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verbittern, indem sie den Familiennamen kompromittiren, nur um Geld herauszupressen; Ehegatten, die um die Macht über den Geldbeutel kämpfen, die Dienstboten oder die Kinder sind tägliche Erscheinungen.

er durch seine Lehre vom Elend des Lebens und von der Freude zu sterben die Veranlassung zu einem Selbstmord gewesen sei.

Aber es ist anzunehmen, daß Rebecka unbewußt vorgegangen ist und sich erst eingeredet hat, daß es ein löbliches Vorhaben sei, denn die noch unaufgeklärte Macht des Selbstbetrugs ist sehr groß, und ich glaube, daß mancher reiner Seelen-Selbstmord ist. Fall des Wahnsinns vom Selbstbetrug herrührt oder ein

Der Fall in Rosmersholm ist ungewöhnlicher, aber äußerst interessant. Rebeca scheint eine unbewußte Kannibalin zu sein, die die Seele der ersten Frau verschlungen hat. Ihr Betragen ist in hohem Grade verdächtig gewesen, als sie sich mit unbewußten Plänen getragen hatte, die häusliche Gewalt an sich zu reißen. Die Frau hegt Argwohn gegen sie, das heißt, sie durchschaut Nachdem der Kampf aus Gewalt gesetzlicher Vertrag Rebecka, und Rebecka verbirgt ihren Plan und rettet sich, geworden war, mußten die Individuen ihre Absichten verindem sie jener weiß machen will, daß sie an Mißbergen; die Verstellung wurde notwendig und entwickelte trauen" leidet. Natürlicherweise wird ihr Mißtrauen sich zum Instinkt oder unbewußten Trieb. Es kann ferner durch ihre vermehrten Beobachtungen und die Unmög- nicht geleugnet werden, daß die Sprache, die natürlicherlichkeit, einen Beweis zu erlangen, gesteigert. Und da weise dem Wunsche, Gedanken austauschen zu können, durch wird die Wahrscheinlichkeit, daß die Frau an Mig- entsprang, sich auch mit Rücksicht darauf entwickelte, die trauen leidet, noch größer. Es ist dann für Rebecka Gedanken verbergen zu können; daher die vielfachen und eine leichte Sache, sie zum Wahnsinn zu trinken. wechselnden Bedeutungen der Worte. Der Klügste, oder Das Wort mißtrauisch" gegen eine andere Person der, welcher seine wirklichen Absichten am besten mastiren gerichtet, ist im höchsten Grade verdächtig, und Gauner fonnte, siegte im Kampf. Ritterlichkeit, ein offenes Wesen geniren sich nicht, es denen ins Gesicht zu werfen, die sie konnte ohne Gefahr nur in einer stark geschmiedeten auf frischer Tat ertappen. Eine Person, die mir fünf- Rüstung gefunden werden, und edle Gefühle nur bei dem, hundert Francs gestohlen hatte, behauptete bis zur letzten der das Recht hatte, Waffen zu tragen. Die Geringen, Minute, ich sei argwöhnisch, und drohte mir mit der die Unterdrückten wurden mehr abgeschlossen, und noch Polizei! heutigen Tages findet man das meiste Mißtrauen und Jago mordet Othello, ohne einen Degen oder einen die größte Lüge bei den niedrigsten Gesellschaftsklaffen. Dolch zu benußen, allein dadurch, daß er Othellos Arg-Ein Bauer ist im allgemeinen ein Meister in der Kunst wohn weckt, der durch Desdemonas freies, kokettes und der Verstellung, deshalb kann man ihn natürlicherweise herausforderndes Wesen vermehrt wird, so daß auch sie dennoch am Narrenseil führen. Anteil an dem Doppelmord trägt, wenn sie sich auch des Verbrechens nicht schuldig macht.

Franz Moor ist der Typus des bewußten Lügners, der das Hirn des Vaters vergiftet, indem er sein Mißtrauen weckt.

Wenn man sich der Entdeckungen der Gesellschaft unserer Zeit erinnert als eines Gewebes unbewußter Betrügereien, braucht man die Menschen nicht als (bewußte) Schurken anzusehen, auch wenn man nicht leugnen kann, daß es bewußte Schurken giebt, besonders in den Erdmann-Chatrian behandeln in einer Novelle ein hochsten Gesellschaftsschichten. Die an der Spize stehen, Thema, das in unserer Zeit des Hypnotismus und der brechen die Gesetze nach Belieben, und die tiefer StehenSuggestion (Eingebung) nicht mehr mystisch erscheint. den umgehen, so gut fie können, die ausgelegten Schlingen In einer kleinen Stadt bemerkt man von Zeit zu Zeit, oder fallen hinein. Wer besißt, braucht nicht zu stehlen, daß an dem Schild eines gewissen Wirtshauses Personen er schüßt sich nur gegen Angriffe, indem er aus Notwehr aufgeknüpft sind. Ein Psycholog stellt vom Fenster des Geseße über das Eigentumsrecht macht. Viele der GeWirtshauses Nachforschungen an und entdeckt in einem sete müßten unverzüglich verändert werden, entweder gegenüberliegenden Hause ein altes Weib, das sich in der zum Vorteil für die, welche von unten herandrängen oder Nacht mit einem Lichte aufstellt und einen Reisenden, um ein ferneres Umgehen zu verhindern. Das Erfindungsder in dem Wirtshaus wohnt, verhert; um diese Absicht vermögen hierbei hat sich in unglaublichem Grade entzu erreichen, verkleidet sie sich in der Gestalt des Un-wickelt, und daß der Trieb zum Lügen unbewußt und glücklichen. Nachdem sie die Aufmerksamkeit ihres Opfers auf sich gelenkt hat, zwingt sie ihn mit Hilfe des Nachahmungstriebes ihre Bewegungen zu wiederholen, bis der Verherte durch das Fenster stürzt und sich an dem Schild aufhängt. Der Psycholog verwandelt sich in eine weibliche Marionette und zwingt die Here durch Suggestion" und Nachahmung, sich aus dem Fenster zu stürzen (oder sich am Fensterkreuz aufzuknüpfen).

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Derartige wachen Suggestionen werden auch unter dem populären Namen „schlechtes Beispiel" ausgeführt, und ich selbst habe gesehen, wie ein junger Majoratsherr mit Hilfe seiner Kameraden ganz wie die letzten Merovinger ermordet wurde.

Wie Rebecka sich bei ihrem Mord betrug, erfährt man in Rosmersholm nicht, aber gerade dieser Verlauf hätte die dramatische Handlung im Drama ausmachen können, die jetzt sich in einer andern Richtung bewegt. Vermutlich hat sie die altbekannte Methode angewant, dem schwächeren Gehirn einzureden, daß es krank sei, bis es eingebildet krank wurde, dann hat sie ihr bewiesen", oder den Glauben beigebracht, daß der Tod ein Glück sei. Eduard von Hartmann war ja nahe daran, sich einen Prozeß auf den Hals zu laden, weil man geglaubt, daß

automatisch geworden ist, zeigt sich darin, daß die Menschen Reformatoren genannt werden, wenn sie auf einige Punkte hinweisen können, denen die Lüge allzudick anhaftet. Aber eine notwendige Folge davon sind die lauten Schreckensrufe, die jede derartige Entdeckung begrüßen, da hierbei anderen Interessen entgegengearbeitet und eine Menge von Eristenzen bedroht werden. Eine Ahnung des Betruges muß der Mensch jedoch haben, da man fast einstimmig verlangt, daß die Frage zurückgestellt wird, weil man befürchtet, daß das ganze Elend (die Wahrheit) bloßgelegt würde, und das ist nicht ohne Ursache, da die Wahrheit für cynisch gehalten wird, roh, gefährlich. Wahr fein, sich so zeigen wie man ist, seine Meinung sagen, wie sie spontan im Gehirn erzeugt wird, ist lebensge fährlich, und die etwa gemachten Versuche waren stets von unliebsamen Folgen begleitet. Da Rousseau unklug genug ist, zu erzählen, daß er in seiner Jugend ein Stückchen Band gestohlen hat, wird dieses Stückchen Band später dazu benutt, seine ganze Existenz als Denker zu vernichten.

Alle Versuche, die Menschen ehrlich zu machen, sind an dem harten Gesetz gestrandet, daß man seine Absichten | verbergen muß.

Aufrichtig sein ist dasselbe wie sich narren lassen, die, daß Rabelais in voller Absicht, um seine wahren AnWaffen strecken, sich auf Gnade und Ungnade ergeben. | schauungen über eine übermächtige Priesterschaft zu verDaher sind Verstellung und Simulation in alle bergen, den geradezu verrückten dunklen Stil ausgearbeitet Poren der menschlichen Natur eingedrungen, und die hat, der in seinen Schriften herrscht und allen Sprachältesten Kulturvölker haben es in dieser Kunst am weitesten forschern so viele Mühe verursacht hat. Was sollte er gebracht. Der Orientale ist ein Meister bewußter List, tun? Sich als klug ausgeben, wäre dasselbe gewesen, Ser Europäer lebt noch in dem Kindheitsstadium wie den Scheiterhaufen besteigen, den die Klugen errichtet einfältiger Wahrheitsliebe, während sein ausgewanderter hatten! Abkömmling, der Amerikaner, zur mehr primitiven Gewalt (dem Revolver) zurückgekehrt ist.

Der Masken, die der Zwang der Heuchelei den Menschen vorgelegt hat, sind viele. Das Verlangen, anderen die Wahrheit zu sagen, die Geheimnisse anderer zu entdecken, hat sich unter mannigfachen Verkleidungen verborgen. Als man beobachtet hatte, daß die Freiheit von jeder Verantwortlichkeit dem Irren zugestanden wurde, nicht aber dem Verbrecher, simulirte man Wahnsinn. Der Narr des Mittelalters war solch ein scheinbarer Verrückter, der von den Fürsten sowol als Spion wie als Mann, der die Wahrheit sagen mußte, gebraucht wurde, da die Fürsten selbst nicht den Mut besaßen, ihre Meinung gerade heraus zu sagen, weil sie sich Verantwortung oder Revanche zuziehen konnten. Der Narr war ein verantwortlicher Herausgeber, der dadurch unverantwortlich wurde, daß er sich wie ein Idiot betrug. Und man darf nicht etwa glauben, daß man zu Narren Kretins oder Dummköpfe wählte. Aus den Angaben zu schließen, die sich über ihre Stellung vorfinden, scheinen sie hauptsächlich den mühseligen Beruf des Schullehrers und Soldaten aufgegeben zu haben, um das Leben eines Tagediebs, das nicht ganz ohne einen Schein von Macht war, genießen zu können. Ließen sie einmal dem Fürsten selbst gegenüber ein scharfes Wort fallen, so verstand dieser, ihm den verlegenden Stachel zu nehmen, indem er selbst mitlachte, aber der Narr bekam nachher die Peitsche zu fosten und machte so die Entdeckung, daß er nicht auf seinen Platz gestellt war, um seinem Herrn die Wahrheit zu sagen.

Verbirgt sich nicht der Humorist auf gleiche Weise unter einem angenommenen Lachen über seine eigenen Schwächen, wobei er sich sowol scheinbar zum Mitschuldigen macht, als auch zugleich den Leser sehr schlau der Mühe überhebt, ihn zur Rechenschaft zu ziehen? Aber es ist ja dumm, über sich selbst zu lachen, und nicht einmal ernst gemeint, denn sobald nur ein anderer mitlacht, ist der Humorist bei schlechtem Humor. Da geht doch der Satiriker offener zu Wege, denn wenn er dem Feinde zu Leibe rückt und ihn lächerlich macht, stellt er sich über ihn und spricht nicht von sich und seinen Schwächen. Offenherzig, wenn man seine einfache List offenherzig nennen will, im Vergleich mit dem Humoristen, dessen List zwiefach ist.

Hamlet tut, als wäre er verrückt, um ohne Verantwortung seine Gedanken aussprechen und gleichzeitig spioniren zu können. Aber Hamlet beging damit einen psychischen Selbstmord, denn er verlor schließlich seine Urteilskraft und seinen Willen. Der Hamlettypus machte indessen einen starken Eindruck auf die neuromantische Jugend, die unter angenommener Weltverachtung und fimulirler Schwermut ihre Unzufriedenheit mit der Restauration verbergen mußte, und in ihren Herzen wahr scheinlich ihre Verachtung die damals herrschende Welt ordnung zerstören ließ, nicht die Welt in ihrer Gesamt heit, denn die Führer dieser Richtung, Byron und Muffet, sezten die Welt und ihre Freuden sehr hoch.

Die Idee Hamlets, sich durch angenommenen Wahnfinn zu schüßen, war weder originell noch eine Ausnahme. Menschen mit neuen Gedanken werden durch die Gefahr zur Verstellung gezwungen, und man behauptet jezt fogar,

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Aber der aus der Notwendigkeit hervorgerufene Hamletismus hatte seine Gefahren, und einmal zu chronischer Krankheit entwickelt, die Folgen aufzuweisen gehabt, die man nur mit der Selbstmordmanie vergleichen kann. Davon ein ander Mal.

Ein Meister und sein Schüler. (Fontane und Wolzogen).

Von

Fritz Mauthner.

Da liegen zwei Romane vor mir; der junge, erst 72 Jahre alte Theodor Fontane hat den einen geschrieben und das reife, ruhige Buch beinahe altmodisch Unwiederbringlich"*) genannt; Ernst von Wolzogen ist der Dichter des zweiten Romans, der ganz Die fühle Blonde"**) heißt. Auf den ersten Blick keine Beziehung zwischen beiden Schöpfungen. Fontanes Roman spielt im Norden, bald an der Küste von Schleswig, bald in oder bei Kopenhagen; und es ist eigentlich ein historischer Roman, so ernsthaft spielt die kleine Weltgeschichte in die Handlung hinein und so entrückt ist für uns Jüngere die Zeit, die dem schleswig-Holsteinischen Kriege vorausging. Und wie ernst ist Fontanes Buch! Gut und wahr, alter Wein. Wolzogen führt uns in das heutige Berlin, die parlamentarische Soirée bei Bismarc klingt veraltet an. Und es prickelt Champagnergeist darin, oft auch Geist von deutschem Schaumwein Und doch, wenn man den Jubel mit wenig Worten erzählen wollte, man könnte den Inhalt beider Romane zusammen wiedergeben; wie eine kühle Blonde", eine in sich gefestete, charakterstarke, reine und innig liebende Frau an der Ehe mit einem verliebten, qutartigen aber charakterlosen Mann zu grunde geht. Daß die fühle Blonde bei Wolzogen ein Engel, daß sie dagegen bei Fontane zwar sehr fromm ist, aber dabei sehr menschlich im Unrecht bleibt, das dürfte schwerlich ein Unterschied der dichterischen Absicht sein; die Parteilichkeit ist bei Wolzogen von der Konvention übrig geblieben, die Gerechtigkeit ist bei Fontane Alles, die Reife.

Von einer Anlehnung Wolzogens kann diesmal schon aus äußern, chronologischen Gründen nicht die Rede sein. Sonst ist es ja an diesem reichen fröhlichen Talent überraschend, wie es nicht nur gern fremde Motive verwertet, sondern auch sein ganzes Wesen großen Schriftstellern unterordnet. Die Motivenjagd würde leicht kleinlich erscheinen. Seine Unterordnung zuerst unter F. Th. Vischer dann unter Theodor Fontane ist aber so offenfuudig, daß man Wolzogen wohl einen Schüler des Humoristen und

*) Unwiderbringlich. Roman von Theodor Fontane, Berlin. von Herz,

Berlag, Die fühle Blonde. Verliner Sittenbild in zwei Bänden. Stuttgart. Verlag von 3. Engelhorn 1891.

des Berliners nennen darf. Da ist es denn wenigen verwunderlich, wenn eine Aehnlichkeit auch bei völlig disparat entstandenen Dichtungen hervortritt. Wie gesagt, die nahen Beziehungen liegen nicht auf der Oberfläche. Wäre das Fontanesche Buch wieder eine berliner Geschichte, dann freilich wäre es bequem, Meister und Schüler zu ver gleichen, zu zeigen, wie der Meister mit unbewußten | Mitteln und mit dem Einsaß seiner Persönlichkeit tiefsten Anteil und ein gutes Lächeln erweckt, wo sein Schüler bewußt und feck, haushälterisch und bewußt zu einem herzlichen Gelächter herausfordert. Ich zweifle nicht daran, daß Kunst" von Können" abstammi; und dennoch kann der geringere Künstler sein, wer mehr kann.

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Der zweibändige Roman Die fühle Blonde", scheint mir als ein richtiges Kunstwerk geplant, aber etwas eilfertig für den Buchhandel ausgeführt zu sein. Erst auf einer der letzten Seiten verrät der Dichter nicht so sehr die Grundidee des Buches, als vielmehr den ersten nachher so ziemlich fallengelaffenen Plan. Er sagt da:

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Ein Mann von echtem Künstlernaturell tut am besten, feine Köchin zu heiraten, wie es Goethe und andere weise Leute unter unsern Größen getan haben! Oder, wenn er eine ebenbürtige Ehe eingehen will, dann kann es nur mit einer Fran geschehen, die er durch langes Zusammenleben schon nach Geist und Temperament als die richtige Ergänzung seiner selbst erkannt hat." Die poetische d. h. plastische Darstellung dieser Idee würde erfordern, daß der Mann der fühlen Blonden", der diese Worte spricht ein wirklicher Künstler sei. Der Held des Wolzogenschen Romans aber ist ein geistreicher Schwätzer, ein Gesellschaftsblender, ein begabter Dilettant meinetwegen, aber keineswegs ein Künstler; übrigens ein Terrainspekulant und obendrein ein Dieb. Die Ehe der musterhaften, kühlen, blonden Aristokratin mit diesem fleinen Schuft weist allerlei ernste Seiten auf und gibt über psychologische Fragen zu denken. Wolzogen hat sich diese Nebendinge nicht entgehen lassen, und seine Schilderung der zahlreichen Erzürnungen und Versöhnungen der ungleichen Ehegatten sichern seinem Roman unter allen Umständen den Vorrang, einerseits unter dem Lesefutter der Leihbibliotheken und prüder Romanzeitungen, andererseits unter den frankhaft erotischen Versuchen des Jahr gangs 1891, Marke „Jüngstes Deutschland und Schweden". Da gibt es noch echte Beobachtung und zwar Beobachtung durch gesunde fröhliche Augen. Doch der schäbige Charakter des Helden verweist ihn unweigerlich zum „Lumpengesindel" und macht ihn unfähig, den Typus des Mannes zu repräsentiren, den die Kunst zum Gatten verdorben hat. Er bildet sich nur ein, Künstler zu sein, und fordert den Spott heraus.

Innerhalb des also verkleinerten Rahmens hat Ernst von Wolzogen zwei Bände geschrieben, die nicht ganz gleichwertig sind. Der erste Band zeigt uns den Humoristen Wolzogen zwar lange noch nicht von seiner besten Seite, aber immerhin noch von einer recht guten. Seine Zeichnung des berliner Spießbürgerlebens ist frei lich aus der Schule Fontanes, hat aber sehr viel von dem Behagen Stindes aufgenommen. Daneben ist die Portraitirung der Reservelieutenantskreise, vom Referendar bis zum Reichstagsabgeordneten ganz köstlich in ihrer leisen Karrikatur. Im zweiten Bande gehen diese Vorzüge zum Teil verloren durch die Anhäufung von äußer licher Handlung Selbstmord, Lebensrettung und Wahnfinn fällen für mein Gefühl aus dem natürlichen Stile Wolzogens.

Zwei Eigenheiten des Romans verlangen noch einige Worte: Die Aktualität und der angebliche Antisemitismus: Aktualität und mit ihr das brennendste Intereffe des Lesers sucht Wolzogen dadurch zu erreichen, daß er

in ganz unmäßiger Weise bekannte lebende Menschen unter die erfundenen Personen seines Romanes mischt. Joseph Kainz, Spielhagen und Julius Stinde werden nicht nur im Vorübergehen mit den Fingern gezeigt, sondern direkt mit ihrem vollen Namen in die Handlung, wenn auch nur am äußersten Rande hineinverflochten. Bismarck wird redend eingeführt und Fräulein Pospischil ist durch ihr hinreißendes Spiel eigentlich die Ursache der ganzen Fabel. Diese Unfitte ist neuerdings eingeriffen und für das Zeitungsfeuilleton sind solche Aktualitäten beliebt. Ich will von der Rechtsfrage nicht sprechen, troßdem es mir recht fraglich erscheint, ob man dasjenige Privateigentum, das nicht einmal die Anarchisten werden abschaffen wollen, den Namen, so öffentlich gebrauchen darf. Ich weiß noch genau, mit welchen gemischten Gefühlen ich einmal meinen eigenen vollen Namen in einem ähnlich komponirten Romane der Frau von Suttner fand. Und ich wußte doch gewiß, daß ich bei den romantischen Vorgängen jener Erzählung nicht zugegen gewesen war. Aber darauf kommt es nicht an. Auch mein Stilgefühl sträubt sich dagegen, daß ein Kunstwerk aus Phantasiegeschöpfen und lebendigen Wesen zusammengesetzt werde. Das macht für die natürliche Empfindung ohne Gnade den Eindruck der Parodie. Wenn die Heldin Wolzogens und der lebendige Spielhagen miteinander plaudern, so ist das dieselbe Kunstform, wie wenn in den Scherzen der Künstlerosteria von einem gemalten roten Frack plastische rote Frackschöße von wirklichem Tuch herunterhängen. Für einen Künstlerulk ein ganz prächtiger Einfall, für einen ernsthaften Roman ein Mißbrauch, der nicht länger geduldet werden sollte.

Daß man der „fühlen Blonden" aber eine antisemitische Tendenz unterschoben hat, das scheint wieder eine Verwechslung zwischen dem objektiven Kunstwerk und dem subjektiven Künstler anzudenten. Die Herrschaften sprechen freilich ein bischen viel von frummen Nasen, lispelnder Sprache und anderen wirklichen oder eingebildeten Eigentümlichkeiten der jüdischen Race. Ich bin überzeugt, daß in Reservelieutenantskreisen, und diese find hier geschildert, noch viel häufiger und noch viel unfreundlicher von frummen Nasen gesprochen wird, besonders dann, wenn irgend ein Zweig der Familie sein Wappen durch die so beliebte Mischehe vergoldet hat Wer die bürgerliche Gleichheit der Juden gesetzlich einschränken will, der ist ein Antisemit. Wer um dieser Bewegung willen plößlich auf alle althergebrachten Judenwiße verzichten wollte, der wäre höflicher, als der Humor und die Poesie verlangen.

Kann es nun ein Zufall sein, daß die „Aktualität“ und die Judenfrage auch bei Fontane in den Roman Hineinragen?

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Wie bei Wolzogen, so steht auch in Unwiederbringlich" der charakterlose Held zwischen einer fühlen Blonden und einer heißen Jüdin. Es ist kein Zweifel, daß Fontanes Eecle zur Germania hält und daß er über die schöne Jüdin von Fredericksborg etwa so denkt wie Bismarck und andere weise Cavallericoffiziere. Aber wie wunderbar fein flicht Fontane das Motiv in die Handlung, wie köstlich ist es, daß der verliebte Graf, der Ebba einer Ahnenprobe unterwirft, plößlich auf den Herrn Meyer stößt und darüber blos das erfreuliche Gefühl der Ueberlegenheit empfindet. Die ganze Judenfrage sinkt dem vielerfahrenen Fontane zu einer Art Toilettenfrage herunter. Man kann bei ihm über Nasenformen streiten wie über einen Kleiderschnitt.

Auch das Berühren dieses Punktes ist bei Fontane nur eine Aktualität mehr. Es läßt sich nicht leugnen: Fontane liebt es recht sehr, in seinen Erzählungen berliner Straßen nicht nur, sondern auch berliner Firmen und berliner Größen, berliner Schlagworte und „Schnoddrig

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feiten" gelegentlich zu erwähnen, wie jeder Berliner sie im | behandelt auch den abwesenden Grafen immer schroffer, und täglichen Gespräche erwähnt. Wo Friedrich Spielhagen die erste Regung der Eifersucht läßt sie erst recht ihr Gefühl noch die Springbrummenstraße" sagte, wo der Realismus unterdrücken. Der weichmütige Graf würde auch in „die Regentenstraße" verlangt, da nennt Fontane vielleicht Kopenhagen unter dem frommen Pantoffel seiner befferen den Besitzer des schönsten Hauses beim Namen. Was ist Hälfte bleiben, wenn nur von Zeit zu Zeit ein freundihm überhaupt Berlin? Der ältern Schule war es das licher Brief seine Grundfäße auffrischen wollte. Da mau Geheimratsviertel zwischen dem Brandenburger Thor und ihn aber sich selbst überläßt, wird er nach kurzem Schwanken dem zoologischen Garten. Dem strebenden Realismus ist der Geliebte der schönen und erfahrenen Ebba. Wie er es der Dunst des Verbrecherfellers, die Stickluft der nun in seiner herbstlichen Leidenschaft der Gattin auf der Fabriken und vielleicht noch die nebelhafte Stimmung der Stelle eine Scheidung vorschlägt, wie er darauf von Ebba melancholisch stillen Umgebung: Kiefern und einsam von Rosenberg-Meyer einen Korb erhält, das wäre ein. wandelnde Selbstmörder, Arbeiter und Kellnerinnen. Für fast humoristischer Ausgang, wenn die Gräfin nur nicht Fontane ist Berlin eine Summe von Namen; der alte an diesem Humor sterben wollte. Fritz und die andern Hohenzollern, Bismarck und Moltke, Menzel und Clara Meyer, Josty und Stohrly. Fontane dichtet mit Eigennamen wie ein Historiker. Eigennamen wandeln sich bei ihm in Adjektive und Adverbien. Seine Stimmungsbilder sind kurz und verständlich. Er wäre im Stand, das Brandenburger Thor Frißisch“, die Siegessäule Wilhelmsch" zu nennen; und wer den Dichter liebt, dem erscheint ganz Berlin am Ende „Fontansch" gebaut, gezeichnet und beleuchtet.

Ein so eingefleischter Berliner ist der Märker Fontane mit den Jahren geworden, daß selbst in dem vorliegenden Romane, dessen Handlung vor dreißig Jahren in Dänemark spielt, das Brandenburger Thor den Hintergrund abgiebt. Man hört berliner Redensarten und erfährt die neuesten berliner Hofnachrichten. Ich glaube, diese preußen friedlichen Herrschaften lesen alle die Vosfische Zeitung.

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Das sieht nur so aus, als ob die Freude am Einmengen von Aktualitäten“ bei Wolzogen und bei Fontane ein und dieselbe Sache wäre. Das wäre aber weit gefehlt. Wolzogen hat dabei die Absicht, sein Buch interessanter zu machen; Fontane folgt absichtslos seiner interessanten Natur. Wenn Fontane die preußische Politik in Unwiederbringlich zur Sprache bringt, so wird dadurch die Frivolität des damaligen dänischen Hofs und damit das Milieu des Helden schärfer charakterisirt; wenn Wolzogen uns bei Bismarck einführt, so läuft es auf einen guten Spaß heraus. Die Namen bekannter Persönlichkeiten mischt Wolzogen mit scheinbarer Objektivität in die Geschichte und eigentlich müßte man das als realistische Technik gelten laffen. Fontane verstößt gegen die strenge Technik, indem viele seiner Gestalten gleichmäßig Fontansch reden. Aber Wolzogen fällt damit aus seinem Stil, Foiltane nicht. Fontane ist ganz Fontausch, Wolzogen ist nicht genug Wolzogensch", könnte Fontane etwa sagen.

Unwiederbringlich" hätte als Werk eines unbekannten Autors kaum die Macht, diesen berühmt zu machen. Der Stoff ist zu entlegen, die Katastrophe zu gewaltsam, die Peripetie zu vorsichtig angedeutet. Glücklicher Weise hat Fontane aber nicht mehr nötig, berühmt zu werden, und seine Gemeinde wird den neuen Roman ohne Aufregung aber dankbar genießen, wie ein liebes und gutes Kunstwerk von bester Hand.

Der Ehekonflikt ist rein einfach mitten in ein Strandidyll hineingelegt. Der Graf und die Gräfin haben viele Jahre lang glücklich miteinander gehaust und trog fleiner Meinungsverschiedenheiten über Religion, Politik und Kindererziehung sind sie, was man ein glückliches Ehepaar nennt. Der Graf ist Kammerherr bei einer Prinzessin in Kopenhagen. Wenn nun nach monatelangem Beisammensein einige elektrische Spannung die eheliche Atmosphäre erfüllt, Sann tritt der Graf für einige Wochen sein Amt in der Residenz an und die Entfernung stellt Liebe und Frieden wieder her. Zu der Zeit aber, zu der der Roman einsetzt, hat sich der Gegensatz verschärft. Die Gräfin, ihrem Gatten geistig überlegen, hat in ihrem Glauben immer mehr Grund zur Selbstgerechtigkeit gefunden; sie

Die dichterische Kraft Fontanes zeigt sich diesmal weniger in einem Einzelporträt als in der Zeichnung ganzer Gruppen. Auf der einen Seite steht die musterhafte, nur allzu musterhafte Gräfin mit ihrer forreften Gesellschafterin und ihren durchaus braven Pastoren; auf der andern Seite steht der gute Graf mit seiner Neigung für den frivolen Hof und die lebenslustige Residenz. Beide Lager sind mit erstaunlicher Sachkenntnis und mit gleichem Wolwollen dargestellt. Nirgends eine Spur von Bosheit oder Karrikatur. Und dennoch ist kein Zweifel möglich, daß der Dichter, vielleicht nur aus Korpsgeist, mit seiner Sympathie bei dem Grafen steht. Ja, Fontane ist kein Radikaler wie Strindberg, der der Weiberveneration den Krieg erklärt; aber ein klein wenig Revolution in sozialen Fragen predigt der Dichter wol doch, der die läßliche Sünde lächelnd verteidigt und der Musterhaftigkeit, der Korrektheit, der Selbstgerechtigkeit den größten Teil des Unrechts zuschiebt. Aehnlich wie Gottfried Keller in den „drei gerechten Kammachern" gerade das verspottet, was alltäglich für eine Tugend gilt, so wendet Fontane sein strenges Gesicht der Musterdame zu. Aber nicht wie bei Wolzogen ist der Fall, den der Dichter behandelt, erfunden; mitten ins Leben führt Fontane uns hinein und läßt die Frommen schuldig werden.

Ein nordisches Gedicht des alten Balladendichters Fontane ist in den Román eingeflochten. Auch sonst schwebt über der Erzählung oft die Stimmung, die sich für gewöhnlich nur in Versen äußern darf. Am Ende muß man doch mitunter eine gute Ballade schreiben können, um ein Romandichter zu sein.

Litterarische Chronik.

Neue Bücher.

Als ein Organ der neueren deutschen Litteraturgeschichte, das die Gesamtheit der Fortschritte auf ihrem ganzen Forschungsgebiete in jährlichen Berichten zusammenfassen will, erscheinen von Neujahr 1892 im Verlage der 6 3. Göschenschen Verlagshandlung zu Stuttgart „Jahresberichte für neue deutsche Litteraturgeschichte", herausgegeben im Berein mit M. Herrmann und S. Szamatolski von I. Elias in Berlin.

Unter dem Titel, Abbotsford Series" geben Williams und Margate in Edinburg mehrere Bände alter schottischer Poesie heraus. Der bereits erschienene erste Band enthält Auszüge aus der Chronik Heinrichs des Blinden und Fragmente aus den Werken von Thomas dem Reimer und John Barbour.

Pierre Lotis, des jüngsten Akademikers erotischer Roman Le Roman d'un Spahi. der in ergreifenden Bildern die entnervende Wirkung des afrikanischen Wüstenklimas auf einen Eurofoeben von Hans Krämer ins Deutsche übertragen worden und bei päer, einen französischen Soldaten aus den Cevennen schildert, ist Bensheimer in Mannheim erschienen.

Guy de Maupassant arbeitet gegenwärtig an einem Roman L'Angelus". der den Krieg von 187071 behandelt. Bolas „La débâcle" macht bereits Schule!

Sodoms Ende von Hermann Sudermann ist am 15. d M. in Venedig mit außerordentlichem Erfolg in Szene gegangen. In diesen Tagen gelangt es auch in Florenz und in Mailand am Manzoni-Theater zur Aufführung. Turin und Rom waren voran

Jonas Lie giebt ein neues Buch heraus: „Gnomengesindel". gegangen. Das Werk wird ein Repertoirestück der italienischen Bühne.

Kommende Aufführungen.

Hans von Reinfels, der Verfasser des von der berliner Polizei verbotenen Schauspiels „Die Sitte“, hat, nachdem er vergeblich um persönliche Rücksprache mit dem Minister Herrfurth zu erlangen gesucht, nunmehr den Instanzenweg beschritten, um die Freigabe seines Stückes durchzuseßen. Dieser Schritt ist von großem Intereffe. Es handelt sich jezt nicht mehr um dieses eine Stück von mehr oder weniger Wert, es handelt sich jezt um das Prinzip. Es ist zum ersten Mal, daß im Instanzenwege die Freigabe eines Stückes herbeizuführen versucht wird. Zum ersten Mal wird das Oberverwaltungsgericht Gelegenheit haben, sich darüber zu äußern, ob die berüchtigte Polizeiverfügung von 1851, welche die Theatercensur gegen den klaren Sinn der Verfassung wieder einseßte, zu Recht besteht. Die ganze Institution der Theatercensur ist es, die in Frage steht. Man darf also auf den Ausgang gespannt sein.

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Ernst von Wildenbruch beklagt sich in Zuschriften an die Zeitungen über die Indiskretionen, welche die Theater - Reportage an seinem neuesten Werk, der Weihnachtskomödie „Das heilige Lachen" begangen hat. Sie verbreitete in der Presse ausführliche Inhaltsangaben des Stückes, und diese Inhaltsangaben konnte fic nur von irgend einem Schauspieler ergattert haben, welcher der Vorlesung des Stückes im königl. Schauspielhause beigewohnt hat. „Ich beklage es," fügt der Dichter hinzu, daß die Zeitungen es nicht verschmäht haben, zum Schaden des Verfassers von einem solchen Vertrauensbruche Gebrauch zu machen. Denn eine Schädigung des Dramatikers ist es, wenn man seinem Werke den Reiz der leberraschung abstreift, und ein solches Verfahren ist ein Einbruch in sein gutes Recht." Wildenbruch hat unzweifelhaft recht. Er bes rührt einen allgemeinen Zustand, der beklagenswert ist. Schon manchem Werke haben die unbefugten Preßnotizen unheilbaren Schaden angetan. Aber der Presse darf man so lange keinen Vorwurf machen, als man sie noch gern gebraucht. Oder sträuben sich die Dramatiker auch gegen Notizen, die sie ob mit Recht oder mit Unrecht als gute Reklame. erbeten haben?

Das Deutsche Theater in Berlin hat ein dreiaktiges Lustspiel „Glück“ von Karl Jaenicke zur Aufführung angenommen.

Giovonni Verga ist in Berlin eingetroffen, um den lezten Proben feines fizialkanischen Volksstücks "Cavalleria rusticana" beizuwohnen. Er hat der Direktion des Leffingtheaters ein neues dreiaftiges Drama in Aussicht gestellt.

Richard Voß' Volksstück „Der Väter Erbe“, das seine Erstaufführung im Deutschen Volkstheater zu Wien erleben wird, geht am 12. Dezember auch am Berliner Theater in Szene.

Das Residenz-Theater in Berlin wird binnen kurzem ein Werk des verstorbenen ungarischen Dramatikers Csiky (f. unter Todesfälle in dieser Nummer), das vieraktige Schauspiel „Die Proletarier" zur Aufführung bringen. Am prager Landestheater hatte das Stück vor einigen Tagen einen guten Erfog.

Die Freie Volksbühne in Berlin bringt in ihrer Dezembervorstellung Gogols „Revisor“ zur Aufführung.

Die internationale Theater- und Musik-Ausstellung in Wien wird die berliner Kunst nicht nur das „Deutsche Theater" und das „Adolf Ernst-Theater“ vertreten sehen. Reicher, der treueste Ausdruck des berliner realistischen Stiles, wird im Juli 1892 zehn Vorstellungen in Wien geben mit einem Repertoire und einem Ensemble, beide zusammengesetzt, um ein Vollbild des realistischen Stils, wie er sich in den lezten drei Jahren in Berlin ausgebildet hat, in Produktion wie in Darstellung zu geben. Der Versuch ist höchst interessant. Hoffentlich bleiben ihm die gefährlichen Einseitigkeiten der Freien Bühne“ fern.

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Martin Greif hat der Direktion des Wiener Burgtheaters seine neue fünfattige Tragödie Francesca da Rimini" eingereicht.

Im Théâtre d'Application zu Paris wird demnächst ein „Mysterium" in 5 Akten „Das Kind Jesus", das sich in seinem Stil ganz an die Oberammergauer Passionsspiele anlehnt, zur Aufführung gelangen. Die Musik des Melodramas hat Thomé tomponirt.

Marco Praga arbeitet an einem neuen Lustspiel „Halleluja“.

Vermischtes.

Jezt hat sich auch in Zürich ein Verein zur Gründung einer Freien Bühne gebildet. Derselbe bezweckt, solche dramatische Dichtwerke aufzuführen, welche aus politischen oder sozialen Gründen von den heutigen Bühnen verbannt worden sind. Die erste Vorstellung findet am 20. Dezember 1891 statt, wo der Renegat“ von Otto Wichers v. Gogh mit Prolog von Mar Engelmann aufgeführt werden foll. Zur Aufführung für 1892 sind ferner in Aussicht genommen: Lassalles Franz von Sidingen“, Büchners,,Dantons Tod" in neuer Bühneneinrichtung, Henkells „Glühende Gipfel", Wichers,,Krieg dem Kriege" und Gerhart Hauptmanns Einfame Menschen".

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Anatole France veröffentlicht im „Temps" (29. November) eine kleine Studie über Ferdinand Brunetière, den Kritiker der Revue des deux mondes. Im Gegensatz zu fast allen französischen Schriftstellern, die den strengen, finstern Kritiker sehr wenig gewogen find, bekennt Anatole France, daß er jenen liebe, ob er ihm oft seltsam erscheine. Er hält Bruntière für einen Charakter, für ein Original, der eine eigene Art zu sein, zu denken und zu schreiben habe und dessen Tätigkeit energisch und unermüdlich sei. Ja, Anatole France kommt sogar zu dem Ergebnisse, daß Brunetière keine Feinde habe, eben deshalb, weil er keine Freunde befize. Er lobt niemals jemanden, er tadelt alle gleichmäßig. Gelegentlich der Vorträge, die Brunetière jest im Odéon hält, rühmt Anatole France dessen Be= redsamkeit Er habe die notwendigen Eigenschaften um öffentlich zu sprechen: gute Anordnung, Methode, die Einteilung der Rede in drei Punkte und den Eifer zu beweisen. Er habe eine klare Stimme und wolgefügte Redewendungen. Das alles sichere ihm bei seinen Vorträgen einen guten Erfolg.

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