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in Frage kommen, wohl aber Southampton's Liebe zu Elisabeth Vernon, für welche der Graf von der Königin verfolgt wurde, als handelte es sich um ein Staatsverbrechen. Er konnte sagen, wäre seine Liebe nur Staatssache, so hätte sie als Bastard des Glücks jetzt den Vater verloren (denn er ist ja auf ewig beseitigt worden). Nein, seine Liebe ist stärker als alle Schrecken, ja er findet sogar Trostesworte für seine Gattin, kann ihr beweisen, wie sehr jetzt eigentlich seine Liebe zu ihr vor den Zufällen der Zeit sicher ist.

No, it was builded far from accident;

It suffers not in smiling pomp, nor falls
Under the blow of thralled discontent

Whereto th' inviting time our fashion calls. (Anm. 30.) Sie kann auch nicht unter den „, Schlägen unterdrückten Grolles fallen" das bezieht sich auf den in Irland ausgebrochenen Aufstand, zu dessen Bekämpfung die ritterliche Welt Englands („our fashion") mit Mountjoy auszog ein Unternehmen, bei dem Southampton nicht gefehlt hätte.*)

„It fears not policy, that heretic,

Which works on leases of short number'd hours." (Anm. 31 a.)

*) Die Situation: der Aufstand der unzufriedenen Irländer und das Herbeiströmen der englischen ritterlichen Jugend zu seiner Bekämpfung kann in zwei Zeilen nicht besser geschildert werden als hier. Und wen anders konnte der Dichter eher so sprechen lassen, als Southampton, der schon das Jahr vorher unter Mountjoy gegen die gleichen Irländer gekämpft hatte?

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Otto Gildemeister sagt in seinen Anmerkungen zu diesem Sonett, Massey kritisirend: Shakespeare betheuerte mithin in diesem Sonette seinem Freunde, dass er in seiner Anhänglichkeit sich nicht durch die irische Rebellion beirren lassen werde, was mir höchst sonderbar vorkömmt." Das ist auch sonderbar!

Anspielung darauf, dass die jetzige Herrschaft auch

nicht ewig dauern werde.

But all alone stands hugely politic,

That it nor grows with heat, nor drowns with showers.

To this I witness call the fools of time

Which die for goodness, who have liv'd for crime. (Anm. 31 b.)

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Southampton kann sich wirklich im Gefängniss sehr sicher fühlen, wenn er an jene Narren der Zeit" denkt, die, wie Essex z. B., den Kopf auf den Block legen mussten. Und im 125. Sonett sagt er weiter:

Were 't aught to me I bore the canopy,
With my extern the outward honouring,
Or laid great bases for eternity,

Which prove more short than waste or ruining?
Have I not seen dwellers on form and favour

(Anm. 32.)

Lose all, and more, by paying too much rent, For compound sweet foregoing simple savour Pitiful thrivers, in their gazing spent? Das Schicksal seiner Freunde Essex und Southampton konnte Shakespeare wohl über die Gunst der Grossen und den Gewinn, den Höflinge davontragen, nachdenken machen. Welch tiefen Eindruck diese Ereignisse in des Dichters Gemüth hinterlassen haben, wie schmerzlich seine Seele davon bewegt war, zeigt nicht nur die vorliegende Gruppe der Sonette, sondern geht auch aus folgenden Stellen des König Heinrich VIII. hervor: III. Act 1. Scene:

Königin Katharina:

What can be their business

With me, a poor weak woman, fallen from favour? (Anm. 33 a.) und im IV. Act 2. Scene:

Wolsey:

Vain pomp and glory of this world, I hate ye:

I feel my heart new open'd. O! how wretched

Is that poor man, that hangs on princes' favours. (Anm. 33 b.)

Ich möchte deshalb glauben, dass Heinrich VIII. noch zu Lebzeiten der Königin Elisabeth nach dem Sturze von Shakespeare's Freunden geschrieben wurde, und dass der Dichter die König James betreffende Stelle erst später einschob.

In den Anfangszeilen des 125. Sonettes

Were 't aught to me I bore the canopy,

With my extern the outward honouring?

haben wir einen Fingerzeig zur Identifizirung Southamptons. Nach Alexander Schmidt's Shakespeare-Lexikon ist das,,Canopy" an dieser Stelle ein ,,Baldachin" über einem Throne, oder in Prozession über dem Haupte getragen.*)

So spricht Shakespeare auch in König Heinrich VI. 3. Th. II. 5 von dem rich embroider'd canopy" (reich gestickten Baldachin) der Könige und zeigt im König Heinrich VIII. an zwei Stellen, was er unter canopy versteht: IV. Act. 1. Scene.

Wie soll nun der Dichter dazu kommen von sich zu sagen: Was hätte ich denn, wenn ich den Baldachin tragen könnte und so mit meinem Aeusseren, d. h. meiner Gegenwart, die äusserlichen Ehren vermehrte? In Shakespeare's Mund hat dieser Satz gar keinen Sinn, denn kein ernster Mann wird seine Wünsche in Regionen schweifen lassen, die ganz ausser seinem Bereiche liegen; auch hat der bescheidene Shakespeare gewiss nie gedacht, dass seine Gegenwart die Feierlichkeit und den Pomp einer königlichen Prozession erhöhen würde. In Shakespeare's Munde wäre diese Aeusserung einfach

*) Sonst kann Canopy nur noch Himmelsgewölbe bedeuten. Würde Shakespeare gesagt haben:,,Das Himmelsgewölbe tragen“? Kaum! Wer aber unter Canopy dies versteht, muss erst recht überzeugt sein, dass der Sprecher des Sonettes im Gefängniss sitzt.

kindisch. So sprechen konnte nur, wer entweder den Baldachin schon getragen hatte, oder hoffen durfte, dieser Ehre früher oder später theilhaftig zu werden. Massey ist überzeugt, dass Southampton als ein „,Lord in waiting" und Höfling den Baldachin oft getragen hatte; es ist unseren Nachforschungen jedoch nicht gelungen, zu konstatiren, dass Southampton wirklich den Baldachin trug, und wir haben für diese Annahme nur die Wahrscheinlichkeit. Nach Stow's account of Nicholls's Progresses I. B. p. 282 wurde der Baldachin durch die Gentlemen Ushers of the Privy Chamber getragen, welche nach Thorns' Book of the Court (p. 329) aus den Söhnen des Adels oder „the first rank of gentlemen in the Kingdom" gewählt wurden; Ritterschaft war unerlässlich. Bei der Taufe der Königin Elisabeth wurde der Baldachin durch die Lords Rockford und Hussey, W. Howard und Thomas Howard gestützt. Die Königin Mary hielt das Amt so hoch, dass im ersten Jahre ihrer Regentschaft unter den 18 gentlemen of the Privy Chamber Männer waren wie John (Dudley), Herzog von Northumberland, Robert (Dudley), sein Sohn, späterer Graf Leicester, und William (Herbert), Graf von Pembroke (Pegge's Curialia I. B. p. 57).

Das Verzeichniss der Gentlemen of the Privy Chamber unter Königin Elisabethens Regierung existirt leider nicht mehr; es ist aber ganz wahrscheinlich, dass der Graf von Southampton, dessen Stiefvater, Sir Thomas Heneage, Schatzmeister, Vice-Kämmerer von Ihrer Majestät Hofhaltung, und Hauptmann der königlichen Wache (Captain of the Guard to the Queen) ein Lieblingsdiener der Königin war,*) von dieser unter die gentlemen of the

*) Massey p. 54.

Privy Chamber aufgenommen wurde oder wenigstens diese Ehre in Aussicht hatte, besonders da er am Hofe unter der Königin Augen auferzogen worden war und anfänglich bei ihr in grosser Gunst stand. So sehr, dass Rowland White in den Sidney Memoirs am 1. October 1595 schreibt (Essex, der Günstling, war eben krank): ,,My Lord of Southampton ist hier sehr dienstbeflissen und empfängt, sede vacante, Gunstbezeugungen von Ihrer Majestät“. *)

Dieses Wohlwollen der Königin für den 22jährigen Jüngling sieht beinahe aus, wie die Liebe für ein Spielzeug und schlug in das Gegentheil um, als die Macht der Hofdame über Southamptons Herz sich stärker erwies als die Reize seiner Königin. Er musste fortan büssen, dass er die Lady Elisabeth (Vernon) der Königin Elisabeth vorzog. Im Juli 1597 schreibt der Graf an Lord Burleigh, den allmächtigen Staatssekretär, der ihm für ein Jahr Reiseurlaub verschafft hatte (Southampton stand im Begriff, mit Essex und Raleigh die Eroberungsfahrt nach den Azoren mitzumachen): ,,though my fortune was never so good as to enjoy any favour from her Majesty that might make me desire to stay in her Court, yet should Jaccount myself infinitely unhappy, if with the loss of serving her, I should likewise lose her good conceit of me" - _**) (Anm. 34.)

Dieses eigene Zeugniss Southamptons macht es freilich zweifelhaft, ob er je von der Königin eine Vergünstigung wie die, den Baldachin tragen zu dürfen, erhielt; jeden

*) Massey p. 56 u. 44.

**) Aus dem ,,Calendar of State Papers of the Reign of Elisabeth" mir gütigst mitgetheilt durch Mrs Green, Herausgeberin der Domestic State Papers of the Reign of Elisabeth.

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