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sprechung veranlaßt sieht. Der Verteidiger, welcher das Vertrauen des Angeklagten genießt, erfährt von demselben mehr als der Staatsanwalt oder der Untersuchungsrichter. Der Verteidiger fragt den Angeklagten, ob er nicht aus diesem oder jenem Gesichtspunkte, welchen der Angeklagte bisher gar nicht kannte, etwas zu seiner Entlastung anzu führen habe. Die Untersuchung dagegen pflegt den Schwerpunkt auf die Belastungsmomente zu legen und höchstens die Entlastungsumstände zu berücksichtigen, welche der Angeschuldigte freiwillig vorbringt.

Es ist richtig, daß das schwierige und verantwortungsvolle Amt des Verteidigers auch zu Mißbräuchen ausgenutzt werden kann. Vor Mißbräuchen ist aber kein Amt sicher, am wenigsten das Anklage oder das Richteramt. Der beste Schuß hiergegen, heißt es in dem Kommissionsbericht des Reichstages, wird darin liegen, „daß die Gesetzgebung der Verteidigung die ihr gebührende Stellung ini Verfahren einräumt und ihr mit dem Vertrauen ent

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Nachtlänge

Von

gegenkommt, welches am meisten geeignet ist, die Neigung von den diesjährigen Festspielen in Bayreuth.
zu Mißbräuchen zu verhindern und den Widerwillen gegen
sie zu verstärken. Das Mißtrauen reizt zu Mißbräuchen
an, das Vertrauen sichert den würdigen Gebrauch.“

Möchten diese Grundsätze in der Praxis mehr und mehr Geltung gewinnen! Möchten sie vor allem dahin führen, das Mißtrauen gegen die Verteidigung zu befeitigen, welches in einzelnen Bestimmungen des Gesetzes Ausdruck gefunden hat!

Das Gesetz behandelt die Anklage und die Verteidigung mit durchaus ungleichem Maße. Weder in der Vor untersuchung noch bei der Eröffnung des Hauptverfahrens, noch in der Hauptverhandlung selbst hat die Verteidigung gleiche Rechte, wie die Staatsanwaltschaft. Welche Unge rechtigkeit liegt nicht in dieser Ungleichheit der Waffen, welche schädlichen Folgen für die Angeklagten müssen sich nicht aus derselben ergeben! Der Staat, welcher den einzelnen Mifsetäter verfolgt, befindet sich im Besiz übermächtiger Mittel. Die ganze Persönlichkeit des Ange schuldigten, mit allem, was sie ist und was sie hat, steht zur Verfügung des Anklägers. Er kann sie natürlich unter Beobachtung der gesetzlichen Formen verhaften laffen, er kann ihre Wohnung durchsuchen, ihre Sachen und Briefe beschlagnahmen lassen und sie von jedem Verfehr mit der Außenwelt abschneiden. Alle Polizei- und Verwaltungsbehörden stehen dem Ankläger zum Zwecke seiner Ermittelungen zur Disposition, in der Aufwendung von Geldmitteln ist er unbeschränkt. Und der AngeUnd der Angeschuldigte? Ist er verhaftet, so ist er zunächst vollkommen hilflos. Der moralische Druck, welchen die Bedrohung mit einer entehrenden Anklage ohnedies auf ihn ausüben muß, wird noch erhöht durch das Herausreißen aus allen gewohnten Verhältnissen, durch die Trennung von seinen Angehörigen, seinen Geschäften, durch die Unterwerfung unter eine neue, ungewohnte Lebensweise, welche seinen Körper angreift, seinen Geist niederdrückt. Erst von dem Moment an, wo ihm ein Verteidiger zur Seite tritt, der ihn auch nur zeitweise und unter förmalen Schwierigkeiten sprechen kann, ist er in der Lage, etwas für seine Verteidigung zu tun. Aber auch dann nur wenig: denn der Verteidiger fann die Ermittelungstätigkeit, welche der in Freiheit befindliche Angeschuldigte entwickeln würde, seinerseits nicht ausüben. Ist der Beschuldigte in Freiheit, so steht ihm zwar der Weg offen, die Beweismittel zu fuchen, welche seine Unschuld dartun, aber dies erfordert Zeit, Kosten und leidet unter der Schwierigkeit, Zeugnisse zu sammeln von Personen, welche ihm auf seine Fragen keine Antwort zu geben brauchen - ganz abgesehen von der Gefahr, durch Besprechung mit Zeugen den Verdacht der strafbaren Beeinflussung auf sich zu lenken.

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Dr. H. Heimann.

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Das Heerlager derer, die sich einem alten Mißbrauche folgend, mit Vorliebe Waquerianer" nannten und nennen, zeigt angesichts der diesjährigen Festspiele eine sehr seltsam veränderte Physiognomie. Es ist bekannt, daß ein wißiger, geistvoller Wagnerianer" ältester Observanz seiner Zeit ein treffliches ein treffliches Schimpfwörterbuch" verfaßte und darin alle Grob- und Gemeinheiten (lettere in der Mehrzahl) gewissenhaft gebucht hat, die gegen Wagner von der hohen Kritik geschleudert worden waren. Durchmustert man jetzt die Heßartikel und Brandreden, die dieses Jahr gegen Bayreuth losgelassen worden sind, so findet man Stoff genug, um jenes „Lexikon“ auf das Doppelte seines bisherigen Umfangs zu bringen. Nur ein Unterschied ist | zwischen soust und jetzt: Sonst lieferten die „Antiwagnerianer", jest liefern die „Wagnerianer" den Hauptstoff dazu! Insbesondere auch einige Hauptvertreter der sonst allzeit getreuen" Wagneivereine. Man nimmt An= stoß an dem Erlaß“ vom 21. Mai, worin diesen Vereinen bedeutet wurde, daß sie an der Verwirklichung der Festspiele keinen Anteil, also auch keine Vorzugsrechte be= züglich der Erwerbung von Eintrittskarten hätten. Das klang hart und dissonirend in die Harmonie der „allzeit Getreuen" Getreuen und doch steht es in völliger Uebereinstimmung mit dem, was Wagner selbst am 1. Dezember 1880 über die Möglichkeit eines dauernden Weiterbestehens der Fest= spiele- über seinen Tod hinaus seinen „Patronen“ erklärt hatte. Nachdem Wagner ausgeführt hatte, daß sein „Parsifal“ ausschließlich für Bayreuth bestimmt sein solle, daß es seine Absicht sei, auch seine übrigen Werke mit der nötigen Deutlichkeit und nachhaltigen Eindringlichkeit“ vorzuführen, der Vermögensstand der „Patrone" aber eine Verwirklichung dieser Abfichten nimmer mehr gewährleisten könne, fährt er fort: (es) sollen denn die Aufführungen im eigentlichen Sinne öffentlich stattfinden und hierfür auf das Ausgiebigste zuvor angekündigt werden, wobei dann darauf gerechnet wird, daß außerordentliche Einnahmen nicht nur die Kosten dieser ersten Aufführungen vollkommen decken, sondern auch die Mittel zur Fortseßung der Festspiele im folgenden Jahre erschaffen werden. Von dem weiteren Erfolge der vorläufig auf dieses Werk (Parsifal) beschränkten Festspiele möge dann der Gewinn der Mittel zur allmählichen Vorführung aller meiner Werke abhängig gemacht sein, und würde endlich einem treuen Patronate dieser Bühnenfestspiele es übergeben bleiben, auch über mein Leben hinaus den richtigen Geist der Auf

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führungen meiner Werke in dem Sinne ihres Autors den Freunden seiner Kunst zu erhalten." Leider hätte der letztere Fall schon 1883 eintreten müssen, hätten die „Patronatsvereine" nicht durch ihre Auflösung auf jenes Erbrecht verzichtet, so daß die Oberleitung von der nächst berechtigten leiblichen Erbin geführt werden mußte. Jahre lang ist man damit zufrieden gewesen; die nen entstandenen Wagnervereine, die sich zum Zwecke der Erhaltung des status quo der Festspiele zusammentaten, haben wesentlich dazu beigetragen, jenes Unternehmen zu stüßen und zu erhalten. Die Festspiele selbst haben inDie Festspiele selbst haben in folge der außerordentlichen Vortrefflichkeit der Darbietungen ich erinnere namentlich an die MeistersingerAufführungen infolge des Heranziehens neuer, frischer Kräfte (z. B. van Dyck, Scheidemantel u. a.) und die über jedes Lob erhabene Sorgfamkeit der Ausführung so viel als möglich im Sinne des Autors" einen ungeahnten Aufschwung genommen. Soweit war alles in schönster Ordnung und ein Widerspruch gegen die Oberleitung wurde selten oder eigentlich gar nicht gehört. Die Sachlage ist nunmehr - 1891 — mit einem Schlage geändert: ein großer Teil der „Wagnervereinler" grollt im Stillen, ein anderer Teil schrie in allen Fach- und Tagesblättern Zeter und Mord über die elende Geldmacherei", die künstlerische Gewiffenlosigkeit von Bayreuth", die Ausbeutung des Publikums, die Beiseiteseßung der allezeit Getreuen“, schließlich auch über den unerhörten künstlerischen Rückgang der bayreuther Vorstellungen, die fich fauni mehr von denen der landläufigen Opernvorstellungen auf „mittleren Bühnen Deutschlands“ unterschieden. Namentlich bedeute die „Tannhäuser-Aufführung" ein vollkommenes Fiasko und sei eine Schmach" für die Bühne Wagners. Aus der zarten Blumenlese kritischer Kraftausdrücke, herrührend von Wagnerianern ältester Observanz, registriren wir für den künftigen Lerikographen außer den vorher angedeuteten noch folgende Stichwörter: Bayreuther Walpurgisnächte“, „B.'er Jahrmarkt", Tanz um das goldene Kalb", „Jude Meyerbeer", „Musikpäpstin", „Ober-Ammergaunerei Nr. 2" 1. f. w. Eine Wider legung all des zu Tage geförderten mehr oder minder Unsinnigen versuche der, dem es Vergnügen macht, Bäumen und Steinen Vernunft zu predigen.

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Der Berichterstatter hörte in diesem Jahre den „Parsifal" und den „Tannhäuser". Levis Auffassung und Leitung war so echt, rein und edel, wie sie 1882 zu Lebzeiten Wagners das Entzücken aller und die Freude des Meisters selbst gewesen war. Hr. van Dyck ist in Hr. van Dyck ist in die Titel Partie immer mehr hineingewachsen, vornehm lich bietet die große Kundry-Szene des 2. Aktes ein erschütterndes Bild wirklicher, innerer Tragik. Die über mächtige Handlung, die sich bei äußerem Stillstand, innerlich in Parsifal vollzieht, das Durchbrechen des Bewußt seins der Mission, die ihm geworden, das Abstreifen der kindischen Torennatur, wurde in meisterhafter, tiefergreifender Weise zur Darstellung gebracht, hier war jeder Zoll ein — Künstler. Nicht minder Bedeutendes gab Fräulein Meilhac als Kundry. Sie ist die erste und einzige Gesangs-Künstlerin, die durch ihre bis in das Kleinste und scheinbar Nebensächlichste woldurchdachte und durch geistigte Auffassung und Darstellung in mir den Gedanken an den feinsinnigsten und geistvollsten Künstler unseres Jahrhunderts wachrief. Für die wichtige Partie des Gurnemang hat Bayreuth in Hrn Grengg einen Er satz für den unvergeßlichen Scaria gefunden. Den Amfortas fang Herr Reichmann leider nicht mehr in dem reinen Stil, den Wagner dem Sänger im Jahre 1882 gelehrt hatte: sondern selbstgefällig und mehr im Tone eines Haremswächters als eines Gralfönigs. Der Klingsor des Hrn. Liepe war ein erster Versuch, der nicht ganz glück

lich ausfiel. Die Chöre der Gralritter und Knaben, das Ensemble der Blumenmädchen waren schlechthin unübertreffliche Leistungen, die jedem, der hören und sehen wollte, auf das Klarste bewiesen, wie in Bayreuth immer noch der alte gute Geist herrscht. Um diesen Geist darf niemandem bange sein, so lange Levi den Taktstock führt. Hoffentlich gelingt es feinem jungen Antipoden, die durch Levi verförperte Tradition zu beseitigen und den münchener Kapellmeister als „Brettlhupfer" auszustechen. Soll ein Nachfolger für Levi gefunden werden, so mag ihn Levi selbst suchen und auf ihn die authentische „Tradition“, übertragen!

Der „Tannhäuser“ in Bayreuth zeigte in vieler Hinsicht ein vollkommen anderes Bild, als man selbst auf denjenigen Bühnen zu sehen gewöhnt ist, welche ihn in der Neubearbeitung geben. Weil es nun aber so ganz anders war, weil man, wie uns dünkt, die Farben allenthalben milder aufgetragen hatte, weil man aus dem Tannhäuser im zweiten Aft nicht einen minnesängerischen Raufbold, aus dem des dritten Aktes kein rasendes Ungeheuer machte, darum eben erschien vielen „alter Observanz“ diese Gestalt leidenschaftslos und nichts gegen Niemann“, troßdem dieser als Tannhäuser nichts mehr, aber auch nichts weniger zu geben hatte, als bloße Leidenschaft, gleichviel, ob er sang,,Dir hohe Göttin", oder das Duett mit Elisabeth, oder seine „Pilgerfahrt nach Rom" spielte. Alvary, der Vertreter des Tannhäuser in Bayreuth, ist kein Siemann, das war sein ist fein Riemann, das war sein Vorzug, stellenweise viel leicht auch seine Schmäche. Meines Erachtens überwog jener diese beträchtlich. Die bayreuther Elisabeth war feine verkleidete Brünhilde mit langer Theaterschleppe, sondern ein einfaches, schlichtes Mädchen, bei der noch nichts Bewußtsein, sondern alles Ahnung ist, die aber im entscheidenden Augenblicke zu sich selbst kommt und ihrer hohen Aufgabe plötzlich bewußt werdend, eine so überwältigende Geistesgröße zeigt, daß sich vor ihr, der kaum erwachsenen Jungfrau, alles in Willfährigkeit und Demut beugt. Im leßten Aft ist sie Heilige und Märtyrerin der Liebe. Nichts kann einer solchen ätherischen und doch wieder imponirend kräftigen Gestalt mehr schaden, als jeder primadonnenhafte Zug. Man tat darum gut, jüngere Talente" wie Wagner es auch bei der pariser Aufführung 1861 getan hatte den fertigen" vorzuziehen. Mochte dabei vielleicht auch bei den schwierigeren Partien der Darstellung im zweiten Afte mancher Wunsch unerfüllt bleiben, den neuen, reinen Typus der Elisabeth hat uns Bayreuth in diesem Jahre gegeben. Dazu aber auch die entsprechend umgestaltete Gegenspielerin der Elisabeth, die Elisabeth, die,,Venus". Frl. Meilhac' Darstellung dieser Rolle war eine musikalisch-dramatische Großtat ersten Ranges, aber nicht von der Art jener üblichen Bühnenraserei, jener wollüstigen Schlaffheit und krampfhaften Bosheit, wie die Venus gewöhnlich erscheint: Die Künstlerin gab sie als „hohe Göttin“ und verlieh ihr gerade so viel Idealität, als für eine weibliche Schönheit nötig ist, um unwiderstehlich zu fesseln. Wer also hier eine Dämonin, oder nichts als ein fiunberückendes, höchst irdisches Weib von göttlicher Schönheit erwartete der kam nicht auf seine Rechnung. Denn seine Rechnung war eben eine falsche. Eine Gestalt wie diese lettere hat nicht die der Grazien im Gefolge, die dem wüsten Treiben Einhalt gebieten. Etwas von dem Hauch der edelsten Antike, von dem die „Medicacerin“ umflossen ist, muß in Wagners Venus" enthalten sein, sonst wird das Ganze eine Farce. Frl. Meilhac hat mit ihrer Venus den Sinn des Autors, wie mir scheinen will, auf das glücklichste getroffen. Ueber Herrn Scheidemantels Wolfram war alles einig. Diese rein tyrische Partie ist ja allerdings kaum zu vergreifen, und insofern hatte Scheidemantel am wenigsten neu zu

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gestalten. Ohne sich einerseits ins Traumhafte und ins Traumhafte und Schmachtend-Verhimmelnde zu verlieren, verlieh er anderer seits seinem Wolfram nicht etwa blos den üblichen Theaterheiligenschein, sondern etwas Sinnendes, Stilles, FriedlichRuhiges, an entsprechenden Stellen, wie im ersten Aft (Erzählung) im Sängerkampf und in der Schlußszene des dritten Aktes etwas ungemein Kühnes und Ritterliches, ohne dabei die Figur zu zerbröckeln und, wie es so oft ge= schieht, ein einheitliches Kunstgebilde in einzelne schön gefärbte Mosaik-Stücke so zu zerlegen, daß darüber das Gesamtbild verloren geht. Der Landgraf des Herrn Döring war eine durchaus achtungswerte Leistung. Chor und Orchester standen auf der Höhe bayreuther Vollendung, desgleichen auch alles, was in das Gebiet der Regie- und Dekorationskunst gehört. Mottl bewährte sich als Leiter des Ganzen vorzüglich. Die Zeitmaße waren etwas zurückhaltender, als man sie gewohnt ist. Damit will ich nicht sagen, daß das ein Fehler gewesen sei, zumal fie mir soweit man sich dies in der Erinnerung refonstruiren fann --den metronomischen Angaben im neuen Tannhäuser-Klavier-Auszuge vollkommen zu entsprechen schienen. Nur in der Einleitung zum dritten Aft mußte die Stelle in den Holzbläsern (Motiv der Elisabeth: Ich fleh für ihn") nicht gar so übermäßig gedehnt werden.

Nimmt man alles in allem, so kann nur „blinder Eifer" oder zelotischer Lokalpatriotismus, wie er z. B. in Dresden seine tollsten Sprünge macht, oder persönlichste Voreingenommenheit behaupten, daß die „Tannhäuser Vorstellung" in Bayreuth der Bühne Wagners unwürdig gewesen wäre. Gewiß mag nicht jede Aufführung des Tannhäuser in Bayreuth gleichmäßig gut gewesen sein, sicher mag der weimarer Sänger Zeller einen höchst ungenügenden Tannhäuser geboten haben; aber auf den Geist der Aufführung kommt es doch immer in erster Linie an. Der war aber immer der gleiche; und so bedauerlich es ist, daß unvollkommene oder gar Aerger erregende Störungen durch die Unzulänglichkeit gewisser Leistungen vorgekommen find, so ist doch zu bedenken, daß Bayreuth dieses Jahr gerade mit erheblicheren Schwierigkeiten denn je zu kämpfen hatte. Man wird erwarten dürfen, daß für die nächst jährige Tannhäuser-Aufführung, wo solche Schwierigkeiten nicht zu befürchten sind, Geldopfer nicht gescheut werden, um eine vollkommen zureichende. „Elisabeth" und einen dritten Tannhäuser neben Alvary) und Winkelmann zu ge winnen. Der Geist des neuen bayreuther Tannhäuser aber soll derselbe sein und bleiben. Er ist der reine, wahre und echte „Tannhäuser"!

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kommt, man weiß nicht wann und wo, kamen zwei große Erfolge und zwei Theaterkassirer konnten wieder lachen; denn das Publikum war gnädig gewesen und hatte im Lustspiel gelacht, in der Tragödie sich würdig benommen, und nicht umgekehrt.

Molière, Oskar Blumenthal, Gustav Kadelburg und Grillparzer waren die Retter des Theaters.

Einen jener tollen Erfolge, von denen man in Bühnengeschäftskreisen noch nach Jahrzehnten spricht, schienen Blumenthal und Kadelburg im Lessingtheater mit dem zweiten Akte ihres Schwanks „Die Großstadtluft" erkämpft zu haben. Nachher versicherte das Lachen zwar langfam; aber noch am Schluffe sah man lauter fröhliche Gesichter, und alle Welt war den Verfassern für ein paar Stunden Luftigkeit dankbar. Sie waren nicht nur flug, sondern auch bescheiden gewesen, sie hatten ihr Stück nicht nur einen Schwank genannt, sondern es auch ohne litterarische Ansprüche geschrieben. Vielleicht aber kam diese kluge Bescheidenheit ein wenig zu spät; namentlich im 1. und im 3. Akte finden sich einige Rudimente einer mittelmäßigen Lustspielidee, und solche Szenen haben den Erfolg öfter für einige Minuten unterbrochen. Die Verfaffer täuschen sich, wenn sie glauben, einen guten Schwank durch einzelne höhere Töne zu verbessern. Lustspiel und Schwank, jedes hat seinen besonderen Stil, und jedes kann durch Zutaten aus dem andern Gebiet verdorben werden. Im zweiten Akte aber namentlich war der beste pariser Schwankstil gut getroffen und einheitlich durchgeführt, der große Erfolg also ehrlich verdient. Gespielt wurde ganz vorzüglich.

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Tags darauf hatte das Berliner Theater einen Sieg zu verzeichnen, und vielleicht zum ersten Male seit dem Bestande dieser Bühne verließen die bescheidenen und die geschmackvollen Zuhörer gleicherweise befriedigt das Haus. Zwei schwierige schauspielerische Aufgaben wurden ganz wacker gelöst; das veraltende Lustspiel Molières Geizige" wurde wieder lebendig, und das feine „Estherfragment" Grillparzers kam zu starker Wirkung. Ueber Molières Bedeutung für die Gegenwart werden wir uns vielleicht ein andermal zu unterhalten haben, wenn sich eine Bühne für Ludwig Fuldas neue Uebersetzung des „Menschenfeinds" finden sollte. Ich habe über das Geuie Molières, der vielleicht der größte französische Dichter und dennoch nur ein französischer Dichter gewesen ist, mancherlei auf dem Herzen Ueber seinen Geizigen" nur so viel, daß der schöne Erfolg uns nicht darüber täuschen_darf, wie fremd unserem natürlichen Gefühl diese Kunst ge= worden ist Die Handlung ist so schablonenhaft univahrscheinlich wie nur beim alten Plautus. Das Genie Molières bestand nun darin, mitten in dieser schlecht erfundenen Fabel und mit Hilfe einer Sprache, welche bei aller Anmut nicht frei ist von der Künstelei seiner Zeit, die Hauptgestalt mit erschreckendem Realismus zu zeichnen. Es ist, als hätte Mar Liebermann einen Arbeiter in eine Landschaft von Poussin hineingemalt, als hätte Zola eine Figur für einen Roman der Scudery ausgeführt. Der Litteraturkenner kann die Augen schließen, sich in die Zeit Ludwigs XIV. zurückverseßen und das alte Lustspiel histo= risch auf sich wirken lassen. Der naive Zuhörer nimmt das Stück wie eine verrückte Posse auf, in welcher der Hauptcharakter, konsequent wie ein Wahnsinniger, ihn so sehr belustigt, daß es zum Schrecken gar nicht kommt; die Wirkung war zu Molières Zeiten gewiß eine andere. Heute war der Eindruck ein ähnlicher wie der, als im vorigen Winter Pierrot glücklich wieder belebt wurde. Natürlich habe ich für diesen Vergleich die deutschen Molièristen um Entschuldigung zu bitten.

Die fliegende Hast, mit welcher der „Geizige“ ganz richtig zu Ende gespielt wurde, ließ Rauni, um uns am

felben Abend Grillparzers Esther" vorzuführen. Der scheinbar gewagte Versuch ist immer noch gelungen, wo man für diese Jüdin von Susa eine geeignete Darstellerin fand; er ist mit Frau Sorma ganz ausgezeichnet gelungen, wenn diese Künstlerin auch ihres Sieges über den König und das Publikum vielleicht ein wenig zu sicher aussah. Sie lächelte entzückend, aber es ist mir doch sehr fraglich, ob die Nichte Mardochais so häufig Anlaß zum Lächeln hatte. Auch die übrige Aufführung war gut bis auf einen vollkommen mißverstandenen Haman. Warum wurde dieser klassische Antisemit auf dem Berliner Theater als vollendeter Trottel dargestellt, da Grillparzer ihn doch als eitlen, aber äußerst schlauen Höfling gezeichnet hat?

Doch jeder solche Punkt berührt Fragen, die ohne kritische Zergliederung der vorhandenen Estherfragmente nicht zu lösen sind. Grillparzers Plan müßte aus hingeworfenen Notizen wieder hergestellt werden, und da bliebe, wie immer in solchen Fällen, manches zweifelhaft. So viel scheint mir ausgemacht, daß man Grillparzers Esther am besten versteht, wenn man sie als Gegenfab zur Jüdin von Toledo“ anschaut und mit Nathans Recha vergleicht. Denn das kann man wol als eine Tatfache hinnehmen, daß Franz Grillparzer an der Neberlieferung der biblischen Geschichte nichts Wesentliches geändert, daß also das Drama mit der Aufknüpfung des bösen Haman und mit einem Triumphe der Jüdin geendet hätte. Ju seinem spanischen Stücke ist der König in die Jüdin oberflächlich verliebt und wird durch ihren Tod wie von einem häßlichen Zauber erlöst. In der „Efther" mußte der König in einer großen Szene erfahren, seine Gemahlin sei Jüdin, und er mußte nach der gegebenen Fabel diese Mitteilung gütig auf nehmen. Liebt er sie doch so, daß er ihr nach der dreimal wiederholten Erklärung der biblischen Geschichte die Hälfte seines Königsreichs schenken möchte. Diese Fabel mußte auf die Zeichnung der Charaktere wirken. Haman ist kein Patriarch, sondern einfach ein Egoist; der Schah Ahasverus von Persien ist nicht so gut und klug wie Saladin, ist aber auch nicht so jung und leidenschaftlich wie der König von Spanien, er ist ein bischen Raunzer wie Grillparzer selbst und seine liebsten Königsgestalten. Mardochai ist weit mehr Jude als Nathan, er ist erfüllt von der Auserwähltheit seines Volkes und wird nach seiner Erhöhung durch Stolz und Hochmut nicht viel angenehmer wirken als der Antisemit Haman. Esther aber hat die schönste geistige Verwantschaft zu Recha; sie ist nicht Mardochais, sondern Grillparzers Geschöpf und spricht unter anderem ihre parteilose Meinung zur Juden frage mit der köstlichsten Grillparzerschen Ironie aus. Es ift jammerschade, daß Grillparzer das Stück nicht zu Ende geschrieben hat; man muß schon ein recht verbissener Philologe sein, um das Studium der Fragmente" dem Genusse der Dichtung vorzuziehen.

Welche dichterische Tat Grillparzer aber vollführte, als er die schwer verständliche und eigentlich unintereffante Esthergestalt zu seiner Esther umschuf und in ihrer ersten Begegnung mit dem König eine der schönsten Liebesszenen der deutschen Litteratur fand, das kann uns ein Blick auf die Quelle lehren. Hier hört jede Vergleichung auf. Diese Szene trägt den Stempel von Grillparzers eigenster Größe.

Im Buche Esther wird uns erzählt, aus welchem Grunde altgläubige Juden noch heute ihr nationales Faschingsfest feiern. Es wäre nebenbei sehr drollig, wenn die christliche Fastnacht, bei der es den Juden nicht immer gut erging, historisch mit dem alten Jubel zusammenhinge, zu welchem die persischen Juden allen Grund hatten, als fie an einem Februartage über alle Judenfeinde Persiens

herfallen durften, anstatt von eben diesen niedergemeßel zu werden. Und das geschah bekanntlich, weil die schönen Augen Esthers Gnade fanden vor dem Könige Ahasverus. Die Sage wird in der Bibel hübsch erzählt, aber man kann nicht sagen, daß die persischen Juden bei dieser Gelegenheit einen ethisch bedeutenden Eindruck machen. Zuerst schmuggeln sie dem König eine schöne Jüdin in seinen Harem und dann, da er den Antisemitenführer Haman hat henken lassen, „erwürgeten sie ihrer Feinde fünfundsiebzigtausend, aber an ihre Güter legten sie ihre Hände nicht." Na, die Uneigennüßigkeit in Ehren, die Erwürgung von 75 000 (es kommen in der Hauptstadt noch 500 dazu) erinnert doch ein wenig starf an die Scheufäligkeiten von denen die Eroberung Kanaans begleitet war; und auch der triumphirende Ton am Schluffe des Buches Esther ist minder erfreulich. Grillparzer fonnte der Bibel die Fabel entnehmen, und den Fanatiker Mardochai. Für seine herrliche Esther fand er in der heiligen Schrift auch nicht einen Zug.

Nun gehört aber einmal das Buch Esther mit zu dem Kanon der heiligen Schrift und so konnte es einem frömmelnden christlichen Dichter wie Racine gar nicht schwer fallen, die Grundstimmung des nationalen Fanatismus in dem Buche zu übersehen und sein berühmtes Mädchenpensionats mit der ausdrücklichen Bestimmung zu Drama Esther" für die Dilettantenvorstellung eines schreiben, daß die jungen Damen von Saint-Cyr durch Auffagen seiner Verse die zahlreichen Fehler ihrer provinziellen Mundarten ablegen sollten. Racine wunderte sich nachher selbst darüber, daß man die Kinderunterhaltung (un divertissement d'enfants) ernst nahm. Wir müssen uns zweihundert Jahre später noch mehr darüber wundern. Denn wenn Racine überhaupt ein lederner Geselle war, so ist seine Esther vielleicht der Höhepunkt von Unwahrheit, Ungeschmack und Ziererei. Wenn Racine heute in Deutschland noch die mindeste Geltung hätte, so wäre es ein gutes Werk ihn anzugreifen. Da aber ein Rest von natürlichem Gefühl selbst die Musterknaben unserer Gymnasien vor ihm schandern läßt, so mag die Bemerkung genügen, daß trot Racine der Stoff vor Grillparzer von keinem Dichter behandelt worden war. Racines Esther" würde heute nur noch als unfreiwillige Parodie wirken; sie ist übrigens in einer der luftigsten Parodieen Goethes schon vor hundert Jahren mit allen Ehren bestattet worden, und ich kann die Vermutung nicht unterdrücken, daß Goethe, der selbst unter anderem den Haman spielte, ihu so aufgefaßt haben mag, wie er uns jüngst entgegentrat.

Mit seinen Parodien war Goethe, nach seinen eigenen Worten, einem tieferen Trieb gefolgt. Es entsteht ein leidenschaftlicher Widerwille gegen mißleitende, beschränkte Theorien; man widersetzt sich dem Anpreisen falscher Muster. Alles dieses, und was daraus folgt, ward tief und wahr empfunden, oft aber einseitig und ungerecht ausgesprochen."

Es steht dem alternden Goethe sehr gut, seinen Jugendübermut zu begründen und dabei dennoch die verspotteten Berühmtheiten ein klein wenig gegen sich in Schuß zu nehmen. Gerade die Parodie auf Racines Esther" hat er aber erst später dem „Jahrmarksfest" eingefügt.

Auf dem Wege Racines also war der biblischen Gestalt nicht beizukommen. Grillparzer aber ging auch nicht die Wege Schillers und nicht die Wege Goethes. Höchst persönlich wie sein ganzes Dichten, war auch sein Verhältnis zu der schönen Jüdin von Ensa. Aus Eigensinn hat er sich um das Glück an Vasthis Seite gebracht, in die düsterste Schwermut treibt ihn sein Eigensinn, er wird menschenschen und weiberfeindlich, bis ihn ein schönes wiener Judenmädchen, ein eigenes und sinniges Kind, erlöst. Und hier ist das Zeichen, das Grillparzers Esther

von allen unterscheidet, etwa auch von Schillers und, Goethes Frauengestalten. Schillers Frauen sind fast durchaus phantasiegeborene Heldenweiber, die wir nicht näher kennen lernen, die uns aber durch ihre feurige Be redtsamkeit und durch ihre außerordentlichen Taten und Schicksale fortreißen Goethes Mädchengestalten sind ja die Lebenswahrheit selbst, und sie werden uns vertraut wie das Liebste; aber sie feffeln uns oft auf Kosten des Gefamtkunstwerks, sie sind so lebendig, daß sie aufhören historisch zu sein. Kaum so groß wie Goethe, nicht so hinr ißend wie Schiller, beläßt Grillparzer seine Frauen in ihren historischen Rahmen und und nimmt ihnen doch nichts vom Reiz des Portraits. Hero ist ganz wol möglich als verliebte griechische Nonne aus dem grauen Altertum und hört darum nicht auf, ein wiener Kind zu sein. Und etwas von der Anmut Wiens ist ausgegossen über alles, was Grillparzer mit Liebe geschaffen hat. Auch Esther-Hadaffa ist für unsere Phantasie, ist vor allem für die Bühne anschaulich als persische Jüdin und hört doch mit keinem Zuge auf, ein wiener Kind zu sein.

Und wie die Anmut Wiens nirgends mehr bewundert werden kann als in Norddeutschland, so erkämpft der Urwiener Grillparzer nun Sieg um Sieg in Berlin. Hoffen wir, daß demnächst Der treue Diener seines Herrn" den Kreis schließen werde.

Grillparzer brummte gern gegen Berlin; und manch mal war es auch schlimmer als Brummen. Hätte er cs aber mit ansehen können, wie nun die dritte große Grillparzergestalt der Frau Sorma tosenden Beifall weckte, es hätte ihn doch gefreut, troß Königgrätz und Sedan.

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Litterarische Chronik.

Gegen Martin Hildebrandt, den Verfasser der KezerBriefe, ist das Untersuchungsverfahren wegen Gotteslästerung und Schmähung der jüdischen und christlichen Kirche eingeleitet worden, indessen ist seine Schrift bis jetzt noch nicht beschlagnahmt worden.

Prof. Dr. Eduard Zarncke, der Sohn des eben verstorbenen Germanisten Friedrich Zarncke hat die Leitung des Litterarischen Zentralblattes, das sein Vater mehr als vierzig Jahre redigirt hat, übernommen.

Im Dezember erscheint im Verlage von Heinrich Minden eine neue Erzählung von Ossip Schubin, die sich „Torschlußpanik“ betitelt und der Fürstin Bismarck gewidmet ist.

In der am 22. Oktober stattgefundenen Generalversammlung des Vereins Berliner Presse" wurde austelle des fazungsgemäß ausscheidenden Erust Wichert Friedrich Spielhagen mit großer Majorität zum ersten Vorsitzenden gewählt. Anstelle Fedor von Zobeltig trat als zweiter Vorsitzender Otto Wenzel.

Julius Wolffs demnächst bei G. Grote erscheinende Erzählung „Renata", die ganz in Versen geschrieben ist, spielt zur Zeit der Reformation in Hildesheim.

Hans von Hopfens neues Schauspiel „Die Göttin der Vernunft", das einen ähnlichen Stoff behandelt wie Sardous „Thermidor", ist in München, wo es an der Hofbühne aufgeführt werden sollte, von der Censur beanstandet worden.

Das fünfattige Schauspiel „Die Sitte“ von Hans von Reinfels, welches vom Ostendtheater zur Aufführung angenommen worden, ist von der Zenjur aus sittenpolizeilichen Gründen verboten worden. Der Verfasser hat gegen das Verbot Beschwerde erhoben.

Der im vorigen Jahre in der Schweiz verunglückte Privatgelehrte Dr. phil nuft aus Bremen, der an der Universität in Leipzig

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Im königlichen Hoftheater zu München wurde am 24. Oktober die bereits im Jahre 1884 verfaßte, einen nordischen Heldenstoff behandelnde Szene Högnis leste Heerfahrt von Hermann Lingg zur ersten Aufführung gebracht. An derselben Bühne werden demnächst die Dramen Sophie Dorothea" von Friedrich Schüß und,,Wahrheit“ von Paul Heyse zum ersten Male aufgeführt werden.

Im zweiten Heft von Ueber Land und Meer" wird die Veröffentlichung von Briefen Moltkes an seine Braut und spätere Frau fortgesetzt.

Gerhart Hauptmanns Drama,,Einsame Menschen" errang bei feiner ersten Aufführung im Stadttheater zu Hamburg einen Achtungserfolg, bei dem es jedoch nicht ganz ohne Opposition, besonders am Schlüsse des Stückes, abging.

In der Freien litterarischen Gesellschaft zu Berlin fand am 26. Oktober ein Diskussionsabend statt. Der angekündete Vortrag von Ola Hansson über den neusten deutschen Roman fiel leider aus. Dafür bekam das Publikum die von heißer Glut befeelte, das echt moderne Motiv vom Kontrast zwischen asketischer Erziehung und angeborenem Lebenstrieb behandelnde Novelle „Das Sterbelied" von Herrmann Sudermann zu hören. Daz kleine Werk, das in „Vom Fels zum Meer" soeben zum Abdruck gekommen ist, ward von Hanz Land in der entsprechenden Weise vorgetragen. Darauf folgte ein Vortrag von Leo Berg, der auseinanderseßte, warum die moderne Dichtung so deprimirend auf das Publikum wirkt.

Das Deutsche Theater bereitet für den November einen Cyclus der hauptsächlichsten Dramen Goethes vor. Der Cyclus beginnt in der zweiten Woche des November und wird in acht Vorstellui gen, von denen zwei bis drei in jede Woche fallen, folgende Stücke umfaffen: Stella Die Mitschuldigen Götz von Berlichingen Die Geschwister Clavigo Torquato Tasso Egmont Iphigenie auf Tauris Faust I Faust II.

Am 23. Oktober wurde im Rudolphheimer Volkstheater in Wien das zum ersten Male aufgeführte neue Volksstück „Freigesprochen oder § 139 von I. Philippi mit lebhaftem Interesse aufgenommen

Ein Engländer, Namens Round, hat in dem Holzgelaß eines Landhauses zwei große Packete von Schriftstücken gefunden, die Korrespondenz des holsteinischen Gesanten am Haag, Petkum. Der sehr umfangreiche Briefwechsel umfaßt die ganze Zeit des Erbfolgefrieges vom Herbst 1705 bis Ende 1711 und enthält unter anderem Originalbriefe des französischen Ministers des Aeußeren, Torch, des französischen Bevollmächtigten Rouilli, Ludwigs XIV. und des Herzogs von Marlborough.

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Im Oktoberheft vom Century Magazine befindet sich ein Artikel von Edmund Gosse über Rudyard Kipling, den neuen Shakespeare", wie einige überschwengliche Gemüter den begabten englischen Schriftsteller genannt haben. Rudyard Kipl ng, der erst sechsundzwanzig Jahre alt ist und der sein erstes Buch im achtzehnten Lebensjahre erscheinen ließ, wird hier mit Pierre Loti verglichen. Der junge englische Schriftsteller ist lange Zeit in Indien gewesen, und indisches Leben ist es besonders, das er so meisterhaft schildert. Er hat als Journalist und Kriegskorrespondent ein wechselreiches Schicksal gesehen und gilt jezt in England allgemein als der begabteste junge Schriftsteller des Inselländes, besonders zeichnet er sich durch die Schärfe seiner Beobachtung und die Eraktheit seiner Schilderung aus.

In der Révue bleue" Nr. 17 veröffentlicht Georges Pelissier eine längere Studie über Marcel Prevost, den Vertreter des jezt in Paris auf der Tagesordnung stehenden Roman romanesque.

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