl Ihres Lesestoffs sind," unterbrach ihn der erste General, bemächtigte sich der Zeitung und las weiter:

„Aus Wjatka wird gemeldet, daß einer der ältesten Ein- | wohner daselbst eine neue und originelle Zubereitung der Fischsuppe erfunden habe. Man nimmt nämlich eine lebendige Trüsche (Lota vulgaris) und schlägt sie mit einer Rute so lange, bis ihr vor Ärger die Leber anschwillt. . . .“

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„Nun, einen gewöhnlichen Mushik! Einen solchen, wie fie alle sind. Er würde uns sofort Semmeln verschaffen und könnte uns auch Rebhühner und Fische fangen!"

„Hm, einen Mushik ... Wo ihn aber hernehmen, diesen Mushit, wenn doch keiner da ist!"

„Wie sollte keiner da sein; Mushiks gibt's überall, man muß sie nur suchen. Gewiß hat er, um nicht arbeiten zu müssen, sich irgendwo versteckt!"

Dieser Gedanke ermutigte die Generäle so sehr, daß sie sofort aufsprangen, um einen Mushik ausfindig zu machen.

Lange irrten sie erfolglos auf der Insel umher, endlich zog ein intensiver Geruch von Schwarzbrot und altem Schafpelz in ihre Nasen und leitete sie auf die richtige Fährte. Unter einem Baume lag, die Faust unter den Kopf gesteckt, ein kolossaler Mushik und schlief. Es war augenscheinlich, daß er sich seiner Pflicht, zu arbeiten, frecherweise entzog. Die Entrüstung der Generäle kannte keine Grenzen.

„Was, du schläfst hier, Faulpelz!" stürmten sie auf ihn ein, „cs kümmert dich wohl gar nicht, daß zwei Generäle hier sind, die vor Hunger fast umkommen? Marsch, vorwärts, arbeite!"

Der Mushik stand auf und erblickte die gestrengen Herren Generäle vor sich. Sein erster Gedanke war Reißaus zu nehmen; aber die Generäle hielten ihn fest.

Er mußte sich in sein Schicksal fügen, mußte arbeiten. Zunächst kletterte er auf einen Baum und pflückte den Generälen ein paar Dußend der schönsten Äpfel; für sich behielt er nur einen sauern. Dann wühlte er die Erde auf und holte Kartoffeln hervor; mit zwei Stückchen Holz, die er an einander rieb, machte er Feuer. Alsdann verfertigte er aus seinem eigenen Haar eine Schlinge und fing damit ein Rebhuhn. Schließlich entfachte er ein lustiges Feuer und briet daran so viele verschiedene Speisen, daß den Generälen der Gedanke kam, ob sie diesem Müßiggänger nicht auch etwas davon abgeben sollten.

Als nun die Generäle des Mushiks Bemühungen sahen, da freuten sie sich in ihren Herzen. Daß sie gestern vor Hunger fast gestorben wären, hatten sie schon wieder vergeffen und dachten nur: Wie gut ist es doch, General zu sein, ein General geht nie zu Grunde!

"Sind sie nun zufrieden, meine Herren Generäle?“ fragte der faule Mushik.

„Ja wol, Freundchen, wir erkennen deinen Eifer an!" antworteten die Generäle.

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