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Die Vorigen. Barczinowski. Janikow. Janikow (angeheitert an Barczinowski Arme). Ja, Sie sind ein edler Mensch. Ja.

Barczinowski. Sehen Sie sich, mein werter Herr. (Drückt ihn in cinen Sessel.)

Janikow. Ja, Sie sind alle edle Menschen! (Schwaßt und lacht vor sich hin.)

Barczinowski.

Sie sich?

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Na, meine Herren, amüsiren | anziehn.

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Siegfried (hinzuspringend). Genug genug! Janikow (fällt erschöpft in den Scssfel). Ja, das will nicht mehr. Stiebeln kann ich mir auch nicht mehr Voriges Jahr famos! Na, und früher die langen! Denn auf so 'nem Hof ist eine Matsche! Alle Drei. Nein. Ja, so 'n Hof! dort ist hier sind die Scheunen Barczinowski. Im Vertrauen: ich auch nicht. der Pferdestall! Rechts die Strohschober. Links Bruno. Woll'n wir ausrücken? der Misthaufen. Ja so ein Haufen, wissen Sie, das gährt, - da ist Wohlstand drin, wissen Sie, da schläft die ganze Ernte vom nächsten Jahr wie im Mutterleib. . . . Ja, und vor'm Stacketentor steht ein Lupinenfeld. Das riecht!.. Feinstes Grünfutter, sag' ich Ihnen! . . . Und der Willy kommt mit seinem Hauslehrer auf einem weißen Ponny und hat eine

Barczinowski. Ach, Ihr Glücklichen! -Kinder.

Da ihr nichts zu tun habt, nehmt euch doch dieses alten Schweden an. Er führt euch die schönsten Soloscenen auf.

Weiße. Gut.

Barczinowski. Meine Herren, ich lasse die Sonne meiner Gnade jezt anderweitig leuchten (umkehrend) Übrigens unter uns; Essen war gut.

Alle Drei (in ruhiger Anerkennung). O, ja.
Barczinowski. Was man so nennt: ein kräftiger,

bürgerlicher Mittagstisch.

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Siegfried. Sie! - Den Wiz hab' ich schon kraus und trocken wie Roggenstroh

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Janikow (will ihm nachlaufen). Warten Sie ich wie Carl Moor sah er aus. Papa, schreit er: enterbe

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zu Ende

denn (vertraulich) sie hat Geld! . . Ach Gott, die Menschen sind alle so edel (weint).

Bruno. Das 's 'n Orginal. Den müssen wir weiterreichen.

Siegfried. Bitte recht sehr, Bruno. Wenn ihr einen Bajazzo braucht, wendet euch immer an mich. Der alte Mann ist zu schad' dazu. Spielen Sie Partie Piquet, Papachen?

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Frau Janikow (schüttelt den Kopf - Pause). Pause). Ich weiß wohl, ich trage an allem die Schuld Erst die Affenliebe, die Bewunderung dann der aufgespeicherte Groll . . . Durch das ewige Sorgen und Schweigen ist man so heruntergekommen. Und ich bin so unsicher hier. Ich seh mich immer an in Siegfried. Kommen Sie! Das woll'n wir diesem verschossenen Seidenkleide und der altmodischen machen. (ab mit ihm Arm in Arm.) Haube und komm' mir vor wie eine Karrikatur. Mir bleibt das Wort in der Kehle stecken, und dabei führ' ich, ich soll handeln.

Janikow. Ja – ja

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ah!

Bruno. 'n ja.

Weiße. Nein!

Bruno. 'n ja. (ab)

Kommen Sie mit?

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zimmern gegangen.

Frau Janikow.

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Weiße. Gnädige Frau, ich kann Sie beruhigen.

Könnten Sie uns den Weg Ihr Herr Gemahl schwimmt in Glück.

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Neunte Scene.

Weiße. Willy. Drobisch.

Willy (fahrig und verstört, tritt rasch ein, sieht seine Mutter und weicht erschrocken zurück, bis sie mit Riemann draußen ist).

Drobisch (die Hand auf seine Schulter legend). Also hierher muß man Ihnen nachlaufen, wenn man Ihrer habhaft werden will. — Dabei hör' ich, wir sind Nachbarn geworden.

Willy. Nachbarn? Ja wohl

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Drobisch. Früher ließen Sie sich wohl einmal in meiner Sprechstunde sehn! Wir haben immer so nett geplaudert!

Willy. Sehr nett es war sehr nett
Drobisch. Und jest wollen Sie mir untreu

werden?

Willy. Untreu? Weßwegen untreu?

Drobisch. Also auf gute Freundschaft! (streckt ihm

Es ist,

die Hand entgegen, die Willy ergreift).

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Friedrich Hölderlins Leben. Mitteilungen aus C. T. Litzmanns neuem Buche.*) Von

J. V. Widmann (Bern).

Ein melancholischeres Buch als dieses neue biographische Werk über Hölderlin kann es nicht geben. Der Gegenstand bringt das mit sich. Denn was vermag schwermütiger zu stimmen, als dem traurigen Schauspiele beizuwohnen, wie ein ganz besonders edler Geist von der ersten Jünglingsreife an einem Trübsinne verfällt, der sich mit den Jahren immer mehr zu gefährlicher geistiger Zerrüttung steigert, bis endlich, unabwendbar, der helle Wahnsinn ausbricht und nach längerem Rasen eine Geistesumnachtung folgt, die volle einundvierzig Jahre eines Menschenlebens in Beschlag nimmt, das nur zweiunddreißig gesunde Jahre hatte? Und wenn nun wenigstens diese zweiunddreißig gefunden Jahre wirklich ganz gesunde oder gar glückliche gewesen wären! Aber von Glück ist in Hölderlins Leben wenig zu spüren; und doch waren seine Ansprüche in dieser Beziehung so be= scheidene. Aber er gehörte zu jenen, in deren Namen der mittelalterliche Dichter so rührend klagt:

Ungetrunken mußt' ich gehn von einem See,
Aus dem sich ein schöner Bach ergoß,
So breit und groß.

Dahin kam viel fremde Schar,

Behnte Scene.

Die Vorigen. Adah.

Die wurden hoch gefeßet;

Öfter bot ich mein Näpflein dar,

Das ward mir nie geneßet.

(Spervogel.)

Nun ist allerdings unsern Lesern dieses Schicksal

Weiße. Ah je später der Abend, desto schöner Hölderlins nichts neues. Doch wird die Erinnerung

die Hausfrau.

AH

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Saran neu aufgefrischt durch das sehr bedeutende, große (über 670 Seiten starke) Buch des noch vor Erscheinen seines Werkes (am 24. Februar lezten Jahres) verstorbenen greisen Gelehrten Lizmann. (Der alte Herr, welcher noch die zu Goethes Zeit übliche Schreibung „mögte" statt möchte“ u. s. w. bevorzugte, hat sein Buch beinahe bis auf den lezten Bogen durchkorrigirt; die Überwachung des Druckes hat sein Sohn besorgt.)

Nach Ligmanns Darstellung ist eigentlich nur die frühe Kinderzeit Hölderlins, die er im Heimatorte Lauffen am Neckar bei der vortrefflichen und von ihm auch im späteren Leben hochverehrten Mutter zubrachte, eine glückliche gewesen. Die unschuldigen und dabei unvergleichlich schönen Genüsse, welche das freie Landleben einem frischen Knaben bietet, wurden auch ihm zu Teil. Eine erbliche Belastung seines Gemüts war nicht vorhanden, die Eltern und Großeltern waren geistig ganz normale Menschen; es ist also nicht anzunehmen, daß auch jene frühen Kinderjahre schon jenen Anwandlungen der Melancholie seien ausgesezt gewesen, welche ungefähr mit den Jahren der Entwicklung zum Jüngling ihren Anfang nehmen und gewiß schr auf Rechnung der für Hölderlins zarte Natur so ungeeigneten württem= bergischen Klostergymnasien, der sogenannten Stiftschulen, zu sehen sind. An Goethe, der Hölderlin in dessen bester Zeit, nämlich im Sommer 1797 in Frankfurt a. M. sah und danach an Schiller über ihn schrieb: „Er sieht etwas gedrückt und kränklich aus," antwortete Schiller:

*) Vollständiger Titel: Friedrich Hölderlins Leben. In Briefen von und an Hölderlin. Bearbeitet und herausge= geben von Carl C. T. Lizmann. Mit einem Bilde der Diotima nach einem Relief von Ohmacht. (Berlin, Wilhelm Herz 1890. Preis 10 Mark.)

„Ich möchte wissen, ob diese Schmidt, diese Richter, diese Hölderlins absolut und unter allen Umständen so subjektivisch, so überspannt, so cinseitig geblieben wären? Ob es an etwas Primitivem liegt, oder ob nur der Mangel einer ästhetischen Nahrung und Einwirkung von außen, und die Opposition der empirischen Welt, in der sie leben, gegen ihren idealischen Hang diese unglückliche Wirkung hervorgebracht hat? Ich bin sehr geneigt, das lezte zu glauben, und wenn gleich ein mächtiges und glückliches Naturell über alles siegt, so deucht mir doch, daß manches brave Talent auf diese Art verloren geht."

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Schr merkwürdige und sehr richtige Worte Schillers! Er mußte es übrigens selbst am besten wissen. Er besaß jenes mächtige und glückliche Naturell, welches über alles siegt; ihm hatte die Karlsschule nicht zu viel anhaben können. Die Opposition dieser Art „empirischer Welt" gegen seinen „idealischen Hang" zog den kürzeren. Aber weniger stark angelegte Naturen wie eben der fast mädchenhafte Hölderlin mit seiner mimosenartig em pfindsamen Scele litten zu schwer unter dem damaligen verknöcherten Schulpedantismus eines solchen Stifts. Und wohlgemerkt! - Das Leiden umfaßte sowohl die Gymnasial- wie auch die eigentlichen Studentenjahre. Denn welches geringe Maß studentischer Freiheit tübinger Theologiestudirenden zu Ende des vorigen Jahrhunderts bewilligt wurde, ahut man heutzutage gar nicht mehr. Sagen wir kurzweg: sie waren protestantische Klosterschüler, so kommen wir der Wahrheit am nächsten. Lizmann schildert in seinem Buche in anschaulicher Weise, wie es in diesen Stiften aussah, welcher Zwang auf den in Klausur gehaltenen jungen Leuten lastete. Hölderlin war einer der besten Schüler und nachher auch der besten Studenten, namentlich ungemein tüchtig im Griechischen; gleichwohl fühlte er sich auf diesen Anstalten nicht wohl und insbesondere die Briefe von der Universität d. H. aus dem tübinger Stift flicßen über von Klagen über die Einschränkung, die ungesunde Luft, die schlechte Kost" und dergl. Einmal schreibt er, sein Vater habe oft gesagt, seine Universitätsjahre seien seine vergnügtesten gewesen: soll ich dereinst sagen müssen, meine Universitätsjahre verbitterten mir das Leben auf immer!" Sein Temperament tauge nunmal nicht für Mißhandlung, für Druck und Verachtung.“

Es darf hier freilich nicht außer Acht gelassen werden, daß das Studium der Theologic, in welches sich Hölderlin durch den Wunsch seiner Mutter und durch die für dieses Studium in ökonomischer Hinsicht bestehenden staatlichen Erleichterungen gedrängt sah, ihn feineswegs befriedigte. und mehr noch als dem Studium der Theologie war er dem Gedanken abhold, dermaleinst praktisch den Predigerberuf ausüben zu sollen. Nicht wesentlich philosophische Zweifel waren es, welche ihm dieses Zukunftsbild widerwärtig machten; denn im ganzen ergiebt sich aus den Briefen Hölderlins in allen Epochen seines Lebens, daß sein Gemüt den Zusammenhang mit Gott nie verlor und daß er sogar den einzelnen Dogmen des Christentums nicht besonders kritisch gegenübertrat. Aber ihm wäre volle ungeteilte Hingabe an die Poesie und an die ihr verwanten ästhetischen und philologischen Wissenschaften das liebste gewesen. Wohl tauchen unter den Briefen an seine Mutter einzelne auf, in denen er sich

ausgeföhnt erklärt mit dem Gedanken an ein künftiges Pfarramt. Es ist jedoch nur zu ersichtlich, daß er sich in Augenblicken, in denen er dergleichen niederschrieb, solches cinredete, um eine Freude zu machen.

liebte und verehrte, einer Mutter, die er so innig

Es wundert uns übrigens, daß Lizmann eine Hauptstelle aus Hölderlins Dichtungen nicht anführt, die Hölderlins Abneigung gegen den Beruf des Geistlichen zu einer grundsäßlichen stempelt und überhaupt so hochinteressant ist, so hochinteressant ist, daß sie in einer Biographie Hölderlins eigentlich nicht darf mit Stillschweigen übergangen werden. Freilich sind die betreffenden Worte nicht in einem der lyrischen Gedichte Hölderlins zu finden, sondern vom Dichter dem Philosophen Empedokles (in dem gleichnamigen Trauerspielfragment) in den Mund gelegt. Aber bei dem durchaus subjektivistischen Charakter auch dieser Dichtung darf man in dem Bekenntnisse des antiken Philosophen, der außerdem ganz die Sprache des Lyrikers Hölderlin redet, den Ausdruck der wahren Herzensmeinung unseres Dichters über den Beruf des Geistlichen finden. Empedokles wendet sich an jener Stelle gegen die ihm feindliche Priesterschaft der Stadt. Folgendes sind seine Worte:

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„Ach! als ich noch ein Knabe war, da mied
Euch, Allverderber, schon mein frommes Herz,
Das unbestechbar, innig liebend hing
An Sonn' und Aether und den Boten allen
Der großen, ferngeahndeten Natur.
Denn wohl hab'‍ ich's gefühlt in meiner Furcht,
Daß ihr des Herzens freie Gottesliebe
Bereden möchtet zu gemeinem Dienst,

Und daß ich's treiben sollte, so wie ihr.
Hinweg! ich kann vor mir den Mann nicht sehn,
Der Göttliches wie ein Gewerbe treibt;
Sein Angesicht ist falsch und kalt und tot,
Wie seine Götter sind."

das war

Des Herzens

Göttliches wie ein Gewerbe treiben“ es, was Hölderlin nicht vermocht hätte. freie Gottesliebe" sollte nicht durch gemeinen Dienst" entweiht werden. Die Stelle ist höchst merkwürdig, sie darf, wie gesagt, in feiner Hölderlinbiographie fehlen. Einen solchen Enthusiasmus des Haffes gegen die priesterlichen Alverderber" hat selbst Voltaire nicht aufgebracht; ein solcher war dem deutschen Protestanten vorbehalten, der den Konflikt um so tiefer faßte, als er mit diesem Ausbruch Vergeltung übte für eine in theologischen Zwangsanstalten ihm geraubte verlorene Jugend.

Durch Schiller, an den er Erstlinge seiner Gedichte gesant hatte, erhielt Hölderlin nach Beendigung des theologischen Studiums eine Hauslehrerstelle bei dem Söhnchen der bekannten Charlotte v. Kalb. War nun auch der Umgang mit dieser geistreichen Frau für ihn cin augenehmer und vermittelte ihm diese Stellung außerdem die persönliche Bekanntschaft mit Schiller, Goethe, Herder und mit den andern hervorragenden Männern in Weimar und Jena (Fichte besonders), so war sie andrerseits für ihn keine crquickliche, da sich au seinem Zögling intellektuelle und physische Mängel zeigten, von welchen die leßteren dem Hauslehrer eine peinliche nächtliche Überwachung des Knäben zur Pflicht machten. In Briefen an seine Freunde (unter andern auch an den Philosophen Hegel, der damals als Hauslehrer bei der Berner Patrizierfamilie von Steiger lebte), klagt Hölderlin über seine regelmäßig gestörte Nachtruhe. Der Knabe wurde dann ärztlicher Pflege übergeben und

Zu Ende des Jahres 1795 trat er die Erzieherstelle im Hause der sehr angeschenen Familie Gontard in Frankfurt a. M. an. Die schöne sechsundzwanzig= jährige Herrin des Hauses, Süsette Gontard, wurde seine Griechin", seine Diotima und sein Schicksal. Doch wollen wir, gemäß der so klaren Schilderung dieses Verhältnisses bei Lizmann und gemäß den dort mitgeteilten Briefen Hölderlins aus jener Zeit, nicht so weit gehen, Hölderlins unaufhaltsames Hinabgleiten in Geistes zerrüttung und Wahnsinn wesentlich nur als eine Folge seiner hoffnungslosen und übrigens keuschen Liebe zu seiner Diotima anzusehen. Litteraturkompendien, welche diese Angelegenheit bisher so auffaßten, als habe lediglich diese unglückliche Liebe Hölderlin in Geistesnacht gestürzt, werden nach Lizmanns Buch und nach den dort mitgeteilten Briefen sich korrigiren müssen. zu den ersten Monaten war diese Liebe für Hölderlin sogar die Quelle reinen Glückes und sein Gemütszustand heiterer als je vorher oder nachher in seinem Leben. Als dann freilich, wie es nicht ausbleiben konnte, diese Liebe für ihn zur Beunruhigung wurde, haben die seelischen Aufregungen jedenfalls seinen krankhaft melancholischen Hang wesentlich gesteigert, seiner angeborenen Neigung zu grübelnder Beschäftigung mit seinem eigenen Ich fortwährend Stoff zugeführt und zwar leidenschaftlichen; aber das Entscheidende über das traurige Verhängnis dürfte doch wohl in dem physiologischen Befund liegen, wonach sich bei der Obduktion der Leiche Hölderlins eine der Hirnwassersucht vorausgegangene, wohl längst vorhandene Entzündung der Hirnhäute ergab. (Dieser Befund ist allerdings nur traditionell vorHanden; seltsamer Weise wurde die Aufnahme eines schriftlichen Obduktionsprotokolls versäumt.)

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des Briefschreibes den Leser zuweilen peinlich berührt. Kurz, man gewinnt den Eindruck, daß auch ohne das Verhältnis zu Süsette Gontard Hölderlin schwerlich einer allmählichen Geistesverdüsterung entgangen wäre, wenn auch dieselbe in diesem Falle sich vielleicht weiter hinausgeschoben hätte.

im

Hölderlins Erzieherstellung in dem Hause der v. Kalb hatte damit ihr natürliches Ende. Wir sehen, wie er hierauf eine Zeit lang in Jena Vorlesungen hört und sich als Schriftsteller durchzubringen sucht. Sein Roman: fragment Hyperion" war durch Schillers Vermittlung teilweise in der „Thalia“ erschienen, dann sollte es, wenn er es erst beendigt hätte, als Buch bei Cotta Nachdem Hölderlin aus begreiflichen Gründen die herauskommen, und Hölderlin rechnete schon mit dem Stelle im Hause Gontard aufgegeben und eine andere verheißenen Honorar; doch konnte er, von manchen Ge- | Hauslehrerstelle bei einem Herrn v. Gonzenbach im mütsbewegungen am stetigen Schaffen verhindert, die schweizerischen Kanton St. Gallen auch nur kurze Zeit Arbeit nicht vollenden und so kehrte er nach erfolglosem bekleidet hatte, übernahm er die vierte und lehte PräKampf um unabhängige Existenz vorerst zur Mutter zeptorsstelle seines Lebens im Hause des Herrn Mayer, zurück. hamburgischen Konsuls in Bordeaux Um dorthin zu gelangen, durchwanderte er zur Winterszeit Januar 1802 - von Lyon aus einen Teil des süd= lichen Frankreichs zu Fuß Diese einsame Wanderung in wildfremdem Lande, wo er auf den überschneiten. Höhen der Auvergne eine eiskalte Nacht in Sturm und Wildnis, die geladene Pistole immer zur Hand, zu= brachte, später dann freilich durch einen schönen Frühling wanderte", mag doch im ganzen seine verhängnisvolle Selbstabschließung von anderen Menschen wesentlich gefördert haben. Das Gegenstück zu dieser Winterreise bildet dann nach einem kaum ein halbes Jahr dauernden Aufenthalt in Bordeaux seine plößliche Rückkehr aus Frankreich, auf welcher sich der einsame Fußgänger tagelang der heißen Sonne des Südens und dem Staub der endlosen glühenden Straße ausseßte. Da er von dieser Wanderung mit allen Merkmalen des Wahnsinns und in einem Aufzuge anlangte, welcher die Aussage zu bestätigen schien, er sei unterwegs beraubt worden, da er ferner in einem merkwürdigen, halb tief-, halb irr= sinnigen Briefe an einen Freund (Böhlendorf) schreibt das gewaltige Element, das Feuer des Himmels" habe ihn beständig ergriffen" und er könne wohl sagen, daß ihn Apollo geschlagen" habe, ist die Vermutung, auf dieser Reise könnte ihn ein Sonnenstich getroffen haben, keine ganz unwahrscheinliche. Dagegen muß, nach Lizmann, jene frühere Annahme (z. B. Gustav Schwats und durch ihn vieler Litterarhistoriker) nun für beseitigt erklärt werden, die Annahme nämlich, als habe Hölderlin in Bordeaux den Tod seiner Diotima erfahren. Diese Annahme könnte nur dann aufrecht erhalten bleiben, wenn der Nachweis sich leisten ließe, daß schon vor dem 10. Mai 1802, an welchem Tage Hölderlin von Bordeaux aufbrach, ein falsches Gerücht vom Tode der Süsette Gontard, der am 22. Juni desselben Jahres erfolgte, nach Bordeaur gelangt wäre, was jedoch so ziemlich ausgeschlossen erscheint, da Frau Gontard nicht etwa längere Zeit krank gewesen war, sondern noch in den ersten Tagen des Juni vollkommen gesund kommen gesund einem häuslichen Familienfeste beiNur also, wer in spiritistischer Weise an Ahnungen und an einen magischen Rapport Liebender zu glauben vermöchte, dürfte etwa annehmen, ein solches Vorgefühl des sein Herz in der Heimat bedrohenden unerseßlichen Verlustes habe den Dichter zu jener verhängnisvollen Rückreise aus Frankreich bewogen. Wahrscheinlich aber fühlte er sich in dem Hause zu Bordeaux nicht an seinem Plage; es scheint, daß man dort unter anderem auch wünschte, daß er predige und daß man gerade deshalb einen württembergischen Theologen als Hauslehrer hatte kommen lassen. Vielleicht auch hatte man dort die Anfänge seines Jrrsinnes bereits erkannt. Oder ihn trich die bloße Sehnsucht nach der Heimat

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Hölderlins frankhafter Trübsinn ist viel älteren Datums als seine erste Bekanntschaft mit Süsette Gontard. Schon dem Knaben war „Einsiedler zu werden“ eine Zeit lang ein lieber Gedanke (Brief an seinen Jugendfreund Nast). Als er sich von seiner Jugendgeliebten Louise Nast, ciner Verwanten dieses seines Freundes, trennte, klagt er selbst (vor 1790) über seinen „unüber-wohnte. windlichen Trübsinn", der meist unbefriedigter Ehrgeiz" sei. Bei seinem „Mißmut“, seiner „Kränklichkeit" hätte sie mit ihm nie glücklich werden können“. Auch Schiller sah_von Anfang Hölderlins Gemütszustand für einen gefährlichen" an. Und in den Briefen, man mag sie wo immer aufschlagen, begegnet man nirgends herzlicher Fröhlichkeit. Die Briefe aus den Jünglingsjahren haben etwas Pathologisches durch die vielen abgerissenen Ausrufe im Stil der leidenschaftlichen Sprache der der Dramatiker der Sturm- und Drangperiode. Die späteren aus den Mannesjahren haben den Charakter ernster Abhandlungen, in denen die Analyse des eigenen Ichs

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