Olympierhaupt Goethes der feine, von geistiger Kraft wie leiblicher | ergreift ihn. Er will sie besigen, sie aber bekämpft das heiße GeHinfälligkeit gleichermaßen zeugende Kopf des Carlos-Dichters. Was sie wol sagen würden, die beiden, wenn sie ihren „Musen-Alma nach", das Kind ihrer Freuden und Schmerzen, wiederauferstanden fähen aus langer Nacht, behäbig, freundlich, in prächtigem Gewande, so wie jezt der noch immer getreue Cotta den Epigonen und denen, die es nicht sein wollen, das Buch aufs neue darbietet? " „Ja, die gute, alte Zeit!" Wie böse und voll Arg sie war, diese gute, alte Zeit, da der erste Musen-Almanach entstand! Schiller hatte schweren Aerger mit den Horen“, und was noch schlimmer war, er hatte Hunger Er mußte etwas Neues beginnen. Was die Rosegartens, Langbeins, Pfeffels, Steigenteschs machten, MusenAlmanache voll schwülstiger Neimereien, das wollte er auch machen, und besser Bei siechem Körper, mit heroischer Geistesstärke arbeitete er an seinem Musen-Almanach für 1796"*. Das Buch erregte Aufsehen, die Verehrung zündete ihre Opfer an, die Bosheit griff nach dem Schlachtmesser. Man weiß, was darauf geschah. Die Dioskuren stellten sich Schulter an Schulter, bald weßte Schiller den Pfeil und Goethe spannte die Sehne, bald taten sies umgekehrt, und auf die plumpe Masse regnete der Regen der Xenien, daß der deutsche Dichterwald widerhallte von dem Heulen der Verwundeten und dem Lachen der tertiorum gaudentium. Man weiß auch, daß diesem zweiten berühmtesten Bande des Almanachs von Seiten der Gegner eine Fülle von Gegenkundgebungen folgte, „S MückenAlmanache“, „Ochsiaden“ und was man sonst den „Sudclköchen in Jena und Weimar“ aufs Indevoteste und in Ehrfucht ersterbend zu Füßen legte. Von Seiten der Herausgeber erfolgte keine Antwort, sie hatten gelacht, nun wurden sie wieder ernst. Band drei kam, Band vier und fünf, jeder einzelne brachte Perlen Schillerscher Formkunst und Gestaltungskraft, Gedichte, die ein eherner Fonds geworden sind im geistigen Vermögen der Nation, aber das P. T. Publikum o gute, alte Zeit! kaufte sie nicht. 1800 hatte der Musen-Almanach aufgehört, der Schillersche zu sein, ein Jahr später war es ganz aus mit ihm. -. Und nun soll er neu erstehen. Der erste Versuch von 91 scheint geglückt zu sein, und so erscheint jezt der nächste Bruder. Kein neuer Schiller und Goethe in Fleisch und Blut und Geist heben ihn aus der Taufe, nur der Schatten ihrer Erinnerung umschwekt ihu, und das ist gefährlich. Um billig zu sein, wird man indeß diese Erinnerung, so schwer es auch sein mag, bannen müssen, und dann zu dem Ergebnis kommen, daß die Neubegründer des MusenAlmanachs ein gefälliges und vornehmes Werkchen geschaffen haben. Und wenn mich einer fragt nach „Tendenz“ und „Richtung“, so antworte ich ihm: himmelblau mit Goldschnitt, wie der Einband. In der Tat, Paul Heyse steht nach einem sanften, frommen Titelbildchen nicht umsonst an der Spize; von diesen Blättern und das soll kein Tadel sein hat eine nach festen Grundsägen arbeitende Hand jedes Körnchen des Staubes ferngehalten, der schwer in der Atmosphäre unserer modernen Weltstadtpoesie liegt. Nicht daß alles heiter wäre und sonnenglänzend, aber der Ernst tritt fein fäuberlich auf, im Frac und weißer Kravatte und beides nicht immer von der legten Mode. Paul Heyse macht wie gesagt, den Anfang und seine Erzählung „Broni" trägt ganz die Züge ihres geistigen Vaters, diese milden, weichen, selbst im Schmerze versöhnlich lächelnden Züge. „Broni“ ist ein armes, herziges Bauerndirnchen, und den sie heim lich liebt und der sie, ohne es recht zu wissen, wiederliebt, ist ein fürnehmer Herr Forstpraktikant. Die Liebe ist aussichtslos, und der g'studirte Herr giebt selbst dem Mädel mit einer für einen kaum mündigen Tollkopf seltenen Verständigkeit den Rat, eincu braven, freilich sonst wenig anheimelnden Bahnwärter zu heiraten. Nach einigen Jahren kehrt der Jüngling zurück und findet die einst Geliebte als körperlich hold erblühte aber seelisch tief leidende Frau wieder. Eine glühende Leidenschaft, die vor nichts zurückschreckt, fühl von Lebenslust und Liebeslust, das in ihr aufsteigen will, und löst den Konflikt rauh und schnell: aus den Armen der verbotenen Liebe rettet sie sich unter die Räder des daherbraufenden Eisenbahnzuges, den sie als Vertreterin ihres abwesenden Gatten hätte salutiren sollen. Das ist alles einfach, zart und innig erzählt, wie nur Heyse erzählen kann, und dies schwermütige und doch so friedvolle Lied vom Lieben und Sterben wird auf empfindsame Herzen tief und mächtig wirken. Der Heyseschen Erzählung folgt eine lange Reihe von Dichtungen in gebundener Form. Da ist Otto Roquette mit einer sehr umfangreichen, leichtflüssigen und von einem angenehmen naiven Humor durchwehten Erzählung in Versen, „Die Herenmühle" bes titelt. Diese Herenmühle steht natürlich im Wald, da wo er am romantischsten ist. Felix Dahn bringt eine Ballade, ebenso natürlich aus der Zeit der Walküren und Recken, Conrad Ferdinand Meyer zwei kluge und gedankenreiche Gedichte „Die unschuldigen Kindlein“ und „Das Ende des Festes“, Graf Schack einen klangvollen und aus warm empfindendem Herzen kommenden „Nachruf an Ferdinand Gregorovius", Wilhelm Jensen eine allerliebste Kindergeschichte Belia“, Friedrich Bodenstedt ein weltweises Gedicht „Das Fremdenbuch“, Emil Ritterhaus eine ernste und ge= fühlvolle Erinnerung „Meine Mutter". " Das sind so einige der besten; daß auch ein wenig Spreu unter dem Weizen geblieben, tut Stephan Milows absonderliche lleberschwänglichkeit „Die Magd" kund. Unter den Lyricis ist neben manchem Alltäglichen, wie „Meine Muse, meine Liebe“ von I. G. Fischer auch viel Originelles, so die „Sonnentrauer“ von Carmen Sylva, die hier zeigt, daß sie troß vieler Excentricitäten doch ein starkes dichterisches Talent in sich birgt. Von anderen in diesem Teil gut vertretenen Namen mögen Fulda, Kalbeck, Möser und Joh. Proel hier Plaz finden. Die lezte Abteilung „Spruchdichtung" wird durch Georg Ebers eröffnet, der nicht viel neues, aber manch herzlich unter dem Titel „An meinen Sohn“ zusammenfaßt. Und das ist so ziemlich das signum der ganzen Ab.eilung. Auch hier: Himmelblau mit Goldschnitt, bis auf Hans Hopfen, der erfrischend drastisch wird. Summa Summarum, der neue Cottasche MusenAlmanach wird ein Freund sein, den man gern im Hause hat. Und man wird ihn gleich in der guten Stube einquartiren. Hans von Reinfels: „Mütter und Töchter“. Ungeschminkte Erzählungen. (Berlin-Coburg, S. Fischer). " Vor Beginn der Erzählungen hat der Verfasser eine Tafel aufgerichtet, über welcher das Wort Wahrheit" prangt. Darunter stehen hübsche Sachen aus Goethe, Abraham und Sancta Clara, Boerhave, Boileau und den Sprüchen Salomonis, Königs der Juden. Dann kommt ein Vorwort, das sich wiederum mit der Wahrheit beschäftigt und einen Schwur abgiebt, daß die folgenden Geschichten auch wirklich passirt seien. Nun ja: Motti und Borreden gehören mal zu den litterarischen Krankheitserscheinungen unserer Epoche. Nehmen wir sie geduldig hin; die ersteren haben entschieden für Kritiker Vorteile. Man schneide sich aus jedem neuen Buche das unvermeidliche Mottoblatt heraus, und innerhalb eines Vierteljahres hat man einen gedruckten Citatenschat. Aber der Schwur auf die Wahrheit, - der ist schon ein bedenklicheres Symptom. Der mißverstandene Realismus erhebt da die Schwurfinger. Ach, kommt es denn wirklich auf zufälliges Geschehensein an und darauf, daß Einer geschickt und glücklich ist im Erleben und Anekdotensammeln? Und giebt es wirklich noch immer Leute, die vermeinen, Realismus sei eine Sache des Was, da er doch nur eine Sache des Wic ist? Herr Hans von Reinfels hat es lediglich auf das geschehene Was abgesehen und er vernachlässigt gröblich das schöpferische Wic. Erstens schreibt er ein sehr böses Zeitungsdeutsch. Selbst die berüchtigste Umsetzung des Subjektes im Nachsaß, die selbst in der Zeitung nur dem Aushilfsreporter erlaubt sein sollte, scheut er nicht, nach dem entseglichen Muster der Geschäftsbriefe: „Euer Wohlgeboren empfehle ich mich und wird es mir ein Vergnügen sein". Und roh wie die äußere Form ist die innere. Die Gescheh= nisse sind zum Teil ergreifend, aber die Art wie sie erzählt werden, ist äußerst unkünstlerisch. Mögen sie auch wirklich geschehen sein, sie zu einer künstlerischen Wirklichkeit wieder erstehen zu lassen, hat der Verfasser nicht vermocht. O. 3 Bierbaum. Perlas von F. & P. Lehmann, Berlin W., Körnerstr. 2. Erscheint jeden Sonnabend. Preis 4 Mart vierteljährlich. Bestellungen werden von jeder Buchhandlung, jedem Postamt (Nr. 3589 60. Jahrgang. Nr. 49. August Strindberg: Litterarische Chronik: Juhalt: Detlev von Liliencron: In Poggfred IV. (Schluß.) Carus Sterne: Die Versöhnung von Religion und Wissenschaft. Emile Zola: Die Persönlichkeit des Romanschriftstellers. Seelenmord. Friz Mauthner: Theodor Fontane und Ernst von Wolzogen. Gregor Csiky und Lord Bulwer-Lytton †. Litterarische Gesellschaft in Hamburg. Auszugsweiser Nachdruck fämmtlicher Artikel, außer den novellistischen und dramatischen, unter genauer Quellenangabe gestattet. Unbefugter Machdruck wird auf Grund der Gesetze und Verträge verfolgt. Von meinem Fenster eine Landstraß' schau ich - Dann soll ein kleines Schlachtbild sich entrollen, In dreien Kriegen war ich; in Gefechten, Doch wächst der Baum auch aus gestohlenem Keime. | Denn großes Ziel verlangt oft grause Pein, Von meinem Fenster, einer Straße zu - Abmachen, leider sind wir im Oktober, Die Königsstrophe hat sie Lingg genannt, Nur darf zu klinglingling nicht sein die Spende, Bevor es durch des Geistes Macht erzwungen, Mein greiser Kaiser Wilhelm, dir Hurrah, Zu deinen Lorbeerkränzen, die mich grüßen, Mit Blut besprißt, nicht für Diners, Gedichte, Warum auch, das ist keine Weltgeschichte. halt: Für einen Dichter, doch ich schweige lieber, Der Pferde Sturz, Mannschaft hilft aus, es galt. Wenn sie dir sagen, daß nach Schiller, Byron, Nur gar zu gern ist das ihr Bettelwort, Vor dir, so laß sie schrein, du kannst sie missen, Sei stolz, sei frei! schreib dich, vergiß das nie, Zwar vieles Geld kannst du durch sie erlangen, Die Deutschen nennen keinen Dichter Künstler, " Stets vorgezogen. Klagt nicht, eine Zeit Und wann, ich frag euch, tommt einmal die Zeit, Wie einer, der in Hamburg wohnt, verloren, Wasch ich den Reim auch aus in meiner Balje? Von blaffen Cirkuswölkchen ein bekränzter, Liegt vor mir, den von mir zwei Meilen trennen, Des Heerwegs Bäume sind kaum zu erkennen. Und die Chauffee weckt mir Erinnerung, Die einst . . . Es klopft? Den bring ich auf den Schwung, „Is's wahr?" Sie lacht, wie glänzt der Zähne Schimmer, Du kommst mir eigentlich recht ungelegen, Was ist zu machen, Schuh wett' ich und Strumpf, Es wird mir wol verdacht, daß ich zu viel Die Liebe lebe, die mein Karmen preist, Der Liebe ziehn wir Maske vor und Schleier, Und doch, graunhaft, in all der Wüstenei, Mit diesem herzigen Spruch ging ich zu Bette, Im Dämmer säulenhoch; zunächst der Schwelle Sie saß in einem seidengrauen Seffel, Ich sank zu ihr und weinte still: Vergieb; Und sie erhob sich, und ein blauer Schein Und meine Teckel weisen mir die Pracht Des Zahns, der Treue Schild, ich bin erwacht. Und nun Trompeten, Trommeln, Schwerterstunden! Bringt mir den Helm, die Schärpe! Zorn und Zank! Die Weiber ins Verlies, bis sie die Wunden Uns waschen: Dank, ihr Himmlischen, habt Dank! Die Dörfer brennen, heulend stürmt die Wut, Nicht will ich quälen lang mit Greueltaten, Wird nie des Friedensengels Stab auf Erden Niemals, seit Kain Abel hat erschlagen, Dem göttlichen Julius rief mit launiger Galle, Nie wird die Herrsucht ihre Faust ablassen, Die große Schlacht gleicht einem Sintflutmeere, Doch gilt der Schlacht nicht heute meine Ode, Der Mittag kam. Wir waren vorgedrungen, Die Arme um des Gegners Hals geschlungen, Der General, dem ich am Bügel reite, Läßt seinen Gucker gleiten an die Seite: „Noch immer ist der Hügel nicht besetzt, Dort lauert auf uns eine Wetterhölle, Bis wir herangekommen sind, zerfekt; Und oben erst verlangen sie die Zölle Höhnisch von uns. Kartätschen finds zuleßt, Und wären es Lawin' und Felsgerölle, Tambour battant! Was warten wir und zaudern, Ja, es beliebt; beginnt, den Stein zu schmeißen, Ich hob im Sattel mich, ich warf die Hand: Am Tagesende ritt mein General Mit mir durch Traum und Tod und Schlaf und Leben, Und zwischen Wolken sah und Erd ich schweben Der General blieb ruhig, blieb ein Mann, An einer Stelle kamen wir vorbei, Spit lief fie zu wie eine Pyramide, Die Rechte aber, grad wie Flintenlauf, Der Brände qualmen; und Hyänenhorden, Die Rechte drohte, steil wie Flintenlauf, Deffentlichkeit zu reden. Wir wissen alle, wie schwierig die religiöse Erziehung des Volkes geworden ist, nachdem die Naturwissenschaften in ihrem Siegeszuge während des neunzehnten Jahrhunderts den religiösen Ueberlieferungen aller Bekenntnisse die Möglichkeit einer weitern Wirksamfeit abgeschnitten haben. Mit gutem Rechte läßt sich behaupten, daß die Erzählungen der angesehensten Erbauungsschriften heute mehr Schaden als Nußen anrichten müssen, wenn man sie gegen die Wissenschaft ausspielt, Moses über Darwin und Josua über Kopernikus stellen will. Die religiöse Ueberlieferung muß dabei unfehlbar den Kürzeren ziehen und als eine bloße kindliche Vorstellung des Glaubens der in der Naturerkenntnis nicht sehr weit vorgeschrittenen Vorväter entlarvt werden. Das wäre nun kein großer Verlust, wenn nicht damit der edle Kern, (die moralische Errungenschaft vieltausendjähriger Geisteserziehung) gefährdet würde, der mit jenen hinfälligen Aeußerlichkeiten umhüllt war, wie die Wallnuß mit der Steinschale und bittern Hülle, die man abschält und wegwirft. Dabei sind nicht einmal die gröbern Probleme, welche das Volk in seinen breiten Schichten am meisten intereffiren, die wichtigsten, sondern noch viel mehr die subtilen Fragen, Die Versöhnung von Religion und Wissenschaft. welche die Gebildeten aufregen, das Verhältnis von Kraft Von Carug Sterne. In den Vereinigten Staaten Nordamerikas, dem Lande, welches wir uns als die Heimat des rücksichtslosesten Kampfes ums Dasein vorstellen, von deffen Bewohnern wir uns nichts anderes versehen, als das Ringen um Erwerb, Geld, Wolleben, Macht und Herrschaft, fordern gelegentlich doch recht eigentümliche, sehr wenig in dieses Bild aus der Ferne hineinpassende Ausnahmserscheinungen unsre Aufmerksamkeit und Anerkennung heraus. Reiche Kaufleute, die es sich vielleicht wegen des Familienherkommens versagen mußten, einem angeborenen Triebe zur Forschung zu folgen, gründen Sternwarten, deren Instrumente diejenigen aller andern übertreffen, Universi täten und wissenschaftliche Institute, die mit ihren Mitteln die Meere untersuchen oder ganze Berge umgraben, um die früheren pflanzlichen oder tierischen Bewohner des Landes kennen zu lernen. Ich rede nicht von religiösen, ärztlichen, Wohltätigkeits- und Kunststiftungen, denn reich gewordene Personen, die eigenes oder fremdes Unrecht gut machen, und Elend lindern wollen, oder die Kunstsammlungen, nebst den Mitteln, sie würdig aufzustellen, den Mitbürgern zur allgemeinen Benußung hinterlassen, giebt es hüben und drüben; letztere Stiftungen, - so verDienstlich sie sein mögen- pflegen überdies dem egoistischen Nebengedanken, des Stifters Stellung nach dem Tode zu sichern und zu verbessern, nicht ganz fern zu stehen. Ich möchte daher heute eines Amerikaners gedenken, der seine bedeutenden Mittel einem nicht religiösen, nicht philanthropischen, nicht künstlerischen und auch nicht auf Erweiterung des Wissens abzielenden, sondern rein idealen Zwecke zur Verfügung stellt, dem Bestreben, Wissenschaft und Religion, Geist und Gemüt miteinander zu versöhnen. Eine solche von allem gröberen egoistischen Beigeschmack völlig freie Opferwilligkeit in der angedeuteten Richtung, wie fie Herr Everard C. Hegeler von La Salle (Illinois) seit Jahren übt, ist so selten und für unsre Zeit wichtig, daß es sich beim Erscheinen eines wertvollen Buches dieser Richtung*), welches ihm die Möglichkeit seines Erscheinens, dankt, wol verlohnt, von diesen Bestrebungen einmal in der *) The Soul of Man, an investigation of physiological and experimental Psychology by Dr. Paul Carus. With 152 Illustrations. Chicago. The Open Court Publishing Co. 1891. und Materie, Geist und Körper, Gehirn und Seele. Denn die Pflege des religiösen Gefühls, welche fünftig von der Erkenntnis des Geistigen in der Natur auszugehen hat, muß ihren Schuß bei den Gebildeteren suchen, nur von den obern Schichten herab kann es zu den untern dringen, nicht umgekehrt, wie es wol ehemals bei der Ausbreitung des Christentums möglich war, von den tieferen gesellschaftlichen Stufen aufwärts. Das haben auch einige hochstehende Personen richtig erkannt, indem sie es versuchten, durch Hervorkehrung ihrer religiösen lleberzeugung dem Volke ein Beispiel zu geben, und ebendeshalb haben sich gewisse aristokratische Kreise, die den veralteten Glaubensbekenntnissen mit Recht nicht mehr die frühere Ueberzeugungskraft zutrauen, dem Spirifismus in die Arme geworfen, und ihre Hoffnung auf die mystischen Neigungen der menschlichen Natur gesetzt. Noch audere, wie Rudolf Wagner und Virchow haben gemeint, man fomme mit einer doppelten Buchführung am weitesten und solle Wissenschaft und Kirche ruhig nebeneinander (d. h. gegeneinander) fortarbeiten lassen, bis arbeiten lassen, bis ja bis die eine der andern ganz das Feld räumt! Man weiß nicht, welche dieser Richtungen man als die verderblichste bezeichnen soll. Wer sich heute den Anschein giebt, trotz aller Fortschritte der historischen und naturwissenschaftlichen Erkenntnis an den Weltanschauungen festzuhalten, die vor dreitausend Jahren niedergeschrieben wurden, der erweckt im Volke den Eindruck eines urteilslosen Schwärmers oder was noch schlimmer ist, den eines Heuchlers; sein Beispiel stößt ab, statt anzuspornen. Vou Mystizismus und Aberglauben ist natürlich ebensowenig zu hoffen, und nur die ehrliche Bemühung, den Kern und die Notwendigkeit der Religion, die Unzulänglichkeit aller Wissenschaft für die Befriedigung der Gemütsbedürfnisse, wissenschaftlich festzustellen, d. h. nicht die Trennung sondern die Verständigung von Religion und Wissenschaft kann hier helfen. Und diesem Ziele hat sich der genannte Amerifaner E. C. Hegeler mit einer seltenen Opferwilligkeit zugewant. Seit fünf Jahren unterhält er eine in Chicago erscheinende ausschließlich für gebildete Kreise, denen dieselbe Sache am Herzen liegt, berechnete Wochenschrift:, The Open Court, devoted to the work of conciliating Religion with Science", also einen Gewiffenshof, einen Sprechsaal, in welchem Anhänger des alten und neuen Glaubens gegenseitig ihr Herz aus |