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Schönheit so unglaublich viel Charme" besaß. Nur die Mütter überlief es falt bei ihrem Anblick, und diese nannten die Maitresse Steinaus eine fürchterliche Person; eine Sirene, der Zauberkünste zu Gebote stehen mußten. Sie habe so behauptete man wenigstens die eheliche Treue des jungvermählten Vohburg einen Augenblick wanken gemacht und vollziehe jezt das Verderben des armen Steinau, dem sie derart den Kopf verdrehte, daß er ihretwegen die unverzeihlichsten Narrheiten beging. Und er tat es mit einer Selbstzufriedenheit, mit einer Seelenruhe, als ob seine ganze bisherige Lebensführung eine verkehrte gewesen und er jezt erst zur Einsicht der richtigen gekommen sei.

Steinan hatte seine Geliebte im ersten Stockwerk

eines Hotels auf der Ringstraße, einst das Palais eines großen Herrn, etablirt, und diese Wohnung wurde von ihr mit einem Geschmack, einem Verständnis für Pracht und Lurus eingerichtet, die des Schönheitssinnes einer Aspasia würdig gewesen wären.

Bei Steinau empfing sie ihre Gäste, dort herrschte fie und hielt sie Hof. Dort wurde an dem Tage, an welchem ein jüngerer Kollege des Diplomaten den Posten erhielt, der von diesem so lange ersehnt und nun so leichten Mutes ausgeschlagen worden, ein glänzendes Bankett abgehalten. Beim Dessert brachte der Hausherr ein Hoch auf den neuen Gefanten aus und trank fröhlich auf deffen Gesundheit und staatsmännische Erfolge.

Niemand war von dem Aufsehen, das Steinaus merkwürdiges Benehmen erregte, so schmerzlich berührt, wie Gräfin Walsegg; niemand jedoch nahm ihn gegen die Angriffe seiner Feinde und die schlimmeren seiner Freunde so lebhaft in Schuß wie sie. Wenn in ihrer | Gegenwart über den Skandal, den es gab, Zeter geschrieen wurde, lächelte sie geheimnisvoll, nahm ihre wichtigste Miene an und sagte:

„Ein Skandal ist es, weil man einen daraus macht. Diese Liaison scheint mir ein geschicktes Manöver. . Wer weiß, wer weiß... Seine gute Reputation genirt ihn vielleicht, er braucht vielleicht für einige Zeit eine schlechte. Er will... Nun ich weiß nicht was, aber das weiß ich - an seiner Vernunft, seinem Charakter, macht mich Graf Steinau nicht irre!"

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So sprach die Gräfin und fuhr fort die ungetrübteste Heiterkeit zur Schau zu tragen. Aber wie ängstigte sie sich im Stillen, wie entseßlich waren ihre Nächte! Sie erwachte mit Herzklopfen und sah auf ihrer Bettdecke kleine weiße Gespenster hüpfen, die Geister unbezahlter Rechnungen der Modistin, der Schneiderin, des Juweliers, des Lohnkutschers, des Friseurs . . . Wenn die Heirat Steinaus mit Bertha nicht zu Stande kam was dann? Ach, es ist keine Kleinigkeit, zwei Töchter in die Welt führen, elegant sein müssen ohne reich zu sein. Noch ein Winter wie dieser, mit seinem endlosen Fasching, mit seinen Fluten von Einladungen, mit all seinen eingeheimsten Huldigungen, und die Gräfin war ruinirter als Pyrrhus nach dem Sieg bei Afculum.

Im außersten Falle konnte sie freilich die Hilfe Vohburgs in Anspruch nehmen; allein sie war zu sehr große Dame, um leichten Herzens bei anderen Leuten Schulden zu machen als bei ihren Lieferanten und fand es auch nicht billig, die Kosten ihres Eroberungszuges nach dem zweiten Schwiegersohne von dem ersten bestreiten zu lassen. (Fortseßung folgt.)

Betrachtungen über die internationale KunstAusstellung in Berlin.

Von

Dr. Albrecht Schütze.

2. Jtalten.

Haec est Italia Diis sacra. Diese Worte schrieb Jakob Burckhardt vor seinen „Cicerone“, und als das gottgesegnete Land gilt auch heute noch Italien jedem Deutschen, dessen Herz nicht aufgehört hat, für die Kunst zu schlagen. Mag auch Paris die moderne Hochschule für bildende Kunst sein und fernerhin bleiben: das was uns Italien ist, kann es uns doch niemals werden. Wenn Dürer in Venedig, im Vorgefühl seiner Heimkehr nach dem rauhen Norden, nach der Sonne fror", so will es uns, die wir im Norden hausen, sobald wir an Italien denken, immer nach der Sonne dürften. Es ist die Sonne des Himmels und die Sonne der Geschichte und nicht zuletzt die lauterste Sonne der Kunst, die dort mit dreifacher Strahlenkraft auf uns eindringt, nicht versengend, nicht blendend, aber durchleuchtend und durchglühend. Uns ist zu Mute, als ob wir ein Mitrecht an diesen Boden hätten, der das Blut so vieler unserer besten Brüder getrunken hat, auf dem fast alle unsere Geisteshelden gehobenen Hauptes gewandelt find und wenn es möglich wäre, daß Luther durch irgend einen Zug unserem Gemüt entfremdet würde, so geschähe cs dadurch, daß er durch das Italien der Renaissance gegangen ist, ungerührt von allen seinen Zaubern, Büßer und Bußprediger= gedanken im Herzen.

Sonne! Das ist das Wort, das eine, allumfassende Wort, mit dem auch die heutige Kunst Italiens, wenigstens so wie sie sich auf der berliner Ausstellung darstellt, umschrieben werden. muß. Da ist kaum ein Bild, auf dem nicht die volle üppige Sonne lacht, und wenn man vergleicht, wie unsere deutschen Maler sich bemühen, für ihre Vilder ein Eckchen Sonne herauszutüfteln, das dann irgendwohin auf ein schmales Höfchen fällt, oder durch einen Türspalt verstohlen in ein Zimmer dringt, schüchtern und schier verschämt, dann strahlt es wie eine jubelnde Erlösung von diesen in Sonne gebadeten Bildern Italiens und aus der ungebrochenen Kraft ihres Farbenreichtums.

Vor allem ein Bild zieht, wo auch gerade im Saal man sich befindet, immer wieder durch sein farbenfrohes Leuchten dell' Oca Bianca, ein wahrer Siegeseinzug des Frühlings. die Blicke auf sich, die „Primavera" des Veronesen Angelo Noch vor einem Menschenalter würde ein Künstler, der die in diesem Bilde lebende Gefühlswelt voll hätte zum Ausdruck bringen wollen, voraussichtlich einen schönen, nackten Jüngling gemalt haben, der, auf einem goldenen Wagen stehend, vier

weiße Rosse durch die Lüfte lenkt; ringsum hätten dann allerhand Genien, Amoretten und Lenzgöttinnen geflattert, und der obligate Rosenregen von oben wäre nicht ausgeblieben. Zweifellos giebt es auch heute noch eine ganze Anzahl Kunstgreise und Schöngeister, die so etwas hochpoetisch" finden würden. Der moderne Maler aber empfindet anders. Er giebt ein einfaches Stück Wirklichkeit und legt in dieses die ganze Fülle echtesten Lebens hinein, und erzielt damit auf unverbildete Gemüter eine Wirkung, gegen die jede Allegoristerei als frostig verblassen muß. Es ist Blumenmarkt in Verona, die jungen Weiblein, gering und vornehm, haben ihre Einkäufe gemacht und begeben sich auf den Heimweg. Wir sehen sie uns entgegenkommen, aus dem Bilde heraus, in langsamem, versprengtem Freudenzug, die blühende Bürde im Arm, in hellen Gewändern von frischer Farbe, hinter sich die von leichtem Lenzwind bewegten weißen Schirmdächer der Höckerinnen, die von der Sonne vergoldeten Häuserreihen und den in gesättigtem Blau hoch sich wölbenden Himmel. Lauter hübsche jugendfrische Gestalten von echtitalischer Rasse, gebräunt und mit dunklen Augen, derb und voll die Mädchen aus dem Volke mit ihren lose umgerafften Shawls, fein und geschmeidig das weiße ziervolle Dämchen, das fokett den gelben Fächer gegen die Sonne hält und einen prächtigen kleinen Burschen angestellt hat, ihre beiden Blumentöpfe zu tragen. Das alles strömt ruhig und siegesgewiß nach vorn, die ganze Lust des Frühlings mit sich bringend, aber nicht buhlerisch mit verführerischem Lächeln, sondern mit stillem innneren Behagen, mit gedehnter Kraft und gesund pulsirendem Blut. Und dieses Bild ist vorbildlich für die ganze italienische Abteilung. Deshalb verdient es auch an deren Spize gestellt zu werden.

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zuwarten, ob es ihnen wol gerade so gehen möge, wie jenem Glücklichen, den die junge Mutter sich beretts herausgeholt hatund auf den Arm nimmt und tüchtig füßt. Den Kirchgang eines jungen Brautpaares hat Michetti nicht minder ausgelassen dargestellt. Am Portal harren der würdige alte Küster und ein paar Hornbläser und Flötisten. Dirnen stehen dabei und. ergößen sich über einen Hund, der über die Schwelle getrieben wird und dabei furchtsam den Schwanz einzieht. Dann naht der Hochzeitszug, hinter dem Brautpaar einige Reihen gepugter Landmädchen, die stolz und siegesbewußt einherschreiten. Da aber Regenwetter herrscht, so heben einige sorgfältig ihre Röcke auf und suchen mit dem Fuße die trockenen Stellen heraus. Alte Bauern kommen hinterdrein, spannen ihre Regenschirme auf und disputiren miteinander. Troß des grauen regnerischen Untertons ein ungemein farbenprächtiges Bild voll prächtiger Volkstypen. Die Technik ist vollendet, drängt sich aber nicht im mindesten vor, sondern ordnet sich dem Stoff unter. Doch. bewahrt Michetti nicht immer seine volle Frische und verfällt gelegentlich gar in Glätte und Geziertheit, z. B. bei dem kleinen Bilde zweier Schafhirtinnen, das dem Modegeschmack entgegens kommt, um salonfähig zu sein.

Es kann nicht meine Aufgabe sein, hier eine vollständige Aufzählung der ausgestellten Bilder darbieten zu wollen. Es kommt mir einzig darauf an, den Charakter der verschiedenen; europäischen Kunstschulen, besonders wo sie ein nationales Gepräge aufweisen, zu stizziren und durch Vorführung bezeichnender Proben zu erläutern. Leider muß man dabei gegen, eine Anzahl trefflicher Maler nahezu ungerecht sein, und so würden in einer ausführlichen Besprechung jedenfalls die lebensvollen Straßenbilder von Giacomo Favretto, Vanutellis Noch immer spielt sich das Leben des Italieners vorzugs- farbenreiches Blumenfest in Venedig", Lojaconos sonnige weise unter freiem Himmel ab. Die Volkselemente sind daher Heidelandschaft mit dem heimgekehrten, froh von seinem Schat weit mehr durcheinander gerüttelt und stehen in frischerer begrüßten Reservisten eine Ehrenstelle einnehmen müssen. Schwer. gegenseitiger Berührung, als dies in unserem an Zimmerluft wird es mir vor allem, über Ettore Titos „Wäscherinnen gewöhnten und auf kastenmäßige Absonderung bedachten Norden am Gardasee“ kurz hinwegzugehen; solch eine bestechende Fülle der Fall ist. Der „Griff ins Volksleben“ gelingt daher den jugendlich reizvoller Gestalten ist da zu sehen, alle in eigenitalienischen Malern außerordentlich gut. Wie prächtig-naiv artigen und anmutigen Stellungen und so vortrefflich ist die ist die „Serenade", die Paolo Michetti auf die Leinwand Farbigkeit des Ganzen gegen den silbrigen Luftton abgestimmt. gezaubert hat! Auf grünem Hügel unter Bäumen steht junges Dagegen nimmt Augusto Corelli eine zu entschiedene SonderBauernvolk in bunter Tracht und vergnügt sich mit Singen stellung ein, um mit ein paar Worten abgefertigt zu werden. und Musiziren. Dahinter blaut leuchtend das Meer, und Er begnügt sich nicht mit der einfachen Wiedergabe des Volkswolkenloser Himmel breitet sich darüber aus. Die Gestalten lebens, sondern er greift sich einen prägnanten Vorgang heraus, heben sich wunderbar plastisch in der flaren Luft ab, und alle dem er eine dramatische Zuspißung giebt. Auf seinem bedeutenden Farben bewahren ihre ungedämpfte Eigenkraft. In längerer Aquarellbild „Verraten“ blicken wir in eine dunkle Stube hinein, Reihe nebeneinander stehen die Mädchen, alle in aparten in die ein dumpfer Jammer eingezogen ist. Draußen aber ist koketten Stellungen, ihnen gegenüber die Burschen, um einen heller Sonnenschein, und ein Brautzug zieht vorüber. kecken Mandolinenschläger versammelt. Ein Geist des Frohsinns Tür steht offen, und wir sehen Bräutigam und Braut, hoch= liegt über dem Ganzen, aus Leichtfinn und Sorglosigkeit und zeitlich geschmückt, dahinter die Musikbande und einen langen Fest= natürlicher Anmut gemischt. Es ist jene Genußfähigkeit, die in zug. Aber die Braut ist verlegen, was sie hinter einem Lächeln der Renaissancezeit so mächtig durchbrach in Italien und den zu verbergen sucht, und der Bräutigam, ein hochgewachsener finsteren mittelalterlichen Geist vertrieb und die sich bis auf schöner Mann, blickt finster und trozig drein. Denn er will den heutigen Tag in ihrer segensreichen Fülle erhalten hat. es nicht sehen, nicht hören, wie das Mädchen da drinnen sich „Dem Volk ist jeder Tag ein Fest", und in die kirchlichen laut aufschluchzend abwendet und wie die alten Leute, ihre Feierlichkeiten mischt sich der Karnevalsjubel. Wird das Corpus Eltern, trostlos und zusammengeknickt am Kamin sizen, ein Domini in den Abruzzen gezeigt, wie lustig schmettern dann Neugeborenes zu ihrer Seite, das in einer Korbwiege zappelt. die Musikanten drein, Feuer werden abgeknallt, und das ganze Der schöne Mann da draußen hat die Tochter der alten Dorf ist auf den Beinen, Mädel und junge Frauen voran. Leute verführt und jezt in ihrem Elend schnöde sizen lassen. Auch dies hat Michetti gemalt, und er zeigt, wie gerade ein Ein Drama des täglichen Lebens ist zu einem höchft wirksamen Zug nackter Kinder unter einem Baldachin aus dem Kirchen-| Bilde benußt, das, reich an Kontrasten der Charaktere und portale kommt und an die mächtige Freitreppe tritt. Vorn Gemütsbewegungen, zugleich durch einen technisch ungemein breitet ein kleiner Knirps als Jesuskind die Arme aus, und glücklichen Beleuchtungsgegensatz einen bedeutenden Stimmungsunbehülflich stehen seine Genossen hinter ihm und scheinen ab- | gehalt produzirt. Auch auf einem anderen Aquarell, wo ein

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junges Mufifgenie aus dem Volte seinen älteren Kollegen eins auf der Flöte vorbläst, hat Corelli seine reiche Begabung für die Wiedergabe feinschattirter Empfindungen aufs glänzendste dargelegt.

Doch wir müssen Abschied nehmen von Italien, obwohl noch mancher Künstler, z. B. der eigenartige, an Klinger und Stuck erinnernde Phantast Marius de Maria, der aber in seinem Vaterlande ziemlich vereinzelt dasteht, unsere Aufmerksamkeit verdiente. Wir wollen uns in einem nächsten Artikel nach dem blut- und stammverwanten Spanien hinüberwenden, freilich um zu staunen, welche ausgewachsenen Gegensaße troß Bluts- und Stammesverwandschaft die Temperamente beider Völker beherrschen. (Schluß folgt.)

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Shakespeares dramatische Werke

in neuer Ausgabe der deutschen Shakespeare-Gesellschaft. Von

Kudolph Genée.

Besonders Hervorragendes leisten die Italiener in der Landschaft. Schon in den Volksdarstellungen giebt sie ja meistenteils den stark hervortretenden Hintergrund ab, und oft genug stehen die beiden Elemente gleichwertig nebeneinander. Da ist `vor allem der Italianissimo Carlo Brancaccio. Er besißt ein Auge, welches die feinsten Farbennüanzen mit außerordentlicher Lebhaftigkeit aufnimmt, und eine Hand, die alles das malt, was das Auge sieht. Wenn er auf einem kleinen Bilde die Via Toledo in Neapel zeigt, so bleibt er durch eine raffininirte Kunst der Perspektive deutlich bis in den fernsten Hintergrund hinein und läßt sich durch kein Regenwetter abhalten, den verschiedensten Farben ihr Recht zu lassen, ja er zeigt, wie die Karossen und Menschen in dem glänzenden Asphalt sich spiegeln und wie die Helme der Straßenlaternen in langer Reihe weißlich blißen. Der italische blaue Himmel und das italische blaue Meer singen wieder einander auf einem Bilde aus der Umgegend von Neapel. Tazu die vielen Kähne mit bunten Segeln bis fern an den Horizont, und am Hügel das helle Städtchen mit gelben, rosa und weißen Häusern und den vielen grünen und braunen Fensterläden, davor abermals winzige Nachen in allen Farben, besonders in Rot und Orange! Es Im Jahre 1864, bei der Feier des dreihundertsten ist ganz einzig, wie auf diesen Bildern (von denen eine interessante Geburtstages Shakespeares, wurde in Weimar zum ersten Serie 3. 3. bei Gurlitt ausgestellt ist) jedes Kleine und Einzelne Male die geschlossene Reihe der englischen Historien Shakeselne Geltung für sich behauptet und wie doch keine Disharmonie herzoglichen Theater-Intendanten Dingelstedt zur Aufspeares in der freien Bearbeitung des damaligen großdaraus entsteht, vielmehr sich das blühendste Ganze zusammenführung gebracht. Zu gleicher Zeit war ein Aufruf zur setzt. Man möchte hier voin landschaftlichen Individualismus reden, weil alles Individuelle so deutlich hervortritt. Nicht genug des Lobes kann man auch Delleanis herrlicher Wiesen landschaft, Ombre secolari' zollen. Der Schatten hundertjähriger Bäume kämpft mit dem breit und voll hineinflutendem Sonnenlicht, und scharf seßen die verschiedenen Nüanzen des saftigen Wiesengrüns wider einander ab. Kühe stehen auf der Weide in der Sonne, und im Schatten lagern die Hirtinnen; die Baumriefen aber strecken ihre mächtigen Laubwipfel in den flaren blauen Hinimel hinauf. Auch Boggianis Kastanien ernte", Bezzis „Sonnenuntergang an der Etsch", des Im pressionisten Segantinis Pflügen im Engadin", sowie dall' Ortos und Bazzaros mächtige Alpenlandschaften be deuten Ruhmestitel der italienischen Landschaftsmalerei. Eine hervorragende, ins Große und Heroische gehende Individualität ist Filippo Carcano. Auf seinem Bilde der Maisernte bei Cioggia ist Alles aufgesogen von einem goldbraunen Ton, und doch regen sich darunter mannigfache Farben, das Rot in der Kleidung der Landleute, ein Streifen blauen Meeres, das Weiß und Rotbraun der Landhäuser und der fernen Stadt als Kontrast dann zu den Ganzen ein ins Grünlich-Violette gehender Wolkenhimmel. Neben anderen Bildern ist sein unbestreitbares Hauptwerk, die große Bergamaster-Landschaft. Ein dunkles Bild von meisterhaft wiedergegebener Gewitterstimmung. Vorn ein unregelmäßiges Hügelplateau, von dem man zwischen Felsen und Rasen hindurch in die weite von Wolkent beschattete Ebene blickt. Einförmig breitet sie sich aus. Nur

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die Schlangenwindungen eines schmalen Flüßchens und zerstreute helle Punkte, Häuser und Felsen, zeichnen darin sich ab. Das Dunkel wächst nach dem Hintergrunde zu, so daß Horizont und Wolkenmassen allmählich und unmerklich in etn ander übergehen. Schwer brütet die Luft, und alles verharrt in regungslosem Schweigen.

Bildung einer deutschen Shakespeare-Gesellschaft erlassen, in welcher das Verständnis des großen Dichters nach verschiedenen Richtungen hin gepflegt werden sollte. Daß jene Aufforderung gerade von der klassischen Stätte Weimar ausging, hatte eine innere Berechtigung schon dadurch, daß ja unsere gesamte klassische Litteratur, daß vor allem Goethe, Herder und Schiller ihre erste Nahrung aus der Shakespeare-Begeisterung gesogen haben, und daß Wieland bereits in dem noch jugendlichen Alter von dreißig Jahren die Kühnheit hatte, sich an die erste deutsche ShakespeareUebersehung zu wagen. Zwischen Wielands unvollständiger Uebersetzung und den Dingelstedtschen Bearbeitungen lag genau ein ganzes Jahrhundert. Welch eine Fülle von geistiger Arbeit, die dem großen Briten galt, füllt diesen Zeitraum aus! Es ist auf diesem Gebiete viel gesündigt worden und wird noch fortgefündigt. Aber es ist auch viel Gutes und Verdienstliches zu Tage gefördert worden. speare-Gesellschaft wurde als der eigentliche Sammelpunkt Für die Bestrebungen der 1864 fonftituirten Shakezugleich das „Jahrbuch" gegründet, dessen erster Band unter Redaktion von Bodenstedt 1865 erschien und das seitdem bis heute in ununterbrochener Folge fortgesett worden ist. Schon nach zwei Jahren trat K. Elze an die Stelle Bodenstedts und seit dem 15. Bande wird es von F. A. Leo redigirt.

Die Zwecke der Shakespeare-Gesellschaft kommen denn auch recht eigentlich in dem Jahrbuch zum Ausdruck. Denn eine Gesellschaft, die alle Jahre einmal zusammentritt und von der auch bei solchen Gelegenheiten immer nur ein sehr kleiner Teil der Mitglieder erscheint, fann punkt ihre Bestrebungen zum Ausdruck bringen. einzig und allein in einem solchen litterarischen SammelJahrbuch sollte denn auch vor allem dazu dienen, die allenthalben sprießenden vereinzelten Bestrebungen für den Dichter zusammenzufassen, die zerstreuten Strahlen der Erkenntnis in einem Brennpunkt zu sammeln“ und der

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Das

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großen über ganz Deutschland verbreiteten Shakespeare | Gemeinde gleichsam als Führer zu dienen. Solch ein Programm wird sich kaum jemals ganz und in jedem Punkte durchführen lassen. Der Leiter des Jahrbuchs ist zu sehr auf die Kräfte und den guten Willen Anderer angewiesen, ohne über sie gebieten zu können. So ist es denn auch gekommen, daß anfänglich noch die ästhetische Kritik und die Richtung der leidigen psychologisch-philosophischen Experimente und streitigen Auffassungen zu sehr vorherrschte, während in der Folge doch immer mehr die historische Richtung, in Bezug auf Shakespeares Zeit und Zeitgenossen, auf Quellenstudien, bemerkenswerte ältere Aufführungen u. s. w. zum Rechte kam. Daneben ist außerdem die Shakespeare-Bibliographie mit Sorgfalt fortgesetzt worden. Die Textkritik wird immer noch das jenige Feld bleiten, das die reichste Arbeit erfordert und das doch zuletzt unerschöpflich ist. Es gilt hierbei nicht allein, die richtige Lesart in den einzelnen Ausgaben, den Quartos und Folios, festzustellen, durch vergleichende Konjekturen und sprachliche Forschungen, sondern es gilt hierbei auch, Shakespeares Eigentümlichkeiten in der Ausdrucksweise und im Stil zum flarern Verständnis zu bringen, manche dunkle Stellen im Terte entweder als Verderbungen nachzuweisen oder in ihrem richtigen Sinn aufzuhellen.

Das erste große und für das gesammte Publikum bestimmte Unternehmen der deutschen Shakespeare-Gesellschaft ging zwar nicht von diesem streng philologischen Gebiete aus, aber es hatte doch intime Beziehungen zu demselben. Es war die neue Ansgabe der Schlegel-Tieckschen Uebersetzung, welche sorgfältig revidirt und teilweise neu bearbeitet mit Einleitung und Noten versehen“, unter Beteiligung namhafter Gelehrten erschien. Die Gesamt redaktion hatte H. Ulrici übernommen und nachdem der erste Band bereits 1867 ausgegeben werden konnte, war das Ganze mit dem 12. Bande seit 1871 abgeschloffen.

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Es war ein verantwortungsvolles Unternehmen und es ist begreiflich, daß nicht alle, die sich daran beteiligt hatten, über die Grenzen, innerhalb derer die Aufgabe gelöst werden sollte, fich völlig klar waren. Nach dem Programm waren diese Grenzen dadurch firirt, daß man bei den Schlegelichen Uebersetzungenes waren siebzehn Stück, also etwa die Hälfte des Ganzen nur offenbare Uebersehungsfehler verbessern sollte, die entweder aus Unachtsamkeit oder aus mangelnder Kenntnis sprachliche Eigentümlichkeiten sich eingeschlichen hatten; während man bei den von Tieck und seinen beiden tätigen Mitarbeitern (Dorethea Tieck und Wolf Graf Baudiffin) herrührenden Uebersehungen, welche die Schlegelsche unvollendet gebliebene Ausgabe vervollständigen sollten, die Uebertragungen wesent lich umgestaltete und einzelne der Stücke ganz neu überseßte. Ich habe diese Art des Verfahrens von vornherein beklagt; denn auch die unter Tiecks Namen gangbaren Uebersetzungen haben ihre großen Verdienste. Wenn sie auch gegen Schlegels Meisterschaft zurückstehen, so über treffen sie doch nicht nur die älteren Voßschen und anderen Uebertragungen, sondern auch die meisten späteren. Auch bei Tied hätte man sich auf Verbesserungen einzelner Stellen beschränken können, denn ihr großer Vorzug besteht auch heute noch in der charakteristischen und einheit lichen Farbe des Ganzen, in welcher die Individualität des Dichters zur Geltung kommt. Manche der Stücke bieten faum zu bewältigende Schwierigkeiten (wie Lear, Macbeth, Verlorene Liebesmüh ut. a.) und wenn damit von anderen immer wieder neue Versuche gemacht worden find, so ist das begreiflich und berechtigt. Aber in einer Ausgabe des Schlegel-Tieckschen Shakespeare hätten auch die Tieckichen Ueberseßungen als solche bestehen bleiben sollen. Indessen ist man auch mit dem Revidiren der

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Schlegelschen Stücke zu weit gegangen. Anstatt sich daran genügen zu lassen, augenfällige Ueberseßungsschnißer und Druckfehler zu verbessern, hat man die Revision dahin ausgedehnt, einzelne Stellen Schlegels, bei denen nicht das Wort, sondern der Geschmack entscheidet, „basser“ wiedergeben zu wollen. Es würde hier zu weit führen, wollte ich die Stellen bezeichnen, in denen man im Nebereifer des Bessermachenwollens den Schlegelschen Tert verschlechtert hat. Selbst der ausgezeichnete Alexander Schmidt ist der Gefahr, die der Verbesserungseifer in sich trug, nicht entgangen.

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Um so erfreulicher ist es, daß dem deutschen Publikum nunmehr eine neue Ausgabe dargeboten wird, welche den ursprünglichen Schlegel - Tieckschen Shakespeare wiedergiebt, und zwar in einem einzigen Großoktav-Bande zu einem bisher nicht dagewesenen billigen Preise. Dieser neue Schlegel-Tiecksche Shakespeare, im Auftrage der deutschen Shakespeare-Gesellschaft herausgegeben und mit Einleitungen versehen von Wilhelm Dechelhäuser“ (deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart, Leipzig u. f. w.) umfaßt in dem einen feineswegs zu voluminösen Bande die sämtlichen 36 Shakespeareschen Schauspiele, und bei dem erstaunlich geringen Preise von 3 Mark ist diese durch sehr guten Druck auch leicht lesbare und übersichtliche Ausgabe für den Unbemittelten ein wahrer Schatz.

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Der Herausgeber hat von allen den mit dem Schlegelschen wie auch Lieckschen Stück gemachten willkürlichen Veränderungen nichts übernehmen wollen, und das ist durchaus zu billigen. Anders verhält es sich mit einer Anzahl von Druckfehlern, welche bis zum Befanutwerden der Schlegelschen Handschriften durch auffallende Nachlässigkeit in allen folgenden Ausgaben des SchlegelTieckschen Shakespeare sich fortgepflanzt haben. Mehrere dieser nachweisbaren Druckfehler sind erst in der von der Shakespeare Gesellschaft revidirten Ausgabe verbessert worden. Aber eine größere Anzahl war noch stehen geblieben. Schlegel hatte schon selbst einmal ein Verzeichnis der Druckfehler angelegt und schon vor Jahren habe ich aus eigener Kenntnis der auf der Dresdener Königl. Bibliothek befindlichen Handschriften eine Anzahl der wichtigsten Fehler notirt. In der vorliegenden Dechelhäuserschen Ausgabe sind nun auffallender Weise auch einzelne jener Druckfehler stehen geblieben, die schon in der revidirten Ulricischen Ausgabe verbessert worden waren, abgesehen von denjenigen, die aus den Schlegelschen Handschriften zu ersehen sind. So darf es in Julius Caesar 4. Aft, 3. Szene in den Worten des Caffius zu Brutus nicht heißen: wie ein Kind gescholten“, sondern (wie es auch in dem Schlegelschen Manuskript heißt): wie ein Stlav" (like a bondman). Im Sturm" 4. Akt nach Beendigung der „Maske“ hat Prospero den Ariel nicht zu rufen: „Kommi wie ein Wind", sondern (nach Schlegels Handschrift) wie ein Wink“, worauf dann Ariel antwortet: An deinen Winken hang ich." Ganz korrekt ist das Schlegelsche Wort auch nicht, denn im Englischen heißt es: come with a thought, was auch heute noch bedeutet: gedankenschnell. Schlegel wählte Wink“ für Gedanke offenbar nur, weil sich der „Gedanke“ nicht gut in den Vers bringen ließ. Wind" ist aber entschieden falsch und ist, wie die Schlegelsche Handschrift beweist, nur ein Druckfehler, der in allen bisherigen Ausgaben, auch in der „revidirten“, stehen geblieben ist. Im „Hamlet" befinden sich mehrere unverbeffert gebliebene Druckfehler, die als solche aus Schlegels Handschriften nachweisbar find. So spricht im 1. Aft 4. Szene Horatio von dem grausen Wipfel jenes Felsen", während es natürlich heißen muß Gipfel" (summit), wie es auch in der Handschrift lautet. Ferner hat im 2. Akte Rosenkranz, da er

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In den Vorbemerkungen zu den einzelnen Stücken beschränkt sich Dechelhäuser auf das notwendigste. Schon in der allgemeinen Einleitung zeigt er, daß er den Ueberschwinglichkeiten in der Kritik abgeneigt ist. Die wenigen beglaubigten Nachrichten über des Dichters Lebensumstände sind nicht durch eigene Zutaten und Hypothesen ausgeschmückt. In seinem dichterischen Schaffen sind seine notorisch schwächeren Werke von seinen Meisterschöpfungen bestimmt unterschieden, und der allgemeinen Charakteristik seines Wesens sind einige Nachrichten über die Geschichte

einer Einführung in Deutschland und über die wachsende Würdigung seiner Größe angefügt.

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In den Einleitungen zu den einzelnen Stücken, welche in die Hauptgruppen der englischen Historien, der Römer dramen, Trauerspiele, Schau- und Lustspiele geteilt sind, wird der Herausgeber nicht überall Zustimmung finden. Daß er sich über wirklich unvollkommene und der Größe Shakespeares nicht entsprechende Werke, wie die beiden Veroneser und Timon, entschieden abfällig urteilt, zeigt feine Unbefangenheit; ebenso daß er für die luftigen Weiber“, „die Widerspänstige" und andere Stücke wenig Sympathie hat. Wenn er aber beim „König Lear" meint, daß der Dichter zwar die beiden tragischen Stoffe (Lear und Gloster) kunstreich verwoben habe, ohne aber sie zu einer organischen Einheit verschmelzen zu können“, so vermag ich nicht, diesem Einwand zuzustimmen. Bei dem Lustspiel Verlorene Liebesmüh" unterschäßt er nach meiner Meinung die Grazie der Poesie; auch verstehe ich es nicht, wenn er bei einer andern Gelegenheit davon spricht, daß der Dichter in diesem Stücke die Verderbtheit der Hofsphäre zum Zielpunkt der Satire gemacht" habe. Ich wüßte in der Tat nicht, wie dies auf den jungen König und seine Genossen paffen soll. Ebenso scheint es mir unzutreffend, wenn er im Sturm" eine Schilderung des utopischen Staates" erkennen will. Der Staat Utopia beruht auf Vollkommenheit der gesellschaftlichen Institutionen, nicht aber auf Zauberei.

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Doch dies sind Einzelheiten, welche nicht von Belang find und durch die das Verdienstliche des ganzen Unternehmens nicht verringert werden kann. Für fünftig dürfte es wohl wünschenswert sein, dem stattlichen Bande ein besseres Portrait des Dichters beizugeben, als die ziemlich schlechte Nachbildung des des ohnehin fragwürdigen Jansenschen Bildnisses ist. Und noch einen Wunsch möchte ich hier anschließen: daß fünftig die Namen der lleberseber bei den einzelnen Stücken angegeben werden, sei es auch nur in dem Inhaltsverzeichnis. Daß dies unterlassen ist, muß bei Allen, denen die durch den Zeitraum von vierzig Jahren sich hinziehende Geschichte dieser Uebersetzung nicht bekannt ist, die Vorstellung erwecken, daß die Ueberseßung aus dem Zusammenwirken Beider entstanden sei. Dies ist bekanntlich durchaus nicht der Fall, und Schlegel hatte fich später sogar die an seiner bereits im Drucke vor liegenden Uebersetzung von Tieck gemachten willkürlichen

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Lorraine. Es ist einer der ersten Säße, den der eben erschienene fünfte Band des Journal der Goncourt enthält. Und es ist einer jener Säße, die refrainartig wirkend das Buch durchziehen und demselben eine bestimmte Tonfarbe verleihen. Eine düstere ernste Stimmung lagert über dem Werke oder wenigstens über dem größten Teile desselben. Indeffen die Niederlage Frankreichs ist doch nur der eine Faktor bei der Erzeugung dieser trüben melancholischen Almosphäre, die uns bei Lektüre dieses Tagebuches umweht. Es ist besonders der Tod des geliebten Bruders, deffen Bild dem Verfasser immer wieder vor Augen tritt, dann aber trägt öftere Kränklichkeit und eine gewisse nervöse Unzufriedenheit dazu bei, dem Werke jenen düsteren Charakter zu verleihen.

La causerie est maintenant sur l'Alsace et la

Edmond de Goncourt, der Schreiber des Tagebuches, ist ein eifriger Patriot, den die Niederlage seines Vaterlandes tief schmerzte. Das Tagebuch beginnt mit dem Jahre 1872, aber noch immer bildet der Krieg einen Hauptstoff für seine Aufzeichnungen. Eine Reise nach Bayern, die er im August des genannten Jahres unternimmt, lockt ihm von Zeit zu Zeit bittere Bemerkungen ab, in denen sich meistens eine seltsame Trübung des Urteils findet. So beklagt er sein grausames Schicksal, daß er mit deutschen Zollbeamten zusammenkommen muß, die, wie er meint, beim Oeffnen der Koffer die Miene des Siegers annehmen. Gleich den nächsten Tag fällt er freilich in das andere Extrém, wenn er sagt: Man könnte, wenn man sie sieht, diese Deutschen, wirklich sagen, daß wir sie geschlagen hätten, so sehr scheinen die Sieger etwas bewahrt zu haben, wie den Groll über eine Niederlage.

Indessen ich will von dieser Seite des Buches schweigen: man weiß, der französische Chauvinismus ist eben so blind wie der deutsche.

Weit sympathischer ist uns jene Melancholie des Verfassers, welche derselbe bei der Erinnerung seines verstorbenen Bruders und Geistesgenossen, Jules, empfindet. Hier und da entschlüpft dem Autor der Fille Elisa ein Wort der Klage über den herben Verlust. Unter dem 30. Januar 1875 verzeichnet er es als etwas Grausames und Peinliches, daß er an diesem Tage ein Buch an dem Plaze, wo sonst Edmond und Jules stand, mit einem einzigen Namen habe unterzeichnen müssen.

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