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um darüber nachzudenken und eine und die andere Verbesserung zu überlegen. Ich erwiderte darauf, es sey leicht sie zu ersetzen, und erbot mich zu Fertigung eines Grundrisses, auf welchen doch vorerst alles ankomme. Er war es wohl zufrieden, und bei der nöthigen Ausmessung sollte der Schulmeister an die Hand gehen, welchen aufzuregen er denn auch sogleich forteilte, damit ja der Fuß- und Zollstab morgen früh bereit wåre.

Als er hinweggegangen war, sagte Friederike: „Sie find recht gut, die schwache Seite des lieben Vaters zu hegen, und nicht, wie die andern, die dieses Gespråc) schon überdrüssig sind, ihn zu meiden oder davon abzubrechen. Freilich muß ich Ihnen bekennen, daß wir übrigen den Bau nicht wünschen; er würde der Gemeine zu hoch zu stehen kommen und uns auch. Neues Haus, neues Hausgeråthe! Unsern Gåsten würde es bei uns nicht wohler seyn, sie sind nun einmal das alte Gebäude gewohnt. Hier können wir sie reichlich bewirthen, dort fånden wir uns in einem weitern Raume beengt. So steht die Sache; aber unterlassen Sie nicht, gefällig zu seyn, ich danke es Ihnen von Herzen.“

Ein anderes Frauenzimmer, das sich zu uns gesellte, fragte nach einigen Romanen, ob Friederike folche gelesen habe. Sie verneinte es; denn sie hatte überhaupt wenig gelesen; sie war in einem heitern sittlichen Lebensgenuß aufgewachsen und dem gemåß gebildet. Ich hatte den Wakefield auf der Zunge, allein ich wagte nicht ihr Goethe's Werke. XXVI. Bd.

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ihn anzubieten; die Aehnlichkeit der Zustände war zu auffallend und zu bedeutend. - Ich lese sehr gern Romane,“ sagte sie; „man findet darin so hübsche Leute, denen man wohl ähnlich sehen möchte."

Die Ausmessung des Hauses geschah des andern Morgens. Sie ging ziemlich langsam von statten, da ich in solchen Künsten so wenig gewandt war, als der Schulmeister. Endlich kam ein leidlicher Entwurf zu Stande. Der gute Vater sagte mir seine Absicht und war nicht unzufrieden, als ich Urlaub nahm, um den Niß in der Stadt mit mehr Bequemlichkeit zu verfertigen. Friederike entließ mich froh; sie war von meiner Neigung überzeugt, wie ich von der ihrigen, und die sechs Stunden schienen keine Entfernung mehr. Es war so leicht, mit der Diligence nach Drusenheim zu fahren und sich durch dieses Fuhrwerk, so wie durch or dentliche und außerordentliche Boten, in Verbindung zu erhalten, wobei Georges den Spediteur machen sollte.

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In der Stadt angelangt, beschäftigte ich mich in den frühesten Stunden denn an langen Schlaf war nicht mehr zu denken mit dem Risse, den ich so fauber als möglich zeichnete. Indessen hatte ich ihr Bücher geschickt und ein kurzes freundliches Wort dazu geschrieben. Ich erhielt sogleich Antwort und erfreute mich ihrer leichten, hübschen, herzlichen Hand. Ebenso war Juhalt und Styl natürlich, gut, liebevoll, von innen heraus, und so wurde der angenehme Eindruck, den sie

auf mich gemacht, immer erhalten und erneuert. Ich wiederholte mir die Vorzüge ihres holden Wesens nur gar zu gern, und nåhrte die Hoffnung, sie bald und auf långere Zeit wiederzusehn.

Es bedurfte nun nicht mehr eines Zurufs von Seiten des braven Lehrers; er hatte mich durch jene Worte zur rechten Zeit so aus dem Grunde curirt, daß ich ihn und seine Kranken nicht leicht wiederzusehen Luft hatte. Der Briefwechsel mit Friederiken wurde lebhafter. Sie lud mich ein zu einem Feste, wozu auch überrheinische Freunde kommen würden; ich sollte mich auf längere Zeit einrichten. Ich that es, indem ich einen tüchtigen Mantelsack auf die Diligence packte; und in wenig Stunden befand ich mich in ihrer Nähe. Ich traf eine große und lustige Gesellschaft, nahm den Vater bei Seite, über reichte ihm den Riß, über den er große Freude bezeigte; ich besprach mit ihm, was ich bei der Ausarbeitung gedacht hatte; er war außer sich vor Vergnügen, besonders lobte er die Reinlichkeit der Zeichnung: die hatte ich von Jugend auf geübt und mir dießmal auf dem schönsten Papier noch besondere Mühe gegeben. Allein dieses Vergnügen wurde unserm guten Wirthe gar bald verkümmert, da er, gegen meinen Rath, in der Freude seines Herzens, den Riß der Gesellschaft vorlegte. Weit entfernt, daran die erwünschte Theilnahme zu äußern, achteten die einen diese köstliche Arbeit gar nicht; an= dere, die etwas von der Sache zu verstehn glaubten,

machten es noch schlimmer, sie tadelten den Entwurf als nicht kunstgerecht, und als der Alte einen Augenblick nicht aufmerkte, handhabten sie diese saubern Blåtter als Brouillons, und einer zog mit harten Bleystiftstrichen seine Verbesserungsvorschläge dergestalt derb über das zarte Papier, daß an Wiederherstellung der ersten Reinheit nicht zu denken war.

Den höchst verdrießlichen Mann, dem sein Vergnigen so schmählich vereitelt worden, vermochte ich kaum zu trösten, so sehr ich ihm auch versicherte, daß ich sie selbst nur für Entwürfe gehalten, worüber wir sprechen. und neue Zeichnungen darauf bauen wollten. Er ging dem allen ungeachtet höchst verdrießlich weg, und Friederike dankte mir für die Aufmerksamkeit gegen den Vater eben so sehr als für die Geduld bei der Unart der Mitgåste.

Ich aber kannte keinen Schmerz noch Verdruß in ihrer Nähe. Die Gesellschaft bestand aus jungen, ziem lich lårmenden Freunden, die ein alter Herr noch zu überbieten trachtete und noch wunderlicheres Zeug angab als sie ausübten. Man hatte schon bei'm Frühstück den Wein nicht gespart; bei einem sehr wohl besetzten Mittagstische ließ man sich's an keinem Genuß ermangeln und allen schmeckte es, nach der angreifenden Leibesübung, bei ziemlicher Wärme, um so besser, und wenn der alte Amtmann des Guten ein wenig zu viel ge=

than hatte, so war die Jugend nicht weit hinter ihm zurückgeblieben.

Ich war grånzenlos glücklich an Friederikens Seite: gesprächig, lustig, geistreich, vorlaut, und doch durch Gefühl, Achtung und Anhänglichkeit gemäßigt. Sie in gleichem Falle, offen, heiter, theilnehmend und mittheilend. Wir schienen allein für die Gesellschaft zu leben und lebten bloß wechselseitig für uns.

Nach Tische suchte man den Schatten, gesellschaft= liche Spiele wurden vorgenommen und Pfänderspiele kamen an die Reihe. Bei Lösung der Pfänder ging alles jeder Art in's Uebertriebene: Gebården, die man verlangte, Handlungen die man ausüben, Aufgaben die man lösen sollte, alles zeigte von einer verwegenen Lust, die keine Gränzen kennt. Ich selbst steigerte diese wilden Scherze durch manchen Schwank, Friederike glänzte durch manchen neckischen Einfall; sie erschien mir lieblicher als je; alle hypochondrischen, abergläubischen Grillen waren mir verschwunden, und als sich die Gelegenheit gab, meine so zårtlich Geliebte recht herzlich zu küssen, versäumte ich's nicht, und noch weniger versagte ich mir die Wiederholung dieser Freude.

Die Hoffnung der Gesellschaft auf Musik wurde endlich befriedigt, fie ließ sich hören und alles eilte zum Tanz. Die Allemanden, das Walzen und Drehen war Anfang, Mittel und Ende. Alle waren zu diesem Nationaltanz aufgewachsen; auch ich machte meinen gehei

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