Billeder på siden
PDF
ePub

DER MESSIAS

VON

KLOPSTOK,

AESTHETISCH BEURTHEILT UND VERGLICHEN

MIT.

DER ILIADE, DER AENEIDE UND DEM
VERLOHRNEN PARADIESE.

VON

C. F. BENKOWITZ.

Eine Preisschrift, die von der Amsterdammer Ge-
sellschaft zur Beförderung der schönen Künste.
und Wissenschaften eine doppelte Me-
daille erhalten hat.

BRESLAU

bet Wilhelm Gottlieb Korn. 1797*

[blocks in formation]
[ocr errors][merged small][merged small][merged small]

So viel und so mancherlei auch schon über den Messias von Klopstok geschrieben wurde, so hat sich doch noch keiner, weder ein Feind noch ein Freund derselben, auf die Prüfung dieses Gedichts nach ästhetischen Regeln eingelassen; niemand hat die Fragen erörtert: welche Vollkommenheiten, welche Unvollkommenheiten finden sich darin, in Absicht der Fabel, der Handlung, der Maschinen, der Sprache u. s. w.? Welchen Rang hat es unter den Heldengedichten? Hat man Gründe, es der Iliade, der Aeneide, dem verlohrnen Paradiese vorzuziehen, oder steht es ihnen nach?

Alle diese Fragen, deren Beantwortung man, nach dem Verlauf fast eines halben Jahrhunderts,

wohl hätte erwarten können, sind noch unaufgelöst; noch hat man der merkwürdigen Epopee keinen Platz angewiesen, auf welchem sie sich behaupten kann, und man darf mit Recht sagen, dass die Deutschen einen Schatz besitzen, ohne den Werth desselben genau zu kennen.

Die Kritiker, welche in der Mitte dieses Jahrhunderts, nach Erscheinung der ersten Gesänge, darüber schrieben, haben alle die gerechte und vollwichtige Entschuldigung, dass man über das Ganze eines Werks nicht eher urtheilen kann, als bis es vollendet sey, und lassen sich also bloss auf Zergliederung der einzelnen Theile ein. Lessing sagt: »Ich »>sah es ein, und wer sieht es nicht ein? dass das >>Gedicht fertig seyn müsste, wenn man von der »Oeconomie desselben urtheilen wollte. Noch ist >>der Dichter mitten im Labyrinthe. Man muss es >>erwarten, wie er sich herausfindet, ehe man von »der Handlung, von ihrer Einheit, von ihrer Voll»ständigkeit, von ihrer Dauer, von der Verwikke»>lung und Entwikkelung, von den Episoden, von >>den Sitten, von den Maschinen und von zwanzig >>andern Dingen etwas sagen kann.»

Die spätern Beurtheilungen in öffentlichen Journalen, nachdem das Werk ganz erschienen war, überhüpfen diesen Punkt durchaus, und nehmen bloss einen Gesang nach dem andern vor. Cramern, von dem man mit Recht eine Übersicht hätte erwarten

können, mag man ebenfalls selbst reden hören. In einer Note bei dem Anfange des Messias sagt er:

»Der Leser wird vielleicht, da ich nun zu den »Erklärungen und Bemerkungen über den Messias »komme, vermuthen seyn, dass ich nach Art ande>>rer Ausleger eine lange ästhetische Abhandlung >>vorausschicke u. s. w. Er irrt sich. Seit ich den »ken kann, habe ich vor solchen Abhandlungen ei>>nen Abscheu gehabt. Und das deswegen, weil ich >>unter Allem, was ich von dieser Gattung gelesen, >>(die Besten aber habe ich gewiss gelesen) nichts »fand, was mir Bestimmtheit und Wahrheit genug >>enthalten, und hauptsächlich, was seinen Gegen>>stand erschöpft hätte.»

So machen sich die Schriftsteller mit und ohne Grund von einer Abhandlung über das Ganze los, und bis jetzt ist noch keine generelle Würdigung des merkwürdigen Gedichts vorhanden.

Dies ist wohl die Ursache, warum Deutschland jetzt eine Schaamröthe abgejagt wird, indem die Amsterdammer Gesellschaft zur Beförderung der Dichtkunst und schönen Wissensckaften einen Preis auf die beste ästhetische Beurtheilung des Messias von Klopstok gesetzt hat.

Da also der Beurtheiler noch keinen Vorgänger hat, so kann er sich nur mit Schüchternheit auf die unbetretene Bahn wagen, und die Unvollkommen.

« ForrigeFortsæt »