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Leibliche keine weitere Bestimmung hat, für sich nichts vermag, als dieses: sie erscheinen zu lassen, zu offenbaren. Und so ahnt sie sich als den eigentlichen Werth der Welt, welche in dunklem Ringen, aber doch der Ahnung zugänglich, der Deutung sich in Analogien erschliessend, zur Seele werden, Seele aussprechen, sich als Geist bekennen will. Wie die Seele im Menschen, so tritt in der Natur der Geist als das Wesen heraus, und es setzt sich damit die Vielheit zu blosser Erscheinung, zu einem Schein herab. Der Geist wird zum Licht, welches hervorbricht aus dem dunklen Körper und ihn mit farbigem Leben überstrahlt; das Einzelne in der unorganischen Welt schwindet, die Masse löst sich in Duft, die Seele der Landschaft macht sich der Menschenseele vernehmlich, indem sie dieser ihre Stimmung mittheilt, das Geheimniss ihrer Schönheit eröffnet. Und so senkt sich der Blick des Künstlers auch in die Tiefe des organischen Lebens; nicht mehr haftet er an der Oberfläche, sondern er fühlt, was diese ausstrahlt; er dringt ein durch das Auge, welches ihm lächelt, klagt, die Seele in jeder ihrer Regungen offenbart. So bleibt von der Masse nur Umriss, Farbe, Schatten, die Art der Raumerfüllung Alles, was eben hinreicht, den Schein des Körperlichen in allem Glanze, in aller Farbenpracht zu bewahren. Es ist dies das Gebiet der Malerei, welcher daher zur Auswahl für ihre Darstellungen das ganze Reich des Organischen wie des Unorganischen zu Gebote steht, d. h. alles Sichtbare, welches fähig ist, unserm Auge seine Seele zu offenbaren, die Weltseele als der unseren verwandt uns nahe zu bringen. Ihr Material aber ist nicht mehr Masse oder überhaupt ein Körperliches und ist nur eben insofern noch Material zu nennen, als die Kunst durch dasselbe noch den Schein der Erscheinungswelt festzuhalten vermag.

Während also die Seele in der Architektur als zusammenfassende, in der Sculptur als gliedernde, in der Malerei als wesentliche Einheit sich kund giebt, verhält sich die Natur auf diesen Stufen als Vielheit der Massen, als organisirte Masse, als Schein der Masse.

Hiermit ist der Kreis der Künste, wie sie der Sinn des Sehens, der Sinn für die Materie im Raume, hervorbringt, geschlossen; die Seele selbst als das Wesen wird gefordert, es tritt die innere Natur vor das Bewusstsein. Während nun die äussere Welt

uns verinnerlicht und so für die Seele erfassbar wird durch das Licht, muss die innere Natur (der Welt wie des Menschen) damit sie unserm Bewusstsein erscheinen könne, sich veräusserlichen, und dies geschieht durch den Schall, welcher empfunden wird durch das Gehör, als den Sinn für die Materie in der Zeit.

Es ist hierbei zu bemerken, dass die Auffassung des Gesichtssinnes als Sinn für die Materie im Raum und des Gehörs als Sinn für die Materie in der Zeit, minder abstrakt ausgedrückt, den Gesichtssinn als Sinn für die Farbe, den Gehörsinn als Sinn für die Bewegung des Räumlichen bezeichnen würde, denn weder Raum und Zeit noch Materie für sich sind Gegenstände für die Sinne; das Gehör ist insofern Sinn für die Zeit zu nennen, als im Schall das Räumliche verschwindet, sich selbst in seiner Bewegung aufhebt, und durch diese also, als durch seine Erzeugerinn, wird er aus dem Raume in die Zeit hinübergenommen.

Wenn die Seele sich als das Wesen der Erscheinung erkannt hat, ist sie damit zu sich selber gekommen. Als solche findet sie sich aber in der Aussenwelt nicht; nur im Menschen lebt und webt sie als sie selbst, und so wird weiter in der Kunst der Mensch selbst Anfangs- und Endpunkt, Anreiz zugleich und Material für den schöpferisch sich bethätigenden Trieb.

Das Wesen der Seele ist es, Bewegung zu sein in sich selbst, die Geistesbewegung, von welcher jede äusserlich erscheinende nur Wirkung ist und Abbild. So lange daher die Menschenseele nur noch dumpfes, zielloses Weben in sich selbst ist, sich nicht offenbart in irgend einem Körperlichen, bietet sie weder das für die Gestaltung durch die Kunst nothwendige Material, noch verleiht sie, wie die objektive Natur, dieser den nöthigen Anreiz. Doch aber schläft nur in ihr der Drang, sich selbst zu beschauen, sich kennen zu lernen, zu lieben, um ihrer eigenen Göttlichkeit sich zu erfreuen, und bald erwacht sie. Die Nerven erzittern und schwingen, das Leibliche wird, bezwungen vom Geiste, selber zu einem Unstofflichen, zu einer blossen Wirkung auf die Luftwellen, welche uns umfliessen; es entsteht der Ton, welchen das Ohr erfasst, um von ihm auf das Innerliche, auf die Seele des Ertönenden zu schliessen.

Auf der Oberfläche nur weilt das Auge, ist von materiellen Schranken gehemmt, aber das Ohr vernimmt den Geist; als ein Nebeneinander erfasst das Auge die Welt, als ein Nacheinander erscheint sie dem Ohr; jenes haftet an der scheinbaren Festigkeit des Daseins, dieses ergreift es in seinem Werden, seiner Entfaltung, seinem Schwinden; darum kommt uns der tiefere Schmerz durch das Hören, darum die grössere Erhebung durch die Künste des Ohrs.

Es stellt sich nun dieselbe Reihe der Künste dar in Bezug auf diese innerliche Natur, wie sie sich für die äusserliche Natur uns ergeben hatte: zuerst rhythmische Ordnung in der Vielheit der Seelenbewegungen und deren äusseren Abbildern, den Tönen; zweitens Darstellung der durch die Anregung der einzelnen Lebensmomente individualisirten und bestimmten Seelenbewegungen durch entsprechend gegliederte (artikulirte) Tonreihen; endlich Erfassen der Naturseele in ihrer völligen Entfaltung als derjenigen, welche, zum Selbstbewusstsein entwickelt, zugleich das erfassende Ich ist und das erfasste; Darstellung also des selbstbewussten Geistes, wie er Herrscher ist im ganzen Reiche des Beseelten, Maass und Zweck setzt.

Würde es auf dieser Stufe darauf ankommen, die Entfaltung des Selbstbewusstseins im Gebiete des Geistes zu verfolgen, so wäre dies die Wissenschaft; aber von der Kunst wird dieses Selbst nur erfasst, wie es, die Blüthe der irdischen Schöpfung, diese am tiefsten und reinsten in sich wiederspiegelt und sie als von jenem Geiste durchdrungen aufweist, dessen Verwandtschaft die Menschenseele ahnt, fühlt und glaubt. In dieser Form bedeutet die Seele nicht mehr das Individuelle; sie offenbart sich als der wesentliche, und desshalb Allen gemeinsame Geist der Gattung, wie er sich in der Menschengeschichte kund giebt.

Es ist dies näher anzugeben.

Dass die bewegte Seele sich im Ton äussert, wird nicht erst bei dem Menschengeschlecht wahrgenommen. Thiere höherer Ordnung sind zur Tonhervorbringung befähigt; die Vögel, das Volk der Luft, zeigen sogar, gleichsam unterstützt von dem Elemente, welches sie trägt, ein Analogon der Kunst auf dieser ersten Stufe der zweiten Reihe, der Tonkunst, wie Ameisen, Bienen, Biber Analoga mit den Werken der Architektur, der ersten Kunst in der

Reihe der bildenden Künste, hervorbringen. Der Sinn der Zusammenordnung des Vielen geht diesen Geschöpfen also nicht durchaus ab, obwohl er als selbstbewusster nicht hervortritt. Man fiel auch darauf, die menschliche Baukunst oder Tonkunst aus einer Nachahmung dieser Biberarchitektur und Vogelmusik abzuleiten, aber menschlicher Ton entquillt eigenartig und mit gleicher Nothwendigkeit unserem Geschlechte und begleitet die Bewegungen der Seele in rein menschlicher Weise. Es braucht jedoch vielleicht die Vermuthung nicht völlig abgewiesen zu werden, dass bei Erfindung musikalischer Instrumente, also in Bezug auf die Technik, Beobachtung der Entstehung von Thierlauten nicht ganz ohne Einfluss blieb, obwohl für dergleichen sich überhaupt die ganze Natur, auch die unorganische, zur Benutzung darbot (wie zur testudo, zu den tibiis), die Technik selbst auch durchaus menschlichen Ursprung zeigt.

Was nun jene Seelenbewegungen betrifft, welche Anreiz und Grundlage für die Tonkunst bilden, so muss festgehalten werden, dass bei ihnen von selbstbewussten Akten geistiger Thätigkeit noch nicht die Rede ist. Die Seele selbst ist zwar zum Objekt dieser Kunst geworden, aber als Naturseele, nicht als die zum selbstbewussten Erfassen ihrer selbst fortgeschrittene. In ihr regt sich jener dunkle Schmerz der Creatur, jene Sehnsucht nach einer Heimath, das Bangen des Einsamen und das Bedürfniss nach Liebe, sie sucht die Freude des Zusammenklangs, die Ahnung des SichFindens, und sie findet in sich auch das Ueberströmen des Glückes, das Jauchzen der Erfüllung, das Gefühl erdentlasteter Seeligkeit. Der Ton aber folgt allen diesen Regungen; an sich schon ist er die Flucht des Irdischen von sich selbst, Lösung der Starrheit des Stoffes; er ringt sich empor aus der Schwere des Daseins und mit ihm zieht, nicht mehr in erzwungener Ruhe gebannt an die Masse, in leisen Wogen, wie das Blut Tropfen um Tropfen heiss und innig den Lebensathem begleitet, der Rhythmus, der Ordner des Zuges, Einheit legend in die Bewegung. Unmittelbarer, ergreifender schlägt keine Kunst an das Herz, keine stürmischer, ermattender, als die Tonkunst. Sie erscheint als die am meisten subjektive der Künste, aber die in ihr schlummernde Mathematik, die Zahl, welche ihre Gestaltungen beherrscht, zeigt, wie sie im tiefsten Grunde doch wurzelt in der Objektivität (Leibnitz, epist.

ad divers. I, 144: „musica est exercitium arithmeticae occultum nescientis se numerare animi“. —); und da eben nur solche Tonverbindungen unserm Ohre Harmonie sind, welche nach gewissen mathematisch bestimmten Verhältnissen erfolgen, legen die Harmoniegesetze der Musik ein unser Herz überzeugendes Zeugniss ab, wie die Musik des Menschen, wenn auch uns nicht immer erkennbar und so scheinbar gebunden, auch in den Bewegungen der grossen Natur wiederklingt.

Es ist hier noch einer anderen Weise zu gedenken, in welcher die Naturseele ihre Bewegungen, und zwar für den Sinn des Auges, darzustellen vermag, nämlich durch die Gebehrde. Diese spricht bestimmter, genauer bezeichnend, als die Musik, wie denn überhaupt der Sinn des Auges bestimmter auffasst und Bestimmteres also verlangt, als das Ohr (Quintilian XI, 87 nennt die Gebehrdensprache die „communis omnium hominum sermo“ der Verschiedenheit der Volkssprachen gegenüber. cf. Petron ed. Buech. p. 212: „manu puer loquaci"), aber sie ist auch oberflächlicher, als der Ton, und theilt eben ihrer Bestimmtheit wegen nur die sich häufig wiederholenden, Allen bekannten Empfindungen in stereotyper Form mit. Auf ihr beruht zum Theil wieder die Tanzkunst, namentlich die pantomimische, eine sichtbare Rhythmik, welche durch begleitende Musik zu innigerer Wirkung gesteigert wird. (cf. Tac. dial. c. 26: histriones diserte saltare dicuntur".)

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Die Einheit des musikalischen Kunstwerks beruht auf der Einheit der auszusprechenden Empfindung, welche sich namentlich nach beiden Richtungen, zwischen denen das Naturleben sich auf und ab bewegt, in einem grösseren Ganzen auszusprechen liebt, nach denen des Schmerzes und der Freude. Das reine Tönen als solches kommt überwiegend der Instrumentalmusik zu, welche es so zu einer farbigen und reichen, doch aber weniger tief greifenden Entfaltung bringt; die Vokalmusik, welche der Mensch selbst als edelstes Instrument hervorbringt, bildet nicht etwa den unmittelbaren Schrei der Empfindung zu musikalischem Tone fort, sondern es gesellt sich bei ihr zum Tone das entsprechende Wort, ohne doch in dieser Verbindung schon sein volles Wesen zur Wirkung zu bringen; vielmehr giebt es nur der Stimmung, dem Ge

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